6 Vektorräume mit Skalarprodukt
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- Waldemar Fromm
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1 6 Vektorräume mit Skalarprodukt Der Begriff der linearen Abhängigkeit gestattet uns zu definieren, wann zwei bzw. drei Vektoren kollinear bzw. komplanar sind. Wir sind aber noch nicht in der Lage, die Länge eines Vektors oder den Winkel zwischen zwei Vektoren festzulegen. 6.1 Skalarprodukte Vektoren im physikalischen Raum V In V lassen sich Längen und Winkel durch Messung festlegen. Über diese Begriffe wird das Skalarprodukt a b zweier Vektoren a,b V definiert als a b := a b cosγ; (57) a, b R + sind die Längen von a bzw. b, γ (mit γ π) ist der Winkel zwischen ihnen. Mit dem Vektor b a der Projektion von b auf die Richtung von a, gilt offenbar b a := a b cosγ, (58) a a b = a b a sgn(cosγ). (59) Dieses Skalarprodukt hat drei wichtige Eigenschaften: (S1) Es ist kommutativ, a b = b a (für alle a,b V). (S2) Es ist im rechten (und somit auch im linken) Argument linear, a (λb+µc) = a (λb)+a (µc) λa b+µa c (λ,µ R). (51) a (b+c) = a b+a c folgt aus der anschaulichen Beziehung (b+c) a = b a +c a. (S3) Es ist positiv definit, a a a 2 (mit a a = genau dann, wenn a = ). In V gelten also die Begriffe Länge und Winkel als grundlegend, der des Skalarprodukts als abgeleitet. In abstrakten Vektorräumen werden diese Rollen vertauscht: Die genannten drei Eigenschaften dienen der Definition des Skalarprodukts. (Dabei gibt es im allg. für jeden Vektorraum viele verschiedene Skalarprodukte!) Um auch den Fall K = C einzuschließen, muß Eigenschaft (S1) verallgemeinert werden. 85
2 6.1.2 Allgemeine Definition Def.: Es sei V ein beliebiger Vektorraum über dem Körper K {R,C}. Ein Skalarprodukt ist eine Abbildung V V K, die jedem geordneten Paar von Vektoren a,b V eine Zahl (a,b) a b K zuordnet und dabei folgende Eigenschaften hat (mit a,b,c V und λ,µ K): (S1) Hermitezität (Charles Hermite, ), (S2) Linearität im zweiten Argument, (S3) Positive Definitheit, (b,a) = (a,b) ; (511) (a,λb+µc) = λ(a,b)+µ(a,c); (512) (a,a), (a,a) = a =. (513) Im Fall K = R heißt das Skalarprodukt reell, im Fall K = C heißt es unitär. Entsprechend heißt V ein euklidischer bzw. ein unitärer Vektorraum. Bsp. 1a: Die Menge V = C n ist ein Vektorraum über K = C, wenn man definiert a 1 b 1 a 1 +b 1 a 1 λa :=., λ. :=. (λ C). (514) a n b n a n +b n a n λa n Wie in den Übungen gezeigt wird, ist ein Skalarprodukt in Cn gegeben durch a 1. a n b 1. b n := a 1 b a n b n C. (515) Als Beispiel mit n = 2 berechnen wir ( ) ( ) 1+2i 3+4i = (1 2i)(3+4i)+(2+ i)(5+2i) = 19+7i. (516) 2 i 5+2i Das Skalarprodukt eines Vektors mit sich selbst ist tatsächlich (Eigenschaft S3), ( ) ( ) 3+4i 3+4i = (3 4i)(3+4i)+(5+2i)(5 2i) = = 54.(517) 5 2i 5 2i Bem.: Mit (S1) und (S2) ist ein Skalarprodukt im ersten Argument antilinear, (λa+µb,c) = λ (a,c)+µ (b,c). (518) (Soweit in der Physik; in der Mathematik wird Linearität im ersten Argument gefordert!) Im Fall K = R gilt (a,b) (a,b), und das Skalarprodukt ist nach (S1) kommutativ, (a,b) = (b,a), und in beiden Argumenten linear. 86
