Praktikumsversuch B2.1 Zwei röntgenografische Verfahren der Festkörperphysik
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- Achim Hofmeister
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1 Praktikumsversuch B2.1 Zwei röntgenografische Verfahren der Festkörperphysik Alexander Komarek, Sebastian Bleikamp, Martin Valldor Raum 326 im II. Physikalischen Institut der Universität zu Köln 1 Einleitung In diesem Versuch sollen zwei grundlegende Verfahren der Festkörperphysik vorgestellt werden, welche auf dem Prinzip der Beugung von Röntgenstrahlen basieren. Dabei handelt es sich zum einen um das Laue-Rückstrahl-Verfahren, mit Hilfe dessen einkristalline Proben orientiert werden können und zum anderen der Pulver-Diffraktometrie, die zur Charakterisierung von Proben benutzt wird. Bei letzterem Verfahren sollen im Rahmen dieses Versuches mehrere Proben auf die Art der kristallinen Struktur sowie auf die Gitterparameter hin untersucht und die zugehörigen Elemente bestimmt werden. 2 Benötigtes Vorwissen Zur erfolgreichen Durchführung des Versuches ist es notwendig, folgende Themengebiete sicher zu beherrschen: Erzeugung von Röntgenstrahlen: Bremsspektrum, char. Spektrum Kristallstrukturen: kubische Bravaisgitter, Formalismus Gitter und Basis, Millersche Indizes Beugung: Bragg-Bedingung, mehratomige Basis reziprokes Gitter: Sinn/Vorteile, Erzeugung, Vergleich Bragg - Laue Beugung im reziproken Raum: Laue-Bedingung, Strukturfaktor, Atomformfaktor komarek@ph2.uni-koeln.de, bleikamp@ph2.uni-koeln.de, valldor@ph2.uni-koeln.de,
2 Literaturempfehlungen hierzu: Ch. Kittel, Einführung in die Festkörperphysik, R. Oldenbourg Verlag München Wien, Kapitel 1 und 2 und N.W. Ashcroft und N.D. Mermin, Festkörperphysik, R. Oldenbourg Verlag München Wien, Kapitel 4-7 Aufbau und Prinzip eines (modernen) Röntgendiffraktometers, sowie hierzu: Vorteile der Pulverdiffraktometrie, zugehörige Ewald-Konstruktion Aufbau und Prinzip eines Laue-Rückstrahl-Versuches, sowie hierzu: Greninger- Karte und stereografische Projektion 3 Pulver-Diffraktometrie 3.1 Theoretischer Hintergrund Bei allen Röntgenbeugungs-Untersuchungen an Kristallen macht man sich zu Nutze, dass die Wellenlänge der Röntgenstrahlung vergleichbar mit oder kleiner als die Abstände zwischen zwei Kristalllagen ist, d.h. diesen somit auflösen kann. Aufgrund dieses Verhältnisses kommt es zu Bragg-Reflexion und Beugung am Kristallgitter. Nach der bekannten Bragg-Gleichung gilt: 2d sin(θ) = nλ (1) Aufgrund der Translationsinvarianz eines Kristalls gegenüber Schritten in Größe einer ganzen Einheitszelle bietet es sich an, dass System der Einfachheit halber im Fourieraum zu untersuchen. Durch eine Fouriertransformation des Kristallgitters kann man die Betrachtung auf eine Einheitszelle reduzieren. Aus dem Kristallgitter wird das reziproke Gitter, aus der Bragg-Gleichung wird die Laue- Gleichung, die besagt, dass der Streuvektor k gleich einem reziproken Gittervektor G sein muss: k = G (2) Geht man von einer Elektronenkonzentration n( r) aus, so gilt für die Streuamplitude F : F = dv n( r)exp(i k r) (3) Teilt man den Kristall in Zellen und Basisatome auf, so erhält man bei erfüllter Beugungsbedingung folgende Streuamplitude: F G = N Zellen dv n( r)exp( ig r) (4) Zelle = N Zellen S G (5) S G = f j exp( ig R) (6) j f j = dv exp( ig( r ŕ)) (7) Hierbei bezeichnet man S G als Strukur- und f j als Atomformfaktor. Der Atomformfaktor hängt von der Elektronenverteilung in einem Atom ab und trifft eine Aussage über die Streukraft eines Elementes. Der Strukturfaktor hängt von der 2
