Teil I. Lineare Algebra I Vorlesung Sommersemester Olga Holtz. MA 378 Sprechstunde Fr und n.v.
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1 Teil I Lineare Algebra I Vorlesung Sommersemester 2 Olga Holtz MA 378 Sprechstunde Fr 4-6 und nv holtz@mathtu-berlinde Sadegh Jokar MA 373 Sprechstunde, Do 2-4 und nv jokar@mathtu-berlinde
2 Kapitel 4 Der Rang einer Matrix und die Lösung linearer Gleichungssysteme Mit Hilfe des Gauß schen Algorithmus lassen sich nicht nur die Inversen von Matrizen bestimmen, sondern auch die Lösung von linearen Gleichungssystemen Dabei hat der Gauß sche Algorithmus gewisse Nachteile auf dem Rechner (in endlicher Arithmetik), aber er ist eines der schnellsten Verfahren zur Lösung dieses zentralen Problems der linearen Algebra (und der Praxis in fast allen Anwendungen) Bevor wir zu linearen Gleichungssystemen kommen, wollen wir jedoch noch eine wichtige Größe einführen Dazu sei im folgenden immer K ein Körper Definition 4 Die Anzahl s der Zeilen mit Pivotelementen (dh, der Zeilen, die nicht gleich sind) in der Treppennormalform einer Matrix A K n,m heißt Rang von A, wir schreiben Rang (A) = s Satz 42 Sei K ein Körper und A K n,m Dann gilt: () Es gibt invertierbare Matrizen Q K n,n und Z K m,m, so dass r QAZ = E ii = i= [ Ir genau dann, wenn Rang (A) = r ]
3 2 (2) Rang (A) = Rang (A T ) (3) Ist A = B C mit B K n,s und C K s,m, so gilt Rang (A) Rang (B), Rang (A) Rang (C) (4) Falls Q K n,n und Z K m,m invertierbar sind, so gilt Rang (A) = Rang (QAZ) (5) Es gibt Matrizen B K n,s, C K s,m, so dass A = BC genau dann, wenn Rang (A) s (6) Für quadratische Matrizen A K n,n sind folgende Aussagen äquivalent i) A ist invertierbar ii) Es gibt ein B K n,n mit A B = I iii) Es gibt ein B K n,n mit B A = I iv) Rang (A) = n v) Rang (A T ) = n Beweis: (3a) Wir zeigen zunächst nur die erste Ungleichung von (3) Sei Q eine Matrix, so dass QB in TNF ist, QB = r B, mit Rang (B) = r B Wenn wir QA = QB C bilden, so folgt, dass QB C höchstens r B Zeilen hat, die nicht Null sind, dh, in der TNF von A sind höchstens r B Zeilen von Null verschieden, dh, Rang (A) Rang (B)
4 3 () Sei Rang (A) = r Dann gibt es eine nichtsinguläre Matrix Q, so dass QA in Treppennormalform mit r Pivots ist: QA = r Betrachte (QA) T = A T Q T Dann gibt es eine Permutation P, so dass P A T Q T die Form P A T Q T = r n r =: [ Ir V ] r m r [ ] Ir hat Setze Y = Es folgt, dass Y P A V I T Q T = n r [ ] Z = P T Y T Ir ergibt sich QAZ = [ Ir ] Mit Für die Umkehrung zeigen wir zunächst eine Folgerung aus (3a) Es sei Z K m,m eine invertierbare Matrix Dann gilt wegen (3a) Rang (A) = Rang (AZZ ) Rang (AZ) Rang (A), folglich gilt überall das Gleichheitszeichen, und somit gilt: Ist Z K m,m eine invertierbare Matrix, dann ist Rang (A) = Rang (AZ) Es seien[ nun also] Q K n,n und Z K m,m invertierbare Matrizen, so dass Ir QAZ = Wegen des gerade Bewiesenen ist dann r = Rang (QAZ) = Rang (QA) Nach Korollar 36 folgt Rang (A) = r
5 4 (2) Folgt direkt aus () (3b) Die zweite Ungleichung von (3) folgt unter Verwendung von (2) und (3a) (4) Rang (QAZ) = Rang (AZ) = Rang (Z T A T ) = Rang (A T ) = Rang (A) (5) Sei A = BC, B K n,s, C K s,m, so folgt aus (3), dass Rang (A) Rang (C) s, da C natürlich höchstens Rang s haben kann Für die Umkehrung verwenden wir (): Ist r s der [ Rang] von A, dann gibt Ir es nichtsinguläre Matrizen Q, Z, so dass QAZ = Wir schreiben [ Ir ] [ Ir = n s ] [ Ir m ] s = B C Es folgt, dass A = Q B CZ =: BC }{{}}{{} B C die gewünschte Zerlegung ist (6) (i) = (ii), (i) = (iii) laut Definition der Invertierbarkeit (iv) (v) wegen (2) (ii) = (iv) wegen (3), analog (iii) = (iv) (iv) = (i), denn nach () gibt es bei Rang (A) = n invertierbare Matrizen Q und Z mit A = QIZ = QZ, also ist A invertierbar Bemerkung 43 Eine Zerlegung A = B C mit A K n,m, B K n,r, C K r,m, wobei r = Rang (A), nennt man im allgemeinen Vollrangzerlegung Diese Zerlegung spielt eine große Rolle bei der Lösung von Optimierungsproblemen Das Lösen von Gleichungssystemen ist eine der wichtigsten Anwendungen der linearen Algebra Insbesondere führen fast alle wissenschaftlich-technischen Probleme im Endeffekt auf die Lösung linearer Gleichungssysteme Heutzutage sind Systeme mit bis zu Gleichungen und Unbekannten lösbar (Autoindustrie, Flugtechnik, Optimierung, )
