Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 Aufgabe : Verständnisfragen und kleine Aufgaben 3P Beantworten Sie die Fragen kurz, aber vollständig. (a) 4P Formulieren Sie zwei der drei Kepler schen Gesetze in jeweils einem Satz. (b) P Wie lautet die Beziehung zwischen Drehimpuls L und Drehmoment M? (c) 3P Zeigen Sie mit Hilfe der Exponentialdarstellung der trigonometrischen Funktionen sin(x) und cos(x), dass cos (x) + sin (x) = gilt. (d) 4P Was zeichnet eine orthogonale Matrix aus? Ist die nachfolgende Matrix D eine Drehmatrix? Begründen Sie Ihre Antwort. D = (e) 4P Gegeben sei die Differentialgleichung y (x) = dy(x) = x 4 y. Bestimmen Sie y(x) unter dx Beachtung der Anfangsbedingung y() =. (f) 6P Im Bezugssystem eines sich immer schneller drehenden Karussels wirken auf den im Feuerwehrauto sitzenden Björn-Gonzales welche Scheinkräfte? In welche Richtung wirken diese? Zur Erklärung der Richtungen geben Sie auch die Formelbeziehungen der Scheinkräfte an oder fertigen Sie eine aussagekräftige Skizze an. Hinweis: Das Feuerwehrauto ist auf dem Karussel fest verschraubt. (g) 3P Berechnen Sie den Ausdruck 3 i= ( ɛ ikjb k a j ɛ kij a j b k ) für a = (,, 3) T und b = (3,, ) T mit dem total antisymmetrischen Levi-Civita-Tensor ɛ ijk (ɛ 3 = +). Hinweis: Es gilt Einstein sche Summenkonvention. (h) 6P Zeigen Sie für ein Teilchen mit Masse m in einem radialen Potential V (r), wie sich aus der Drehimpuls- und Energieerhaltung das effektive Potential ergibt, welches den kinetischen Anteil der azimutalen Bewegung mit einschließt. Lösung der Aufgabe (a) Drei Kepler sche Gesetze:. Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.. Der Fahrstrahl von der Sonne zum Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. 3. Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachsen der Ellipsen. (b) Es gilt L = M. (c) Es gilt: sin x = i (eix e ix ), cos x = (eix + e ix ) Seite von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 Damit folgt cos x + sin x = 4 (eix + e ix ) 4 (eix e ix ) = 4 (eix + + e ix e ix + e ix ) = 4 4 =. (d) Für eine orthogonale Matrix O gilt O T O =. Eine Drehmatrix ist orthogonal und hat Determinante +. Wir berechnen also D T D und det(d). Es folgt: D T D = = = ( ) 3 det(d) = (( ) ( ) ) = = Somit handelt es sich um eine Drehmatrix. (e) Die DGL lautet y (x) = dy(x) dx dy dx = x4 y = x 4 y und führt daher auf den Ausdruck y(x) dy y = Hierbei wurden die Integrationsgrenzen schon korrekt berücksichtigt. Weiter folgt ( ) y(x) ln = 5 x5 y(x) = e 5 x5. (Ableiten y (x) = e 5 x5 x 4 bestätigt, dass dies eine Lösung der DGL mit korrekter Anfangsbedigung ist.) (f) Formeltechnisch lautet die Bewegungsgleichung mit Scheinkräften: x x 4. m r = F m [ ω ( ω r)] m ω r m ω r Nicht dargestellt ist eine konstante Beschleunigung m r. Die anderen drei Kräfte sind die Zentrifugalkraft F Z, die Corioliskraft F C und die Azimutalkraft F A. Im mitbewegten System des Karussels ist r =, da Björn-Gonzales ruht, und daher F C =. ( ω r) liefert einen Vektor der in Bewegungsrichtung