Die Modernisierung des Haushaltsgrundsätzegesetzes Hintergründe, Ergebnisse und Bedeutung der Reform
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- Hede Günther
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1 Die Modernisierung des Haushaltsgrundsätzegesetzes Hintergründe, Ergebnisse und Bedeutung der Reform Messe Neues Haushaltswesen Hamburg 10./11. September 2009
2 I. Allgemeine Reformkulisse II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes III. Konsequenzen des HGrGMoG für Bund und Länder 2
3 I. Allgemeine Reformkulisse Kritik am heutigen kameralen Haushaltssystem - exemplarisch: Der Bundeshaushalt - Kritik kameraler Titelhaushalt fehlende Transparenz durch 5500 Ausgabetitel mit 4000 Kleinsttiteln, die 3,7 % der Ausgaben abbilden, 3100 flexibilisierte Titel fehlende Outputorientierung Verfahrenstechnische Vereinfachungen Personalhaushalt Kritik an Ressourcenorientierung und Vermögensrechnung unvollständige und uneinheitliche Vermögensrechnung, keinerlei Aussagen über Ressourcenverbrauch Bundesbilanz Deloitte: In 2004 Finanzverschuldung 803 Mrd. / Nettoposition Mrd. Kritik an fiskalischer Steuerung Planungsverfahren verbesserungsbedürftig (bottom-up- Planung) Diskussion Schuldenregel (Föderalismus-Kommission II) 3
4 I. Allgemeine Reformkulisse Trends und aktuelle Entwicklungen Haushalts- und Rechnungswesen wandelt sich international und national zunehmend. Trends sind: Ressourcenorientierung (accrual accounting / accrual budgeting) Ergebnisorientierung (Performance Budgeting) Fiskalregeln (Fiscal Rules / Procedures) 4
5 I. Allgemeine Reformkulisse Reformansätze im Inland Doppik Hamburg (Projekt seit 2003, komplette Umstellung bis 2013), Hessen (stufenweise Einführung seit 2001, komplette Umstellung ab 2008), NRW (Einführung seit 2003, komplette Umstellung bis 2015), Bremen (Einführung seit 2003), Kommunen (komplett bis 2013 Umstellung auf Doppik oder erweiterte Kameralistik außer BY u. TH); Erweiterte Kameralistik Berlin (seit 2004/05), Baden-Württemberg (vollständige Umsetzung seit 2005/06), Niedersachsen (Umsetzung seit 2005), Rheinland-Pfalz (seit 2002) 5
6 I. Allgemeine Reformkulisse Reformansätze im Ausland: Doppik (Planung und Rechnungslegung) Großbritannien (seit 1998), Australien (seit 1999), Schweiz (seit 2007), Österreich (ab 2011, Verfassungsänderung Januar 2008), Doppische Rechnungslegung Frankreich (kamerale Aufstellung, seit 2006), EU-KOM (kamerale Aufstellung, seit 2005), Schweden (semi-cash Aufstellung, seit 1997) 6
7 Bund Titel Haushalts- und Rechnungssysteme Bayern EU Schweiz USA Kameralistik Rechnungswesen + Haushalt Rheinland- Pfalz Baden- Württemberg Berlin Niedersachsen Doppik Rechnungswesen + Haushalt Niederlande Frankreich Nordrhein-Westfalen *) Schweden Österreich *) Hessen *) Bremen Hamburg *) Grossbritannien Australien Ergebnis *) in Umsetzung 7
8 I. Allgemeine Reformkulisse Reformansatz des Bundes (Feinkonzept 1.0): Moderne (erweiterte) Kameralistik behebt gravierende systematische Defizite der Kameralistik (Ressourcenverbrauch / Vermögen) ermöglicht eine outputorientierte Steuerung gewährleistet die zentrale Steuerung der Liquiditätsdaten ohne Mehraufwand hält die Kosten der Systemumstellung begrenzbar baut auf gesicherten Grundlagen der bisherigen Haushaltspraxis auf stellt ein offenes System mit Möglichkeiten zur Weiterentwicklung dar 8
