Lineare Algebra D-MATH, HS 2014 Prof. Richard Pink Lösung zu Serie 9 1. [Aufgabe] Sei f : V W eine lineare Abbildung. Zeige: a) Die Abbildung f ist injektiv genau dann, wenn eine lineare Abbildung g : W V existiert mit g f = id V (Linksinverse). b) Die Abbildung f ist surjektiv genau dann, wenn eine lineare Abbildung g : W V existiert mit f g = id W (Rechtsinverse). 1. [Lösung] a) Ist g f = id V, so ist g f injektiv und folglich auch f injektiv. Dies zeigt die Implikation. Sei umgekehrt f injektiv. Dann ist mit W 1 := Bild(f) die Abbildung f : V W 1 bijektiv und linear, also ein Isomorphismus (siehe Vorlesung). Sei g 1 : W 1 V die Umkehrabbildung. Wähle ein Komplement W 2 zu W 1 in W und definiere die Abbildung g : W V durch g(w 1 + w 2 ) := g 1 (w 1 ) für alle w 1, w 2 W. Wegen W = W 1 W 2 ist g wohldefiniert und man prüft direkt, dass g linear ist. Weiter gilt für alle v V : g f(v) = g W1 (f(v)) = g 1 (f(v)) = v also ist g f = id V. Dies zeigt die Implikation. b) Ist f g = id W, so ist w = id W (w) = f(g(w)) für jedes w W, die Abbildung f also surjektiv. Dies zeigt die Implikation. Sei umgekehrt f surjektiv und sei V 2 ein Komplement von V 1 := Kern(f) in V. Dann ist die Abbildung f 2 := f V2 : V 2 W injektiv, da f 2 (v) 0 ist für alle v 0 in V 2. Für ein beliebiges w W, gibt es ein v V mit f(v) = w. Schreiben wir v = v 1 + v 2 mit v 2 V 2, so folgt f(v) = f(v 2 ) = w. Daher ist f 2 auch surjektiv und damit ein Isomorphismus von V 2 nach W. Sei g : W V 2 die Umkehrabbildung von f 2 und sei g die Komposition von g mit der Inklusionsabbildung V 2 V. Da g und die Inklusionsabbildung linear sind, ist g linear. Für alle w W ist g(w) V 2 und es gilt f(g(w)) = f V2 (g(w)) = f 2 (g(w)) = w, also ist f g = id W. Dies zeigt die Implikation.
2. [Aufgabe] Sei f : R 2 R 3 die lineare Abbildung definiert durch ( ) x 2y x 2x + 4y. y 3x 6y Finde Basen von R 2 und R 3, bezüglich welcher die Darstellungsmatrix A = (a ij ) von f die Form 1, i = j r, a ij = 0, sonst mit r = Rang(A) annimmt. 2. [Lösung] Mit dem Gaussverfahren berechnen wir Kern(f) = ( ) 2. 1 1 2 Das Bild von f ist von den beiden Vektoren 2 und 4 erzeugt; da der 3 6 zweite ein Vielfaches des ersten ist, folgt also Bild(f) = 1 2. 3 Dann ist eine Basis von R 2 und B := (( ) ( )) 1 2, 0 1 1 1 0 B := 2, 0, 1 3 0 0 eine Basis von R 3. Bezüglich der Basen B und B hat die Darstellungsmatrix von f dann die gewünschte Form: 1 0 M B B(f) = 0 0. 0 0 3. [Aufgabe] Betrachte den Endomorphismus f : R 3 R 3, welcher durch Linksmultiplikation mit der Matrix 2 2 10 A := 1 2 7 0 2 4 gegeben ist.