3 Verteilung der Atome in einer Zelle ab und beschreibt die Streuamplitude in Abhängigkeit des Streuvektors. Bei einer mehratomigen Basis kann es zu destruktiven Interferenzen durch die zusätzlichen Ebenen kommen, so dass nicht alle Reflexe sichtbar sind. Der Strukturfaktor ist dann gleich null. Vorbereitung: Wie kann man sich die Auslöschung an der Bragg-Konstruktion erklären? Vorbereitung: Berechnen Sie für die Kristallstrukturen SC, BCC, FCC und die Diamantstruktur die Reflexe, für die der Strukturfaktor zu null wird. Um einen Reflex zu erhalten, muss die Laue-Gleichung k = G genau erfüllt sein. Man benutzt ein Pulver des Stoffes, so dass man viele kleine Kristallite hat, die jede mögliche Orientierung aufweisen. Dadurch ist gewährleistet, dass immer ein Teil der Kristallite die richtige Ausrichtung hat, so dass letztendlich nur der Winkel zwischen Quelle und Detektor sowie der Abstand der Kristallebenen von Bedeutung ist. Vorbereitung: Erklären Sie dies anhand der Ewald-Konstruktion! 3.2 Versuchsbeschreibung Aufgabe im ersten Versuchsteil ist es, mehrere unbekannte Proben mittels Pulver- Diffraktometrie zu bestimmen. Dazu steht ein Diffraktometer D5000 matic zur Verfügung. Als Anodenmaterial wird in der Röntgenröhre Kupfer mit den charakteristischen Wellenlängen λ Kα1 = Å und λ Kα2 = Å im Verhältnis 2:1 verwendet. Mittels dieses Gerätes werden im Winkelbereich von 20! 2θ 108! Intensitäts-2Theta-Diagramme angefertigt. Bei der Auswertung müssen nun die gemessenen Reflexe den richtigen Ebenen zugeordnet werden. Wenn die Zuordnung richtig ist, kann man aus den Positionen der Reflexe die Gitterkonstante berechnen. Es gilt für kubische Kristallstrukturen: sin(θ) h 2 + k 2 + l 2 (8) In der Proportionalitätskonstanten ist der Gitterparameter enthalten. Ergibt sich keine Proportionalität, so ist die Zuordnung der Reflexe zu den Ebenen falsch. Vorbereitung: Leiten Sie die obige Formel her und bestimmen Sie die Gitterkonstante! Vorbereitung: Die Reflexe welcher Ebenen erwartet man in welcher Reihenfolge von kleinen zu grossen Winkeln? Auswertung: Tragen Sie für alle Proben sin(θ) gegen h 2 + k 2 + l 2 auf und ermitteln Sie die Kristallstrukturen sowie Gitterkonstanten! Ziehen Sie daraus Rückschlüsse auf die Art der Probe. 3
4 Abbildung 1: (links) Röntgen-Diffraktometer D5000 matic mit PC und Probenwechseleinheit. (rechts) Probenwechsler mit Probenhaltern für Pulverproben. Abbildung 2: (links) Ausschnitt aus dem Programm Diffrac Plus XRD Commander. (rechts) Messanordnung. Von oben nach unten: Röntgenröhre, Probenaufnahme, Detektor. 4
