Die Liénard-Wiechert-Potentiale
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- Karsten Neumann
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1 Die Liénard-Wiehert-Potentiale Hendrik van Hees 26. Februar 28 Alternative Herleitung der retardierten Green-Funktion In der vorigen Vorlesung haben wir hergeleitet, dass die elektromagnetishen Potentiale in Lorenz- Eihung t Φ( r, t) + A( r, t) = () den Wellengleihungen Φ( r, t) = 4πρ( r, t), (2) A( r, t) = 4π j ( r, t) (3) genügen, wobei der d Alembert-Operator durh definiert ist 2. = 2 2 t = 2 2 t (4) Es ist klar, dass wir eine Lösung dieser Wellengleihungen angeben können, sobald wir eine Green- Funktion des d Alembert-Operators gefunden haben, die der Gleihung G( r, t; r, t ) = 4πδ(t t )δ (3) ( r r ) (5) genügt. Denn dann ist offenbar wegen (2) bzw. (3) Φ( r, t) = dt d 3 r G( r, t; r, t )ρ( r, t ) (6) 3 A( r, t) = dt d 3 r G( r, t; r, t ) j ( r, t ). (7) 3 Physikalish gesehen bedeuten die Integrale auf der rehten Seite die Propagation des elektromagnetishen Feldes von den Quellen (also Ladungs- und Stromverteilungen) zu allen Zeiten t und Orten r zur Zeit t zum Ort r. Man sollte zur Wahrung der Priorität diese Eihbedingung nah dem Dänen Ludwik Lorenz benennen, der diese Eihbedingung bereits um 865, also um einiges früher als der Holländer Hendrik Antoon Lorentz[JO]. 2 Wir folgen in der Vorlesung den Konventionen in dem Lehrbuh [Gre2].
2 Wir fordern nun die Kausalität dieser Interpretation der Gleihungen (6) und (7): Zu den Feldern zur Zeit t sollten nur die Konfigurationen von Ladungen und Strömen zu Zeiten t t beitragen, entsprehend einer Wirkung aus der Vergangenheit. Es sollte entsprehend des Kausalitätsprinzips keine retrokausale Wirkung aus der Zukunft geben. Wir verlangen also an die Green-Funktion die Retardierungsbedingung G( r, t; r, t ) = für t > t. (8) Betrahten wir nun die Gleihung (5) genauer, sehen wir, dass aufgrund der Translationsinvarianz G( r, t; r, t ) = G( ρ,τ) mit τ = t t, ρ = r r (9) gelten sollte. Dann lautet (5) in diesen neuen Relativkoordinaten G( ρ, τ) = 4πδ(τ)δ( ρ). () Wir bemerken weiter, dass diese Gleihung auh rotationsinvariant ist (da die δ-distribution nur bei ρ = von Null vershieden ist). Die Retardierungsbedingung lautet G( ρ,τ) = für τ <. () Da die δ-distributions-singularität bei τ = gemäß () erst in der zweiten Zeitableitung von G auftritt, muss τ G bei τ = einen Sprung aufweisen und G selbst bei t = stetig sein, d.h. es gilt die Randbedingung G( ρ,τ = + ) =. (2) Um shließlih () zu lösen, drüken wir die Green-Funktion vermöge eines Fourier-Integrals bzgl. des Ortes aus, d.h. wir mahen den Ansatz Unter Verwendung von folgt (nahrehnen!) G( ρ,τ) = d3 k G( k,τ)exp(i k ρ). (3) 3 (2π) 3 δ (3) ( ρ) = d3 k 3 (2π) exp(i k ρ) (4) τ G( k,τ) + k 2 G( k,τ) = 4πδ(τ). (5) Für τ > vershwindet die δ-distribution, und (5) die Gleihung für einen harmonishen Oszillator mit der Freuenz ω = ω( k) = k = k. (6) Mit der Retardierungsbedingung () und der Randbedingung (2) ist demnah G( k,τ) = AΘ(τ)sin(ωτ) = AΘ(τ)sin(kτ). (7) Dabei ist A eine Integrationskonstante. Diese bestimmen wir, indem wir (5) über das infinitesimale τ- Intervall ( +, + ) integrieren und die Stetigkeit von G bei τ = ausnutzen (nahrehnen!): G( k, + ) = Ak = 4π 2 A = 4π k. (8) 2