a) Verifiziere, dass f 2 := f f 0 und f 3 := f f f = 0 ist. b) Finde eine Basis u, v, w von R 3 mit f(u) = 0 und f(v) = u und f(w) = v. c) Bestimme die Abbildungsmatrix von f bezüglich der Basis (u, v, w). 3. [Lösung] Wir rechnen 2 2 10 2 2 10 6 12 6 0 0 0 A 2 = 1 2 7 1 2 7 = 4 8 4 0 0 0, 0 2 4 0 2 4 2 4 2 0 0 0 2 2 10 6 12 6 0 0 0 A 3 = 1 2 7 4 8 4 = 0 0 0. 0 2 4 2 4 2 0 0 0 Weiter gilt Kernf Kernf 2 = 1 2 0, 1. 1 0 1 Wähle nun ein beliebiges w R 3 \Kernf 2, z. B. w := 0. Mit 0 2 6 v := f(w) = 1 und u := f(v) = 4 0 2 ist dann B := ( u, v, w ) eine Basis von R 3 ist und die Abbildung f hat bezüglich B die Darstellung 0 1 0 M BB (f) = 0 0 1. 0 0 0 4. [Aufgabe] Bestimme die Ränge der folgenden rationalen n n-matrizen in Abhängigkeit von der positiven ganzen Zahl n. a) (kl ) k,l=1,...,n b) ( ( 1) k+l (k + l 1) ) k,l=1,...,n ( ) (k + l)! c) k! l! 4. [Lösung] k,l=0,...,n 1 (a) Sei B := (b kl ) k,l=1,...,n := (kl) k,l=1,...,n und sei B = (b kl ) k,l=1,...,n die Matrix die durch B entsteht indem man für jedes k = 2,..., n von der k-ten Zeile von B das k-fache der ersten Zeile subtrahiert. Dann gilt b b kl = l falls k = 1 kl = b kl kb 1l = kl kl = 0 falls k > 1.
Daher hat die Matrix B genau eine nicht verschwindende Zeile, also Rang(B ) = Rang(B) = 1. Alternativ sei u := (1,..., n) die 1 n Matrix mit Eintrag i an der Position (1, i). Dann gilt B = u T u. Da Rang(u) 1 ist, folgt aus Aufgabe 5c), dass auch Rang(B) 1 ist. Wegen B 0 gilt zudem Rang(B) 1 und daher Rang(B) = 1. b) Sei B := (b kl ) k,l=1,...,n mit b kl := ( 1) k+l (k + l 1) für k, l = 1,..., n. Für n = 1 hat B = (1) 0 Rang 1, wir können also n 2 annehmen. Für alle k = 1,..., n 2 und l = 1,..., n gilt b kl + 2b k+1,l + b k+2,l = 0, also ist die k-te Zeile von B eine Linearkombination der (k + 1)-ten und der (k + 2)-ten Zeile. Man kann daher B durch Zeilenoperationen zu einer Matrix umformen, in der bis auf die letzten beiden Zeilen alle Einträge verschwinden und die letzten beiden Zeilen mit denen von B übereinstimmen. Man prüft dann direkt, dass diese beiden Zeilen linear unabhängig sind. Es folgt 1 falls n = 1 Rang B = 2 falls n 2. ( ) ( ) (k + l)! k + l c) Sei C n := (c kl ) k,l=0,...,n 1 mit c kl := = für k, l = k! l! l 0,, n 1. Behauptung: Rang C n = n. Beweis: Wir benutzen Induktion über n. Im Fall n = 1 stimmt die Behauptung, da C 1 = (1) 0 ist. Angenommen, die Aussage gilt für ein n 1. Sei C = (c kl ) k,l=0,...,n die Matrix, welche aus C n+1 entsteht, indem man beginnend mit der letzten Zeile jeweils die vorhergehende Zeile subtrahiert. In Formeln: c c kl c k 1,l falls k = 1,..., n kl := c 0l falls k = 0. Sei weiter C = (c kl ) k,l=0,...,n diejenige Matrix, welche aus C entsteht, indem man beginned mit der letzten Spalte, jeweils die vorhergehende Spalte subtrahiert. In Formeln: c kl := c kl c k,l 1 c k0 l = 0. l = 1,..., n
Für alle 1 k, l n gilt dann Daher ist und es folgt c kl = c kl c k,l 1 = (c kl c k 1,l ) (c k,l 1 c k 1,l 1 ) (k + l)! = k!l! ( (k + l)! = 1 k k!l! (k + l 2)! = (k 1)!(l 1)!. (k + l 1)! (k 1)!l! (k + l 1)! (k + l 2)! + k!(l 1)! (k 1)!(l 1)! k + 1 l ) (k + l 2)! + k + l (k 1)!(l 1)! 1 0... 0 C = 0. C n 0 Rang C n+1 = Rang(C ) = 1 + Rang C n = n + 1. 5. [Aufgabe] Seien U, V, W beliebige Vektorräume. Beweise die folgenden Ungleichungen: (a) Für beliebige lineare Abbildungen f, g : U V gilt Rang(f + g) Rang(f) + Rang(g). (b) Für beliebige lineare Abbildungen f : U V und g : V W gilt Rang(g f) min Rang(f), Rang(g) }. (c) Formuliere und beweise die analoge Eigenschaft für Matrizen. 5. [Lösung] a) Es gilt woraus folgt Bild(f + g) Bild(f) + Bild(g), Rang(f+g) = dim Bild(f+g) dim Bild(f)+dim Bild(g) = Rang(f)+Rang(g). b) Wegen Bild(g f) Bild(g), gilt Rang(g f) Rang(g). Da die Abbildung linear und surjektiv ist, gilt zudem g Bild(f) : Bild(f) Bild(g f) dim Bild(g f) = dim Bild(f) dim Kern(g Bild(f) ) dim Bild(f) und damit auch die Gesamtaussage.
