Institutionen und Wirtschaftliche Entwicklung
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- Ulrich Thilo Grosse
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1 Institutionen und Wirtschaftliche Entwicklung Prof. Dr. Awudu Abdulai Institut für Ernährungswirtschaft und Verbrauchslehre Wintersemester
2 Was ist Institutionenökonomik (Institutional Economics)? Institutionenökonomik befasst sich mit impliziten und expliziten Regeln, deren Verkörperung in Organisationen, deren Auswirkungen auf das Verhalten von Individuen und deren Entstehen und Verschwinden. Dies betont die Bedeutung von Institutionen. Die Produktionsfaktoren, welche die herkömmliche Ökonomik für Wachstum verantwortlich machen, können ihre Wirksamkeit nicht entfalten, wenn die Institutionen und die Werte- und Regelsysteme einer Gesellschaft dem im Wege stehen. 2
3 Was ist die Neue Institutionenökonomik (New Institutional Economics NIE)? Vertreter dieses Ansatzes halten die Erklärung durch die Wachstumstheorie nicht für hinreichend. Sie sehen in den jeweiligen nationalen Institutionen die Schlüsselgröße für wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung. Die eigentliche Ursache geringen wirtschaftlichen Wachstums ist das Versagen, wirtschaftliche Spielregeln hervorzubringen, die nachhaltiges Wachstum generieren. Zweck ist, die Determinanten von Institutionen und ihre Entwicklung im Zeitablauf zu erklären und den Einfluss auf die ökonomische Leistung, Effizienz und Verteilung zu bewerten. 3
4 Warum wird sie Neu genannt? Um sie von der alten institutionalisierten Schule zu unterscheiden (Thorsten Bunde Veblen, John Commons und Wesley Mitchell). NIE arbeitet im Rahmen der neo-klassischen Ökonomie, aber sie lockert einige der Annahmen und bezieht Institutionen als eine zusätzliche Bedingung mit ein (Ronald Coase, Oliver Williamson und Douglas North). 4
5 Alte institutionalisierte Schulen Die alte Denkschule nahm an, dass Institutionen wesentlichen Einfluss auf das ökonomische Verhalten haben. Es fehlten jedoch theoretische Grundlagen und nur geringe analytische Strenge war möglich. Es operierte außerhalb der neoklassischen Ökonomie, und keine quantitative Theorie existierte mit der zuverlässige Verallgemeinerungen ableitbar waren, die zu vernünftigen politischen Ratschlägen führen konnten. Anderseits ignorierte die neoklassische Ökonomie die Rolle von Institutionen. Es wurde angenommen, dass wirtschaftliche Akteure in einem Vakuum agieren. 5
6 Gerald W. Scully, 1995 Neoclassical economists take the institutional framework of a society as irrelevant to the theory. By implikation, if you plunk down a unit of capital in Zaire or in Cuba, it should have the same incremental effect on output as in Hong Kong or Costa Rica. But experience shows that it does not. A major contributor to the difference in economic outcomes is in the difference in the institutions each nation chooses. 6
7 NIE: Ökonomische Aktivitäten sind eingebettet in einen Rahmen von Institutionen, formal und informell NIE Alte Institutionalisierte Schulen Neo-klassische Ökonomie 7
8 Differenzierung von der neoklassischen Ökonomie Mit der Neuen Institutionenökonomik können unrealistische Annahmen der neoklassischen Ökonomie aufgeweicht werden perfekte Information, keine Transaktionskosten, vollkommene Rationalität Asymmetrische Information, Transaktionskosten, eingeschränkte Rationalität Unsicherheit 8
9 Ansätze der Neuen Institutionenökonomik Es gibt drei verschiedene sich ergänzende Ansätze: Die Theorie der Verfügungsrechte (Property Rights) Die Prinzipal-Agent-Theorie: Informationsasymmetrie (Prinzipal ist der Auftraggeber und Agent ist der Beauftragter) Transaktionskostentheorie: Jegliches Handeln in einer Marktwirtschaft ist mit Kosten verbunden 9
10 Was sind Institutionen? Eine Reihe von formalen (Gesetzen) und informellen Verhaltensregeln (relevanten Normen, Sitten, Bräuchen) welche die Koordination unterstützen oder die Beziehungen zwischen Individuen lenken. Institutionen eines Landes: wie das Rechtssystem, das politische und das soziale System beeinflussen das Wirtschaftswachstum. aber auch andere wie Straßenverkehrs-Ordnung, Kartellrecht, usw. sind sehr bedeutende Institutionen. 10
11 Transaktionskosten-Ökonomie (Transaction cost economics TCE) Definition von Transaktionskosten: Sind Kosten, die aufgewendet werden müssen, um Markttransaktionen vorzunehmen. Kosten des Ausfindigmachens und Auswählens eines Käufers oder Verkäufers. Kosten der Informationsbeschaffung über das Gut oder die Dienstleistung. Kosten des Aushandelns eines Vertrags. Kosten der Kontrolle und Durchsetzung eines Vertrags. 11