3 Damit ist shließlih G( k,τ) = 4π Θ(τ)sin(kτ). (9) k Jetzt müssen wir nur noh gemäß (3) vom k-raum in den ρ-raum zurüktransformieren. Wir können dabei aufgrund der Rotationsinvarianz von G, die impliziert, dass G nur eine Funktion von ρ = ρ sein kann, ρ = ρ e z setzen und k in Kugelkoordinaten (k,ϑ,ϕ) ausdrüken. Dann ist k ρ = kρosϑ und folglih (nahrehnen!) G( ρ,τ) = 3 = Θ(τ) 2π 2 = Θ(τ) π d3 k 4π (2π) 3 k Θ(τ)sin(kτ)exp(i k ρ) dk dk 2π dϕ π dϑk 2 sinϑ sin(kτ) k du k sin(k τ) exp(ikρu). exp(ikρ os ϑ) Dabei haben wir im letzten Shritt die triviale Integration über ϕ ausgeführt und u = os ϑ substituiert. Nun lässt sih auh die Integration über u leiht ausführen (nahrehnen!): G( ρ,τ) = Θ(τ) iπρ k (2) dk sin(kt)[exp(ikρ) exp( ikρ)]. (2) Da der Integrand gerade in k ist, können wir über die ganze reelle k-ahse integrieren und durh 2 dividieren. Zugleih drüken wir den Sinus mit Hilfe der Exponentialfunktion aus und erhalten G( ρ,τ) = Θ(τ) dk[exp(ik τ) exp( ik τ)][exp(ikρ) exp( ikρ)]. (22) 4πρ Multipliziert man die Exponentialausdrüke aus und verwendet wieder die Fourier-Darstellung für die δ-distribution, erhält man (nahrehnen!) G( ρ,τ) = Θ(τ)[δ(τ ρ) δ(τ + ρ)]. (23) ρ Da wegen τ > der zweite Term niht beiträgt, finden wir shließlih die retardierte Green-Funktion G( ρ,τ) = ρ δ(τ ρ) = δ(τ ρ/). (24) ρ Dabei konnten wir die Θ-Funktion weglassen, da die δ-distribution ohnehin nur bei τ = ρ/ > von Null vershieden ist. 2 Beispiel: Feld einer gleihförmig bewegten Punktladung Wir betrahten nun eine Punktladung, die sih gemäß r (t) = v t (mit v = v < ) gleihförmig geradlinig mit konstanter Geshwindigkeit v bewegt. Wir wollen zunähst die Potentiale und dann das elektromagnetishe Feld E( r, t) = Φ( r, t) t A( r, t), B( r, t) = A( r, t) (25) 3
4 berehnen. Wir bemerken, dass dies in der Tat bereits ein zeitabhängiges Problem darstellt, denn Ladungs- und Stromdihte sind durh ρ( r, t ) = δ (3) ( r v t ), j ( r, t ) = ρ( r, t ) v = vδ (3) ( r v t ) (26) gegeben und folglih zeitabhängig. Setzen wir dies in (6) und (7) ein und verwenden (24) für die retardierte Green-Funktion, können wir sofort das Raum-Integral ausführen und erhalten (nahrehnen!) Φ( r, t) = = dt d 3 r δ(3) ( r v t ) 3 r r dt δ t t r v t A( r, t) = βφ( r, t) mit β = v. δ t t r r r v t, Wie wir sehen, ist aufgrund der δ-distribution die retardierte Zeit nur implizit bestimmt. Bei dem hier diskutierten Fall einer gleihförmig bewegten Punktladung können wir sie aber explizit bestimmen, was in allgemeineren Fällen meist nur näherungsweise möglih ist. Jedenfalls verlangt die δ-distribution (t t ) = r v t = ( r v t ) 2. (28) Quadrieren wir diese Gleihung und formen den entstehenden Ausdruk ein wenig um, erhalten wir für t die uadratishe Gleihung (27) t v 2 (2 t r v)t + 2 t 2 r 2 2 v 2 =. (29) Deren Lösungen ergeben sih aus der bekannten Lösungsformel für uadratishe Gleihungen. Nah einigen Umformungen ergibt sih t = 2 t r v ± ( 2 t r v) 2 ( 2 v 2 )( 2 t 2 r 2 ). (3) 2 v 2 Das Vorzeihen bestimmt sih daraus, dass wegen (28) t < t sein soll;. Für v = ist t = t ± r /, d.h. die physikalish relevante retardierte Lösung ergibt sih für das untere Vorzeihen zu t = t ret = 2 t r v ( 2 t r v) 2 ( 2 v 2 )( 2 t 2 r 2 ). (3) 2 v 2 Den Ausdruk unter der Wurzel können wir vereinfahen, indem wir zunähst das Quadrat ausmultiplizieren und zusammenfassen, ( 2 t r v) 2 ( 2 v 2 )( 2 t 2 r 2 ) = ( r v) t r v + ( 2 v 2 )r 2 + v 2 2 t 2. (32) Um die folgenden Rehnungen etwas übersihtliher shreiben zu können, führen wir die Relativkoordinaten zwishen Aufpunktvektor r und der momentanen Lage der Punktladung v t w = r v t (33) 4
