Differentialrechnung

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Kapitel 7 Differentialrechnung Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung / 56 Differenzenquotient Sei f : R R eine Funktion. Der Quotient f = f ( 0 + ) f ( 0 ) = f () f ( 0) 0 heißt Differenzenquotient an der Stelle 0. f () (, f ()) Sekante ( 0, f ( 0 )) f 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 2 / 56 Differentialquotient Falls der Limes f ( 0 + ) f ( 0 ) f () f ( 0 ) lim = lim 0 0 0 eistiert, so heißt die Funktion f differenzierbar an der Stelle 0 und dieser Grenzwert Differentialquotient oder (erste) Ableitung der Funktion an der Stelle 0. Eine Funktion f heißt differenzierbar, wenn sie in jedem Punkt des Definitionsbereichs differenzierbar ist. Schreibweisen: f ( 0 ) = d f d =0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 3 / 56

Graphische Interpretation des Differentialquotienten Anstieg der Tangente an den Graphen der Funktion f () an der Stelle 0. f () Sekanten f ( 0 ) Tangente 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 4 / 56 Interpretation als Grenzfunktion Marginalquote, oder Grenzfunktion einer Wirkungsgröße y = f () bezüglich einer Faktorgröße. f () 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 5 / 56 Eistenz des Differentialquotienten Eine Funktion f ist differenzierbar in allen Punkten, in denen sich eine Tangente mit endlicher Steigung an den Graphen legen lässt. In allen Punkten in denen das nicht möglich ist, ist die Funktion nicht differenzierbar. Das sind vor allem Unstetigkeitsstellen ( Sprungstellen ) Knicke im Graph der Funktion Senkrechte Tangenten Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 6 / 56

Berechnung des Differentialquotienten Der Differentialquotien kann durch Bestimmen des Grenzwertes berechnet werden. Sei f () = 2. Dann ist f ( 0 + h) ( 0 ) = 2 2 0 lim h 0 h = 2 0 + 2 0 h + h 2 2 0 lim h 0 h = lim h 0 2 0 h + h 2 h = 2 0 = lim h 0 (2 0 + h) Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 7 / 56 Marginale Änderung Für kleine Werte von können wir die Ableitung f ( 0 ) durch den Differenzenquotienten mit kleinem abschätzen: f f ( 0 + ) f ( 0 ) ( 0 ) = lim f 0 Daher können wir umgekehrt die Änderung f von f in der Nähe von 0 für kleine Änderungen abschätzen: Beachte: f = f ( 0 + ) f ( 0 ) f ( 0 ) f ( 0 ) ist eine lineare Funktion von. Diese Funktion ist die bestmögliche Approimation von f durch eine lineare Funktion in der Nähe von 0. Diese Approimation ist nur für kleine Werte von brauchbar. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 8 / 56 Differential Der Approimationsfehler geht dabei schneller gegen 0 als : f ( + ) f (h)) f ( 0 ) lim = 0 0 Wenn wir die Differenzen f und durch infinitesimale ( unendlich kleine ) Größen d f und d ersetzen, erhalten wir das Differential der Funktion f an der Stelle 0 : d f = f ( 0 ) d d f und d heißen die Differentiale der Funktion f bzw. der unabhängigen Variable. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 9 / 56

Differential Wir können das Differential von f als lineare Funktion in d auffassen und damit die Funktion f näherungsweise berechnen. f ( 0 + d) f ( 0 ) + d f Sei f () = e. Differential von f an der Stelle : d f = f () d = e d Approimation von f (,) mit Hilfe dieses Differentials: = ( 0 + d) 0 =, = 0, f (,) f () + d f = e + e 0, 2,99 Zum Vergleich: f (,) = 3,00466... Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 0 / 56 Ableitung einer Funktion Die Funktion f : D R, f () = d f d heißt die erste Ableitung der Funktion f. Die Definitionsmenge D ist die Menge aller Punkte, in denen der Differentialquotient eistiert. Die Berechnung der Ableitung wird als Ableiten oder Differenzieren der Funktion bezeichnet. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung / 56 Ableitung elementarer Funktionen f () f () c 0 α e ln() sin() cos() α α e cos() sin() Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 2 / 56

