Numerische Integrtion Bei vielen Problemen des nturwissenschftlichen Rechnens treten Integrle uf, die nicht in expliziter Form drgestellt werden können, sei es, dß kein geschlossener Ausdruck für eine Stmmfunktion existiert (z.b. e x dx), oder dß der Integrnd selbst nicht in geschlossener Form beknnt ist (z.b. weil er nur n diskreten Stellen us Messungen oder Simultionsrechnungen bestimmt wurde). In ll diesen Fällen ist mn uf Näherungsverfhren ngewiesen. Unter numerischer Integrtion versteht mn die näherungsweise Berechnung von bestimmten Integrlen I(f) := f(x) dx (1) mit einem (endlichen) Intervll [, b] ls Integrtionsbereich. Die Formeln zur näherungsweisen Berechnung von I(f) heißen Integrtions- oder Qudrturformeln. Die einfchste Approximtion von I(f) mit Hilfe von Riemnn-Summen f(x) dx (b ) n n f(x i ) () i=0 und einer äquidistnten Zerlegung x i = + i(b )/n von [, b] konvergiert jedoch für die meisten prktischen Anwendungen zu lngsm. Die Sitution läßt sich z.b. durch folgende Überlegung verbessern: Der Integrnd f wird n vorgegebenen Stützpunkten durch Polynome interpoliert und diese werden dnn nlytisch integriert. Diese Vorgngsweise führt zu sogennnten interpoltorischen Qudrturformeln: Einfche Newton-Cotes-Formeln Ds Integrtionsintervll [, b] sei durch (n + 1) äquidistnte Stützstellen x i := + ih (i = 0, 1,..., n) () mit x 0 = und x n = b in n Teilintervlle der Breite (Schrittweite) h := (b )/n unterteilt. Sei P 01...n (x) ds zugehörige Interpoltionspolynom, d.h. P 01...n (x i ) = f(x i ) = f i (i = 0, 1,..., n). (4) n = 1 : Lineres Interpoltionspolynom P 01 durch Stützpunkte (Trpezregel). f(x) dx x1 x 0 P 01 (x) dx = h (f 0 + f 1 ) (5) Diese Formel heißt Trpezregel, weil der Näherungswert von I(f) die Fläche des Trpezes mit den Ecken (x 0, 0), (x 1, 0), (x 1, f 1 ), (x 0, f 0 ) ist. 1
f 0 f(x) P 01 (x) f 1 = x 0 x 1 = b Abbildung 1: Trpezregel. f 0 f(x) f 1 P 01 (x) f = x 0 x 1 x = b Abbildung : Simpsonregel.
n = : Qudrtisches Interpoltionspolynom P 01 durch Stützpunkte (Simpsonregel). f(x) dx x x 0 P 01 (x) dx = h (f 0 + 4f 1 + f ) (6) Zur Herleitung der Simpsonregel wählen wir folgende Drstellung für ds qudrtische Interpoltionspolynom P 01 (x): P 01 (x) = (x x 0 ) + b(x x 0 ) + c. (7) Mit diesem Anstz und den Bedingungen P 01 (x i ) = f i für i = 0, 1, ergibt sich ein lineres Gleichungssystem für die unbeknnten Koeffizienten, b und c: c = f 0 (x 1 x 0 ) + (x 1 x 0 ) b + c = f 1 (x x 0 ) + (x x 0 ) b + c = f. Wegen (x 1 x 0 ) = h bzw. (x x 0 ) = h ist ds gleichbedeutend mit h + b = f 1 f 0 h h + b = f f 0 h worus mn sofort die Lösungen für und b bliest:, = f 0 f 1 + f h b = f 0 + 4f 1 f h Mit (7) erhält mn dmit den gewünschten Näherungswert für I(f):. f(x) dx x x 0 P 01 (x) dx = x x 0 0 (u + bu + c) du = [ u + b ] h u + cu 0 = h {(4f 0 8f 1 + 4f ) + ( 9f 0 + 1f 1 f ) + 6f 0 } = h (f 0 + 4f 1 + f ). Zusmmengesetzte Newton-Cotes-Formeln Im Prinzip sind der Erhöhung des Grdes n der Interpoltionspolynome keine Grenzen gesetzt. Für n = 8 und n 10 werden die Qudrturformeln ber numerisch instbil. Außerdem können Interpoltionspolynome höheren Grdes n den Intervllenden strk oszillieren. Es ist dher besser, ds Grundintervll [, b] in N gleichgroße Teilintervlle zu unterteilen, die Newton-Cotes-Formeln uf jedes Teilintervll nzuwenden und die einzelnen Beiträge dnn zu ddieren:
