10.Vorlesung EP WS2009/10 I. Mechanik 6. Hydro- und Aerodynamik a) Kontinuitäts- und Bernoulli-Gleichung b) Definition von Viskosität Hagen-Poiseuille - und Stokes - Gesetz 7. Schwingungen Versuche: Druckabfall im Rohr mit viskoser laminarer Strömung Von laminarer zu turbulenter Strömung Pendel mit zwei Längen Sandpendel ohne/mit Dämpfung
b) Viskosität Strömung viskoser Flüssigkeiten und Gase Innere Reibung (Kohäsionskräfte) behindert Bewegung der Teilchen in Fluiden. Betrachte zunächst laminare Strömung (keine Wirbel): Flüssigkeitsschichten gleiten aneinander vorbei und üben Schubspannung F/A auf benachbarte Schichten aus. Ist Adhäsion zur Wand größer als innere Kohäsion, so haftet die an die Wand angrenzende Schicht (v=0). Andernfalls bewegt sie sich reibend an der Wand ( äußere Reibung). Die innere Reibungskraft ist proportional zum Geschwindigkeits- Gradienten v/ z: Definition der Viskosität über die Reibungskraft: F R = η A v z Materialkonstante η = Viskosität
Maßeinheit von η ergibt sich zu [Pa s] (Pascalsekunde) = Zahlenwerte für η bei 20 C in Einheiten von [Pa s]: Stoff η Öl ~ 1 Wasser 10-3 Luft 2 10-5 Blut 4,4 10-3 Ns 2 m Flüssigkeiten mit η unabhängig von v/ z heißen Newtonsche Flüssigkeiten. Blut ist eine nicht-newtonsche Flüssigkeit (oben ist der Mittelwert seiner Viskosität eingetragen). Druckdifferenz p= p 1 -p 2 = F R /A ist nötig, um konstanten Volumenstrom I = V/ t z.b. durch ein Rohr zu erreichen. Für Newtonsche Flüssigkeiten und laminare Strömung gilt p = R s I p 1 p 2 mit R s = Strömungswiderstand, der von Rohrgeometrie und Viskosität abhängt. Damit ergibt sich ein Druckgefälle beim Durchströmen eines Rohrsystems, siehe Bild u Versuch:
Bei gleichmäßiger Strömung ist der Druckabfall im Rohr linear, vom Maximalwert am Eingang bis Minimalwert Am Ausgang der Rohrs : Versuch 1 I = V/ t = 1 R s p Versuch 2 Bei hohen Geschwindigkeiten v> v k geht die laminare in turbulente Strömung über. Kritische Geschwindigkeit: v k 1000 η/ρr mit r = Rohrradius. Strömungswiderstand R s nimmt mit v zu, etwa prop. v 2.
Strömung nach Hagen-Poiseuille Strömt ein viskoses Fluid durch ein Rohr (z.b.ader), so bildet sich eine parabolische Geschwindigkeitsverteilung aus u(r) ~ (R-r) 2 =0 an Wand, maximal in Mitte Strömungswiderstand : R S = (p1-p2) /I = (8ηL/πR 4 ) Der gesamte Volumenstrom I = V/t ist proportional zur Druckdifferenz p = p 1 -p 2 umgekehrt proportional zur Viskosität η und umgekehrt proportional zur Rohrlänge L proportional zur vierten Potenz des Radius R
Folgen der R 4 - Abhängigkeit des Volumenstroms I im Alltag Bei Verengung des Rohrs, z.b. Ader, entweder starke Stromreduzierung oder zur Kompensation starke Druckerhöhung notwendig...
Blutkreislauf Blutkreislauf ist parallel angelegt, Lungen- und Körperkreislauf aber in Serie Gesamtquerschnittsfläche der Kapillaren ist ca. 1000-fach größer als in der Aorta, also die Geschwindigkeit entsprechen kleiner Druckabfall erfolgt in den Kapillaren mit kleinem Radius Druck Gesamt-Querschnitt mittlere Geschwindigkeit Arterien Kapillaren Venen
Druckabfall erfolgt in den Kapillaren mit kleinem Radius Um Hagen-Poiseuille zu entschärfen, hat Evolution (genial wie immer) Weg gefunden: Viskosität des Bluts in den Kapillaren wird reduziert durch Form und Ordnung der roten Blutkörperchen (Fahraeus-Lindquist Effekt) Arterien, Venen Kapillaren Ordnung der roten Blutkörperchen reduziert Strömungswiderstand dv ~ dz = Druck Rote Blutkörperchen in einer Glaskapillare von 10 µm Durchmesser
Bemerkung zum Blutkreislauf beim Menschen Typische Drucke im Blutkreislauf: Lungenkreislauf p = 10 bis 20 Torr Körperkreislauf p = 70 bis 140 Torr Gesamt-Blutvolumenstrom gepumpt: ca. 5 Liter/Minute Durchmesser: Aorta ca. 2,5 cm. Gesamtquerschnitt der verzweigten Blutgefäße (Kapillaren) = 1000 mal Querschnitts der Aorta. Aus Querschnittsvergrößerung und Kontinuitätsgleichung folgt: Geschwindigkeit in den Kapillaren = 1/1000 Geschwindigkeit in der Aorta. Geschwindigkeit in den Kapillaren ist 0,3 mm/sek. Kleiner Radius in den Kapillaren ergibt sehr hohen Widerstand, d.h. der Druckabfall erfolgt im Wesentlichen in den dünnen Blutgefäßen. Beim gesunden Körper ist die Blutströmung im allgemeinen laminar (Ausnahme Herzklappen). Beim kranken Körper treten durch Ablagerungen an den Blutgefäßen turbulente Strömungen auf, die hörbar werden. Blutverteilung im Körper kann sich über die Radiusänderung der Adern ändern. Im Körperkreislauf variiert der Blutdruck zwischen der Systole (Kontraktion des Herzens) mit ca. 140 Torr und der Diastole mit 80 Torr (Rückbewegung im Herzen). Die Aorta ist elastisch und gleicht Druckschwankungen, die von der Pumpe Herz erzeugt werden, aus.