Differentiationsregeln (c f ()) = c f () ( f () + g()) = f () + g () ( f () g()) = f () g() + f () g () ( f (g())) = f (g()) g () ( ) f () = f () g() f () g () g() (g()) 2 Summenregel Produktregel Kettenregel Quotientenregel Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 3 / 56 Beispiel ( 3 3 + 2 4 ) = 3 3 2 + 2 0 = 9 2 + 2 ( e 2) = (e ) 2 + e ( 2) = e 2 + e 2 ( (3 2 + ) 2) = 2 (3 2 + ) 6 ( ) = ( 2 ) = 2 2 = 2 (a ) = ( e ln(a) ) = e ln(a) ln(a) = a ln(a) ( ) + 2 = 2 ( 3 ) ( + 2 ) 3 2 3 ( 3 ) 2 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 4 / 56 Höhere Ableitungen Die Ableitung einer Funktion kann wiederum differenziert werden. Dadurch erhalten wir die zweite Ableitung f () der Funktion f, dritte Ableitung f (), usw. n-te Ableitung f (n) (). Die ersten 5 Ableitungen der Funktion f () = 4 + 2 2 + 5 3 sind f () = ( 4 + 2 2 + 5 3) = 4 3 + 4 + 5 f () = (4 3 + 4 + 5) = 2 2 + 4 f () = (2 2 + 4) = 24 f ıv () = (24) = 24 f v () = 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 5 / 56

Monotonie Eine Funktion f heißt monoton steigend, falls 2 f ( ) f ( 2 ) Sie heißt streng monoton steigend, falls f ( 2 ) f ( ) < 2 f ( ) < f ( 2 ) 2 Eine Funktion f heißt monoton fallend, falls 2 f ( ) f ( 2 ) Sie heißt streng monoton falled, falls < 2 f ( ) > f ( 2 ) f ( ) f ( 2 ) 2 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 6 / 56 Monotonie Für differenzierbare Funktionen gilt: f monoton steigend f () 0 für alle D f f monoton falled f () 0 für alle D f f streng monoton steigend f () > 0 für alle D f f streng monoton falled f () < 0 für alle D f Die Funktion f : (0, ), ln() ist streng monoton steigend, da f () = (ln()) = > 0 für alle > 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 7 / 56 Lokale Monotonie Eine Funktion kann in einem bestimmten Intervall monoton steigend, in einem anderen monoton fallend sein. Sie wird dann als lokal monoton, auf dem entsprechenden Abschnitt bezeichnet. Für stetig differenzierbare Funktionen eignet sich folgende Vorgangsweise:. Berechne erste Ableitung f (). 2. Bestimme Nullstellen von f (). 3. Erhalte Intervalle, in denen f () das Vorzeichen nicht wechselt. 4. Wähle geeigneten Punkt in jedem Intervall und bestimme dort das Vorzeichen von f (). 5. f () kann innerhalb eines Intervalls das Vorzeichen nicht ändern. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 8 / 56

Beispiel Lokale Monotonie In welchen Bereichen ist f () = 2 3 2 2 + 8 monoton? Suchen den Bereich, wo f () 0:. f () = 6 2 24 + 8 2. Nullstellen: 2 4 + 3 = 0 =, 2 = 3 3. Erhalte 3 Intervalle: (,], [,3] und [3, ) 4. Vorzeichen von f () an geeigneten Punkt in jedem Intervall: f (0) = 3 > 0, f (2) = < 0 und f (4) = 3 > 0. 5. f () kann innerhalb eines Intervalls das Vorzeichen nicht ändern: f () 0 in (,] und [3, ). Die Funktion f () ist monoton steigend in (,] [3, ). Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 9 / 56 Monontonie und inverse Funktion Beachte: Falls f streng monoton steigend ist, dann folgt aus < 2 f ( ) < f ( 2 ) sofort auch = 2 f ( ) = f ( 2 ) M.a.W., f ist injektiv. Falls f auch surjektiv ist, ist f somit invertiertbar. Falls eine surjektive Funktion f streng monoton steigend oder fallend ist, dann ist sie auch invertierbar. (Die Umkehrung gilt jedoch nicht.) Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 20 / 56 Konveität und Konkavität Eine Funktion f heißt konve, wenn f (( h) + h 2 ) ( h) f ( ) + h f ( 2 ) für alle, 2 D f und alle h [0,]. Sie heißt konkav, wenn f (( h) + h 2 ) ( h) f ( ) + h f ( 2 ) 2 2 konve konkav Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 2 / 56