6 5 Definition 44 (i) Ein lineares Gleichungssystem über K hat die Form Ax = b (45) mit A = [a ij ] K n,m, b = [b i ] K n,, x = [x j ] K m, Das sind n Gleichungen in m Unbekannten: a x + + a m x m = b a n x + + a nm x m = b n (46) (ii) Jedes x K m,, welches (45) erfüllt, heißt Lösung des linearen Gleichungssystems (45) (iii) Die Menge aller Lösungen des linearen Gleichungssystems (45) heißt Lösungsmenge von (45) Die Lösungsmenge von (45) ist also eine Teilmenge von K m, (iv) Falls b =, so heißt das Gleichungssystem homogen Zu jedem Gleichungssystem der Form (45) gibt es das zugeordnete homogene System Ax = (47) Lemma 48 Ist x eine Lösung von Ax = b und Z die Menge aller Lösungen des zugeordneten homogenen Systems Ax =, so ist L = {x + z z Z} (49) die Lösungsmenge von Ax = b Beweis: Sei z Z, so gilt A(x + z) = Ax + Az = b + = b Umgekehrt: Ist x eine Lösung von Ax = b, dann müssen wir ein z Z finden, so dass x = x + z ist Wir zeigen, dass z = x x diese Anforderung erfüllt, denn es ist Lösung des homogenen Systems: A( x x) = A x Ax = b b =
7 6 Äquivalente Umformungen Lemma 4 Sei A K n,n und b K n, Ist T K n,n invertierbar, so sind die Lösungsmengen von Ax = b und T Ax = T b identisch Beweis: Sei x Lösung von Ax = b dann gilt T Ax = T b Also ist x auch Lösung von T Ax = T b Umgekehrt sei y eine Lösung von (T A)x = T b, dh (T A)y = T b, also auch und T (T A)y = T (T b) Ay = b, womit die Behauptung bewiesen ist Wir können also nach Lemma 4 die Matrix A K n,m auf TNF bringen, ohne die Lösungsmenge zu ändern T Ax = x = b bn = T b Es gibt eine Umordnung der Komponenten von x, welche durch eine Permutationsmatrix gegeben ist, so dass unser Gleichungssystem die Form T} AP {{ }}{{} P x = C y y y r y r+ y m = b br br+ bn = T b }{{} d (4) hat (vgl Satz 42, ()) Dabei ist y = [y,, y m ] = P x, C = T AP, d = T b
8 7 Wie sieht die Permutationsmatrix aus? P = Im folgenden bezeichne [A, b] die n (m + ) Blockmatrix die durch Anhängen von b hinter A ensteht Wir nennen [A, b] auch die erweiterte Koeffizientenmatrix Lemma 42 Das Gleichungssystem Ax = b hat mindestens eine Lösung, genau dann wenn Rang A = Rang [A, b] (43) Beweis: Nach Lemma 4 reicht es, die Aussage für das Gleichungssystem (4) zu zeigen, denn Rang C = Rang A und Rang [C, d] = Rang [A, b] Falls Rang (C) = Rang [C, d], so ist b r+ = b m = und damit ist [y,, y m ] = [ b, b r,,, ] eine Lösung (Es kann noch mehr Lösungen geben) Falls Rang(A) < Rang[A, b], so ist eines der b r+,, b m nicht gleich und damit hat das System keine Lösung Algorithmus Ein Verfahren zur Lösung des Gleichungssystems Ax = b () Sei A = [A, b] die erweiterte Koeffizientenmatrix Transformiere A und A auf TNF B und B
9 8 (2) Ist Rang (A) < Rang(A ), so besitzt das Gleichungssystem keine Lösung (3) Ist r = Rang (A) = Rang (A ), so bilde das assoziierte Gleichungssystem Cy = d mit C = QAP, y = P x, d = Qb = [ b i ] Eine spezielle Lösung ist b ỹ = br (44) (4) Bestimme alle Lösungen des homogenen Systems Cy = durch Rückwärtseinsetzen m c j y j j=r+ ŷ = m c rj y j j=r+ für beliebige y r+,, y m K (45) y r+ y m Die Lösungsmenge ist: L = { x = P y y = ỹ + ŷ, ỹ wie in (44), ŷ wie in (45) } (46) Wir können also folgende Übersicht über die Lösbarkeit des linearen Gleichungssystems Ax = b, A K n,m, b K n,, x K m, gewinnen Sei r = Rang (A), r = Rang ([A, b]) Tabelle 47 r < r r = m = r r = r < m keine Lösung genau eine Lösung viele Lösungen, Lösungsmenge x = P ỹ L
10 9 Beispiel 48 K = Q x + 2 x x 3 + x 4 = x x 4 = x + 3 x 3 + = 2 2 x + 3 x x x 4 = 3 x + x x x 4 = 2 A = , x = x x 2 x 3 x 4, b = Gauß scher Algorithmus [A, b] Es gilt: Rang (A) = Rang ([A, b]) Deshalb gibt es Lösungen Es ist keine Permutation notwendig: x =, ˆx = 5x 4 3x 4 5x 4 x 4
11 L = x Q 4 : x = + x , x 4 Q
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