zeigt, und F Z = m [ ω ( ω r)] zeigt somit nach außen. Entsprechend liefert F A = m ω r einen Vektor, der entgegen der Bewegungsrichtung zeigt, weil ω > aufgrund der zunehmenden Geschwindigkeit. In einer Zeichnung müssen die Richtungen der beiden Vektoren F Z und F A korrekt eingezeichnet sein. (g) Umordnen der Indizes liefert sofort: 3 ( ɛ ikj b k a j ɛ kij a j b k ) = i= 3 (ɛ ijk a j b k ɛ ijk a j b k ) = i= Seite von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 (h) Man benötigt die folgenden Information: In Polarkoordinaten gilt r = r e r und r = ṙ e r + r ϕ e ϕ für den Ort und die Geschwindigkeit einer Bahnkurve r(t). Man kann sich dies in wenigen Minuten auch selbst überlegen, falls man es nicht auf dem Zettel stehen hat. Damit folgt für die Energie eines Teilchens mit Masse m, welches dieser Bahnkurve folgt: E = m r + V (r) Wir benötigen also r, welches gegeben ist durch r = r e r e r + r ϕ e ϕ e ϕ = r + r ϕ. Der Mischterm entfällt, da die Einheitsvektoren senkrecht aufeinander stehen. Für den Drehimpuls gilt L = r p = m( r r) = mrr ϕ e z. Somit ist L = L = m r 4 ϕ. Wir setzen in die Energieerhaltung ein: E = mr + mr ϕ + V (r) = mr + L mr + V (r) Die beiden letzten Terme werden als effektives Potential zusammengefasst. Aufgabe : Harmonischer Oszillator 4P Ein harmonischer Oszillator sei gegeben durch die Differentialgleichung ẍ(t) + ω x(t) = f(t) mit externer Anregung f(t) = atθ(t)θ(t t) mit a > und t >. Hinweis: Diese Aufgabe benötigt keine Green-Funktion. Es ist Θ(t) = für t, sonst. (a) P Skizzieren Sie die Anregung f(t). (b) 3P Lösen Sie die homogene Differentialgleichung. (c) 5P Bestimmen Sie die allgemeine Lösung x(t) im Bereich < t < t durch einen geeigneten Ansatz für eine partikuläre Lösung. Passen Sie die allgemeine Lösung den Anfangsbedingungen x() = ẋ() = an, d.h. für t < findet keine Bewegung statt. (d) 4P Wie verläuft die Bewegung qualitativ für t > t? Welche Bedingungen müssen Sie an x(t ) und ẋ(t ) stellen? Hinweis: Sie müssen die Lösung x(t) für t > t nicht angeben! Lösung der Aufgabe (a) Die Sägezahnanregung f(t) ist von der Form: f(t) at t t Seite 3 von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 (b) Wir machen den bekannten Exponentialansatz x h (t) = e λt und erhalten unmittelbar λ + ω = λ = ±iω x h (t) = A e iω t + A e iω t. (c) Für den Störterm f(t) = at machen wir den Ansatz x p (t) = B t + B. Einsetzen liefert ωb t + ωb! = at, also B = a. Somit ist die allgemeine Lösung, welche wir gleich an ω die Anfangsbedingungen anpassen, gegeben durch x(t) = A e iωt + A e iωt + a t ω x() = A + A = A = A ẋ() = iω (A A ) + a = A ω = a = A iω 3 x(t) = a ω 3 i (eiω t e iωt ) + a t = a sin(ω ω ω 3 t) + a t ω (d) Es handelt sich für t > t wieder um einen ungedämpften harmonischen Oszillator ohne äußere Anregung. Dieser schwingt also mit Eigenfrequenz ω. Als Anfangsbedingungen sind die Werte x(t ) und ẋ(t ) aus Teilaufgabe (b) zu nutzen. Diese sind: x(t ) = a ω 3 sin(ω t ) + a t ω ẋ(t ) = a ω cos(ω t ) + a ω. Es ist nicht gefordert A und