Notfälle Oberer Harntrakt Hans U. Schmelz Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Fall 1
Fall 1 Samstag 16.02.2013, 02:23 Uhr, Sie sind urologischer Assistenzarzt im Rufdienst Anruf der Notfallaufnahme Patient männlich, 56 Jahre Seit 10 Stunden massive Flankenschmerzen links Kommt selbst mit dem Auto Bislang keine Maßnahmen, Arzt vom Dienst ist Chirurg und im OP Was tun Sie als urologischer Dienst??
Fall 1 Was haben Sie zur Differenzialdiagnostik zur Verfügung? Basis Untersuchung Anamnese Körperliche Untersuchung Sonographie Niere und Blase Labor Urindiagnostik Weiterführende Diagnostik
Differenzialdiagnosen Flankenschmerzen Urolithiasis Koliken infolge Harnstau ohne Stein Blutkoagel infolge Tumor Extrinsische Kompression des Harnleiters Nierengefäßerkrankungen Affektionen anderer Abdominalorgane Thorakale / kardiale Genese Gynäkologische Genese Vertebragene Genese
Fall 1 Samstag 16.02.2013, 02:23 Uhr, Sie sind urologischer Assistenzarzt im Rufdienst Anruf der Notfallaufnahme Patient männlich, 56 Jahre Seit 10 Stunden massive Flankenschmerzen links Kommt selbst mit dem Auto Bislang keine Maßnahmen, Arzt vom Dienst ist Chirurg und im OP
Fall 1 Anamnese Schmerzqualität Wellenförmige Schmerzen Sehr stark Lokalisation linker Unterbauch und äußeres Genitale Miktion keine Dysurie Keine Hämaturie Begleiterscheinungen Erbrechen Motorische Unruhe Kein Fieber
Fall 1 Körperliche Untersuchung Weiches Abdomen klopfschmerzhaftes Nierenlager links Sonst unauffällig
Fall 1 Labor Kreatinin 1,4 mg/dl Sonst opb Urin Stix: Ery +++ Leuko + Nitrit neg
Fall 1 Sono
Fall 1 Abdomen Leeraufnahme
Weiterführende Diagnostik
Fall 1 Knoll T. in: Facharztwissen Urologie, Springer
Fall 1 Diagnose: Urolithiasis Wegweisende Symptome / Untersuchungen Typische kolikartige Schmerzen Mikrohämaturie Sonographie Abdomenleeraufnahme Ggf. natives CT
Nierenkolik Therapie Notfall-Therapie Analgesie (z.b. Metamizol 2,5-5g oder Tramadol 100mg i.v) Ggf. Harnleiterschiene / PCN Fieber und Obstruktion Medikamentös nicht beherrschbare Kolik Steine > 7mm Einzelniere Lang anhaltende Obstruktion
Fall 2
Fall 2 Mittwoch 24.09.2012, 18:25 Uhr, Sie sind urologischer Assistenzarzt im Rufdienst Anruf der Notfallaufnahme Patient männlich, 64 Jahre, starker Raucher, Adipositas Seit 10 Stunden massive Flankenschmerzen rechts Kommt selbst mit dem Auto Bislang keine Maßnahmen, Arzt vom Dienst ist Orthopäde und ist nicht erreichbar (Kein Handyempfang an Loch 18) Was tun Sie als urologischer Dienst??