5 ein, und einige algebraishe Umformungen zeigen dann, dass wir die retardierte Zeit (3) in der Form shreiben können. t ret = 2 t r v 2 w 2 + ( r v) 2 r 2 v 2 2 v 2 Nah dieser Vorarbeit wenden wir uns wieder dem Integral (27) für das Skalarpotential zu. Um die eben gefundene Nullstelle verwenden zu können, müssen wir die δ-distribution umformen. Dazu verwenden wir die Formel [CH] (34) δ[u(t )] = u(t t =t ) δ(t t ), (35) wobei die Summe über alle Nullstellen t der Funktion u läuft. Es ist klar, dass dieser Ausdruk nur sinnvoll ist, wenn für alle Nullstellen t stets u(t ) gilt, d.h. wenn die Funktion u(t ) nur einfahe Nullstellen besitzt. In unserem Fall u(t ) = t t r v t gibt es nur die eine Nullstelle t = t ret, und mit der Kettenregel folgt (nahrehnen!) u(t ) = + v ( r v t ) r v t = v ( r v t ), (37) r v t und dies unter Verwendung von (35) in (27) eingesetzt, liefert shließlih Φ( r, t) =. (38) r v t v ( r v t ) t =t ret Den Nenner bringen wir nun in eine etwas einfaher zu interpretierende Form, indem wir ihn ein wenig umformen und mittels des durh (33) definierten Vektors w ausdrüken (nahrehnen!): (36) womit wir shließlih r v t ret + v ( r v t ret ) (28) = 2 (t t ret ) r v + v 2 t ret = 2 t ( 2 v 2 )t ret r v (3) = 2 w 2 + ( r v) 2 r 2 v 2, Φ( r, t) = w 2 + ( β mit v β = r ) 2 β 2 r 2 (39) (4) erhalten. Wir können dies noh in eine alternative Form bringen, indem wir r = w + v t substituieren. Nah einigen Umformungen liefert dies (nahrehnen!) Φ( r, t) =, (4) w β 2 sin 2 θ 5
6 wobei θ der Winkel zwishen v und w ist, d.h. β w = βw osθ. Wir sehen, dass für β der naive nihtretardierte Ausdruk Φ = /w = / r v t herauskommt. Die endlihe Wirkungsausbreitung maht sih also, wie zu erwarten, vor allem für Bewegungen bemerkbar, bei denen die Geshwindigkeit des Teilhens der Lihtgeshwindigkeit, also β, nahekommt. Das Vektorpotential ist sofort durh die zweite Gleihung in (27) gegeben: A( r, t) = βφ( r, t) = β w 2 + ( β r ) 2 β 2 r 2. (42) Wir finden das elektrishe und magnetishe Feld durh Bilden der entsprehenden Ableitungen der Potentiale E = Φ t A, B = A = β Φ = β E, (43) wobei die letzte Gleihung daraus folgt, dass wegen β = onst auh t A β ist und daher wegen β β = nihts beiträgt. Zur Berehnung der Ableitungen verwenden wir am einfahsten die Form (4) bzw. (42) für die Potentiale. Mittels der Kettenregel finden wir nah einiger Rehnung Φ = [w 2 + ( β [ w β 2 r + ( β r ) β], r ) 2 β 2 r 2 ] 3/2 t A = [w 2 + ( β [β 2 v t ( r β) β]. r ) 2 β 2 r 2 ] 3/2 Addieren dieser Ausdrüke liefert gemäß (43) das elektrishe Feld E( r, t) = [w 2 + ( β ( r v t)( β 2 ). (45) r ) 2 β 2 r 2 ] 3/2 Shreiben wir wieder vermöge r = w + v t alles mit Hilfe von w, ergibt sih die alternative Form (44) E(t, r ) = w β 2 w 3 ( β 2 sin 2. (46) θ) 3/2 Das Feld