A in der homogenen Lösung zu bestimmen. Aufgabe 3: Bahnkurve 8P Gegeben ist die durch den dimensionslosen Parameter t parametrisierte Bahnkurve im R 3 ( r(t) = 3 t3 +, + t, 4 t4 + 5) T. (a) 5P Berechnen Sie die Geschwindigkeit v(t), deren Betrag v(t) und daraus den Tangenteneinheitsvektor. (b) 3P Bestimmen Sie die Länge der Bahnkurve zwischen t = und t =. Lösung der Aufgabe 3 (a) Wir berechnen die Geschwindigkeit und deren Betrag: v(t) = d r(t) ( ) T = t, t, t 3 dt v(t) = v(t) = t 4 + t + t 6 = t t + + t 4 = t (t + ) = t(t + ) Seite 4 von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 Somit ist der Tangenteneinheitsvektor geegeben durch τ = ( ) T t, t, t 3 = ( t,, t ) T t(t + ) t + (b) Wir erhalten die gesuchte Länge durch Berechnung von s = v(t)dt = t(t + )dt = 4 t4 + t = 4 4 + = 4 + = 6. Aufgabe 4: Wegintegral P Gegeben sei ein Kraftfeld F ( r) = (, z, yz) T in kartesischen Koordinaten mit r = (x, y, z) T. (a) P Zeigen Sie, dass die Rotation des Kraftfeldes verschwindet. (b) 3P Ermitteln Sie das zum Kraftfeld zugehörige Potential V ( r). Berechnen Sie den Potentialunterschied zwischen r = (,, ) T und r = (,, ) T. (c) 7P Berechnen Sie die verrichtete Arbeit W = F d s entlang eines Viertelkreises (mit Mittelpunkt im Ursprung) von r nach r und zeigen Sie, dass diese gerade dem Potentialunterschied aus (b) entspricht. Wie nennt man ein solches Kraftfeld? Hinweis: Sie können sin 3 (t) = (3 sin(t) sin(3t)) nutzen. 4 Lösung der Aufgabe 4 (a) Wir berechnen die Rotation und erhalten x F = y z z yz z z = =. (b) Das Potential lässt sich durch Integration über die y- und die z-komponente sofort hinschreiben: dyf y = yz + C(x, z), dzf z = yz + C(x, y) V ( r) = yz + C Der Potentialunterschied zwischen den zwei Punkten ist, da bei beiden Punkten das Potential ist. (c) Wir benötigen eine Parametrisierung des Weges von r nach r s(t) = cos(t), t [, π] sin(t) Seite 5 von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 Wir können die Geschwindigkeit s(t), sowie F (t) entlang der parametrisierten Kurve angeben: s(t) = sin(t), F (t) = sin (t) cos(t) sin(t) cos(t) Somit ergibt sich die Arbeit zu (cos (t) = sin (t)) W = = = π/ π/ F d s = π/ F sdt = π/ dt( sin 3 (t) + sin(t) sin 3 (t)) = dt( sin 3 (t) + sin(t) cos (t)) π/ dt( 3 sin 3 (t) + sin(t)) π/ dt( 9 sin(t) + 3 sin(3t) + sin(t)) = dt( sin(t) + 3 sin(3t)) 4 4 4 4 = 4 cos(t) 4 cos(3t) π/ = = Die verschwindende Arbeit passt zu Teilaufgabe (b). Letzterer Ausdruck ist auch 4 cos(t) 4 cos(3t) = cos(t) sin (t). Das Kraftfeld ist konservativ. Aufgabe 5: Bewegung im Potential 4P Ein Massenpunkt mit Masse m bewege sich im eindimensionalen Potential V (x) = V cosh (αx) mit V >, α >. Hinweis: Es ist cosh(x) = (ex + e x ). (a) 3P Skizzieren Sie qualitativ das Potential V (x). (b) 4P Bestimmen Sie für konstante Energie E mit V < E < die Umkehrpunkte x und x des Teilchens. Hinweis: Belassen Sie arcosh im Ergebnis. (c) 5P Entwickeln Sie V (x) um x = bis zur zweiten Ordnung, also mit Fehler O(x 3 ). (d) 3P Berechnen Sie aus dem entwickelten