3 6.1.3 Die Matrix eines Skalarprodukts B = {v 1,...,v n } sei eine Basis von V. Für die Vektoren a = a i v i, b = b i v i (519) berechnen wir unter Ausnutzung der Eigenschaften (S1) und (S2) das Skalarprodukt, ( (a,b) = a i v i, ) b j v j = a ib j (v i,v j ) = i, g ij a ib j. (52) Man nennt G = (g ij ) die Matrix des Skalarprodukts bezüglich der Basis B, i, g ij := (v i,v j ), (521) gelegentlich auch den metrischen Tensor des Skalarprodukts bezüglich B. Bsp. 1b: Im Vektorraum P 2 (R) betrachten wir das Skalarprodukt (Übungen!) (f,g) := dtf(t)g(t). (522) Für die Polynome a(t) = t 2 4t+3 und b(t) = 2t 2 +t 5 ergibt sich also (a,b) = dt(t 2 4t+3)(2t 2 +t 5) = dt(2t 4 7t 3 3t 2 +23t 15) = (523) Bezüglich der Basis B = {1,t,t 2 } =: {v 1 (t),v 2 (t),v 3 (t)} lautet der metrische Tensor g 11 g 12 g g ij = dtv i (t)v j (t) g 21 g 22 g 23 = g 31 g 32 g 33 Mit (a 1,a 2,a 3 ) = (3, 4,1) und (b 1,b 2,b 3 ) = ( 5,1,2) folgt also (524) (a,b) = g 11 a 1 b 1 +g 12 a 1 b g 33 a 3 b 3 = a 1 b 1 + a 1b 2 +a 2 b 1 2 = a 1b 3 +a 2 b 2 +a 3 b a 2b 3 +a 3 b a 3b = (525) 87
4 6.1.4 Die Ungleichung von Cauchy-Schwarz Satz: Der Vektorraum V sei euklidisch oder unitär. Dann gilt für alle a,b V (a,b) 2 (a,a)(b,b). (526) (Gleichheit gilt genau dann, wenn {a, b} linear abhängig ist.) Beweis: OBdA sei b. Für beliebiges λ C gilt Speziell für λ = (b,a) (b,b) (a λb,a λb) = (a,a) λ (b,a) λ(a,b)+λ λ(b,b). (527) ergibt Multiplikation mit (b,b) > die Behauptung. Bsp. 2a: Im Fall V = R n mit Standard-Skalarprodukt erhalten wir (a b) 2 (a a)(b b) ( ) 2 ( a k b k k=1 a 2 i )( b 2 j ). (528) Bsp. 2b: (Quantenmechanik!) Die stetigen Funktionen f : [,1] C, t f(t) einer reellen Variable t bilden einen ( -dimensionalen) Vektorraum V über K = C. Durch (f,g) := dtf (t)g(t) (529) wird in V ein unitäres Skalarprodukt erklärt (Übungen!). Folglich gilt dtf (t)g(t) 2 dt f(t) 2 dt g(t) 2 (53) Als Beispiel betrachten wir die Funktionen f(t) = t 5 und g(t) = t 8, = dtt 5 t dtt 1 dtt = (531) 88
5 6.1.5 Norm Def.: Sei V ein Vektorraum mit Skalarprodukt. Die Norm(oder der Betrag/die Länge ) eines Vektors a V wird definiert als a := (a,a). (532) Satz: Ist V ein VR mit Skalarprodukt, so gilt für a,b V die Dreiecksungleichung, Beweis: Allgemein gilt a+b a + b. (533) a+b 2 (a+b,a+b) = a 2 +(a,b)+(b,a)+ b 2 = a 2 +2Re(a,b)+ b 2. (534) Wegen Re(z) z, für beliebige z C folgt a+b 2 a 2 +2 (a,b) + b 2, (535) mit der Ungleichung von Cauchy-Schwarz, (a, b) a b, also ( 2. a+b 2 a + b ) (536) Wegen der Ungleichung von Cauchy-Schwarz kann man in beliebigen euklidischen Vektorräumen den Winkel γ zwischen je zwei Vektoren a und b definieren durch cosγ := (a,b) a b. (537) Bsp. 2c: Im R n mit dem Standard-Skalarprodukt ist der Winkel γ zwischen der Raumdiagonale und einer der Achsen gegeben durch 1 1 cosγ = 1 n 1.. = 1. (538) n 1 Es gilt also γ = 45 (n = 2), γ 54.7 (n = 3), γ = 6 (n = 4), sowie lim n γ = 9. Zwischen den beiden Polynomen a = t 2 4t+3 und b = 2t 2 +t 5 aus Bsp. 1b, mit (a,b) = (a,a)(b,b)cosγ = cosγ, (539) ließe sich ein Winkel γ mit cosγ.935 definieren! 89
6 6.1.6 Orthonormierte Basen (ON Basen) Def.: Zwei Vektoren a, b V heißen zueinander orthogonal, wenn gilt (a,b) =. (54) Bem. 1: Der Nullvektor V ist zu jedem Vektor a V orthogonal. Bem. 2: Sind die Vektoren v 1,...,v k paarweise orthogonal, (v i,v j ) = für alle i,j {1,...,k} mit i j, (541) und ist v i für alle i {1,...,k}, so ist {v 1,...,v k } linear unabhängig. Beweis: Sei k λ iv i =. Dann folgt für jedes j {1,...,k}, ( k ) k = (v j,) = v j, λ i v i = λ i (v j,v i ) = λ j (v j,v j ), (542) und also, wegen v j, λ j =. Def.: EineBasis{v 1,...,v n }einesvektorraumsv mitskalarproduktheißtorthonormiert oder ON-Basis, wenn die Basisvektoren auf 1 normiert und paarweise orthogonal sind, v i = 1, (v i,v j ) = für alle i,j {1,...,n} mit i j. (543) Dies läßt sich mit Hilfe des Kronecker-Symbols δ ij kompakter formulieren, (v i,v j ) g ij = δ ij für alle i,j {1,...,n}. (544) Der metrische Tensor G von (,) bezüglich einer ON-Basis ist also die Einheitsmatrix E. Lemma 1: Sei B = {v 1,...,v n } eine ON-Basis von V und a V beliebig. Dann gilt a = a i v i, mit: a k = (v k,a). (545) Der k-te Koeffizient a k von a bezüglich B ist also genau das Skalarprodukt von v k mit a. Beweis: ( ) (v k,a) = v k, a i v i = a i (v k,v i ) = a }{{} k. (546) δ ki Lemma 2: Mit b = n b jv j folgt weiter ( ) (a,b) a i v i, b j v j = i, a i b j (v i,v j ) = }{{} δ ij a i b i. (547) 9
7 6.1.7 Das Schmidtsche Orthogonalisierungsverfahren Sei {v 1,...,v n } eine Basis von V. Wir wollen daraus eine ON-Basis {e 1,...,e n } konstruieren (und dadurch zeigen, daß dies immer möglich ist). Im ersten Schritt wählen wir e 1 := v 1 v 1. (548) Nun fahren wir induktiv fort. Sei also {e 1,...,e k } orthonormiert, wobei e i, mit 1 i k, jeweils eine Linearkombination von {v 1,...,v i } ist. Dann ist der Vektor v k+1 = v k+1 k (e j,v k+1 )e j (549) verschieden von, da hier von v k+1 eine Linearkombination der Vektoren {v 1,...,v k } subtrahiert wird. Insbesondere ist v k+1 orthogonal zu e i für alle i {1,...,k}, denn (e i,v k+1) = (e i,v k+1 ) = (e i,v k+1 ) k (e i,(e j,v k+1 )e j ) k (e j,v k+1 )(e i,e j ) }{{} =. (55) δ ij Eine orthonormierte Menge {e 1,...,e k+1 } ergibt sich