zeigt also wie bei ruhenden Ladungen stets vom momentanen Ort der Ladung zum Aufpunkt. Für kleine Geshwindigkeiten (β ) ergibt sih wieder das entsprehende naive Coulomb-Feld so als ob die Wirkungsausbreitung instantan wäre. Für β ist das elektrishe Feld hingegen stark in Rihtungen senkreht zur Geshwindigkeit (also θ = π/2) überhöht, denn sin(π/2) =, und dann wird der verbleibende Faktor / β 2, während das Feld in Rihtung von β, also θ =, um den Faktor ( β 2 ) unterdrükt ist. Für das Magnetfeld ergibt sih shließlih gemäß (43) B(t, r ) = β w β 2 w 3 ( β 2 sin 2. (47) θ) 3/2 6
7 3 Felder einer beliebig bewegten Punktladung Wir geben nun eine beliebige Trajektorie r = r (t) für ein geladenes Teilhen vor. Wir verlangen, gemäß der Speziellen Relativitätstheorie, dass v(t) = v(t) = r (t) < für alle t ist. Die Ladungs- und Stromverteilungen sind dann ρ( r, t ) = δ (3) [ r r (t )], j ( r, t ) = ρ( r, t ) = v(t )δ (3) [ r r (t )]. (48) Man rehnet sofort nah, dass die Kontinuitätsgleihung erfüllt ist (nahrehnen!): t ρ( r, t ) = v(t ) δ (3) [ r r (t )], j ( r, t ) = v(t ) δ (3) [ r r (t )] t ρ( r, t ) + j ( r, t ) =. (49) Wie in (27) erhalten wir durh Ausintegrieren der räumlihen δ-distribution Φ( r, t) = A( r, t) = dt r r (t ) δ dt β(t ) r r (t ) δ t t r r (t ) t t r r (t ) Da stets δ(z) = δ( z) gilt, können wir diese Formeln auh zu Φ( r, t) = A( r, t) = dt r r (t ) δ dt β(t ) r r (t ) δ, (5) mit t t + r r (t ) t t + r r (t ) β(t ) = v(t ) = r (t ). (5), (52) umshreiben, was einige der folgenden Rehnungen ein wenig vereinfaht. Wir verwenden nun wieder (35), um die t -Integration auszuführen (nahrehnen): δ t t + r r (t ) = R R β δ(t t ret ), (54) (53) wobei wir die Abkürzung R = R( r, t ) = r r (t ) (55) eingeführt haben. Die retardierte Zeit bezeihnet die Lösung der Gleihung, die bestimmt, für welhes t die δ-funktion singulär ist, d.h. die Lösung der Gleihung t ret = t r r (t ret ) Dabei ist diese retardierte Zeit als Funktion = t R( r, t ret ). (56) t ret = t ret ( r, t) (57) 7
8 zu lesen. Setzen wir nun (54) mit all diesen Definitionen in (52) und (53) ein, finden wir shließlih die Lösungen Φ( r, t) = R( r, t ret ) β(t ret ) R( r, t ret ) A( r, t) = β(t β(t ret )Φ( r, t) = ret ) R( r, t ret ) β(t ret ) R( r, t ret ) (58) (59) für die retardierten Potentiale, die in diesem Fall Liénard-Wiehert-Potentiale genannt werden. Sie wurden unabhängig voneinander von Alfred-Marie Liénard (898) und Emil Wiehert [Wie] (9) hergeleitet. Nun wollen wir auh das elektromagnetishe Feld ( E, B) berehnen, d.h. E( r, t) = Φ( r, t) t A( r, t), B( r, t) = A( r, t). (6) Das Problem besteht dabei darin, dass wir in (58) und (59) die retardierte Zeit t ret niht explizit als Funktion von r und t ausdrüken können (wie im Beispiel der gleihförmig bewegten Punktladung in Abshnitt 2). Um die in (6) benötigten Ableitungen nah den unabhängigen Variablen r und t berehnen zu können, benötigen wir zur Anwendung der Kettenregel die entsprehenden Ableitungen von t ret. Dazu leiten wir (56) zunähst nah t ab (nahrehnen!): t t ret = + β(t ret ) n( r, t ret ) t t ret mit n = R R. (6) Dies können wir nun nah der gewünshten Zeitableitung auflösen (nahrehnen!), t t ret = β, (62) n wobei wir hier und im folgenden zur besseren Übersihtlihkeit die Argumente der diversen Größen weglassen. Um auh den Gradienten von t ret zu bestimmen, bilden wir analog die Ableitungen nah den kartesishen Komponenten (nahrehnen!) j t ret = t ret r j = (n j v n j t ret ) (63) bzw. aufgelöst (nahrehnen) n j j t ret = β. (64) n Für den Gradienten ergibt sih somit shließlih t ret = n β. (65) n 8