5 Abbildung 3: Versuchsaufbau Laue-Kamera. Von links nach rechts: Probenhalter, Photoplatte, Röntgenröhre. 4 Laue-Rückstrahl-Verfahren Bei dem Laue-Rückstrahl-Verfahren wird weißes Röntgenlicht, d.h. ein kontinuierliches Spektrum, auf einen Kristall gestrahlt und die zurückgeworfenen Strahlen auf einer fotoempfindlichen Platte aufgenommen (Abb. 4). Aus dem abgebildeten Beugungsmuster kann auf die Struktur und Ausrichtung des Kristalls geschlossen werden. Vorbereitung: Warum verwendet man weißes Röntgenlicht? Vorbereitung: Wie groß ist, für eine gegebene Beschleunigungsspannung, die minimale Wellenlänge? Vorbereitung: Welche Zähligkeit haben in den kubischen Systemen wichtige Richtungen, wie die (100), (110) und (111) und was bedeutet dies im Laue-Bild? Mittels einer Greningerkarte (Abb. 4) kann man den Reflexen die entsprechenden Winkel zuordnen. Dazu muss nur eine auf den entsprechenden Abstand zwischen Kristall und Fotoplatte ausgelegte Greningerkarte auf den Ausdruck gelegt werden. (Die Vergrößerung ist beim Ausdruck entsprechend anzupassen.) In diesem Versuchsteil soll nun zuerst ein Silizium-Kristall so ausgerichtet werden, dass die (111)-Richtung genau zur Quelle zeigt, d.h. sich in der Mitte 5
6 Abbildung 4: Konstruktion der Greninger-Karte. (Quelle: : A.S. Cheng, C. Laird, J. Appl. Cryst. (1982) 15, ) der Aufnahme befindet. Dazu wird mit 20 kv, 17.5 ma und einer Belichtungszeit von 3 Minuten eine Laue Aufnahme gemacht, der (111)-Reflex anhand seiner Zähligkeit indentifiziert, die Fehlorientierung mit Hilfe der Greninger-Karte festgestellt und dementsprechend die Ausrichtung des Kristalls korrigiert. Dieser Vorgang muss ggf. mehrfach wiederholt werden, bis der Kristall perfekt ausgerichtet ist. Aufgabe: Richten Sie den Silizium-Kristall mittels der Laue-Kamera in (111)-Richtung aus und bestimmen Sie die weiteren sichtbaren, hochsymmetrischen Achsen. Die Zuordnung anderer Reflexe als des (111)ers aufgrund ihrer Zähligkeit ist meist nicht eindeutig. U.a. gibt es mehrere Reflexe, die zu unterschiedlichen Kristallebenen gehören, aber die gleiche Zähligkeit aufweisen. Eine einfache aber genaue Bestimmung kann man durch den Vergleich der Winkel zwischen den Kristallebenen erhalten. Misst man also auf der allerersten Aufnahme (unorientierte Probe) die Winkel zwischen dem (111)-Reflex und den anderen Reflexen hochsymmetrischer Achsen aus, so können diese durch Vergleich leicht zugeordnet werden. Im kubischen Gitter entsprechen die Millerschen Indizes auch dem Normalenvektor auf der Ebene, die sie beschreiben. (Dies gilt ausschliesslich in kubischen Systemen!) Es gilt weiterhin für das Skalarprodukt: a b = a b cos( a b) (9) 6
7 Abbildung 5: Greninger-Karte für einen Film-Probe-Astand von 3cm. 7
8 D.h. aus den Millerschen Indizes lässt sich in kubischen Systemen leicht der Winkel zwischen zwei Ebenen errechnen. Mit Hilfe der Greningerkarte erhält man die Polarkoordinaten von den Reflexen in Bezug auf den einfallenden Röntgenstrahl. Durch eine Umrechnung in kartesische Koordinaten kann auch hier leicht der Winkel zwischen zwei Vektoren mittels des Skalarproduktes berechnet werden. Die Umrechnung in kartesische Koordinaten ergibt sich durch: x i = r i cos(γ i )sin(δ i ) (10) y i = r i cos(γ i )cos(δ i ) (11) z i = r i sin(γ i ) (12) Auswertung: Fertigen Sie eine Tabelle an, in der die Winkel der wichtigsten hochsymmetrischen Achsen zu (111) angegeben sind! Dazu gehören u.a.: (100), (110), (210), (310), (311), (1 10), (1 20),... Auswertung: Berechnen Sie aus der ersten, unorientierten Aufnahme die Winkel zwischen (111) und den sichtbaren hochsymmetrischen Achsen; indizieren Sie mit Hilfe der angefertigten Tabelle diese Reflexe auf der Abbildung und bestimmen Sie die zugehörigen Wellenlängen. 8
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