Konkave Funktion f ( ( h) + h 2 ) ( h) f ( ) + h f ( 2 ) f ( ( h) + h 2 ) ( h) f ( ) + h f ( 2 ) 2 ( h) + h 2 Sehne unterhalb des Funktionsgraphen. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 22 / 56 Konveität und Konkavität Für differenzierbare Funktionen gilt: f konve f () 0 für alle D f f konkav f () 0 für alle D f f () ist monoton fallend, daher f () 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 23 / 56 Streng konve / konkav Eine Funktion f heißt streng konve, wenn f (( h) + h 2 ) < ( h) f ( ) + h f ( 2 ) für alle, 2 D f, = 2 und alle h (0,). Sie heißt streng konkav, wenn f (( h) + h 2 ) > ( h) f ( ) + h f ( 2 ) Für differenzierbare Funktionen gilt: f streng konve f () > 0 für alle D f f streng konkav f () < 0 für alle D f Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 24 / 56

Beispiel konve Eponentialfunktion: f () = e f () = e f () = e > 0 für alle R e ep() ist (streng) konve. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 25 / 56 Beispiel konkav Logarithmusfunktion: ( > 0) f () = ln() f () = f () = 2 < 0 für alle > 0 ln() ist (streng) konkav. e Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 26 / 56 Lokale Konkavität Eine Funktion kann auch auf einem bestimmten Intervall konkav, auf einem anderen konve sein. Sie wird dann als lokal konkav, bzw. lokal konve auf dem entsprechenden Abschnitt bezeichnet. Für stetig differenzierbare Funktionen eignet sich folgende Vorgangsweise:. Berechne zweite Ableitung f (). 2. Bestimme Nullstellen von f (). 3. Erhalte Intervalle, in denen f () das Vorzeichen nicht wechselt. 4. Wähle geeigneten Punkt in jedem Intervall und bestimme dort das Vorzeichen von f (). 5. f () kann innerhalb eines Intervalls das Vorzeichen nicht ändern. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 27 / 56

Beispiel Lokale Konkavität In welchem Bereich ist f () = 2 3 2 2 + 8 konkav? Suchen den Bereich, wo f () 0.. f () = 2 24 2. Nullstellen: 2 24 = 0 = 2 3. Erhalte 2 Intervalle: (,2] und [2, ) 4. Vorzeichen von f () an geeigneten Punkt in jedem Intervall: f (0) = 24 < 0 und f (4) = 24 > 0. 5. f () kann innerhalb eines Intervalls das Vorzeichen nicht ändern: f () 0 in (,2] Die Funktion f () ist konkav in (,2]. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 28 / 56 Elastizität Die erste Ableitung einer Funktion gibt die Änderungsrate einer Funktion f an der Stelle 0 in absoluten Zahlen an. Sie ist somit abhängig von der Skalierung von Argument und Funktionswert. Wir sind aber in vielen Fällen an relativen Änderungsraten interessiert. Skaleninvarianz und relative Änderungsraten erhalten wir durch Änderung des Funktionswertes in % des Funktionswertes Änderung des Arguments in % des Argumentes bzw. für die marginale Änderungsrate lim 0 f (+ ) f () f () f ( + ) f () = lim 0 f () = f () f () Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 29 / 56 Elastizität Der Ausdruck ε f () = f () f () heißt die Elastizität von f an der Stelle. Sei f () = 3 e 2. Dann ist Sei f () = β α. Dann ist ε f () = f () f () = 6 e2 3 e 2 = 2 ε f () = f () f () = β α α β α = α Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 30 / 56

