Dieser Patient mit Hirnmetastasen wird nicht mehr bestrahlt! Wann ist eine palliative Strahlentherapie nicht mehr sinnvoll!
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- Silke Otto
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1 Das mache ich nicht Grenzen der Onkologie Dieser Patient mit Hirnmetastasen wird nicht mehr bestrahlt! Wann ist eine palliative Strahlentherapie nicht mehr sinnvoll! Frank Zimmermann Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsspital Basel radioonkologiebasel.ch
2 Häufigkeit von Hirnfiliae 1 von 4 Krebspatienten entwickelt Hirnfiliae In ca. 40 % ist dies die Todesursache Risiko für Hirnfiliae: SCLC bis 80% NSCLC 25-30% Melanom up to 50% Mammakarz. 20% Nierenzellkarz. 5-10% Hodentumoren 8-15%
3 Ein Beispiel Krebs bei einer 30-jährigen schwangeren Frau (1. Kind) - Brustkrebs mit Hirn- und Lungenmetastasen - Auffällig durch Gang- und Sehstörungen - Fester Freund, sehr gute Anbindung an Eltern und Schwieger -Eltern Fachliche Diskussion - Zwischen den Ärzten - Mit der Patientin und den Angehörigen - Abschliessende Entscheidung
4 Ein Beispiel Krebs bei einer schwangeren Frau: Hirnmetastasen
5 Ein Beispiel Krebs bei einer schwangeren Frau: Lungenmetastase Sorgen der Patientin: wird nur an das Kind gedacht? Ausgewogene Berücksichtigung aller Beteiligter: Patientin aber im Zentrum
6 Ein Beispiel Staging: - Kernspintomographie Kopf - Röntgen-Thorax pa - rct0 cnx cm1 (bra, pul) Fachliche Diskussion zwischen den Ärzten: - Operation zentrale Hirnfilia - Einvernehmlich Fortsetzung der Schwangerschaft - Bei Progression sofortige onkologische Therapie (Ganzhirnbestrahlung und systemische Therapie)
7 Ein Beispiel Weiterer Verlauf: - Ganzhirnbestrahlung mit gezielter Extradosis - Systemische onkologische Therapie
8 Ein Beispiel Weiterer Verlauf: Progression Leber, Knochen, LK - Stereotaktische Strahlentherapie mit part. Remission - Umstellung systemische Therapie Weiterer Verlauf: Progression Lunge, LK - Diskussion des weiteren Vorgehens - Zunehmende psychische Belastung der Patientin - Umstellung systemische Therapie (4. Therapie) - Seit 9 Monaten Tumor aufgehalten
9 Lösung Von Beginn an volles Vertrauen der Patientin in die Betreuung Problem steht noch an: Akzeptanz des unabwendbaren und ungünstigen Krankheitsverlaufs Überwindung der psychischen Verarbeitungsmechanismen ohne Druck?
10 Diagnostik von Hirnfiliae Im Notfall: CT Ohne Notfall: MRT Beispiel einer optimierten Diagnostik: Bei akuten Symptomen mit diffusen Hirnfiliae im CT Verzicht auf MRT!
11 Diagnostik von Rezidiven MRT, funktionelle MRT, PET-CT, PET-MRT: Nekrose oder Rezidiv MRT nach 15 x 2,5 Gy plus 24 Gy vs. 1 x 18 Gy Stockham et al. Prog Neur Surg 2012
12 Strahlentherapeutische Optionen bei Hirnfiliae Mit hoher lokaler Kontrolle: Ganzhirnbestrahlung Prophylaktisch (z.b. bei kleinzelligem Lungenakrzinom) Postoperativ (z.b. bei solitärer Hirnfilia des Mammakarzinoms) Gezielte Stereotaktische Strahlentherapie einzelner Filiae Primär allein (z.b. bei solitärer Filia des Rektumkarzinoms) Primär in Kombination mit Ganzhirnbestrahlung (z.b. bei solitärer Filia eines NSCLC)
13 Strahlentherapeutische Optionen bei Hirnfiliae Zur passageren Symptomlinderung: Ganzhirnbestrahlung Symptomatisch bei nicht resektablen Filiae (z.b. Melanom) Bei rezidivierten Filiae (z.b. SCLC) Gezielte Strahlentherapie einzelner Filiae (z.b. bei pulmonalem Adenokarzinom)
14 Technik der Ganzhirnbestrahlung 6 MV Photonen Gegenfelder (Helm-Felder): - Lamina cribrosa, - Caudaler Anteil der Temporallappen - Schädelbasis cm caudal Foramen magnum Typisch 10 x 3,0 Gy oder 5 x 4,0 Gy
15 Typische Ganzhirnbestrahlung 10 x 3,0 Gy oder 5 x 4,0 Gy
16 Typischer Verlauf Rückbildung der Hirnmetastasen nach Bestrahlung
17 Technik der stereotaktischen Strahlentherapie Radiochirurgie mit 1 x 20 Gy > 90 % Tumorkontrolle
18 Technik der stereotaktischen Strahlentherapie 6 MV Photonen; Multiple Felder, ggf. Bögen: - Dosiert auf umschliessende 80 %-Isodose - Kritische Organe Hirnstamm und Sehbahnen - Fixation mit Maske und Navigation mit CT Typisch 1 x 16,0-20,0 Gy oder 5 x 6,0 Gy
19 Ergebnisse der Strahlentherapie Konzepte Kleinzelliges Lungenkarzinom: Remissionen % Chemotherapie wenn keine Symptome Prophalyktisch lebensverlängernd Mammakarzinom: Remissionsraten % Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom: Remissionsraten % Kein Überlebensvorteil bei simult. Radiochemotherapie Soffietti et al. Curr Opin Oncol 2008
