Zwei Anträge: Untersagungsverfügung / Androhung von Zwangsgeld. A. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ( 40 Abs. 1 VwGO)
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- Nikolas Dresdner
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1 Zwei Anträge: Untersagungsverfügung / Androhung von Zwangsgeld A. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ( 40 Abs. 1 VwGO) aufdrängende Sonderzuweisung (-) Streitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur (= streitentscheidenden Normen aus dem öffentlichen Recht, d. h. die einen Träger öffentlicher Gewalt einseitig berechtigen oder verpflichten, sog. modifizierte Subjektstheorie) Hier: 21 StrWG SH ( 29 StVO) / Verwaltungsvollstreckung ( 228 ff. LVwG SH) nicht verfassungsrechtlicher Art (= sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit) abdrängende Sonderzuweisung (-) B. Zulässigkeit der Anträge I. Statthafte Antragsart schnellstmögliche Veränderung der Situation also vorläufiger Rechtsschutz Abgrenzung nach 123 Abs. 5 VwGO; 80 Abs. 5 VwGO immer dann, wenn ein belastender Verwaltungsakt vorliegt, gegen den Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben / Hauptsacheverfahren: Anfechtungsklage 1
2 VA-Charakter? Untersagungsverfügung (+) Androhung eines Zwangsgeldes? 248 Abs. 1 Satz 3 LVwG SH. aufschiebende Wirkung? Untersagungsverfügung: Wiederherstellung des Suspensiveffekts Zwangsgeldandrohung: gesetzlicher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO also Anordnung II. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen 1. Antragsbefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO analog) 2. Frist Verletzung subjektiver Rechte muss möglich erscheinen (= nicht von vornherein ausgeschlossen und substantiiert vorgetragen) Recht auf Gemeingebrauch aus 20 StrWG SH Berufsfreiheit Art. 12 Abs. 1 GG Art. 2 Abs. 1 GG (Adressatengedanke) 3. Antragsgegner ( 78 VwGO) 2
3 III. Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen 1. Beteiligten- und Prozessfähigkeit Antragstellerin: 61 Nr. 1, 2. Variante VwGO; 62 Abs. 3 VwGO ivm 35 Abs. 1 GmbHG Stadt Kiel: 61 Nr. 1, 2. Variante VwGO, 64 Abs. 1 GO SH ivm 62 Abs. 3 VwGO 2. Ordnungsgemäße Antragserhebung ( 81, 82 VwGO) 3. Zuständiges Gericht ( 80 Abs. 5 i. V. m. 45, 52 VwGO) 4. Rechtsschutzbedürfnis a) Fehlender Widerspruch aa) bb) Computerfax? Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung e. A.: Ein vor Erlass der Entscheidung eingelegtes Rechtsmittel wird, auch wenn dann tatsächlich eine angreifbare Entscheidung ergeht, nicht von selbst zulässig a. A.: Es ist jedoch auch denkbar, anders zu argumentieren, zumal der Beginn der Rechtsmittelfristen vorrangig im Interesse des Betroffenen steht. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Behörde mündlich oder auf andere Weise zum Ausdruck gebracht hat, wie sie entscheiden werde und der Adressat somit schon beschwert ist. 3
4 cc) Erforderlichkeit eines vor Antragstellung eingelegten Widerspruchs? e. A. Nach wohl überwiegender Meinung ist das Rechtsschutzbedürfnis bei einem Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nur gegeben, wenn der Antragsteller zumindest gleichzeitig Widerspruch beziehungsweise Anfechtungsklage erhoben hat. Die Ansicht, die einen Widerspruch verlangt, stützt sich insbesondere auf den Wortlaut des 80 Abs. 5 VwGO: Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt denklogisch nur in Betracht, wenn ein Widerspruch diese überhaupt entfaltet hat (bzw. entfalten kann). Auch bedinge die Sicherungsfunktion des Antrags nach 80 Abs. 5 VwGO für das Hauptsacheverfahren, dass dieses durchgeführt wird. a. A. Hiergegen spricht indes, dass die Rechtsbehelfsfristen ( 70, 74 VwGO) umgangen würden, wenn der Antragsteller zur sofortigen Erhebung von Widerspruch oder Anfechtungsklage verpflichtet wäre. Zudem ist in den Fällen, in denen ein Widerspruchsverfahren nicht statthaft ist ( 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO), der Antrag gem. 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO bereits vor Erhebung der Anfechtungsklage zu stellen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb etwas anderes gelten soll, wenn der Anfechtungsklage noch ein förmlicher Rechtsbehelf in der Gestalt eines Widerspruchs vorgeschaltet ist. b) Aussetzungsantrag an die zuständige Behörde C. Klagehäufung, 44 VwGO analog nur in den Fällen des 80 Abs. 6 VwGO erforderlich 4