f 0 f(x) f i f i+1 f N = x 0 x 1 x i x i+1 x N = b Abbildung : Zusmmengesetzte Trpezregel. Zusmmengesetzte Trpezregel Für die Unterteilung x i = x 0 + ih, (i = 0, 1,..., N), von [, b] mit x 0 =, x N = b und h = (b )/N erhält mn us der Trpezregel (5) im Teilintervll [x i, x i+1 ] den Näherungswert I i := h (f i + f i+1 ) i = 0, 1,..., (N 1). Für ds gesmte Intervll [, b] ergibt sich dmit der Näherungswert f(x) dx N i=0 h (f i + f i+1 ) [ (f 0 + f 1 ) + (f 1 ] } {{ } +f N) = h }{{} +f ) +... + (f N + f N ) + (f N = h [ ] f 0 + f 1 +... + f N + f N, [ 1 f(x) dx h f 0 + f 1 +... + f N + 1 ] f N =: T (h) (8) Die hier uftretende Summe T (h) heißt Trpezsumme zur Schrittweite h. 4
Zusmmengesetzte Simpsonregel Für eine gerde Anzhl N von Teilintervllen von [, b] ergibt sich unter Benutzung der Simpsonregel (6) uf jedem der Teilintervlle [x i, x i+1, x i+ ] der Näherungswert I i := h (f i + 4f i+1 + f i+ ) i = 0, 1,..., (N/ 1). Durch Summtion über lle Teilintervlle erhält mn für ds gesmte Intervll [, b] f(x) dx h [ f 0 + 4f 1 + f + 4f +... + f N + 4f N + f N ] =: S(h) (9) Fehlerbschätzungen Wir betrchten für die Trpezregel zunächst ein einzelnes Intervll [ h, h ]; dort sei der Integrnd f(x) um x = 0 in eine Potenzreihe entwickelbr: f(x) = 0 + 1 x + x + x + 4 x 4 +... Dmit ist der Qudrturfehler (Verfhrensfehler, trunction error) der Trpezregel R(h) := T (h) I(f) = h [f( h ] ) + f(h ) h/ h/ f(x) dx. Einsetzen der Potenzreihe in die rechte Seite der letzten Gleichung ergibt R(h) = h h [ 0 + 4 + h 4 ] 4 16 +... ( = 0 h + 1 4 h + 1 ) 16 4h 5 +... [ 0 x + 1 1x + 1 x + 1 4 x 4 + 1 ] +h/ 5 4x 5 +... ( 0 h + h 8 + 5 h 5 ) 4 +... = 1 4 h 1 1 h + O(h 5 ) = h 1 ( ) + O(h 5 ) = h 1 f (0) + O(h 5 ). In dieser Entwicklung des Verfhrensfehlers R(h) der Trpezregel treten nur ungerde Potenzen von h uf. Eine genuere Rechnung liefert h/ R(h) = h 1 f (ξ) (10) für eine Zwischenstelle ξ ( h, h ). Für N Teilintervlle bei der zusmmengesetzten Trpezregel ergibt sich drus der Verfhrensfehler zu N R(h), lso wegen N = (b )/h T (h) I(f) = (b )h 1 f (ξ) (11) 5
für ein ξ (, b). Der Fehler bei der zusmmengesetzten Trpezregel geht lso bei Verkleinerung der Teilintervlle von [, b] mit h gegen Null (Verfhren. Ordnung). Anlog erhält mn für die zusmmengesetzte Simpsonregel den Qudrturfehler zu S(h) I(f) = (b )h4 180 f (4) (ξ) (1) für eine Zwischenstelle ξ (, b). Die zusmmengesetzte Simpsonregel ist lso ein Verfhren 4. Ordnung und dmit wesentlich genuer ls die zusmmengesetzte Trpezregel. Anmerkung: In der Prxis benützt mn zur Kontrolle des Qudrturfehlers oft folgendes Kriterium für die Anzhl N der Teilintervlle von [, b]: Mn gibt eine Schrnke ɛ für die gewünschte reltive Genuigkeit vor und berechnet durch fortgesetzte Hlbierung der Schrittweite h bzw. Verdopplung der Anzhl der Teilintervlle N, d.h. h n = (b )/ n bzw. N = n für n = 0, 1,..., n mx, eine Folge I n von Näherungswerten für I(f), bis entweder I n I n < ɛ I n oder n > n mx. Die zweite Bedingung erweist sich ls nützlich, um bei einer zu restriktiven Vorgbe von ɛ ds Auftreten von Endlosschleifen zu vermeiden. Progrmmierung der Simpsonregel mit Hilfe der Trpezregel Wir betrchten