also mit der Wahl Damit ist die Konstruktion der ON-Basis {e 1,...,e n } klar. e k+1 := v k+1 (551) v k+1. Bsp. 3: Für {v 1,v 2,v 3 } = {1,t,t 2 } P 2 (R) findet man bezüglich (f,g) = dtf(t)g(t) e 1 e 1 (t) = 1, e 2 e 2 (t) = 3(2t 1), e 3 e 3 (t) = 5(6t 2 6t+1). (552) Für die Polynome a a(t) = t 2 4t+3 und b b(t) = 2t 2 +t 5 aus Bsp. 1b/2c findet man mit a i = (e i,a) bzw. b i = (e i,b) folgende Darstellungen (Übungen!): a(t) = e 1(t) 2 e 2(t)+ 3 e 3(t), b(t) = e 1(t)+ 2 e 2(t)+ 15 e 3(t). (553) Ihr Skalarprodukt ergibt sich jetzt tatsächlich nach der Formel aus Abschnitt zu (a,b) 3 a i b i = = = (554) 91
8 6.2 Skalarprodukt und lineare Selbstabbildungen Notation: Zu einer komplexen (n m)-matrix A, mit den Elementen a ij, definieren wir die adjungierte Matrix A durch A := (A T ) a ij := a ji. (555) Insbesondere ist das Adjungierte einer komplexen Spalte a C n die Zeile Sind alle Elemente von A reell, so ist natürlich A A T. Bsp.: A= ( 1+2i 2 3i 5 6i ) a := (a 1,...,a n ). (556) ( ) ( ) 1 2i 5 2+i : A =, a= : a =(2 i,3i).(557) 2+3i 6i 3i Unitäre Selbstabbildungen Im physikalischen Raum V sei eine lineare Selbstabbildung f : V V, x y = f(x) dadurch festgelegt, daß jeder Bildvektor y gegen seinen Urvektor x mit dem gleichen Winkel φ um eine starr vorgegebene Achse e verdreht ist. Dann ist anschaulich klar, daß y die gleiche Länge hat wie x, und daß je zwei Bildvektoren y 1 und y 2 den gleichen Winkel einschließen wie die entsprechenden Urvektoren x 1 und x 2. Es gilt also y 1 y 2 f(x 1 ) f(x 2 ) = x 1 x 2, für alle x 1,x 2 V, (558) mit dem üblichen geometrischen Skalarprodukt in V. Man nennt f eine Drehung. Lineare Selbstabbildungen f : V V mit der Eigenschaft (558) heißen orthogonal. Es sind die sog. Drehspiegelungen, bei denen zusätzlich zur Drehung eine (Raum-) Spiegelung am Ursprung erfolgen kann. Wir wollen dies nun verallgemeinern. Def.: Sei V ein Vektorraum mit unitärem (bzw. reellem) Skalarprodukt. Eine lineare Selbstabbildung f : V V heißt unitär (bzw. orthogonal), wenn gilt (f(a),f(b)) = (a,b), für alle a,b V. (559) Bem.: Ist V endlich-dimensional, so gilt für eine unitäre Abbildung f : V V: (a) f(v) = v für alle v V; (b) f(v) = λv λ = 1 (alle Eigenwerte von f haben den Betrag 1); (c) f ist ein Isomorphismus, also invertierbar. 92
9 Satz: f : V V ist bereits unitär, wenn für eine ON-Basis {v 1,...,v n } von V gilt: (f(v i ),f(v j )) = δ ij für alle i,j {1,...,n}. (56) (Trivialerweise gilt dies umgekehrt für jede ON-Basis, wenn f unitär ist.) Beweis: Für zwei beliebige Vektoren a,b V, a = a i v i, b = b j v j, (561) folgt sofort (f(a),f(b)) = a i b j(f(v i ),f(v j )) = }{{} δ ij (Im letzten Schritt wurde Lemma 2 aus Abschnitt benutzt.) a i b i = (a,b). (562) Wiederholung: Sei f : V V eine lineare Selbstabbildung von