9 I. Allgemeine Reformkulisse II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes III. Konsequenzen des HGrGMoG für Bund und Länder 9
10 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes Heterogenes Rechnungswesen in Deutschland Diskussion um die Doppik als Rechnungswesen begann bei den deutschen Kommunen bereits Anfang der 90 er Jahre. Innenministerkonferenz der Länder verabschiedete 2003 eine Empfehlung, die Kommunalhaushalte bis 2013 auf die Doppik bzw. die Erweiterte Kameralistik umzustellen. Debatte um Doppik setzte in den Bundesländern Ende der 90 er Jahre ein (v.a. mit Reformprojekten in Hessen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen). Auf Bundesebene bislang einzelne Modernisierungsschritte auf Basis 6a, 33a HGrG (Pilotprojekte Produkthaushalt; KLR- Einführung, Haushaltsflexibilisierung), aber weiterhin kameral. 10
11 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes Reformprojekte basierten zwar auf geltender Rechtslage... Die Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesen hat ihre Motivation in den konzeptionellen Defiziten der Kameralistik. Gegenwärtig praktizierte Modelle der Erweiterten Kameralistik (z.b. Niedersachsen) oder der Doppik (z.b. Hessen) arbeiteten auf Basis Sonderregelungen des HGrG: - 6 HGrG KLR - 6a HGrG leistungsbezogene Haushaltsaufstellung - 33a HGrG zusätzliche Buchführung/Bilanzierung nach HGB der Das vom Bund favorisierte Modell der Erweiterten Kameralistik konnte zunächst auch auf Basis des geltenden Rechts umgesetzt werden. 11
12 III. Reform der föderalen haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen aber ein neuer rechtlicher Rahmen wird notwendig Die faktische Umstellung der meisten Kommunalhaushalte und einiger Länderhaushalte auf die Doppik macht eine Koordination dringend erforderlich (einheitlicher Rechtsrahmen; Vergleichbarkeit finanzstatistischen Daten). Paralleler Betrieb des heute obligatorischen kameralen Haushaltswesens und der neuen doppischen Reformmodelle führt zu doppeltem finanziellen Aufwand, der auf Dauer nicht tragbar ist (Juli 2006: 1a-Initiative der Länder Hessen und Hamburg).
13 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes Konsequenz: Bund-Länder-Arbeitskreis II Ein Bund-Länder-Arbeitskreis (BLAK II) lotete seit Februar 2007 aus, ob bzw. unter welchen rechtlichen und statistischen Bedingungen ein paralleler Betrieb unterschiedlicher Haushaltssysteme möglich wäre. Der BLAK II erarbeitete bis Herbst 2008 einen Bericht zur konzeptionellen Konkretisierung der grundlegenden Rechnungswesen- und Haushaltssysteme (Kameralistik / Doppik, Titelhaushalt / Produkthaushalt) und den Entwurf einer HGrG-Novelle (HGrGMoG). Kabinettbeschluss RegE: Dez. 2008, Deutscher Bundestag 2./3. Lesung und Bundesrat: Juli 2009, Verkündet im BGBl:
14 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes Wesentlicher Inhalt des HGrGMoG Künftig können statt der Kameralistik die Doppik und statt des Titelhaushalts der Produkthaushalt angewandt werden. Die Regelungen für die Doppik folgen dem HGB. Weitere Einzelheiten können durch ein Standardisierungsgremium von Bund und Ländern festgelegt werden. Damit wird die Einheitlichkeit der heute bereits existierenden Systeme sichergestellt. Die Vergleichbarkeit der Haushalte von Bund und Ländern insgesamt wird durch die weiter geltenden statistischen Berichtspflichten (Gruppierungs-/Funktionenplan) gewährleistet.