Fall 2 Anamnese Schmerzqualität Starke Schmerzen Lokalisation Flanke / Mittelbauch Miktion keine Dysurie Keine Hämaturie Begleiterscheinungen Erbrechen Subfebrile Temperatur
Fall 2 Körperliche Untersuchung Weiches Abdomen klopfschmerzhaftes Nierenlager rechts Sonst unauffällig
Fall 2 Labor Kreatinin 2,5 mg/dl Leukozyten 12000 /µl Kalium 5,8 mmol/l Urin Stix: Ery +++ Leuko + Nitrit neg Protein ++
Fall 2 Sono
Fall 2 Abdomen Leeraufnahme
Fall 2 CT 3 Phasen
Fall 2 Sono
Fall 2 Diagnose: Niereninfarkt Wegweisende Symptome / Untersuchungen CT mit KM Dopplersonographie
Niereninfarkt - Therapie Antikoagulation Elektrolytausgleich Analgesie Infektprophylaxe Ggf. Lysetherapie Ggf. Angiographie Lokale Lyse PTA Stent Operative Therapie
Fall 3
Fall 3 Sonntag 07.03.2013, 05:38 Uhr, Sie sind urologischer Assistenzarzt im Rufdienst Anruf der Notfallaufnahme Patient weiblich, 47 Jahre Seit 24 Stunden massive Flankenschmerzen rechts Kommt mit dem Rettungswagen Bislang keine Maßnahmen, Arzt vom Dienst ist Anästhesist und schläft noch Was tun Sie als urologischer Dienst??
Fall 3 Anamnese Schmerzqualität Sehr starke Schmerzen Flanke Miktion Dysurie Pollakisurie Begleiterscheinungen Fieber 39,8 rectal Schüttelfrost Brechreiz Krankheitsgefühl
Fall 3 Körperliche Untersuchung Weiches Abdomen stark klopfschmerzhaftes Nierenlager rechts Fieber 39,8 rectal Sonst unauffällig
Fall 3 Labor Leukozyten 21000 /µl BSG 20/30 mm CRP 8 mg/dl Procalzitonin 1,8 ng/ml Krea 1,9 mg/dl Urin Stix: Ery +++ Leuko +++ Nitrit pos
Fall 3 Sono
Fall 3 Abdomen Leeraufnahme
Fall 3 Diagnose: akute Pyelonephritis Mit Harnstauungsniere
Fall 3 Wegweisende Symptome / Untersuchungen Klinik Fieber Dysurie Krankheitsgefühl Sonographie mit Harnstau Labor Leukozytose CRP Erhöhung Urin Stix Leuko +++ Nitrit pos
Fall 3 Cave: Drohende Urosepsis
Therapie Pyelonephritis (und Harnstauungsniere) Antibiose Oral bei milden und mittelschweren Symtpomen i.v. bei schweren Symptomen (Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufreaktion) Bei Harnstauungsniere Sofortige Nieren-Ableitung (DJ oder Nephrostomie)
Therapie Pyelonephritis und Harnstauungsniere Vahlensiek W in: Facharztwissen Urologie, Springer
Therapie Pyelonephritis und Harnstauungsniere Vahlensiek W in: Facharztwissen Urologie, Springer
Urosepsis Kriterien Kriterium I Bakteriämie oder klinischer Verdacht Kriterium II (SIRS systemic inflammatory response syndrome): Temp 38C und 36C Tachykardie C 90 / min Tachypnoe 20 / min PaCO 2 32 mmhg Leukozyten 12000/µl oder 4000/µl Linksverschiebung im DD BB Stabkernige > 10%
Urosepsis Kriterien Kriterium III (MODS: multile organ dysfunction syndrome) Arterielle Hypotonie RR sys < 90mmHg > 40mmHg niedriger als früherer RR des Patienten Mittlerer art. RR 70 mmhg über 1h trotz Flüssigkeitszufuhr Einsatz von Vasopressoren für mittl art. RR > 70mmHg oder sys. RR > 90 mmhg Thrombos 80000/µl oder Abfall > 50% binnen 3 Tagen PaO 2 75 mmkg unter Raumluft Oligurie < 0,5ml/kg/h über 1h trotz Flüssigkeitszufuhr Krea Anstieg > 2fach Plasma Laktat 1,5fach, BE 5mMol/l Somnolenz, Koma
