Transaminasenerhöhung bei adipösen Kindern und Jugendlichen
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- Max Amsel
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1 AWMF online Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) AWMF-Leitlinien-Register Nr. 068/022 Entwicklungsstufe: 1 Transaminasenerhöhung bei adipösen Kindern und Jugendlichen Präambel Entsprechend den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindesalter (5/2007) sollten Kinder mit einem Body Mass-Index (BMI) über der 97. Perzentile n. Kromeyer Hauschild eine Blutentnahme zur Diagnostik metabolischer Komplikationen erhalten. Sollten bei einem adipösen Kind erhöhte Leberwerte festgestellt werden, ist eine weiterführende leberspezifische Diagnostik notwendig. 1. Krankheitsbezeichnung Nicht-alkoholbedingte Fettlebererkrankung, NAFLD Nicht-alkoholbedingte Steatohepatitis, NASH 2. Definition und Basisinformation Die nicht-alkoholbedingte Fettlebererkrankung (NAFLD) ist ein Überbegriff für verschiedene Ursachen der Leberverfettung, welche nicht auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind, die aber durch histologische Merkmale der alkoholbedingten Lebererkrankung charakterisiert sind. Die Abgrenzung zu anderen chronischen Leberkrankheiten ist z.t. schwierig. Die nicht-alkoholbedingte Steatohepatitis (NASH) ist die aggressivere Verlaufsform der NAFLD mit Hepatozytendegeneration und Fibrose. Eine Differenzierung der verschiedenen Formen, die von prognostischer Bedeutung ist, lässt sich nach bisherigem Kenntnisstand nur durch eine histologische Untersuchung der Leber vornehmen. Bei etwa 80% aller betroffenen Kinder und Jugendlichen mit NAFLD ist die Lebererkrankung eine Folge von Übergewicht oder Adipositas. Bei den übrigen Patienten ist sie Folge einer anderen Grunderkrankung (z.b. Zöliakie, Lipodystrophie, Diabetes mellitus); in der Regel sind diese Kinder normalgewichtig. Histologisch ist die NAFLD durch den Nachweis von mindestens 5% Hepatozyten mit Fetteinlagerungen definiert. Die Erkrankung umfasst ein Spektrum von vermutlich benigner statisch verlaufender Leberverfettung mit oder ohne Entzündungsreaktion bis zu progressiven Lebererkrankungen, bei denen es in Einzelfällen bereits im Kindes- und Jugendalter zu Leberzirrhose kommen kann. Bei klinischem V.a. eine chronisch-progrediente Lebererkrankung (z.b. bei Cholestase oder Splenomegalie) oder spätestens bei über 3-6 Monaten persistierend erhöhten Serum-Transaminasen bedürfen alle Kinder und Jugendlichen einer diagnostischen Abklärung. 3. Leitsymptome In der Regel sind die Patienten übergewichtig bzw. adipös mit einem BMI über der 90. Perzentile n. Kromeyer-Hauschild. Meistens bestehen keine klinischen (hepatologischen) Krankheitszeichen. Es können vorkommen: Müdigkeit, gastrointestinale Symptome mit Bauchschmerzen, Durchfall, Obstipation. Es kann ein Diabetes mellitus Typ 2 oder eine Insulinresistenz vorliegen. 4. Diagnostik 4.1 Zielsetzung Da es gegenwärtig noch keine medikamentösen Therapieoptionen bei NASH bzw. NAFLD gibt, ist das primäre Ziel einer Diagnostik bei erhöhten Transaminasen zur Zeit noch der sichere Ausschluss anderer Ursachen für die pathologischen Leberwerte (Infektionen, Autoimmunerkrankungen, metabolische und endokrinologische Erkrankungen) und nicht, die Diagnose NAFLD und NASH zu sichern. 4.2 Anamnese :30