5 D. Begründetheit der Anträge I. Untersagungsverfügung Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig oder Überwiegen des Suspensivinteresse des Antragsstellers gegenüber dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung Maßgeblich: Erfolgsaussichten in der Hauptsache / summarische Prüfung Anfechtungsklage hat Aussicht auf Erfolg Aussetzungsinteresse überwiegt Anfechtungsklage hat keine Aussicht auf Erfolg zusätzliche Abwägung zwischen den gegenläufigen Interessen (arg. Grundsatz des 80 Abs. 1 VwGO) Non liquet Folgenabwägung 1. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung zuständige Behörde gem. 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO: die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat Begründung gem. 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Anhörung gem. 87 LVwG SH? 5
6 2. Rechtmäßigkeit der Grundverfügung a) Ermächtigungsgrundlage 21 Abs. 7 Satz 1 StrWG b) Formelle Rechtmäßigkeit aa) bb) cc) Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Straßenbauamtes Anhörung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen Form c) Materielle Rechtmäßigkeit aa) Tatbestandsvoraussetzungen des 21 Abs. 7 S. 1 StrWG = Sondernutzung ohne Erlaubnis Sondernutzung nach 21 Abs. 1 Satz 1 StrWG SH Gemeingebrauch Gemeingebrauch gem. 20 Abs. 1 Satz 1 StrWG SH Gebrauch der öffentlichen Straßen durch jedermann im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften. 6
7 (1) Ausgangspunkt: Straßenrechtliche Widmung Straßenrecht / Widmung legt den Nutzungsrahmen für die Straße fest, während das Straßenverkehrsrecht den straßenrechtlich gezogenen Nutzungsrahmen lediglich ausfüllt, indem es beispielsweise regelt, welche Anforderungen Fahrzeuge bei der Straßenbenutzung erfüllen müssen oder wie schnell gefahren werden dar. Widmung 6 StrWG SH Festlegung, zu welcher Straßengruppe die gewidmete Straße gehört (vgl. 3 StrWG SH), ob Beschränkungen bestehen (z. B. Benutzung nur durch Fußgänger oder Radfahrer) und ob ein bestimmter Benutzungszweck existiert. Durch die Widmung wird zudem festgelegt, dass die öffentliche Straße dem Verkehr zu dienen bestimmt ist. Dieser Umstand wird durch 20 Abs. 1 Satz 2 StrWG SH deutlich herausgestellt. Danach liegt kein Gemeingebrauch mehr vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt wird. Hierbei wird grundsätzlich ein weiter Verkehrsbegriff verwendet, auch kommunikativer Gemeingebrauch. (2) Zurechnung zum Straßenverkehr Äußeres Erscheinungsbild? Absichten und Motive des Wegebenutzers? Vergleichsfälle : Parken zu reinen Werbezwecken Reine Werbefahrten Planwagen- und Kutschenfahrten 7
8 Bierbikefahrten? Gegen den Verkehrsbezug: Anmietungsgrund, Optik des Gefährts Für: Ortsveränderung / Spaßfaktor schließt Verkehrsbezug nicht aus (3) Keine übermäßige Beeinträchtigung anderer Höchstgeschwindigkeit 6 km/h? Breite von 2,25 m? Angewiesen-Sein auf Muskelkraft der Teilnehmer? Aber: keine grundsätzliche Mindestgeschwindigkeit (vgl. 3 Abs. 2 StVO); langsames Fahren ist dann nicht verboten, wenn es auf die Antriebs- und Bauart des Gefährtes zurückzuführen ist Vergleich mit Pferdekutsche d) Sonstige Ermächtigungsgrundlagen zur Untersagung aa) Straßenverkehrsrecht kein Numerus Clausus der zugelassenen Fahrzeugtypen allgemeine Anforderungen aus 67 ff. StVZO (bspw. nicht breiter als 2,55 m) 29 Abs. 2 bzw. 3 StVO (übermäßige Straßennutzung)? Aber: ggf. Unzulässigkeit im Einzelfall aufgrund der Verletzung straßenverkehrsrechtlicher Belange 8
9 bb) Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht 316 StGB bzw. 24a StVG cc) Gaststättenrecht (-) e) Zwischenergebnis 3. Zwischenergebnis Rechtswidrigkeit der Grundverfügung Abwägung von Vollzugs- und Aussetzungsinteresse zugunsten der B-GmbH; Antrag aus 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Untersagungsverfügung begründet; aufschiebende Wirkung wird wiederhergestellt. II. Androhung von Zwangsgeld 1. Ermächtigungsgrundlage 229 Abs. 1, 236 LVwG SH 2. Formelle Rechtmäßigkeit 9
10 3. Materielle Rechtmäßigkeit Die Androhung bezieht sich darauf, den Betrieb zu schließen und somit jegliche Vermietung von Fahrrädern zu unterlassen, während die Grundverfügung ausschließlich die Vermietung von Bierbikes zum Gegenstand hatte. Fehlende Übereinstimmung (Kongruenz) von Grundverfügung und Zwangsgeldandrohung Teilbarkeit? Ermessensfehlgebrauch 4. Zwischenergebnis Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung begründet; aufschiebenden Wirkung wird angeordnet 10
11 Zum Weiterlesen: Lund, DVBl 2011, 339 ff. VG Düsseldorf v (16 K 6710/09) OVG NRW, Beschl. v A 4656/06 OVG NRW, Beschl. v A 2393/06 Klenner, NZV 2011, 234 ff. 11
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