Arbeitsgemeinschaft im BGB AT SS 2013 Ref. iur. Dorothée Kalb, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht (Prof. Binder)
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- Alfred Straub
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1 Fall 1 Anspruch des K gegen V auf Übergabe und Übereignung des Grundstücks gem. 433 I 1, 311 b I 1 BGB I. Vertragsschluss 1. Einigung über den Verkauf des Grundstücks zum Preis von Euro? a) Abgabe zweier übereinstimmender WE von K und V (+) b) Einhaltung der Form des 311 b I 1 notarielle Beurkundung (+) c) Aber: Vorliegen eines bewussten Willensmangels bei K und V in Form eines Scheingeschäfts nach 117 I BGB? aa) WE, die einem anderen gegenüber abzugeben ist: Sowohl bei K, als auch V (+) bb) Abgabe der WE nur zum Schein = Erklärender behält sich vor, das Erklärte eigentlich gar nicht zu wollen? K und V wollen zu höherem Preis kontrahieren und sind sich einig, dass der niedrigere nicht gelten soll, sondern nur aus Steuerspargründen angegeben wird (+) cc) Im Einverständnis mit dem Adressaten der WE: auch jeweils (+) dd) Rechtsfolge: 117 I BGB: WE des K und des V (zu Euro) nichtig. 2. Einigung über den Verkauf des Grundstücks zum Preis von Euro? (vgl. auch 117 II BGB) a) Abgabe zweiter übereinstimmender, tatbestandlicher WE von K und V? (+) b) Einhaltung der Form nach 311 b I 1 BGB? aa) Notarielle Beurkundung dieser WE? (-), beurkundet wurden Scheinerklärungen bb) Heilung gem. 311 b I 2 BGB? (-) cc) Rechtsfolge: Es bleibt bei 125 S. 1 BGB: Unwirksamkeit des KV. II. Ergebnis: K hat keinen Anspruch gegen V auf Übergabe und Übereignung des Grundstücks, da kein wirksamer KV geschlossen wurde. Abwandlung: A. Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des Grundstücks gem. 985 BGB Seite 1 von 6
2 I. Besitz des K? K unmittelbarer Besitzer isd 854 I BGB (+) II. Eigentum des V? 1. Ursprünglich (+) 2. Verlust des Eigentums durch Übereignung an K gem. 873 I, 925 I 1 BGB? a) Dingliche Einigung in der Form des 925 I 1 BGB? aa) 2 WE gerichtet auf Eigentumsübertragung (+) bb) Persönliche Anwesenheit vor dem Notar (+) b) Eintragung des K im Grundbuch (+) c) Berechtigung des V/ Verfügungsmacht? (+) b) Einigsein bis zur Rechtsänderung (+) II. Ergebnis: Kein Anspruch des V gegen K auf die Herausgabe des Grundstücks. B. Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des Grundstücks gem. 812 I 1 Alt. 1 BGB I. Etwas erlangt? Besitz und Eigentum am Grundstück, s.o. (+) II. Durch Leistung des V? Leistung = ziel- und zweckgerichtetes Mehren fremden Vermögens (+) III. Ohne Rechtsgrund? KV als Rechtsgrund? VSS: Zustandekommen eines wirksamen KV zw. K und V über Grundstück 1. 2 übereinstimmende WE (+) 2. Einigung über Verkauf zu Euro: Nichtig nach 117 I BGB. 3. Einigung über Verkauf zu Euro: Einhaltung der Form des 311 b I 1 BGB (-) Unwirksam nach 125 S. 1 BGB. 4. Heilung der zweiten Einigung zu Euro gem. 311 b I 2 BGB durch Auflassung und Eintragung? a) Laut SV wurde Auflassung erklärt (+) b) Eintragung des K ins Grundbuch (+) 5. Zwischenergebnis: Vermögensverschiebung erfolgte mit Rechtsgrund. IV. Ergebnis: Kein Anspruch aus 812 I 1 Alt. 1 BGB. Seite 2 von 6
3 Fall 2 Anspruch DB gegen A auf Zahlung des Beförderungsentgeltes ihv 80 Euro gem. 631 I BGB I. Vertragsschluss 1. Vertragsschluss durch Angebot und Annahme? a) Angebot der DB auf Abschluss eines Beförderungsvertrages zu den üblichen Konditionen durch Vorfahren des Zuges? Nach Auslegung kann das Vorfahren der Bahn am Gleich gem. 133, 157 BGB als Realofferte ad incertas personas ausgelegt werden. Grundsätzlich auch alle essentialia negotii enthalten: Vertragsparteien DB und der einsteigende Fahrgast; Strecke und Preis der Fahrt, je nach Auswahl und Ticketkauf des Bahnkunden. b) Annahme durch den A? P: Annahme immer nur dann (+) wenn