15 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes Wesentliche Probleme der HGrG-Novelle waren: Haushaltsrechtlich 7a -> Bestimmtheitsgrundsatz 49a -> Länderautonomie Haushaltssystematisch Entwicklung des Verwaltungskontenrahmens (VKR), des Integrierten Produktrahmens (IPR) und der Standards staatlicher Doppik Finanzstatistisch Sicherung der gemeinsamen Datengrundlagen und damit der Vergleichbarkeit der staatlichen Haushalte
16 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes 1a Haushaltswirtschaft (1) Die Haushaltswirtschaft kann in ihrem Rechnungswesen im Rahmen der folgenden Vorschriften kameral oder nach den Grundsätzen der staatlichen doppelten Buchführung nach 7a (staatliche Doppik) gestaltet werden. Die Aufstellung, Bewirtschaftung und Rechnungslegung des Haushalts kann gegliedert nach Titeln, Konten oder Produktstrukturen (Produkthaushalt) erfolgen. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes für den Haushaltsplan, für Titel sowie für Einnahmen und Ausgaben gelten bei doppischem Rechnungswesen entsprechend. Soweit im Folgenden nichts anderes geregelt ist, treten in Teil I und in 56 an die Stelle des Haushaltsplans der Erfolgsplan und der doppische Finanzplan, an die Stelle von Titeln Konten. An die Stelle von Einnahmen treten Erträge im Erfolgsplan und Einzahlungen im doppischen Finanzplan, an die Stelle von Ausgaben treten Aufwendungen im Erfolgsplan und Auszahlungen im doppischen Finanzplan. Bei Produkthaushalten treten an die Stelle der Titel die Produktstruktur und an die Stelle von Einnahmen und Ausgaben die zur Produkterstellung zugewiesenen Mittel. (3) Die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans als Produkthaushalt erfolgt leistungsbezogen durch die Verbindung von nach Produkten strukturierten Mittelzuweisungen mit einer Spezialität nach Leistungszwecken. Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sind durch Gesetz oder den Haushaltsplan verbindlich festzulegen. Für die Bereiche, für die ein Produkthaushalt aufgestellt wird, ist grundsätzlich eine Kosten- und Leistungsrechnung einzuführen. 16
17 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes 7a Grundsätze der staatlichen Doppik (1) Die staatliche Doppik folgt den Vorschriften des Ersten und des Zweiten Abschnitts, Erster und Zweiter Unterabschnitt, des Dritten Buches Handelsgesetzbuch und den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung und Bilanzierung. Dies umfasst insbesondere die Vorschriften zur 1) laufenden Buchführung (materielle und formelle Ordnungsmäßigkeit), 2) Inventur, 3) Bilanzierung nach den allgemeinen Grundsätzen der Bilanzierung, Gliederungsgrundsätzen für den Jahresabschluss, Grundsätzen der Aktivierung und Passivierung, Grundsätzen der Bewertung in der Eröffnungsbilanz, Grundsätzen der Bewertung in der Abschlussbilanz, 4) Abschlussgliederung. Maßgeblich sind die Bestimmungen für Kapitalgesellschaften. (2) Konkretisierungen, insbesondere die Ausübung handelsrechtlicher Wahlrechte, und von Absatz 1 abweichende Regelungen, die aufgrund der Besonderheiten der öffentlichen Haushaltswirtschaft erforderlich sind, werden von Bund und Ländern in dem Gremium nach 49a Absatz 1 erarbeitet. 17
18 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes 49a Gremium zur Standardisierung des staatlichen Rechnungswesens (1) Zur Gewährleistung einer einheitlichen Verfahrens- und Datengrundlage jeweils für Kameralistik, Doppik und Produkthaushalte richten Bund und Länder ein gemeinsames Gremium ein. Das Gremium erarbeitet Standards für kamerale und doppische Haushalte sowie für Produkthaushalte und stellt dabei sicher, dass die Belange der Finanzstatistik einschließlich der der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen berücksichtigt werden. Beschlüsse werden mit den Stimmen des Bundes und der Mehrheit von zwei Dritteln der Zahl der Länder gefasst. Die Standards werden jeweils durch Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder umgesetzt. Das Gremium erarbeitet die Standards für doppische Haushalte und Produkthaushalte erstmals zum 1. Januar 2010 und überprüft die Standards für doppische Haushalte, Produkthaushalte und kamerale Haushalte anschließend einmal jährlich. Näheres regelt eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern. (2) Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der Haushaltswirtschaft bei Bund und Ländern kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über die Standards für kamerale und doppische Haushalte sowie für Produkthaushalte, insbesondere zum Gruppierungs- und Funktionenplan, zum Verwaltungskontenrahmen und Produktrahmen sowie zu den Standards nach 7a Absatz 2 für die staatliche Doppik. 18