Elastische Funktionen Eine Funktion f heißt in elastisch, falls ε f () > -elastisch, falls ε f () = unelastisch, falls ε f () < Für eine elastische Funktion gilt daher: Der Funktionswert ändert sich relative stärker als das Argument. Die Funktion f () = 3 e 2 ist [ ε f () = 2 ] -elastisch, für = 2 und = 2 ; unelastisch, für 2 < < 2 ; elastisch, für < 2 oder > 2. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 3 / 56 elastische Nachfragefunktion Sei q(p) eine elastische Nachfragefunktion, p der Preis. Es gilt: p > 0, q > 0, und q < 0 (q ist monoton fallend). Also gilt ε q (p) = p q (p) q(p) < Was passiert mit dem Umsatz (= Preis Absatz)? u (p) = (p q(p)) = q(p) + p q (p) = q(p) ( + p q (p) ) q(p) } {{ } =ε q < < 0 Das heißt, der Umsatz nimmt ab, falls wir den Preis erhöhen. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 32 / 56 Elastizität II Wir können die relative Änderungsrate von f ausdrücken als Ableitung ln( f ()) = f () f () Was passiert, wenn wir ln( f ()) nach ln() ableiten? Sei v = ln() = e v Ableiten mittels Kettenregel ergibt: d(ln( f ())) d(ln()) = d(ln( f (ev ))) dv = f (e v ) f (e v ) ev = f () f () = ε f () ε f () = d(ln( f ())) d(ln()) Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 33 / 56

Elastizität II Wir können die Kettenregel formal auch so schreiben: Sei u = ln(y), y = f (), = e v v = ln() Dann erhalten wir d(ln f ) d(ln ) = du dv = du dy dy d d dv = y f () e v = f () f () Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 34 / 56 Partielle Ableitung Wir untersuchen die Änderung einer Funktion f (,..., n ), wenn wir eine Variable i variieren und alle anderen konstant lassen. f f (..., = i + i,...) f (..., i,...) lim i i 0 i heißt die (erste) partielle Anleitung von f nach i. Es haben sich eine Reihe von weiteren Symbolen für die partielle Ableitungung f eingebürgert: i f i () (Ableitung nach der Variable i ) f i () f i () (Ableitung nach der i-ten Variable) (i-te Komponente des Gradienten) Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 35 / 56 Berechnung der partiellen Ableitung Wir erhalten die partielle Ableitung nach i, wenn wir alle anderen Variablen als Konstante auffassen und f nach den bekannten Regeln für Funktionen in einer Variable nach i ableiten. Erste partiellen Ableitungen von f (, 2 ) = sin(2 ) cos( 2 ) f = 2 cos(2 ) cos( 2 ) } {{ } als Konstante betrachtet f 2 = sin(2 ) } {{ } ( sin( 2 )) als Konstante betrachtet Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 36 / 56

Höhere partielle Ableitungen Analog zu den Funktionen in einer Variablen können wir partielle Ableitungen nochmals ableiten und erhalten so höhere partielle Ableitungen. f i k () = 2 f () bzw. f i k i () = 2 f i i 2 () Falls alle zweiten partiellen Ableitungen eistieren und stetig sind, dann kommt auf die Reihenfolge beim Differenzieren nicht an. 2 f k i () = 2 f i k () Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 37 / 56 Beispiel Gesucht sind alle ersten und zweiten partiellen Ableitungen von f (, y) = 2 + 3 y Erste partielle Ableitungen: f = 2 + 3 y f y = 0 + 3 Zweite partielle Ableitungen: f = 2 f y = 3 f y = 3 f yy = 0 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 38 / 56 Partielle Elastizitäten Die partiellen Elastizitäten geben relative Änderungsraten bezüglich den einzelnen Variablen an. ε f,i () = i f i () f () Gesucht sind die partiellen Elastizitäten von f (, 2 ) = 2 + 3 2 ε f, () = f () f () = ε f,2 () = 2 f 2 () f () = 2 2 2 + 3 2 3 2 2 2 + 3 2 = 2 2 2 + 3 2 = 3 3 2 2 + 3 2 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 39 / 56