vorbehaltlos das Angebot akzeptiert wird. Hier aber: A lehnt Preisangebot ab und macht eigenen Preisvorschlag nach 150 II BGB als neues Angebot zu werten. c) Annahme durch die DB? (-) 2. Vertragsschluss durch faktischen Vertrag durch sozialtypisches Verhalten? a) Inhalt der Lehre vom faktischen Vertrag: Es komme ein Vertrag oder wenigstens ein vertragsähnliches Verhältnis zustande, obwohl der Rechtsbindungswillen fehlt, allein durch sozialtypisches Verhalten (z.b. Inanspruchnehmen einer Leistung). Diese Lehre wurde gerade für die modernen Massengeschäfte, etwa Zugfahrten, entwickelt, bei denen eine Vielzahl absolut gleichförmiger Verträge abgeschlossen wird. b) Kritik: Es handelt sich hierbei um eine Hilfskonstruktion, die mit der einher gebrachten Dogmatik zum Vertragsschluss und der Rechtsgeschäftslehre bricht. Sie ist auch nicht zwingend erforderlich, stattdessen lassen sich die meisten der sich stellenden Probleme in derartigen Fällen auch mit Hilfe von Auslegung und dem Verwehren widersprüchlichen Verhaltens in den Griff kriegen (s.oben bereits für das Bahnangebot und s.u.). Aus diesen Gründen findet die Lehre auch heute keine Anhänger mehr und ihr ist letztlich nicht zu folgen. Würde man sie vorliegend zur Anwendung bringen, so läge ein Vertragsschluss zwischen der DB und dem A vor, allein durch das Anbieten und Inanspruchnehmen der Leistung. Seite 3 von 6
4 3. Kein Vertragsschluss auf Basis der negativen Vertragsfreiheit? Damit steht man vor dem nicht unproblematischen Zwischenergebnis, dass kein Vertragsschluss vorliegt. Dieses könnte man auf die negative Vertragsfreiheit stützen, denn letztlich wird so der ausdrücklich geäußerte Wille, keinen Vertrag oder wenigstens keinen Vertrag zu den Konditionen schließen zu wollen, verwirklicht. Der Leistungserbringer würde ausreichend über gesetzliche Ansprüche geschützt. Kritik: Diese Auffassung klingt insofern sehr plausibel und befürwortenswert, als sie sich auf die negative Vertragsfreiheit stützen kann. Sie schafft aber für den Leistenden doch auch Probleme: So kann er kein erhöhtes Beförderungsgeld verlangen, da dieses über die AGB einbezogen wird, wofür allerdings überhaupt erstmal eine vertragliche Grundlage erforderlich ist. 4. Vertragsschluss auf Basis der (herrschenden) Lehre von der protestatio facto contraria? a) Inhalt: Grundsätzlich nach Auslegung wie oben gesehen von einer Realofferte ad incertas personas auszugehen. Auch konkludente Annahmeerklärung im Wege der Auslegung (+) durch das Betreten des Zuges durch den Fahrgast. Sollte dieser ein widersprüchliches Verhalten an den Tag legen der Gestalt, dass er seinen Willen kundtut, nicht oder zu anderen Konditionen kontrahieren zu wollen, so kann er sich hierauf nicht berufen. Das Berufen auf den geäußerten, entgegenstehenden Willen wird ihm nach 242 BGB abgeschnitten. b) Im Fall: Wie oben konkludentes Angebot der DB an A auf Abschluss eines Beförderungsvertrages zum Entgelt von 80 Euro. Nun aber auch konkludente Annahme durch das Einsteigen und Inanspruchnehmen des A. Auf sein Schild mit dem eigentlich abweichenden Vertragsinhalt kann er sich gem. 242 BGB nicht berufen. c) Zwischenergebnis: Damit Vertrag über Beförderung zum Entgelt von 80 Euro (+). II. Ergebnis: DB kann von dem A Zahlung von 80 Euro verlangen. Abwandlung Anspruch DB gegen A auf Zahlung des Beförderungsentgeltes ihv 80 Euro gem. 631 I BGB I. Vertragsschluss 1. Vertragsschluss durch Angebot und Annahme? a) Übereinstimmender (konkludenter) Vertragsschluss (-), s. oben b) Außerdem: WE des A überhaupt wirksam gem. 107 ff. BGB? aa) Lediglich rechtlich vorteilhaft isd 107 BGB (-), da auch Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts. bb) Einwilligung der Eltern gem. 107, 183 S. 1 BGB (-) Seite 4 von 6