9 Nah dieser Vorarbeit lassen sih sih mit einiger algebraisher Mühe die in (6) benötigten Ableitungen ausrehnen (nahrehnen!): Φ = β( β n) ( β) 2 R 2 ( β n n) 3 t A = R( β n) 3 ( β n) n R( β, (66) n) ( 3 β n) β + β( β n). (67) Damit ergibt sih aus (6) (nahrehnen!) E = R( β n) 3 = ( β n)( n β) ( β n) β + ( β2 ) R 2 ( β n) 3 ( n β) R( β n [ β ( ( β n)] + β2 ) n) 3 R 2 ( β ( n β). n) 3 (68) Dabei haben wir im letzten Shritt den ersten Term mit Hilfe der Formel umgeformt. Zur Berehnung des Magnetfeldes bemerken wir, dass a ( b ) = b( a ) ( a b) (69) B = A = ( βφ) = ( β)φ β Φ, (7) so dass wir für den zweiten Term wieder (66) verwenden können. Verbleibt die Rotation β zu berehnen (nahrehnen!): β = ( t ret ) n β β = ( β. (7) n) Dabei haben wir wieder (65) verwendet. Mit Hilfe von (7), (66) und (7) folgt shließlih (nahrehnen!) B = R( β n) 3 ( β n)( n β) ( β n)( n β) ( β2 ) R 2 ( β n) 3 n β. (72) Betrahtet man das elektrishe Feld in Form der oberen Zeile von (68) sieht man sofort, dass dies auh in der Form B = n E (73) ausgedrükt werden kann. Es sei nohmals betont, dass in allen Formeln R = R( r, t ret ), n = n( r, t ret ), β = β(t ret ) und β = β(tret ) zu lesen ist, d.h. alle mit der Bewegung des Teilhens zusammenhängenden Größen sind bei der retardierten Zeit zu nehmen, die ihrerseits vermöge (56) als implizit definierte Funktion der Aufpunktkoordinaten (t, r ) zu interpretieren ist! Betrahten wir das durh (68) und (72) gegebene elektromagnetishe Feld genauer, erkennen wir, dass es zwei Beiträge gibt: Die ersten Terme sind β, also zur Beshleunigung des Teilhens. Sie fallen mit /R ab, während die zweiten Terme nur von der Geshwindigkeit abhängen und mit /R 2 abfallen. Diese Geshwindigkeitsfelder sind im wesentlihen Coulomb-Felder, die mit der Bewegung 9
10 der Punktladung mitgeshleppt werden. Die Ausdrüke untersheiden sih von den in Abshnitt 2 für eine gleihförmig bewegte Punktladung nur dadurh, dass wir hier alles in Form der retardierten Relativkoordinaten R = r r (t ret ) statt durh die instantanen Relativkoordinaten w = r r (t) ausdrüken. Zur Übung kann man dies verifizieren, indem man in (68) und (72) für den Falle β = (also gleihförmige Bewegung) in den verbleibenden Termen die explizite Lösung (3) für t ret einsetzt. Einfaher ist es freilih, dies für die Potentiale (58) und (59) durhzuführen, was natürlih sofort zu (38) führt, und die Umrehnung von den retardierten Relativkoordinaten R zu den instantanen Relativkkoordinaten haben wir ja in Gl. (39) ausgeführt. Jedenfalls wird durh diese Betrahtung deutlih, dass die Zerlegung in die Beshleunigungsterme, die /R abfallen und Geshwindigkeitsterme, die /R 2 physikalish ualitativ vershiedenen Feldanteilen entspriht: Wie wir im nähsten Abshnitt zeigen werden, bedeuten die Beshleunigungsterme Strahlungsfelder, die elektromagnetishe Feldenergie ins Unendlihe