für eine gerde Anzhl N von Teilintervllen von [, b] folgende Linerkombintion der Trpezsumme T (h) = h ( 1 f 0 + f 1 +... + f N + 1f N) zur Schrittweite h = (b )/N: 4 T (h) = h ( ) f 0 + 4f 1 + 4f + 4f + 4f 4 +... + f N 1 T (h) = h ( 1 f 0 + f + f 4 +... + 1 ) f N = h ( ) f 0 + f + f 4 +... + f N 4 T (h) 1 T (h) = h ( ) f 0 + 4f 1 + f + 4f + f 4 +... + f N = S(h) Mn erhält lso durch eine Hlbierung der Schrittweite (von h uf h) und Bildung einer Linerkombintion us den Trpezsummen T (h) und T (h) die Simpsonregel in der Form S(h) = 4 T (h) 1 T (h) (1) und dmit eine Erhöhung der Fehlerordnung von h uf h 4. 6
Guß-Qudrtur In diesem Abschnitt sollen Integrle des Typs I(f) := ω(x)f(x) dx (14) mit einer für lle x [, b] positiven Gewichtsfunktion ω(x) > 0 durch Summen der Form I(f) n w i f(x i ) (15) i=1 pproximiert werden. Die Stützstellen (Knoten) x i und Gewichte w i werden hier mit dem Index 1 beginnend durchnummeriert. Bei den Newton-Cotes-Formeln sind n äquidistnte Stützstellen x 1,..., x n vorgegeben. Dzu werden n Integrtionsgewichte so bestimmt, dß die resultierenden Qudrturformeln exkt sind für lle Polynome bis zum Grd (n 1). Die Idee bei der Guß-Qudrtur besteht drin, die Einschränkung von äquidistnt vorgegebenen Stützstellen ufzugeben und durch freie Whl von n Zhlen x i und w i ls Stützstellen und Integrtionsgewichte (i = 1,..., n) Polynome möglichst hohen Grdes exkt zu integrieren. Betrchtet mn die Koeffizienten eines Polynoms ls Prmeter, so hben Polynome vom Grd (n 1) uch n Prmeter. Mn knn lso erwrten, dß bei geeigneter Whl der x i und w i Polynome vom Grd (n 1) exkt integriert werden. Als Beispiel betrchten wir den Fll n = und ds Integrtionsintervll [, 1]. Es sollen Gewichte w 1, w und Stützstellen x 1, x so bestimmt werden, dß die Integrtionsformel +1 f(x) dx w 1 f(x 1 ) + w f(x ) (16) ds exkte Ergebnis liefert, wenn f(x) ein Polynom vom Grd 1 = (oder weniger) drstellt, lso insbesondere für f(x) = 1, x, x und x. Drus gewinnt mn die 4 benötigten Gleichungen für die 4 Unbeknnten w 1, w, x 1, x : w 1 1 + w 1 = w 1 x 1 + w x = w 1 x 1 + w x = w 1 x 1 + w x = 1 dx = (17) x dx = 0 (18) x dx = / (19) x dx = 0 (0) Ds ist ein System von 4 nichtlineren Gleichungen. Aus (18) und (0) erhält mn x 1 = x und wegen x 1 x lso x 1 = x. Dmit liefert (18) w 1 = w, und wegen (17) ist dnn 7
w 1 = 1. Aus Gleichung (19) ergibt sich dmit x 1 = / oder x 1 = 1/, lso insgesmt ( +1 ) ( ) f(x) dx 1 f + 1 f + (1) Im Prinzip könnte mn mit diesem Verfhren uch die Stützstellen und Gewichte für n > bestimmen, llerdings erhält mn für die Stützstellen x i wieder ein nichtlineres Gleichungssystem, dessen Lösung schwierig ist. Mn betrchtet dher im llgemeinen für uf [, b] stetige Funktionen g und h ds Sklrprodukt (g, h) bezüglich der Gewichtsfunktion ω, (g, h) := ω(x)g(x)h(x) dx, () und konstruiert einen Stz von orthogonlen Polynomen p 0 (x),..., p n (x), d.h. (p i, p k ) = 0 für i k, (p i, p k ) = c k > 0 für i = k, deren höchste Potenz von x jeweils den Koeffizienten 1 ht, d.h. die Polynome sollen normiert sein: p 0 (x) = 1,. p n (x) = 1 x n + n x n +... + 0. Diese Polynome heißen die zur Gewichtsfunktion ω(x) und zum Intervll [, b] gehörigen Orthogonlpolynome. Mn knn zeigen: Die Nullstellen {x 1,..., x n } von p n (x) sind reell und einfch und liegen lle im offenen Intervll (, b). Sie sind dmit ls Stützpunkte für eine Qudrturformel geeignet. Wählt mn ls Stützpunkte die Nullstellen {x 1,..., x n } von p n (x) und ls Integrtionsgewichte {w 1,..., w n } die Lösung des lineren Gleichungssystems p 0 (x 1 )... p 0 (x n ) p 1 (x 1 )... p 1 (x n ).. p n (x 1 )... p n (x n ) w 1 w. w n = (p 0, p 0 ) 0. 