Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik
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- Martina Hofmeister
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1 Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik Sommersemester 2014 Kapitel 10: Die Zeiten sind nicht normal: Geldpolitik in der Finanzkrise
2 10.1 Krisenmanagement 10.2 Die Geldpolitik der EZB 10.3 Reformen des institutionellen Rahmens 10.4 Fazit 2
3 Steigende Zinsdifferenz zwischen EWU-Staatsanleihen Quelle: Deutsche Bundesbank
4 Sorgen bezüglich hoher Budgetdefizite und der Tragbarkeit der öffentlichen Finanzen verursachen innerhalb des Euroraums starken Anstieg der Spreads zwischen Staatsanleihen Erwartete Herabstufung von Staatsanleihen auf oder unter BBB -Niveau lässt zunächst die Spreads auf griechische Papiere steigen Ansteckungseffekte wegen ähnlicher Probleme in einer Reihe von EWU-Ländern (Irland, Portugal, Spanien, Italien) Renditen auf Bundesanleihen sinken aufgrund ihrer hohen Bonität und Liquidität (safe haven) 4
5 Rückgang der Realzinsen speist Immobilienboom Quelle: Deutsche Bundesbank
6 Sinkender Realzins führt in einer Reihe von Ländern zu boomender Hypothekenkreditvergabe, Immobilienpreisblase, Überproduktion in der Bauwirtschaft. Platzen der Immobilienpreisblase mit negativer Auswirkung auf die Stabilität des Bankensektors. Reaktion der Regierungen: Übernahme toxischer Aktiva oder Verstaatlichung von Banken. Folge: Anstieg der Staatsverschuldung 6
7 Ansteckungsgefahren in der EWU Krisen in Finanzsystemen kleiner Länder sorgen für Krise in der EWU! Wichtigster Ansteckungskanal: Auslandsforderungen von Banken gegenüber den Euroländern. Hohes Volumen zeigt enge Verflechtung in der EWU. Starke Zunahme seit Start der EWU wegen Wegfall des Währungsrisikos. Banken aus Deutschland und Frankreich wichtigste Gläubiger, insbesondere für die Peripherieländer. Kritisch auch: Hohes Exposure spanischer Banken gegenüber Portugal 7
8 10.1 Krisenmanagement Beistandsmechanismus für Griechenland 21. Sept. 2009: Griechische Regierung korrigiert Haushaltsangaben der Vorgängerregierung. Feb. April 2010: Eurogruppe einigt sich auf einen Beistandsmechanismus, der bei Gefährdung der finanziellen Stabilität der Eurozone als Ultima Ratio zur Anwendung kommen soll. Ankündigung reicht nicht aus, Finanzmärkte zu beruhigen. 2. Mai 2010: Eurogruppe gewährt Griechenland bilaterale Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 80 Mrd., zusammen mit 30 Mrd., die vom IWF zur Verfügung gestellt werden, beläuft sich das Hilfspaket auf insgesamt 110 Mrd.. Beistand ist an harte Auflagen für die Fiskal- und Wirtschaftspolitik geknüpft Kreditvergabe zu Strafzinsen (über durchschnittlichen Zinsen von EWU-Anleihen): Laufzeit bis 3 Jahre: Aufschlag 3 Prozentpunkte über Interbankenkredit; Laufzeit darüber: Aufschlag 4 Prozentpunkte über Interbankenkredit. Strafzins heilsames Mittel oder Totengräber? IWF-Kredite ohne Strafkomponente. Notwendiges Anpassungsprogramm abschreckend genug? 8
9 Europäischer Schutzschirm 9. Mai 2010: Eurogruppe schafft einen bis Mitte 2013 befristeten Stabilisierungsmechanismus: 60 Mrd. Euro an Direktkrediten der EU-Kommission (European Financial Stability Mechanism (EFSM)). 440 Mrd. Euro an zusätzlichen Finanzmitteln aufgebracht über eine Zweckgesellschaft, (European Financial Stability Facility (EFSF), die das erforderliche Kapital an den Märkten aufnimmt. Ergänzung durch 250 Mrd. Euro Kreditlinie des IWF Dezember 2010: Irland nimmt als erstes Land der Eurogruppe den Stabilisierungsmechanismus in Anspruch; Kreditvolumen 85 Mrd. Euro April 2011: Portugal; Kreditvolumen 78 Mrd. Euro Juni 2012: Spanien, Kreditvolumen 100 Mrd. Euro 9