2 Eigenanamnese: Frage nach Grunderkrankungen (Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Hypothalamus-Hypophysen-nahe neurochirurgischer Intervention, Chemotherapie, Bestrahlung, Autoimmunerkrankungen),ethnische Herkunft, Dauer des Übergewichts, Therapieversuche hinsichtlich Übergewicht, Medikamente/Toxine, Alkoholgenuss, Ernährungsanamnese. Familienanamnese: familiäre Belastung bzgl. Übergewicht, Lebererkrankungen, Autoimmunerkrankungen. 4.3 Klinischer Befund: Körperliche und neurolgische Untersuchung einschließlich Größe, Gewicht, BMI, Blutdruck (richtige Cuff-Größe!), zu dokumentieren sind besondere Stigmata, Striae distensae, Hirsutismus, Acanthosis nigricans, Palmarerythem, Spider naevi, Leber- und Milzgröße 4.4 Labordiagnostik und apparative Diagnostik Es sollte eine Stufendiagnostik entsprechend folgendem Schema durchgeführt werden (Details siehe Algorithmus): Initiale Diagnostik ALT, AST, γgt, AP, Bilirubin (dir, indir), CK. Bei anamnestischen oder klinischen Hinweisen auf eine progressive Lebererkrankung oder bei Cholestase, sollte das Kind ohne Verzögerung einer erweiterten Diagnostik entsprechend zugeführt werden. Sonst müssen die Leberwerte nach 3-6 Monaten kontrolliert werden. Eine Gewichtsreduktion ist in diesem Zeitraum anzustreben Erweiterte Diagnostik Die erweiterte Diagnostik orientiert sich an klinischen Befunden, Anamnese, Alter des Kindes und Vorbefunden und sollte in Kooperation mit Kindergastroenterologen erfolgen. Sie sollte als Stufendiagnostik durchgeführt werden. Ggf. muss sie gemäß der Differenzialdiagnose (siehe 4.6.) erweitert werden. Fatale, aber gut behandelbare Erkrankungen (Autoimmunhepatitis, M. Wilson) müssen im Stufenprogramm bevorzugt berücksichtigt werden. Entzündliche Erkrankungen: BSG, Blutbild mit Differentialblutbild, Cholestatische Erkrankungen: Gallensäuren (nüchtern) Lebersyntheseleistung: Quick, Albumin (Eiweißelektrophorese) Virushepatitis: Virus-Serologie (CMV, EBV, HAV, HBV, HCV, ggf. weitere) Autoimmunhepatitis: Autoantikörper (ANA, SMA, LKM, SLA), Immunglobuline (IgG, IgA, IgM), Komplement C3, C4, panca Hyperlipidämie: Cholesterin, HDL, LDL, Triglyzeride (Nüchternblutentnahme) Morbus Wilson: Coeruloplasmin i.s., Kupfer i. S, Kupferausscheidung im 24h-Urin vor und ggf. nach Penicillamingabe, Spaltlampenuntersuchung Stoffwechselerkrankungen: Plasma Aminosäuren, Org. Säuren i. U. einschl. Succinylazeton, Ammoniak Zöliakie: Endomysium-Ak oder Transglutaminase-Ak Alpha-1-Antitrypsin-Mangel: Alpha-1-Antitrypsin, ggf. PI-Typisierung Hämochromatose: Serumeisen, Ferritin, Transferrin, Transferrinsättigung Hypothyreose: ft4, TSH Insulinresistenz: Glukose, Laktat und Insulin (mit Bestimmung des HOMA: HOMA Wert (Homeostasis Model Assessment of Insulin Resistance = Nüchtern-Insulin (mu/l) x Nüchtern-Blutzucker (mmol/l) / 22,5.), wobei erhöhte Werte über 1-3 als Merkmal einer Insulinresistenz gelten), C-Peptid Spezielle apparative Diagnostik Sonographie der Abdominalorgane insbesondere der Leber und Milz ist obligater Bestandteil der erweiterten Diagnostik inkl. Doppler/Duplexsonographie. Die Untersuchung sollte durch Kinder- und Jugendärzte, Kinder-Gastroenterologen oder mit Kindern erfahrenen Radiologen erfolgen Leberpunktion mit Histologie, ggf. Bestimmung des Leberkupfergehalts oder anderer Zusatzuntersuchungen: Indikation und Zeitpunkt der Biopsie werden vom Kindergastroenterologen im Rahmen der Stufendiagnostik gestellt und hängen von den Ergebnissen der erweiterten Diagnostik und der apparativen Diagnostik ab. Eine rasche Leberbiopsie im Rahmen der Initialdiagnostik ist bei V.a. progressive Lebererkrankung, z.b. bei hohem IgG oder positiven Leberautoantikörpern oder bei V. auf M. Wilson indiziert (niedriges Coeruloplasimin, vermehrte Kupferausscheidung im Urin, Kaiser-Fleischer-Ring). Bei anhaltender Normalisierung der Transaminasen unter einer Gewichtsreduktion kann auf eine Leberpunktion verzichtet werden. In der Regel sollte