V und B = {v 1,...,v n } eine Basis von V. Die (n n)-matrix A, durch die f bezüglich B dargestellt wird, enthält als k-te Spalte die Komponenten des Bildvektors f(v k ) bezüglich B, f(v k ) = A ik v i. (563) Bsp.: Sei V = P 2 (R) und f : V V die Ableitung. Dann gilt bezüglich B = {t 2,t,1} A = 2. (564) 1 Tatsächlich wird d dt (5t2 +6t 8) = 1t+6 dargestellt durch = 1. (565) Satz: Die invertierbare Matrix A, durch die eine unitäre Abbildung f : V V bezüglich einer ON-Basis {v 1,...,v n } dargestellt wird, hat die Eigenschaft A 1 = A. Beweis: Da f unitär ist, gilt δ kl (f(v k ),f(v l )) = A ika jl (v i,v j ) = }{{} δ ij A ika il = A ki A il = (A A) kl. (566) 93
10 6.2.2 Lineare Funktionale Def.: Unter einem linearen Funktional auf dem Vektorraum V versteht man eine lineare Abbildung f : V K von V in den Grundkörper K. Statt f,g,... schreiben wir α,β,..., α : V K, x α(x) K. (567) Linearität: Für λ,µ K und x 1,x 2 V muß gelten α(λx 1 +µx 2 ) = λα(x 1 )+µα(x 2 ). Bsp. 1a: Zwei lineare Funktionale α,β : V R auf V = P 2 (R) sind etwa gegeben durch α : x x(t) α(x) := 3 dtt 2 x(t), β : x x(t) β(x) := x(t=.8). (568) Für x x(t) = pt 2 +qt+r folgt α(x) = 48.6p+2.25q+9r und β(x) =.64p+.8q+r. Wie man sich leicht klarmacht (Übungen!), bildet die Menge aller linearen Funktionale auf V selbst einen Vektorraum, den sog. Dualraum V von V. Zwischen diesen Räumen besteht eine enge Beziehung: Bezüglich einer (ON-) Basis von V werden die Elemente von V selbst durchspalten, diejenigenvonv durch(1 n)-matrizen, alsozeilendargestellt. Ehe wir den entsprechenden Satz beweisen, wollen wir dies noch etwas genauer betrachten. Die Matrix A von α V bezüglich einer Basis B = {v 1,...,v n } von V ist eine Zeile, α(x) = A x, A (A 11,...,A 1n ) = (α(v 1 ),...,α(v n )), (569) wobei x C n die aus den Komponenten x k von x = n k=1 x kv k gebildete Spalte ist. A ist das Adjungierte a einer durch α (und B) eindeutig bestimmten Spalte a C n, A = a, a a 1. a n = A 11. A 1n = α(v 1 ). α(v n ). (57) Wir können also schreiben α(x) = a x. Ist insbesondere B eine ON-Basis, so gilt α(x) a x = (a,x), (571) mit dem Vektor a V, der bezüglich B durch a dargestellt wird. Es deutet sich an: Satz: Sei V ein Vektorraum mit Skalarprodukt. Dann gibt es zu jedem α V genau ein a V, und umgekehrt zu jedem a V genau ein α V, sodaß gilt α(x) = (a,x), für alle x V. (572) 94
11 Beweis: Sei {v 1,...,v n } eine ON-Basis von V. Mit den n Zahlen α(v k ) C setzen wir a := α(v k ) v k. (573) k=1 Dann gilt für beliebiges x = n k=1 x kv k V, wobei x k = (v k,x) ist, tatsächlich α(x) = x k α(v k ) = k=1 (v k,x)α(v k ) = (a,x). (574) k=1 Sei umgekehrt α(x) = (b,x), mit einem b V. Speziell für x = a b folgt dann = (a,x) (b,x) = (a b,a b) a b = b = a. (575) Def.: Das dem Vektor a V durch die Bedingung