Kreuzpreiselastizität Zwei Güter werden zu den Preisen p bzw. p 2 angeboten. Die Nachfrage q nach Gut hängt nicht nur vom Preis für Gut ab, sondern auch vom Preis des anderen Gutes: ( ) q (p, p 2 ) q(p) = q 2 (p, p 2 ) Die partiellen Elastizitäten ε q,2(p) und ε q2,(p) heißen die Kreuzpreiselastizitäten. ε qi,j(p) > 0 Güter sind Substitute ε qi,j(p) < 0 Güter sind komplementär ε qi,j(p) = 0 Güter ohne Beziehung Im Allgemeinen ist ε q,2() = ε q2,(). Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 40 / 56 Der Gradient Wir fassen die partiellen Ableitungen erster Ordnung zu einem Zeilenvektor, dem Gradienten an der Stelle, zusammen. f () = ( f (),..., f n ()) f heißt auch Nabla f. Der Gradient wird oft auch als Spaltenvektor geschrieben. Andere Notationen: f () Der Gradient spielt die gleiche Rolle wie die erste Ableitung bei Funktionen in einer Variablen. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 4 / 56 Eigenschaften des Gradienten Der Gradient einer Funktion f zeigt in die Richtung des steilsten Anstieges von f. Seine Länge gibt diese Steigung an. Der Gradient steht immer normal auf die entsprechende Niveaulinie. f Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 42 / 56

Beispiel Gesucht ist der Gradient von an der Stelle = (3, 2). f (, y) = 2 + 3 y f = 2 + 3 y f y = 0 + 3 f () = (2 + 3y, 3) f (3,2) = (2, 9) Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 43 / 56 Die Richtungsableitung Wir erhalten die partielle Ableitung f durch Ableiten der univariaten i Funktion g(t) = f (,..., i + t,..., n ) = f ( + t h) mit h = e i an der Stelle t = 0: f () = dg i dt = d t=0 dt t=0 f ( + t h) f 2 f Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 44 / 56 Die Richtungsableitung Verallgemeinerung: Wir erhalten die Richtungsableitung f h in Richtung h mit Länge durch Ableiten der univariaten Funktion g(t) = f ( + t h) an der Stelle t = 0: f dg () = h dt = d t=0 dt t=0 f ( + t h) f h h Die Richtungsableitung gibt die Änderung von f an, wenn wir in Richtung h verschieben. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 45 / 56

Die Richtungsableitung Es gilt (für h = ): f h () = f () h + + f n () h n = f () h Falls h nicht Norm hat, muss zuerst normiert werden: f h () = f () h h Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 46 / 56 Beispiel Wir suchen die Richtungsableitung von f (, 2 ) = 2 + 3 2 ( ) ( ) 3 nach h = an der Stelle =. 2 2 Norm von h: h = h t h = 2 + ( 2) 2 = 5 Die Richtungsableitung lautet daher ( ) f h () = f () h h = (2, 9) = 6 5 2 5 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 47 / 56 Das totale Differential Wir wollen eine Funktion f durch eine lineare Funktion so approimieren, dass der Fehler möglichst klein ist. Den Funktionswert an einer Stelle + h können wir näherungsweise analog zur Richtungsableitung berechnen. f ( + h) f () f () h +... + f n () h n Das totale Differential erhalten wir, wenn wir die h i durch unendlich kleine Differentiale d i ersetzen. Die lineare Funktion d f = f () d +... + f n () d n = heißt das totale Differential von f an der Stelle. n f i d i i= Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 48 / 56