c) Da der Rang der n m-matrix A gleich dem Rang der linearen Abbildung L A : K m K n, v L A v ist, gilt: (i) Für beliebige n m Matrizen A und B gilt: Rang(A + B) Rang(A) + Rang(B). (ii) Für jede m n Matrix A und jede n r Matrix B gilt: Rang(AB) min(rang(a), Rang(B)). 6. [Aufgabe] Beweise die folgenden Aussagen: a) Für zwei beliebige K-Vektorräume V und W ist Hom K (V, W ) ein Untervektorraum des Raumes W V aller Abbildungen V W. b) Für zwei beliebige lineare Abbildungen f : V V und g : W W ist die Abbildung C g,f : Hom K (V, W ) Hom K (V, W ), h g h f wohldefiniert und linear. C g,f. Sind zudem f und g Isomorphismen, so auch 6. [Lösung] a) Die Menge Hom K (V, W ) enthält die Nullabbildung, ist also nicht leer. Für beliebige lineare Abbildungen h 1, h 2 : V W gilt und (h 1 + h 2 )(v 1 + v 2 ) = h 1 (v 1 + v 2 ) + h 2 (v 1 + v 2 ) = h 1 (v 1 ) + h 1 (v 2 ) + h 2 (v 1 ) + h 2 (v 2 ) = (h 1 + h 2 )(v 1 ) + (h 1 + h 2 )(v 2 ) (h 1 + h 2 )(λv 1 ) = h 1 (λv 1 ) + h 2 (λv 1 ) = λh 1 (v 1 ) + λh 2 (v 1 ) = (λ (h 1 + h 2 ))(v 1 ) für alle v 1, v 2 V und λ K. Damit ist die Abbildung h 1 + h 2 : V W linear und liegt in Hom K (V, W ). Mit einem analogen Argument folgt, dass auch c h 1 linear ist für alle c K, also c h 1 Hom K (V, W ) ist. Das zeigt, dass Hom K (V, W ) ein Untervektorraum ist. b) Sei h Hom K (V, W ) ein beliebiges Element. Dann ist die Abbildung g h f : V W als Verknüpfung der linearen Abbildungen f und h und g wieder linear und liegt also in Hom K (V, W ). Das zeigt, dass C g,f wohldefiniert ist.
Seien nun h 1, h 2 Hom K (V, W ) und c K beliebig. Dann gilt C g,f (h 1 + h 2 )(v ) = g (h 1 + h 2 ) f(v ) = g((h 1 + h 2 )(f(v ))) = g(h 1 (f(v )) + h 2 (f(v ))) = g(h 1 (f(v ))) + g(h 2 (f(v ))) = C g,f (h 1 )(v ) + C g,f (h 2 )(v ) und C g,f (c h 1 )(v ) = g(c h 1 (f(v ))) = c g(h 1 (f(v ))) = c C g,f (h 1 )(v ) = (c C g,f (h 1 ))(v ) für alle v V, woraus folgt: C g,f (h 1 + h 2 ) = C g,f (h 1 ) + C g,f (h 2 ) C g,f (c h 1 ) = c C g,f (h 1 ). Das zeigt, dass C g,f linear ist. Seien nun f und g Isomorphismen mit Inversen f 1 beziehungsweise g 1. Da f 1 und g 1 linear sind, ist die Abbildung C g 1,f 1 : Hom K(V, W ) Hom K (V, W ) wohldefiniert und linear. Aus f 1 f = id V und g 1 g = id W folgt dann C g 1,f 1 C g,f = id HomK (V,W ) C g,f C g 1,f 1 = id Hom K (V,W ), die Abbildung C g 1,f 1 ist also eine Inverse zu C g,f.