α(x) = (a,x), für alle x V (576) eindeutig zugeordnete lineare Funktional α V heißt das Adjungierte a von a. Bsp. 1b: Wir betrachten das Funktional β aus Bsp. 1a und das Skalarprodukt (x,y) := dt x(t)y(t) (577) in P 2 (R). Mit b b(t) := 1.2t t.6 gilt für x x(t) = pt 2 +qt+r tatsächlich (b,x) = dt b(t)x(t) = =... dt(1.2t t.6)(pt 2 +qt+r) =.64p+.8q+r = f(.8) β(x). (578) Es gilt also β = b. Bem.: In der Quantenmechanik ist folgende Schreibweise (nach P.A.M. Dirac) üblich: x = x, β b = b, also: β(x) = b x. (579) 95
12 6.2.3 Die zu f : V V adjungierte Abbildung f : V V Sei a V ein fester Vektor und f : V V eine Selbstabbildung. Dann wird durch β(x) := (a,f(x)), x V (58) eine Abbildung β : V K festgelegt. Diese ist ein lineares Funktional, β V, denn β(λx 1 +µx 2 ) = (a,f(λx 1 +µx 2 )) = (a,λf(x 1 )+µf(x 2 )) = λβ(x 1 )+µβ(x 2 ). (581) Nach Abschnit gibt es also ein durch a eindeutig bestimmtes b V, sodaß gilt β(x) (a,f(x)) = (b,x), x V. (582) M.a.W.: Durch die Bedingung (a,f(x)) = (g(a),x), x V (583) wird eindeutig eine Abbildung g : V V, a b = g(a) festgelegt. Sie ist linear, denn (g(λa 1 +µa 2 ),x) = (λa 1 +µa 2,f(x)) = λ (a 1,f(x))+µ (a 2,f(x)) = λ (g(a 1 ),x)+µ (g(a 2 ),x) = (λg(a 1 )+µg(a 2 ),x). (584) Def.: Die zu einer gegebenen Abbildung f : V V durch die Bedingung (v,f(x)) = (f (v),x), x V (585) eindeutig festgelegte Abbildung f : V V heißt die zu f adjungierte Abbildung. Satz: Die Abbildung f : V V werde bezüglich der ON-Basis B = {v 1,...,v n } durch die Matrix A dargestellt. Dann wird f bezüglich B durch die Matrix A dargestellt. Beweis: Die gesuchte Matrix von f sei M, f (v l ) = M jl v j. (586) Wegen f(v k ) = n A ikv i folgt dann ( ) A lk = (v l,f(v k )) = (f (v l ),v k ) = M jl v j,v k = Mjl (v j,v k ) = Mkl. (587) Es folgt also A = M M = A, und die Behauptung ist bewiesen. 96
13 6.2.4 Unitäre und selbstadjungierte Abbildungen Def.: Die Abbildung f : V V heißt selbstadjungiert, wenn gilt f = f. Bem.: Während die Matrix U einer unitären Abbildung f : V V (bezüglich einer ON-Basis von V) invertierbar ist, mit der Eigenschaft ( unitär ) U = U 1, (588) so ist die Matrix H einer selbstadjungierten Abbildung charakterisiert durch H = H. (589) Solche Matrizen heißen hermitesch. (Reelle hermitesche Matrizen sind symmetrisch.) Bsp. 2a: Eine unitäre und eine hermitesche (2 2)-Matrix U bzw. H sind etwa, U = 1 ( ) ( ) 1 i 1 i, H =. (59) 2 i 1 i 1 Bem.: Alle Eigenwerte λ einer selbstadjungierten Abbildung f sind reell. (Dies gilt natürlich insbesondere auch für die Eigenwerte einer hermiteschen Matrix.) Beweis: Sei nämlich f(v) = λv und (v,v) = 1. Dann folgt λ = (v,λv) = (v,f(v)) = (f (v),v) (f(v),v) = (λv,v) = λ, q.e.d. (591) Bsp.: Die allgemeine hermitesche (2 2)-Matrix lautet ( ) a x+ iy H = (a,b,x,y R). (592) x iy b Man beachte, daß die Diagonalelemente H ii, auch im Fall (n n), alle reell sein müssen! Das charakteristische Polynom, hat tatsächlich nur reelle Nullstellen, P H (λ) = λ 2 (a+b)λ+[ab (x 2 +y 2 )], (593) λ 1,2 = 1 2 [ (a+b)± ] (a b) 2 +4(x 2 +y 2 ). (594) Dies gilt natürlich erst recht im speziellen Fall y = einer symmetrisch-reellen Matrix! 97