übertragen, also elektromagnetishe Wellen. Die Geshwindigkeitsterme entsprehen hingegen dem mit der Bewegung des Teilhens mitgeshleppten elektrostatishen Coulomb-Feld (für E) bzw. dem magnetostatishen Biot-Savart-Feld (für B). In der relativistish formulierten Elektrodynamik wird klar werden, dass man diesen Anteil des Magnetfeldes als relativistishen Effekt verstehen kann, der durh die Beobahtung eines rein elektrostatishen Coulombfeldes für eine ruhende Punktladung durh einen gegenüber dieser Ladung gleihförmig bewegten Beobahter zustande kommt. Dadurh wird auh deutlih, dass die elektrishen und magnetishen Komponenten eigentlih lediglih bezugssystemabhängige Komponenten eines sehsdimensionalen elektromagnetishen Feldes zu interpretieren sind. 4 Energieabstrahlung einer beshleunigt bewegten Punktladung Die Energiestromdihte, also die pro Flähe und Zeit abgestrahlte Energie, ist durh den Poynting- Vektor S = E B (74) 4π gegeben. Wir interessieren uns nun für die gesamte Leistung, die durh eine Kugelshale mit sehr großem Radius um die momentane Position der Ladung abgestrahlt wird. Es ist klar, dass in diesem Fall für fixierte Beobahtungszeit t die retardierte Zeit t ret für all diese Punkte auf der Kugelshale dieselbe ist, d.h. diese Kugelshale entspriht auh einer Kugelshale mit R = r r (t ret ) = onst. Wir können also die Strahlungsleistung für konstantes R ausrehnen. Damit können wir die oben hergeleiteten Formeln (68) und (73) verwenden. Dann gilt für die durh die Kugelshale K R mit Radius R abgestrahlte Leistung P = d 2 f S = K r ϑ dϑ 2π dϕr 2 sinϑ n S = d 2 Ω n S, (75) S wobei wir Kugelkoordinaten für die Kugelshale eingeführt haben, und wir shreiben wieder n = R/R; d 2 Ω = dϑ dϕ sinϑ ist das Raumwinkelelement. Nun ist gemäß (73) S = E ( n E) = 4π 4π [ n E 2 E( n E)]. (76)
11 Wie oben besprohen, kann man E in einen mit /R abfallenden Beshleunigungsterm E b = ( β n)( n β) ( β n) β R( β n) 3 = R( β n [ β ( β n)] n) 3 (77) und einen mit /R 2 abfallenden Coulomb-Term zerlegen. Aus (76) wird klar, dass wir bei der Berehnung für die Leistung gemäß (75) im Limes R nur die Terme E 2 b = (/R2 ) zu betrahten brauhen, da n S für die übrigen Terme wie /R 3 bzw. sogar wie /R 4 abfallen, so dass für R nur die reinen Beshleunigungsterme übrig bleiben. Anders ausgedrükt transportieren nur die Beshleunigungsanteile des elektromagnetishen Feldes Energie ins Unendlihe, und nur sie besitzen die physikalishe Bedeutung elektromagnetisher Wellen. Aus der zweiten Form von (77) folgt sofort, dass n E b = ist, und sih folglih (76) für unsere Rehnung zu S = E 2 b 4π n + (78) R 3 vereinfaht, d.h. P = R2 4π ϑ dϑ 2π Die pro Raumwinkel abgestrahlte Leistung ist also dϕ sinϑ E 2 B + R (79) dp rad d 2 Ω = 2 4π( β n [ 2 β ( β n)]. (8) n) 6 Wie wir sehen, strahlt eine bewegte Punktladung nur dann Leistung ab, d.h. es werden nur dann ins Unendlihe propagierende elektromagnetishe Wellen erzeugt, wenn die Ladung beshleunigt ist. Die Coulomb-Felder einer gleihförmig bewegten Ladung reihen zwar ins Unendlihe, werden aber sozusagen lediglih mit der bewegten Ladung mitgeshleppt, und es erfolgt kein Energietransport durh Strahlung ins Unendlihe. Die direkte Berehnung der totalen Leistung für den Ausdruk (8) ist sehr shwierig und soll hier niht näher betrahtet werden. Wir können aber stets ein Bezugssystem wählen, in dem zur betrahteten fixierte retardierten Zeit (und damit fixierten Beobahtungszeit) β = ist. Von diesem Bezugssystem aus betrahtet ist (nahrehnen!) dp (β=) rad d 2 Ω = 2 4π [ n ( n β)] 2 = 2 4π [ β 2 ( n β) 2 ]. (8) Legen wir nun die Polarahse des Kugelkoordinatensystems in Rihtung von β, ist dp (β=) rad d 2 Ω = 2 4π β 2 sin 2 ϑ. (82)