eine Leberbiopsie spätestens nach Monaten durchgeführt werden, wenn persistierend erhöhte Leberwerte anderweitig nicht eindeutig erklärbar sind. Die Abwägung zwischen einer möglichen Komplikation durch die Punktion (Mortalität etwa 1:10 000, Morbidität etwa 1:100) und dem erwarteten Nutzen (Diagnose einer bisher nicht erkannten, potentiell gefährlichen Hepatopathie z.b. M. Wilson, Möglichkeit zur Differenzierung NAFDL versus NASH, im letzteren Fall Intensivierung der Adipositas-Therapie etc.) sollte/muss mit Eltern und ggf. Patient besprochen werden :30
3 4.5 Fakultative Diagnostik Tandem-MS, alpha1 Fetoprotein, genetische Untersuchungen, toxikologische Untersuchungen. 4.6 Differentialdiagnostik Ernährungsstörungen Akute oder chronische Fehlernährung, akute Hyperalimentation, Adipositas, parenterale Ernährung Hepatopathien Infektiöse Hepatitiden, Autoimmunerkrankungen (Autoimmunhepatitis, primär sklerosierende Cholangitis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Zöliakie), Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Morbus Wilson, a 1 -Antitrypsin-Mangel, Glykogen-Speichererkrankung, familiäre Hyperlipoproteinämien, Abetalipoproteinämie, β-oxidations-, Harnstoffzyklusdefekte, Hämochromatose, Porphyrien), endokrinologische Erkrankungen (nach hypophysennahem ZNS-Eingriff oder Chemotherapie, Hypothyreose, Hypophysininsuffizienz), Perfusionsschäden (Budd-Chiari-Syndrom, Veno-occlusive disease), Lebertumore Syndromale Erkrankungen z.b. Bardet Biedl-Syndrom, Prader Willi-Syndrom, Lipodystrophie Hepatotoxische Medikamente z.b. Amiodaron, Methotrexat, Steroide, L-Asparaginase, Vitamin A, Ziduvudin und andere "highly active antiretroviral therapy" (HAART) bei HIV, Valproat 4.7 Nachweisdiagnostik Zusammenfassende Bewertung von klinischem Bild und Befunden der erweiterten und speziellen apparativen Diagnostik. 4.8 Entbehrliche Diagnostik Unnötiger Einsatz apparativer Diagnostik, z.b. MRT durch Überspringen der vorzuschaltenden erweiterten Diagnostik. 4.9 Durchführung der Diagnostik Die Basisdiagnostik erfolgt durch Kinder- und Jugendarzt. Die erweiterte Diagnostik kann durch einen Kinder- und Jugendarzt begonnen werden. Das Kind sollte jedoch zur Bewertung und Kompletierung der erweiterten Diagnostik und Entscheidung über Indikation und Zeitpunkt einer Leberbiopsie einem Kindergastroenterologen überwiesen werden :30
4 5. Therapie 5.1 Kausale Therapie Siehe "Leitlinien für Therapie, Diagnostik und Prävention", Arbeitsgemeinschaft für Adipositas im Kindesalter, Kapitel :30
5 (Multidisziplinäre Therapie zur Gewichtsreduktion nach Leitlinien der AGA) 5.2. Symptomatische Therapie Im Kindes- und Jugendalter können aufgrund fehlender Studien keine allgemeinen medikamentösen Therapieoptionen gegeben werden. Möglicherweise sind Insulin Sensitizer (Metformin) oder Antioxidantien (Vitamin E) wirksam Therapiedurchführung Kinder- und Jugendarzt und Kindergastroenterologe 6. Habilitation und Rehabilitation/Nachsorge Siehe "Leitlinien für Therapie, Diagnostik und Prävention", Arbeitsgemeinschaft für Adipositas im Kindesalter, Kapitel 3 Verfahren zur Konsensbildung: Expertenkommission Autoren: U.Baumann, K.-M. Keller, S. Koletzko, T. Müller, B. Rodeck, S. Wirth, K.-P. Zimmer Erstellungsdatum: 09/2007 Letzte Überarbeitung: 09/2007 Nächste Überprüfung geplant: k.a. Zurück zum Index Leitlinien Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (DPGE) Zurück zur Liste der Leitlinien Zurück zur AWMF-Leitseite Stand der letzten Aktualisierung: 09/2007 Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online HTML-Code aktualisiert: ; 13:56: :30
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