14 6.2.5 ON-Basis aus Eigenvektoren Eigenvektoren v 1 und v 2 einer selbstadjungierten Abbildung f zu verschiedenen Eigenwerten λ 1 bzw. λ 2 sind zueinander orthogonal, denn λ 2 (v 1,v 2 ) = (v 1,f(v 2 )) = (f(v 1 ),v 2 ) = λ 1 (v 1,v 2 ) λ 1 (v 1,v 2 ), (595) was wegen λ 2 λ 1 nur mit (v 1,v 2 ) = vereinbar ist. Auch bei einer unitären Abbildung f, mit f = f 1, sind Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten λ 1 = e iφ 1 bzw. λ 2 = e iφ 2 (mit φ 1,φ 2 R) zueinander orthogonal, e iφ 2 (v 1,v 2 ) = (v 1,f(v 2 )) = (f 1 (v 1 ),v 2 ) = (e iφ 1 v 1,v 2 ) = e iφ 1 (v 1,v 2 ), (596) was wiederum wegen φ 2 φ 1 nur mit (v 1,v 2 ) = vereinbar ist. Satz: Sei V ein endlich-dimensionaler Vektorraum über K {C, R} mit Skalarprodukt. Sei außerdem f : V V eine selbstadjungierte oder eine unitäre Selbstabbildung. Dann gibt es eine ON-Basis von V, die aus Eigenvektoren von f besteht. Auf den Beweis wollen wir hier verzichten. Dieser Satz hat fundamentale Bedeutung in der Quantenmechanik, wo er auf gewisse -dimensionale Vektorräume, sog. Hilbert-Räume verallgemeinert wird. Analoges gilt natürlich für hermitesche oder unitäre Matrizen: Satz: Sei A eine komplexe (oder auch reelle) (n n)-matrix, die entweder hermitesch oder unitär ist. Dann existiert eine ON-Basis {v 1,...,v n } des C n aus Eigenvektoren von A. Im hermiteschen Fall sind alle Eigenwerte λ 1,...,λ n reell, A = A : A v k = λ k v k, λ k = λ k, (597) im unitären Fall sind sie im allg. komplex, haben dafür aber immer den Betrag 1, A = A 1 : A v k = λ k v k, λ k = e iφ k (φ k R). (598) Bsp. 2b: Die unitäre Matrix U aus Bsp. 2a hat die orthogonalen Eigenvektoren ( ) ( ) 1 1 v 1 =, v 1 2 =, (599) 1 zu den unimodularen komplexen Eigenwerten λ 1,2 = 2 1 2(1± i) e ±πi/4, mit µ 1,2 = 1. Dagegen hat die hermitesche Matrix H aus Bsp. 2a reelle Eigenwerte λ 1 = und λ 2 = 2; die Eigenvektoren sind aber ebenfalls orthogonal, v 1 = ( 1 i ), v 2 = 98 ( 1 i ). (6)
15 Bsp. 3: Für die Physik besonders wichtig ist der Spezialfall einer symmetrisch-reellen Matrix, die ja auch hermitesch ist. Als Beispiel diene die symmetrische (3 3)-Matrix A = (61) Wie man leicht nachrechnet, sind drei paarweise orthogonale Eigenvektoren gegeben durch v 1 = 1 2 1, v 3 2 = 1 2 2, v 3 3 = (62) Sie bilden offensichtlich eine ON-Basis des R 3, und die zugehörigen Eigenwerte sind reell, λ 1 = 18, λ 2 = 27, λ 3 = 45. (63) 99
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