5 cc) 110 BGB? Keine Anhaltspunkte im SV (-) dd) Genehmigung, vgl. 108 I BGB? (-) ee) Zwischenergebnis: Der vor der Genehmigung noch schwebend unwirksame Vertrag wurde durch die Verweigerung der Genehmigung endgültig unwirksam. 2. Vertragsschluss durch faktischen Vertrag durch sozialtypisches Verhalten? Wollte man dieser Auffassung folgen, so stellt sich die Frage, wie sich innerhalb dieser die Minderjährigkeit des A auswirkt. Die Lehre vom faktischen Vertrag geht gerade von keinem rechtsgeschäftlichen Zustandekommen aus, weshalb auch keine Geschäftsfähigkeit gefordert wird. Stattdessen genüge eine natürliche Einsichtsfähigkeit, die bei einem 14- Jährigen vorhanden ist. Demnach würde wieder ein Anspruch begründet werden. 3. Vertragsschluss auf Basis der (herrschenden) Lehre von der protestatio facto contraria? a) Demnach nach der hm grundsätzlich Einigung (+) nach Auslegung der Verhalten gem. 133, 157 BGB ivm 242 BGB. b) Fraglich: Minderjährigkeit des A? Da rechtsgeschäftliches Zustandekommen gegeben sein muss, Minderjährigkeit hier beachtlich; damit kein Vertragsschluss mit dem minderjährigen A. II. Ergebnis: DB kann von dem A keine Zahlung von 80 Euro verlangen. Hinweis: Die Fallfrage beschränkte die Prüfung auf vertragliche Ansprüche. Andere Ansprüche der Bahn gegen den Minderjährigen oder die Eltern können sehr wohl bestehen. Fall 3 A. Anspruch des R gegen P auf Übergabe und Übereignung des Ferraris aus 433 I 1 BGB I. Kaufvertragsschluss 1. Wirksames Verkaufsangebot durch P im Wirtshaus? Nötig: Abgrenzung rechtserhebliches von rechtlich nur unverbindlichem Verhalten; entscheidend: liegt tatbestandliche WE vor? a) Äußere Erklärungsgehalt: Auf Abschluss eines KV über den Ferrari zum Preis von ,- Euro gerichtet (+) b) Subjektiv: P wollte nichts verkaufen, sondern nur einen Scherz machen; grds.: 116 S. 1 BGB: geheimer, intern gebliebener Vorbehalt unbeachtlich und es bleibt bei Wirksamkeit der WE; anderes Ergebnis nach den 116 S. 2 ff. BGB? Seite 5 von 6
6 aa) Nichtigkeit gemäß 116 S. 2 BGB? (-) Erklärungsempfänger R hat den geheimen Vorbehalt nicht gekannt hat, 116 Satz 2 BGB. bb) Nichtigkeit gemäß 117 I BGB? Abgeben einer WE zum Schein im Einverständnis mit dem Empfänger? (-), R ging von Ernstlichkeit der WE des P aus. cc) Nichtigkeit gemäß 118 BGB (sog. guter Scherz)? WE von P abgegeben in der Erwartung, fehlende Ernstlichkeit werde von R erkannt? (+), P hat sich nicht nur rein insgeheim vorbehalten, den Verkauf nicht zu wollen, sondern ging davon aus, dass auch R die Scherzhaftigkeit erkennen würde (dies belegt auch sein Augenzwinkern bei der Äußerung); auch die Umstände (geselliger Abend im Wirtshaus, Biertrinken mit Freunden) sprechen für dieses Ergebnis dd) Zwischenergebnis: Angebot des P nach 118 BGB unwirksam. II. Ergebnis: Kein Anspruch R P aus 433 Abs. 1 Satz 1 BGB. B. Anspruch des R gegen P auf Ersatz der Kosten des Inserats gemäß 122 Abs. 1 BGB I. Voraussetzungen 1. Nach 118 BGB nichtige oder 119 f. BGB angefochtene WE: Nichtigkeit der Willenserklärung des P nach 118 BGB (+), s.o. 2. Ausschlussgrund nach 122 II BGB? Kennen oder Kennenmüssen des Grundes der Nichtigkeit/Anfechtbarkeit? a) Positive Kenntnis des R? (-), s.o. b) Kennenmüssen = fahrlässige Unkenntnis? In Anbetracht der Gesamtumstände (Inhalt des Vertragsangebots, Augenzwinkern, geselliger Abend im Wirtshaus, Biertrinken unter Freunden) (+) c) Zwischenergebnis: Anspruch ausgeschlossen. 3. (Hilfsweise): Inhalt des Anspruchs nach 122 I BGB: nur Ersatz des Vertrauensschaden, begrenzt auf Höhe des positiven Interesses a) Inseratskosten als Vertrauensschaden? (+) b) Kein Übersteigen des positiven Interesses? (+) c) Zwischenergebnis: 17,99 Euro wären ersatzfähiger Vertrauensschaden II. Ergebnis: Kein Anspruch des R P aus 122 I BGB gem. 122 II BGB. Seite 6 von 6
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