Blutdruckmessung Druck in einer großen Arterie ist etwa gleich dem in der Aorta Abdrücken des Blutflusses mit Manschette bis kein Puls mehr spürbar Druckablassen bis Turbulenzgeräusche hörbar (systolischer Druck) Ablassen bis Turbulenzgeräusche verschwinden, das Blut zirkuliert jetzt laminar (diastolischer Druck)
Viskositätsmessung Kugelfallviskosimeter: Stokes sches Reibungsgesetz: F R = 6π η r v Schwerkraft (-Auftrieb) F G beschleunigt ~ ρ r 3 Konstante Sinkgeschwindigkeit, wenn F R = - F G. v prop. zum Quadrat des Radius h Medizin: Messung der Blutsenkung (Sinkgeschwindigkeit der im Blutplasma suspendierten roten Blutkörperchen), durch Agglomeration bei Infektionen reduziert alternative Meßmethoden: Kapillarviskosimeter Rotationsviskosimeter
Neues Kapitel: 7.Schwingungen
7. Schwingungen Schwingungen Schwingung: räumlich und zeitlich wiederkehrender (=periodischer) Vorgang Zu besprechen: ungedämpfte freie Schwingung gedämpfte freie Schwingung erzwungene gedämpfte Schwingung Ungedämpfte freie Schwingungen Beispiel Federpendel (a) in Ruhe (b) gespannt: Auslenkung x Rückstellkraft der Feder F R = Dx (c) losgelassen a) b) c) Bewegung erfolgt nach den bekannten Gesetzen: M a = Dx (2. Newton Axiom F= Ma und Federkraft: F = -Dx)
Dies ist eine Differentialgleichung!!! a = dv dt v = dx dt ergibt a = d 2 x dt 2 (In unserer Schreibweise mit endlichen Differenzen : a = v t ; ; v = x t ergibt a = x t t Beweis: a ist die zweite Ableitung von x nach der Zeit t ) Damit erhält man ( * ) M d 2 x dt 2 + Dx = 0 eine Differentialgleichung. Die Lösung muß eine Funktion x(t) sein, deren 2. Ableitung entgegengesetzt proportional zur Funktion ist: d 2 x/dt 2 ~ x
dcos (x)/dx = -sin(x); dsin(x)/dx = cos(x) d 2 cos(x) /dx 2 = -cos(x) Lösungsansatz: (**) x( t)= A 0 cos ω 0 t + ϕ 0 ( ) (Sinusfunktion wäre auch möglich.) harmonische Schwingung x(t) momentane Auslenkung A 0 = maximale Auslenkung = maximale Amplitude φ(t): = ω 0 t + φ 0 =Phase der Schwingung, wobei Anfangsphase φ 0 beliebig. dϕ dt = ω 0 = Kreisfrequenz ω 2π 0 f0 = = 1 T ist Frequenz der Schwingung. T ist die Periode der Schwingung
Setzt man (**) in (*) ein und verwendet, dass d(sin(ω 0 t) dt = ω 0 cos(ω 0 t) ist, so erhält man: d(cos(ω 0 t) dt = ω 0 sin(ω 0 t) und -Mω 0 2 cos(ω 0 t + ϕ 0 ) + D cos(ω 0 t + ϕ 0 ) = 0. Daraus folgt: ω 0 = D M Maximalamplitude A 0 ist beliebig und hängt nur von der Anfangsbedingung ab. Graphische Darstellung der Lösung: x(t) =A 0 cos(ωt + φ 0 ) = A 0 cos(φ(t)) Wenn die Kraft auf einen Körper proportional zur Auslenkung aus der Ruhelage ist, vollführt er eine harmonische Schwingung.
Anderes Beispiel: Schwerependel Idealfall mathematisches Pendel : Punktmasse m, Faden masselos (sonst: physikalisches Pendel ) Es ergibt sich für die Lösung der entsprechenden Differentialgleichung. Ebenfalls cosinus (oder sinus) Funktion, für Winkel α(t) = A 0 cos (ω t): F = -F Faden ω = (g/l) g = Erdbeschleunigung, l = Pendel-Länge Versuch 3
Gedämpfte Schwingung Zusätzlich zur Rückstellkraft (-D x) wirkt eine Reibungskraft (-γ v=- γ dx/dt) z.b. Stokesche Reibung bei Schwingung in Flüssigkeit oder Gas. Kräftegleichung (Differentialgleichung) 2 d x dt M 2 dx + γ + Dx dt = 0 Ansatz: x(t) = A 0 e -δt cos(ω t + φ 0 ) 2 2 2 Diese Funktion erfüllt die Gleichung und ergibt δ=γ/(2m) und ω = δ = ω δ Im Vergleich mit der ungedämpften Schwingung (s.o., ω = ω 0 = D / M ) ist die Schwingung langsamer und nimmt exponentiell ab. D M 0 Versuch Sandpendel mit Styroporplatte Einhüllende e -δt mit Dämpfungsfaktor δ