Urosepsis Kriterien Sepsis: Schwere Sepsis: Kriterium I + 2 Kriterien II Kriterium I + 2 Kriterien II + 1 Kriterium III Septischer Schock: Kriterium I + 2 Kriterien II + therapierefraktäre Hypotonie
Urosepsis Therapie Kalkulierte Antibiose Piperazillin + Tazobactam 3-4 x 4g/d Meropenem 3 x 1g/d Imipenem 4 x 0,5g/d Jeweils + Aminogylkosid z.b. Gentamicin 1 x 240-320mg/d Bei ß-Lactam Allergie Ciprofloxazin 3x 600mg/d + Gentamicin 1 x 240-320mg/d Anpassen der Antibiose nach Antibiogramm Intensivmedizinische Betreuung
Nierenabszess Abszesse < 3cm Konservative Therapie Antibiose mit Cephalosporin Gruppe 3 oder Fluorochinolon Abszesse 3-5cm i.d.r. wie Abzesse < 3cm bei immunsupprimierten Patienten: chirurgische oder perkutane Drainage Abszesse > 5cm chirurgische oder perkutane Drainage Bei vermuteter hämatogener Streuung (grampositive Staphylokokken) Penicilinase resistente Penicilline
Fall 4
Fall 4 Sonntag 14.03.2013, 16:53 Uhr, Sie sind urologischer Assistenzarzt im Rufdienst Anruf der Notfallaufnahme Patient männlich, 23 Jahre Torwart im örtlichen Fussballclub Heute nachmittag um 14:10 Uhr beim Heimspiel 14 Meter Schuss in die Flanke bekommen Kommt mit den eigenen PKW Arzt vom Dienst ist Dermatologe und hat ohne Erfolg Kortisoncreme appliziert Was tun Sie als urologischer Dienst??
Fall 4 Anamnese Schmerzqualität Dauerschmerzen i.b. der linken Niere Unfallhergang Schuss aus 14m in die Flanke Miktion Makrohämaturie Begleiterscheinungen Atemabhängige Schmerzen kreilaufstabil
Fall 4 Körperliche Untersuchung Etwas gespanntes, kein akutes Abdomen klopfschmerzhaftes Nierenlager links RR: 110 / 80 mmhg Puls 100 / min
Fall 4 Labor Hb 11 g/100ml Krea 1,4 mg/dl Urin Auf Sicht Starke Makrohämaturie Stix: Ery +++ Leuko +++ Nitrit neg
Fall 4 Sono
Fall 4 3 Phasen CT
Fall 4 CT mit später Spätphase (ca. 15-20 min post injectionem des KM)
Fall 4 Diagnose: Nierentrauma Wegweisende Symptome / Untersuchungen Anamnese Unfallhergang Makrohämaturie Sonographie mit Paravasat CT mit später Spätphase
Nierentrauma Einteilung Grad I Kontusion Grad II Parenchymeinriss < 1cm Grad III Parenchymeinriss > 1cm Grad IV Hohlsystembeteiligung oder Nierenstammgefäßverletzung mit stabilem Hämatom Grad V shattered kidney Nierenstielverletzung mit ausgedehnter Blutung
Fall 4 Wegweisende Symptome / Untersuchungen Anamnese Unfallhergang Makrohämaturie Sonographie mit Paravasat CT mit später Spätphase Diagnose: Nierentrauma Grad IV
Stumpfes Nierentrauma Therapie DJ Einlage (Grad IV) Bettruhe Antibiose Überwachung (ICU, Sonographie) bis Ende Hämaturie Bei Verletzungen Grad III: CT Kontrolle nach 2-4 Tagen Ggf. selektive angiographische Embolisation (hämodynamisch relevante Blutungen) Sekundäre Revisionsrate 5% Operative Exploration nur in 10% der Fälle notwendig
Stumpfes Nierentrauma operativetherapie Hohe Nephrektomierate (13-75%) Indikation ehe bei Einzelniere Kapselraffung Verschluss des Hohlsystems Ggf. Nierenteilresektion Zugang transperitoneal (Sicherung des Nierenstieles) Nierenstielverletzung: Nephrektomie Nierenarterienverschluss: Offene Gefäßrekonstruktion (schwierig) interventionelle Verfahren (Stents) Geringe Erfolgsrate, nur in den ersen Stunden nach Trauma