20 Optionen bei Meningeosis Lebenserwartung: 4 Wochen bis 8 Monate
21 Technik bei Menigeosis Strahlenbehandlung gesamter leptomeningealer Raum J.Dobbs Practical treatment planning, 1999
22 Technik bei Meningeosis Fraktionierung: 1,6 Gy/Tag, 24 Gy Gesamtdosis, Boost bis 35.2 Gy Dauer 3-4 Wochen
23 Überlebensraten bei Meningeosis Medianes ÜL (Mon) Ohne Therapie 1.0 Therapieresistent 2.0 Histologie Melanom 4,0 NSCLC 6,0 AIDS-assoziierte Lymphome 6,0 Mammakarzinom 7,5 Nicht-AIDS-assoziierte Lymphome 10,0
24 Ganzhirnbestrahlung bei Rezidiv nach SRT Vorbehandlung mit dynamischer stereotaktischer Strahlentherapie
25 Ganzhirnbestrahlung bei Rezidiv nach SRT Nach lokaler Vorbestrahlung mit zwei Serien
26 Stereotaktische Zweitbestrahlung Initial 30 Gy Ganzhirn mit 12 Gy Boost Rezidivtherapie: 6 x 4 Gy, Hirnstammschonung Kim et al. J Neurooncol 2013
27 Stereotaktische Zweitbestrahlung Initial Stereotaktische Radiotherapie mit 20 Gy Rezidivtherapie: 1 x 17 Gy oder 4 x 6 Gy Medianes Überleben 8 Mon. Kim et al. J Neurooncol 2013; Yomo et al. J Neurooncol 2013
28 Ganzhirn nach Ganzhirn In ca. 30 % Symptombesserung In ca. 45 % Besserung in der Bildgebung Medianes Überleben 4 Monate Prognostisch relevant: Symptome nach RT Besserer AZ Guo et al. Am J Clin Oncol 2014; Cooper et al. Radiology 1990; Wong et al. IJROBP 199; Sadikov et al. Clin Oncol 2007; Saghal et al. Prog Neurol Surg 2012
29 Prognostische Risikofaktoren Multiple Filiae Grosses kumulatives Volumen beim Rezidiv Karnofsky-Index < 70 Alter > 60 Jahre Langes Intervall zur Vorbehandlung Ungünstige Histopathologie Bei guter Gruppe: med. ÜL > 12 Monate Chao et al. Cancer 2008; Caballero et al. IJROBP 2011; Cho et al. Breast Cancer Res Treat 2015
30 Zusammenfassung Bei mehr als 5 Filiae: Ganzhirn-RT Bei 1-5 Filiae: Radiochirurgie Bei grossen Filiae oder nahe dem Hirnstamm: fraktionierte stereotaktische Strahlentherapie Bei Bedarf Resektion Bei deutlich reduziertem AZ und frühem Rezidiv: best supportiv Care Ammirati et al. J Neurooncol 2010
31 Das mache ich nicht! Es ist viel schwerer, etwas zu unterlassen als alles zu versuchen, aber ist es im Sinne des Patienten und seiner Angehörigen? Patientenautonomie Patientenwohl Behandlungspflicht Einbindung des Teams und von Seelsorgern?
32 Wünsche um das Sterben Wunsch nach einem sanften Sterben, unbewusst und schmerzfrei Wunsch nach einem autonomen Sterben Wunsch nach einem unverkürzten, nicht beeinflussten Leben Balducci et al. Ann Oncol 2012
33 Der beste Tod? An Krebs zu sterben ist der beste Tod Ist Sterben an Hirnfiliae gut? Doch wann ist dann der wirklich beste Zeitpunkt erreicht? Patienten mit Krebs möchten länger leben, wichtiger als besser! Smith R 2014 BMJ; Guilherme Nader et al. Clinics 2014
34 Das mache ich nicht! Recht auf eigenen Tod zum Recht auf Tötung? Ist das Hospiz dann die Lösung zum Sterben, oder darf das nicht auch in der Klinik und beim Patienten zu Hause sein?
35 Sorgen und Reaktionen Angst vor Sterben, vor Kontrollverlust, vor einer unklaren Zukunft, vor Schmerzen, vor körperlichem Verfall, vor dem Verlust des Ich, des eigenen Heims Wunsch der Patienten: zu Hause zu sterben Realität: Im Alters-/Pflegeheim; im Krankenhaus; daheim
36 Einsatz Klinische Ethik am USB Reiter-Theil S, Leiterin Klinische Ethik USB, 2015; Hauptthemen nach Post
37 Oberstes Gebot Unantastbarkeit der menschlichen Würde : Alle Menschen haben unabhängig von ihren Merkmalen, Eigenschaften und körperlichen wie geistigen Zuständen denselben Wert, der über allen anderen Lebewesen und Dingen steht. Unveräusserlich. Von Lebensbeginn bis Lebensende. (Oberstes) Grundrecht. Also auch sterbenskranke Personen!
38 Zusammenfassung Nicht jede Hirnfilia muss als erstes bestrahlt werden Solange stereotaktische Strahlentherapie möglich gute Verträglichkeit der Rezidivtherapie: langsam steigende Nekroserate (TDkum> 100Gy) Wenn erneute Ganzhirnbestrahlung nötig ist hohe Rate rascher dementieller Entwicklungen: nicht jeder Patient toleriert dies! Offenes Gespräch über die Prognose: lieber an cerebraler Tumorprogression sterben?!
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