12 Die Neue Institutionenökonomik Ronald H. Coase Nobelpreis, 1991 The Nature of the Firm (Transaktionskosten) The Problem of Social Cost (Eigentumsrechte) Coase (1988): Without the concept of transaction costs, which is largely absent from current economic theory, it is my contention that it is impossible to understand the working of the economic system, to analyse many of its problems in a useful way, or to have a basis for determining policy. Bei der Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung von Geschäften entstehen sogenannten Transaktionskosten. Firmen streben danach, bei den Transaktionskosten zu sparen. Die Grenzen der Firma sind bedingt durch die Natur und den Umfang der Transaktionskosten. 12
13 Transaktionskosten-Ökonomie Kombiniert die Konzepte der begrenzten Rationalität und des opportunistischen Verhaltens (Informationsasymmetrie), um Vertrags- und Eigentumsstrukturen von Firmen zu erklären. Kontinuum organisatorischer Form, das weitgehend von der Höhe der Transaktionskosten abhängt. Je nach Höhe der Transaktionskosten findet der Güteraustausch marktbasiert (horizontal) oder innerhalb einer Unternehmung (vertikal) statt. Oliver Williamson Nobelpreis,
14 Market-Hierarchy-Model (Wikipedia) Das Vergrößern eines Unternehmens (Insourcing) ist immer wirtschaftlich, wenn die Transaktionskosten des Marktes höher sind als die internen Transaktionskosten. Sind die internen Transaktionskosten höher als die externen Transaktionskosten, dann erfolgt eine Verkleinerung (Outsourcing). 14
15 Organisationskulturen und Transaktionskosten Grundlegende Fragestellung des Ansatzes Unter welchen Umständen ist die Organisationskultur besonders relevant für die Effizienz einer Unternehmung? Höchste Effizienz = geringste Transaktionskosten 15
16 Transaktionskosten Transaktionskosten sind keine marginale Erscheinung des Wirtschaftslebens, sondern machen einen großen Teil aller wirtschaftlichen Aktivitäten aus. Douglas North Nobelpreis, 1993 Die Unfähigkeit von Gesellschaften, eine effektive und preiswerte Durchsetzung von Verträgen zu entwickeln ist der wichtigste Ursprung für beides, historische Stagnation und heutiger Unterentwicklung in der Dritten Welt. 16
17 Transaktionskosten-Ökonomie Douglas North: Institutionen, die sich dazu entwickeln, die Transaktionskosten zu reduzieren, sind der Schlüssel zur ökonomischen Leistung. Nicht alle Institutionen die entstehen, sind effizient. Die Rolle der Regierung ist entscheidend bei der Ausgestaltung der Eigentumsrechte und bei der Durchsetzung von Verträgen. 17
18 Bedeutung der Transaktionskosten North schätzt, dass etwa 50% des BSP westlicher Industrieländer auf Transaktionskosten entfallen. Jede unternehmerische oder staatliche Aktivität, die die Reduktion von Transaktionskosten ermöglicht, ist von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Organisatorische Innovationen (etwa im Sinne von neuartigen transaktionskostensparenden Normen, Regeln, Intermediationen, Führungsformen, Koordinationsmustern) sind für die Entwicklung genau so wichtig wie technischer Erfindungsgeist. Die Senkung von Transaktionskosten ist demnach die wohl wichtigste Triebfeder für die Entstehung und den Wandel von Institutionen, die ihrerseits wiederum auch den technischen Wandel beeinflussen. 18
19 Wie wichtig sind Eigentumsrechte? (1) Verlässliche und durchsetzbare Eigentumsrechte sind für eine effiziente Ökonomie mit freiem Markteintritt essentiell. Indem das Vertrauen der Investoren verbessert wird, tragen Eigentumsrechte zum einen dazu bei, dass mehr Kapital für produktive Aktivitäten eingesetzt wird, zum anderen führen sie zu einem Einkommensanstieg. Verlässliche Eigentumsrechte erhöhen ebenso ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment). Durch diese Erhöhung steigen zum einen das Handelsvolumen, zum anderen der Technologietransfer. 19
20 Wie wichtig sind Eigentumsrechte? (2) In vielen Entwicklungsländern gibt es lediglich eine formlose Definition von Eigentumsrechten. Ferner ist es schwer, Eigentumsrechte in diesen Ländern überhaupt geltend zu machen. Es ist allgemein akzeptiert, dass dadurch Investitionen gehemmt werden. Erfahrungen in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern haben gezeigt, dass formell definierte, rechtskräftige Eigentumsrechte viel hilfreicher für das ökonomische Wachstum sind als formlose Eigentumsrechte, die durch Gewohnheiten gestützt und von der Allgemeinheit durchgesetzt werden. 20