Beispiel Wir suchen das totale Differential von an der Stelle = (3,2). f (, 2 ) = 2 + 3 2 d f = f (3,2) d + f 2 (3,2) d 2 = 2 d + 9 d 2 Approimation von f (3,;,8) mit Hilfe des totalen Differentials: f (3,;,8) f (3; 2) + d f = 27 + 2 0, + 9 ( 0,2) = 26,40 Zum Vergleich: f (3,;,8) = 26,35 ( ) ( ) ( ) 3, 3 0, h = ( + h) = =,8 2 0,2 Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 49 / 56 Differenzierbarkeit Satz: Eine Abbildung f : R R ist differenzierbar in 0 genau dann, wenn es eine lineare Abbildung l gibt, die f in 0 bestmöglich approimiert: ( f ( 0 + h) f ( 0 )) l(h) lim = 0 h 0 h Offensichtlich: l(h) = f ( 0 ) h ist das Differential von f. Definition: Eine Abbildung f : R n R m heißt differenzierbar in 0, wenn es eine lineare Abbildung l gibt, die f in 0 bestmöglich approimiert: (f( 0 + h) f( 0 )) l(h) lim = 0 h 0 h l(h) = J h heißt das Differential von f. Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 50 / 56 Jacobische Matri Die m n-matri f Df( 0 ) = f... ( 0 ) = J =..... f m... heißt die Jacobische Matri von f and der Stelle 0. Für f : R n R ist D f ( 0 ) = f ( 0 ). Wir können Df( 0 ) auch schreiben als f ( 0 ) Df( 0 ) =. f m ( 0 ) f n f m n Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 5 / 56

Beispiel f () = f (, 2 ) = ep( 2 2 2 ( ) ) D f () = f, f 2 = f () = ( 2 ep( 2 2 2 ), 2 2 ep( 2 2 2 )) ( ) ( f (, 2 ) 2 f() = f(, 2 ) = = + ) 2 2 f 2 (, 2 ) 2 2 2 ( f f ) ( ) Df() = 2 2 2 2 f 2 = 2 2 2 f 2 2 ( ) ( ) s (t) cos(t) s(t) = = s 2 (t) sin(t) ) ( ) sin(t) Ds(t) = = cos(t) ( ds dt ds 2 dt Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 52 / 56 Kettenregel Seien f : R n R m und g : R m R k. Dann gilt D(g f)() = Dg(f()) Df() ( ) ( ) e 2 + y 2 f(, y) = e y g(, y) = 2 y 2 ( ) ( ) e 0 2 2 y Df(, y) = 0 e y Dg(, y) = 2 2 y ( ) ( ) 2 e 2 e y e 0 D(g f)() = Dg(f()) Df() = 2 e 2 e y 0 e ( ) y 2 e 2 2 e 2y = 2 e 2 2 e 2y Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 53 / 56 Beispiel Richtungsableitung Wir können die Richtungsableitung von f : R n R in Richtung h (mit h = ) an der Stelle 0 auch so herleiten: Sei s(t) ein Weg in Richtung h: Dann ist und somit s : R R n, t 0 + th D f (s(0)) = D f ( 0 ) = f ( 0 ) Ds(0) = h f h = D( f s)(0) = D f (s(0)) Ds(0) = f ( 0) h Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 54 / 56

Beispiel Indirekte Abhängigkeit Sei f (, 2, t) wobei (t) und 2 (t) ebenfalls von t abhängen. Wie ändert sich f mit t? Kettenregel: (t) Sei : R R 3, t 2 (t) d f dt t = D( f )(t) = D f ((t)) D(t) (t) = f ((t)) 2 (t) (t) = ( f ((t)), f 2 ((t)), f t ((t)) 2 (t) = f ((t)) (t) + f 2 ((t)) 2 (t) + f t((t)) = f (, 2, t) (t) + f 2 (, 2, t) 2 (t) + f t(, 2, t) Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 55 / 56 Zusammenfassung Differenzen- und Differentialquotient Differential Ableitung und höhere Ableitungen Monotonie Konkav und konve Elastizität Partielle Ableitungen und Elastizität Gradient Richtungsableitung Totales Differential Jacobische Matri Kettenregel Josef Leydold Mathematik für VW WS 205/6 7 Differentialrechnung 56 / 56