12 Die totale Leistung ist somit P (β=) rad P (β=) rad = 2 4π = 2 β 2 2 ϑ β 2 dϑ = 22 β π du( u 2 ) dϕ sin 3 ϑ Das ist die Larmorshe Formel. Sie gilt näherungsweise freilih auh wenn β, also für nihtrelativistish bewegte Teilhen [Lar97]. Bemerkung: Den allgemeinen Fall einer beliebig bewegten Ladung kann man mit Hilfe der Relativitätstheorie aus der Larmor-Formel erhalten, indem man (83) für das Ruhsystem mittels Vierervektoren in kovarianter Form shreibt. Dann gilt die Formel in allen Bezugssystemen, also auh für beliebige momentane Geshwindigkeiten. In nihtkovarianter Form mit unseren Bezeihnungen geshrieben, lautet das Resultat (s. z.b. [Ja98, Roh7]) 2 2 P = 3( β 2 ) 3 (83) β 2 ( β β) 2. (84) Es ist dabei zu beahten, dass (84) immer diejenige Leistung angibt, wie sie in dem Bezugssystem gemessen wird, in dem β(t ret ) = ist, wo die Larmor-Formel (83) gilt. Will man diese Formel aus (8) erhalten, muss man beahten, dass (8) die pro Beobahtungszeit abgestrahlte Energie angibt, denn der Poynting-Vektor wurde für die Felder zur Zeit t angegeben. Demnah ist P dp d 2 Ω = de rad d2 Ω dt ret = dp (β=) rad d 2 Ω ( t t (62) ret ) = P (β=) rad d 2 Ω ( β n). (85) Damit wird gemäß (8) dp d 2 Ω = 2 4π( β n [ 2 β ( β n)]. (86) n) 5 Die aufwendige Integration über den Raumwinkel wurde mit Hilfe von Mathematia. ausgeführt und bestätigt in der Tat (84), wie das im folgenden angehängte Mathematia-Notebook zeigt. 2
13 Integraon von (86) über Raumwinkel In[]:= nve = SinthCosph, SinthSinph, Costh; Lege Geshwindigkeit zur retardierten Zeit in z - Rihtung: In[2]:= In[3]:= In[4]:= Out[4]= beve =,, be; ave = {a, a2, a3}; nve = Crossnve-beve, ave a2 be-a2 Cos[th]+a3 Sin[ph]Sin[th], -a be+a Cos[th]-a3 Cos[ph]Sin[th], a2 Cos[ph]Sin[th]-a Sin[ph]Sin[th] In[5]:= Out[5]= n2ve = FullSimplify [Cross[nve, nve]] a (be-cos[th])cos[th]+a3 Cos[ph]Cos[th]Sin[th]+ Sin[ph]a2 Cos[ph]-a Sin[ph]Sin[th] 2, a2 (be-cos[th])cos[th]+ a3 Cos[th]Sin[ph]Sin[th]+Cos[ph]-a2 Cos[ph]+a Sin[ph]Sin[th] 2, Sin[th](-be+Cos[th])a Cos[ph]+a2 Sin[ph]-a3 Sin[th] In[6]:= nenner = FullSimplify [n2ve.n2ve] Out[6]= Sin[th] 2 (-be+cos[th])a Cos[ph]+a2 Sin[ph]-a3 Sin[th] 2 + a (be-cos[th])cos[th]+a3 Cos[ph]Cos[th]Sin[th]+ Sin[ph]a2 Cos[ph]-a Sin[ph]Sin[th] a2 (be-cos[th])cos[th]+a3 Cos[th]Sin[ph]Sin[th]+ Cos[ph]-a2 Cos[ph]+a Sin[ph]Sin[th] 2 2 Integration über ph bezieht sih nur auf nenner. Daher führen wir diese Integration zunähst aus : In[7]:= Out[7]= intnenner= Integratenenner, ph,, 2 Pi 2 π2 a32 +3 a 2 +be 2 +3 a2 2 +be 2-8 a 2 +a2 2 be Cos[th]+a 2 +a2 2-2 a3 2 +a 2 +a2 2 be 2 Cos[2 th] In[8]:= Für die verbleibende th - Integration ist es wihtig, daß be < ist : $Assumptions = < be < Out[8]= { < be < } In[9]:= Out[9]= P = ^24 Pi FullSimplify IntegrateintnennerSinth-be Costh^5, th,, Pi 2 -a3 2 +a 2 -+be 2 +a2 2 -+be be 2 3 In[]:= Out[]= Pjakson = 2 ^23 -be^2^3ave.ave-crossbeve, ave.crossbeve, ave 2 a 2 +a2 2 +a3 2 -a 2 be 2 -a2 2 be be 2 3 In[]:= FullSimplify P-Pjakson Out[]=