0, () dnn sind lle Gewichte w i > 0 und die Qudrturformel (15) ist exkt für lle Polynome p(x) bis zum Grd (n 1), d.h. für diese Polynome gilt ω(x) p(x) dx = n w i p(x i ). (4) i=1 8
Tbelle 1: Orthogonlpolynome p k (x) und Legendre-Polynome P k (x). p 0 (x) = 1 P 0 (x) = 1 p 1 (x) = x P 1 (x) = x p (x) = x 1 P (x) = p (x) = 1 (x 1) p (x) = x 5 x P (x) = 5 p (x) = 1 (5x x) P n+1 (x) = n+1 n+1 xp n(x) n n+1 P n(x) 1 0.5 0 P 1 (x) P (x) P (x) P 4 (x) P 5 (x) -0.5-1 -1-0.5 0 0.5 1 Abbildung 4: Legendre-Polynome P k (x). Die Stützstellen x i und Integrtionsgewichte w i hängen vom Intervll [, b] und von der Gewichtsfunktion ω(x) b. Für die prktisch wichtigste Gewichtsfunktion ω(x) 1 und ds Intervll [, 1] stmmen die Resultte von Guß. Die zugehörigen Orthogonlpolynome p k (x), k = 0, 1,..., n sind bis uf einen Normierungsfktor gerde die Legendre-Polynome P k (x) und die so erhltenen Qudrturformeln heißen Guß-Legendre-Formeln: f(x) dx n w i f(x i ) (5) i=1 Die P k (x) sind so gewählt, dß P k (1) = 1. Die Nullstellen der Legendre-Polynome sind lle verschieden, liegen im offenen Intervll (, 1) und sind bezüglich des Ursprungs symmetrisch. Sie dienen ls Stützstellen x i in den Guß-Legendre-Formeln. Mn findet sie, ebenso wie die zugehörigen Integrtionsgewichte w i, in Tbellenwerken (bzw. mit Mthemtic). 9
Die Festlegung des Integrtionsintervlls uf [, 1] in (4) stellt keine Einschränkung dr, denn ds Integrl läßt sich mit der Vriblensubstitution I = t = b dt = b f(t) dt x + + b in ein Integrl über ds Intervll [, 1] trnsformieren: (b ) 1 ( b I = f x + + b ) dx. Insgesmt erhlten dmit die Guß-Legendre-Formeln die Gestlt f(t) dt (b ) dx n ( b w i f i=1 x i + + b ). (6) Der Vorteil der Gußschen Qudrtur liegt drin, dß sie bei gleichem Rechenufwnd (gemessen n der Zhl der Funktionsuswertungen) die genuesten Resultte liefert, verglichen z.b. mit den Newton-Cotes-Formeln. Sie wird dher häufig bei Problemen mit ufwendigen Funktionsuswertungen sowie bei der Approximtion von Mehrfchintegrlen verwendet. (Bei letzteren wächst die Anzhl der Funktionsuswertungen mit einer Potenz der Anzhl der uszuwertenden Integrle.) Als Nchteil der Gußschen Qudrturformeln erweist sich, dß die Stützstellen x i und Gewichte w i im llgemeinen nur numerisch beknnt sind; ußerdem ändert sich bei einer Änderung von n uch die Lge der Stützstellen, sodß die einml für ein n berechneten Funktionswerte nicht für ndere Werte von n wiederverwendet werden können. Ds folgende Beispiel soll den Genuigkeitsgewinn bei Verwendung der Guß-Qudrtur demonstrieren: e x dx = e 1 e =.504. Mit der einfchen Trpezregel erhält mn den Näherungswert e x dx (e 1 + e ) =.086, wogegen eine Guß-Legendre-Integrtion mit Stützstellen x 1 = 0.57755, x = 0.57755 und den Gewichten w 1 = 1, w = 1 (vgl. (1)) ein wesentlich genueres Resultt liefert: e x dx 1 (e 0.57755 + e 0.57755) =.49. 10