19 II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes 49b Finanzstatistische Berichtspflichten Bund und Länder stellen unabhängig von der Art ihrer Haushaltswirtschaft sicher, dass zur Erfüllung finanzstatistischer Anforderungen einschließlich der der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sowie für sonstiger Berichtspflichten die Planund Ist-Daten weiterhin nach dem Gruppierungs- und Funktionenplan bereitgestellt werden. 19
20 I. Allgemeine Reformkulisse II. Reform des Haushaltsgrundsätzegesetzes III. Konsequenzen des HGrGMoG für Bund und Länder 20
21 III. Konsequenzen des HGrGMoG für Bund und Länder Konsequenzen für Bund und Länder Zwingende Konsequenzen: Keine Bund und Länder können ihre Haushaltswirtschaft umstellen: Statt des Titelhaushalts kann ein Produkthaushalt, statt des kameralen kann ein doppisches Rechnungswesens als führendes System implementiert werden Voraussetzung: - Die spezifischen haushaltsrechtlichen Regelungen von Bund und Ländern sind anzupassen (BHO, LHO, VV etc.) - Neue HGrG-Regelungen und die in Vorbereitung befindlichen untergesetzlichen Regelwerke (Verwaltungskontenrahmen, Integrierter Produktrahmen, Standards staatlicher Doppik) sind umzusetzen 21
22 III. Konsequenzen des HGrGMoG für Bund und Länder Probleme und Chancen Haushaltswirtschaft des Bundes und der Länder entwickelt sich unterschiedlich Vergleichbarkeit der Haushaltspläne von Bund, Ländern und Kommunen finanzstatistisch gewährleistet, aber Vergleiche nicht mehr an Hand des formalen Aufbaus Unterschiedliche Systeme werden in der Praxis getestet (Zweckmäßigkeit, Kosten) Unterschiedlichen politischen und haushaltsstrukturellen Voraussetzungen kann spezifisch Rechnung getragen werden 22
23 III. Konsequenzen des HGrGMoG für Bund und Länder Wesentliche Ergebnisse Das öffentliche Haushalts- und Rechnungswesen wandelt sich im In- und Ausland spürbar. Die Reformziele sind mit verschiedenen Reformansätzen realisierbar. Die finanzstatistische Vergleichbarkeit der öffentlichen Haushalte muss und kann gewährleistet werden. Das HGrGMoG eröffnet den haushaltsrechtlichen Spielraum für unterschiedliche Haushaltssysteme. Die HGrG-Novelle stellt die weitreichendste Reform des Haushaltsrahmenrechts seit 1969 dar. 23
24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 24
25 Anhang 1 Eckpunkte eines Modells Haushaltsstruktur: Einzelpläne, Kapitel mit führendem kameralen Teil (mit ergebnisorientierter Haushaltsstruktur und stark reduzierter Titelstruktur) und ergänzenden Aufwands- und Ertragsdaten Steuerungsgrößen: primär Einnahmen/Ausgaben, sekundär Aufwand/Ertrag, fachliche Ziele Steuerungsverfahren: top-down (mit Fiskalregel) Bewirtschaftung: primär nach Ein-/Auszahlungen, sekundär nach Aufwand/Ertrag Rechnungslegung: kamerale Haushaltsrechnung, Vermögensrechnung, fachliche Zielkontrolle Technik: HKR, Finanz- und Anlagenbuchhaltung, flächendeckende KLR mit differenzierter Detailschärfe Kosten: Investitions- und Schulungsaufwand abhängig vor allem von Ausbaugrad und Komplexität der KLR; Kosten unterhalb Doppik 25
26 Anhang 2 Resonanz auf das Grobkonzept Zwei Kurzgutachten bestätigen, dass das Konzept grundsätzlich schlüssig, vollständig und umsetzbar ist. Gleichzeitig werden für die kommende Feinkonzept-Phase eine Reihe von Hinweisen zur instrumentellen Optimierung des Konzepts gegeben. BRH konstatiert, dass das BMF mit dem Grobkonzept die wesentlichen Anregungen des BRH-Berichts nach 99 BHO vom August 2006 aufgreift. Auch der BRH weist darauf hin, dass das Grobkonzept weiter zu konkretisieren ist. Der IWF begrüßt den Reformansatz mit seiner Ressourcenund Ergebnisorientierung und den Verzicht auf ein vollständig doppisches System. 26
27 Anhang 3 Ausgabenstruktur des Bundes 2006 Zuschüsse (HGr. 6); 55,00% Sachinvestitionen (HGr. 7/8); 2,72% Anteil der Ausgaben, die sich bei Umstellung von Kameralistik auf Doppik nicht ändern Zuweisungen (HGr. 6); 5,32% Zinsausgaben (Ogr.56/57); 14,36% Personalausgaben (HGr.4); 10,00% Laufender Sachaufwand (HGr. 5); 6,47% Vermögensübertragungen (HGr.8); 5,09% Darlehen/Tilgungen (HGr.6/8); 1,03% 27
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