14 A Alternative Herleitung der Felder Die etwas mühsame Berehnung der Felder aus den retardierten Potentialen (52) und (53) kann auf alternative Weise erfolgen, indem man die Integration zunähst niht ausführt und die entsprehenden Ableitungen nah r und t unter dem Integral vornimmt. Wir shreiben dazu (52) und (53) zunähst in der etwas kompakteren Form wobei wir die Abkürzungen Φ( r, t) = A( r, t) = dt R δ t t + R, (87) dt β R δ t t + R, (88) R = R( r, t ) = r r (t ), β = β(t ) = r (t ) (89) eingeführt haben. Im folgenden verwenden wir noh n = R R. (9) Beginnen wir mit der Berehnung des Gradienten von Φ. Wir können dazu (87) unter dem Integral ableiten und erhalten Φ = dt δ t t + R R + R ( R)δ t t + R. (9) Dabei ist δ die Ableitung der δ-distribution nah ihrem Argument. Setzen wir u(t ) = t t + R/ müssen wir also Ausdrüke der Art I = dt f (t )δ [u(t )] (92) berehnen. Dazu bemerken wir, daß nah der Kettenregel t δ[u(t )] = u(t )δ [u(t )] δ [u(t )] = u(t ) t δ[u(t )] (93) ist. Setzen wir dies in (92) ein, können wir partiell integrieren und dann (35) anwenden. In unserem Fall ist (nahrehnen!) u(t ) = β n >, (94) denn es ist stets β n = β osφ β <, denn gemäß der Relativitätstheorie muß die Geshwindigkeit des Teilhens stets kleiner als die Lihtgeshwindigkeit sein. Daraus ergibt sih I = dt f (t ) f (t u(t ) t δ[u(t )] = dt ) f (t t δ[u(t )] = u(t ) u(t ) ) t, (95) u(t ) t =t ret wobei t ret wieder die Lösung der Gleihung u(t ) = t t + R/ = ist. Wegen (94) ist u überall streng monoton wahsend, d.h. es gibt (höhstens) eine Lösung, d.h. für jedes Argument (t, r ) der Felder eine eindeutig bestimmte retardierte Zeit t ret. 4
15 Mit liefert (95) für (9) R = R R = n, R = R 2 R = n R 2, (96) Φ = n R 2 ( β n) ( β n) t n R( β, (97) n) wobei überall stets t = t ret eingesetzt zu denken ist. Wir werden dies im folgenden der Übersiht halber niht explizit notieren. Die Auswertung der verbleibenden Ableitung nah t liefert nah einigen Umformungen (nahrehnen!) shließlih wieder (66). Ebenso folgt durh Ableiten von (88) nah der Zeit t A = dt β R δ t t + R (95) = β n t β R( β. (98) n) Führt man die wieder etwas aufwendige Ableitung nah t aus, ergibt sih nah einiger Rehnung (67). Literatur [CH] W. Cassing, H. v. Hees, Mathematishe Methoden für Physiker, Universität Gießen (2). [Gre2] W. Greiner, Klassishe Elektrodynamik, Harri Deutsh, Frankfurt am Main, 6 ed. (22). [Ja98] J. D. Jakson, Classial eletrodynamis, John Wiley&Sons, Hoboken, NJ, 3rd ed. (998). [JO] J. D. Jakson, L. B. Okun, Historial roots of gauge invariane, Rev. Mod. Phys. 73 (2) [Lar97] J. Larmor, A Dynamial Theory of the Eletri and Luminiferous Medium. Part III. Relations with Material Media., Proeedings of the Royal Soiety of London 6 (897) [Roh7] F. Rohrlih, Classial Charged Partiles, World Sientifi, New Jersey, London, Singapore, Beijing, Shanghai, Hong Kong, Taipei, Chennai (27). [Wie] E. Wiehert, Elektrodynamishe Elementargesetze, Annalen der Physik 39 (9)
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