21 Wie wichtig sind Eigentumsrechte? (3) Vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ist klar geworden, dass, wenn man das Marktpotential voll ausschöpfen möchte, Eigentumsrechte definiert werden müssen und ein klarer Mechanismus zur Durchsetzung der Vorschriften entwickelt werden muss, damit die Eigentumsrechte geschützt sind. Intellectual Property Rights (Geistige Eigentumsrechte: Patente, TRIPS): Geistige Eigentmsrechte statten Erfinder und Schöpfer kreativer Leistungen mit dem Recht aus, andere für eine begrenzte Zeit von der unautorisierten Nutzung ihrer Produkte auszuschließen. 21
22 Eigentumsrechte und Wirtschaftliche Entwicklung 22
23 Empirische Evidenz Viele empirische Studien weißen darauf hin, dass ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Institutionen und dem wirtschaftlichem Wachstum einer Volkswirtschaft besteht. Die Studie von Scully aus dem Jahr 1988 verbindet ökonomisches Wachstum und Effizienz, um wirtschaftlichen, zivilen und politischen Frieden zu messen. Dabei findet Scully heraus, dass der Effekt über die Wahl der Institutionen sich nicht nur als signifikant erweist, sondern darüber hinaus von großem Ausmaß ist. 23
24 Die Studie von G.W. Scully (1988) Zwischen 1960 und 1980 betrug die Wachstumsrate des Nettoinlandsprodukts pro Kopf für eine durchschnittliche Nation mit einem hohen Grad an wirtschaftlicher, ziviler und poltischer Freiheit 2,7 % pro Jahr. Während derselben Periode konnte hingegen eine durchschnittlichen Nation, in der individuelle Rechte verbannt wurden, lediglich ein Wachstum von 0,9 % pro Jahr verzeichnen. 24
25 Bedeutung von Korruption: Empirische Evidenz Von Paulo Mauro Quarterly Journal of Economics, 1995 Ziel der Studie Identifikation der Kanäle, durch die Korruption und andere institutionelle Faktoren Investitionen und ökonomisches Wachstum beeinflussen, sowie Bestimmung der Größe dieser Effekte. 25
26 Diskussion Einige Autoren haben darauf hingewiesen, dass Korruption über zwei Mechanismen wirtschaftliches Wachstum fördern kann: 1. Korrupte Handlungen (z.b. schnelles Geld ) können dazu führen, dass Individuen bürokratische Verzögerungen umgehen können. 2. Regierungsangestellte, die zur Erhebung von Bestechungsgeldern befähigt sind, würden härter arbeiten, besonders wenn die Bestechungsgelder in Form eines Akkordlohnes auftreten. Im Gegensatz dazu argumentieren andere Autoren, dass Korruption zu geringerem wirtschaftlichen Wachstum führt. 26
27 Wichtigste Ergebnisse Korruption verringert private Investitionen und verlangsamt so ökonomisches Wachstum. Die negative Korrelation zwischen Korruption, Investition und Wachstum ist sowohl statistisch wie auch ökonomisch signifikant. Conclusion: Evidence that institutional inefficiency causes low growth. The main channel through which bad institutions affect the growth rate is by lowering the investment rate. 27
28 Empirische Evidenz (1) Investitionen und Korruption Für alle 67 Nationen I/GDP = 0, ,0117 CORRUPTION R 2 = 0,18 (6,63) (4,41) N = 67 Nationen mit niedriger Effizienz der Bürokratie I/GDP = 0, ,0105 CORRUPTION R 2 = 0,09 (3,52) (2,29) N = 45 Nationen mit hoher Effizienz der Bürokratie I/GDP = 0, ,0138 CORRUPTION R 2 = 0,23 (4,65) (2,63) N = 22 28
29
30 Empirische Evidenz (2) Wachstum und Korruption Für alle 67 Nationen ( ) G(GDP) = 0,019 0,007 GDP ,031 EDUC (1,86) ( 3,88) (2,40) 0,395 G(POP) + 0,003 CORRUPTION ( 1,88) (1,91) R 2 = 0,23 N = 67 30
31 Interdependenzen zwischen Institutionen und Entwicklung Es besteht auch eine wechselseitige Kausalität zwischen den Institutionen und dem wirtschaftlichen Entwicklung. Einerseits haben Institutionen einen tiefgreifenden Einfluss auf das wirtschaftliche Entwicklung, und andererseits bewirkt wirtschaftliche Entwicklung Veränderungen der Institutionen. Zum Beispiel rufen der zunehmende, internationale Handel und die Globalisierung nach offiziellen und international anerkannten Richtlinien und Standards. Da Institutionen Transaktionskosten und Möglichkeiten der Kooperation beeinflussen, können sie das Wirtschaftswachstum beschleunigen, aber auch verlangsamen. 31
32 Zusammenfassung Die ausdrückliche Zurkenntnisnahme der realen institutionellen Vielfalt sowie die sorgfältige ökonomische Interpretation und Gestaltung der Institutionen unter Berücksichtigung der jeweiligen Transaktionskosten und ihrer Einflussgrössen sind Hauptanliegen der Neuen Institutionenökonomik. Für Ökonomen der Neuen Institutionenökonomik gehört die Rechtsstruktur auch in ökonomische Analysen. Diese beinhalten die ökonomischen, legalen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen der Produktion. 32
33 Modul: Welternähr ung, Prof. Dr. Awudu Abdulai 33
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