Potential aus (c) für kleine Auslenkungen um x = die Rückstellkraft und stellen Sie die Bewegungsgleichung des Teilchens auf. (e) 3P Bestimmen Sie für kleine Auslenkungen die Rekurrenzzeit T, d.h. die Zeit für eine vollständige Schwingung des Teilchens, z.b. von x bei t = bis x bei t = T. (f) 6P Bestimmen Sie die Rekurrenzzeit für das ursprüngliche, nicht entwickelte Potential V (x) über die Energieerhaltung für E = V. Hinweis: Diese Teilaufgabe ist schwierig. Sie müssen geschickt substituieren. Hilfreiche Beziehungen: sinh(arcosh(x)) = x, d dx [ arcsin(x )] = x, (x )( x + ) d dx [ arcsin(x )] = (x )( x + ) Seite 6 von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 Lösung der Aufgabe 5 (a) Das Potential V (x) ist von der Form: V (x) V (x) für x ± V x (b) Ausgehend von der Energieerhaltung ergibt sich E = mẋ + V (x) = mẋ V cosh (αx) An den Umkehrpunkten ist ẋ = und somit cosh (αx) = V E x, = ± α arcosh ( Es ist zu beachten, dass arcosh nur für Argumente > definiert ist. (c) Wir entwickeln das Potential um x = und erhalten V (x) = V cosh V () = V (αx) V (x) = V cosh 3 (αx) sinh(αx)α V () = V ( 3) (x) = V cosh 3 (αx) cosh(αx)α + V cosh 4 (αx) sinh (αx)α V () = V α Somit ergibt sich als Entwicklung des Potentials V (x) = V + V α x = V + V α x V E ). (d) Die Rückstellkraft für kleine Auslenkungen ergibt sich zu F (x) = d dx V (x) = V α x und somit lautet die Bewegungsgleichung mẍ = F (x) = V α x. (e) Es handelt sich um einen ungedämpften harmonischen Oszillator ẍ + ωx = mit ω = V α π. Wer versiert ist, erkennt sofort T = m ω und daher T = π π m =. ω α V Seite 7 von 8
Klassische Theoretische Physik I, WiSe 7/8 Alternativ kann man die Gleichung wieder durch Exponentialansatz lösen und damit die Schwingungsdauer bestimmen. (f) Es ist zu erkennen, dass man über die Energieerhaltung auf das Integral E = mẋ + V (x) T x 4 = m dx (E V (x)) kommt. Aufgrund der Symmetrie des cosh und cosh(x) > und späterer Substitutionen ist es einfacher, wenn man nur über ein Viertel der Periode integriert. Für den Fall E = V ist x = α arcosh( ). Wir formen etwas um und erhalten: T x 4 = dx ( V m + V cosh (αx) ) m = V x dx cosh(αx) cosh (αx) + Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu substituieren. Wir präsentieren drei Versionen: Zuerst substituieren wir cosh (αx) = y. Dann ist dy = dx cosh(αx) sinh(αx)α und es folgt T m 4 = dy V sinh(arcosh( = m y))α y + α V = m arcsin y = m π α V α V. dy y y + Genauso kann man auch mit cosh(αx) = y substituieren und erhält dy = dxα sinh(αx) und weiter T m 4 = ydy = m ydy V sinh(arcosh(y)) y + α V y y + = m arcsin y = m π α V α V. Der vermutlich eleganteste Weg, welcher ohne die Hinweise auskommt, ist wie folgt: Man ersetze cosh (αx) = + sinh (αx) und substituiere dann mit sinh(αx) = y und dy = dx cosh(αx)α T m x 4 = V dx cosh(αx) sinh (αx) = α m V dy = m arcsin y y α V = m π α V. Wer letzteres Integral nicht kennt, muss nochmal mit y = sin z substituieren, womit ein Integral über bleibt. In allen Fällen ergibt sich T = π a m V. Seite 8 von 8