10 Europäischer Stabilisierungsmechanismus ESM ESM ersetzt bisherigen Schutzschirm Stammkapital des ESM: 700 Mrd. Euro (davon 620 Mrd. Bürgschaften) Anteil Deutschlands: 27 % strenge Konditionalität der Hilfen (glaubwürdig?) Entscheidungen über Hilfen einstimmig (jedes Land hat Vetorecht) ESM-Darlehen vorrangig gegenüber privaten Krediten ESM juristisch umstritten siehe Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom ESM ökonomisch umstritten Einstieg in Transferunion (analog Bremen, Ostdeutschland, Mezzogiorno etc.) Anreize für Reformen/Sparen vermindern sich Aber: Schutzwall gegen Spekulation 10
11 10.2 Die Geldpolitik der EZB Zinspolitik 11
12 10. Mai 2010: Fortsetzung der expansiven Geldpolitik, die mit Beginn des Bankrotts von Lehman Brothers begonnen wurde: Vollständige Bedienung der Liquiditätsnachfrage der Kreditinstitute. Festzins (derzeit 0,15%) für die wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Akzeptanz von Wertpapieren als Kreditsicherheit, mit einem Rating von BBB- (zuvor A-) bei den Refinanzierungsoperationen der EZB. Generelle Akzeptanz griechischer Anleihen. 12
13 Ankäufe von Staatsanleihen 10. Mai 2010: EZB beschließt Staatsanleihenankaufprogramm, um Spannungen an Finanzmärkten im Zuge der Griechenlandkrise entgegenzuwirken, darunter: Interventionen an den Sekundärmärkten für öffentliche Schuldverschreibungen im Eurowährungsgebiet. Der Umfang der Interventionen wird vom EZB-Rat nach Lage an den Wertpapiermärkten festgelegt. 06. September 2012: Aufkäufe unbegrenzt 13
14 Ziele des Ankaufprogramms: EZB: Abbau von Spannungen und Gewährleistung von Markttiefe- und Liquidität in einem für die Geldpolitik wichtigen Marktsegment. Begrenzung des Renditeanstiegs bei bestimmten Staatsanleihen an den Sekundärmärkten. Starker Renditeanstieg könnte Kreditvergabe beeinträchtigen (Kreditklemme). Verhinderung eines Teufelskreises: Renditen Schuldendienst Insolvenzrisiko Anleiherating Notverkäufe Renditen Verluste der Banken Staatliche Hilfsprogramme... staatliche Insolvenz! Vermeidung von Ansteckungseffekten auf andere Euro-Mitgliedsstaaten. 14
15 Probleme des EZB-Ankaufprogramms: Finanzielle Risiken für das ESZB bei Kursverfall (abhängig vom Ankaufkurs) bzw. Insolvenz. Im Fall der Insolvenz müsste der Staat sein Kapital bei den nationalen Notenbanken erhöhen. Risiko politischer Einflussnahme. Inflationsgefahr durch Ausweitung der Geldmenge (Geldfinanzierung von Staatsdefiziten war immer Grund für massive Inflation) Geldpolitik macht Entscheidungen von Reformschritten der Euroländer abhängig, politische Einflussnahme unvermeidlich demokratische Legimitation fraglich Unabhängigkeit von Geld- und Fiskalpolitik aufgeweicht 15
16 10.3 Reformen des institutionellen Rahmens Lissabon-Vertrag (Status quo): Artikel 126 AEUV Die Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite. Die Kommission überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen Schuldenstands in den Mitgliedstaaten anhand der in Protokollen zum Vertrag festgelegten Referenzwerte (Defizit max. 3% des BIP, Schuldenstand max. 60% des BIP). Im Fall der Verfehlung der Referenzwerte erstellt die EU-Kommission einen Bericht. Der Rat beschließt auf Vorschlag der Kommission, ob in einem Mitgliedsstaat ein übermäßiges Defizit besteht. Es werden Vorschläge zu deren Beseitigung gemacht. Bei Nichtbefolgung der Empfehlungen kann der Rat Sanktionen beschließen (Mittelkürzungen für Investitionen, unverzinsliche Einlagen bei der EZB, Geldbußen). 16
17 Vorschläge der van Rompoy-Gruppe Verbesserung nationaler Haushaltsregeln Einhaltung von Mindestanforderungen bei der statistische Erfassung, numerische Regeln, Prognoseverfahren und mittelfristigen Finanzplanung. Europäisches Semester (seit Jahresbeginn 2011 eingeführt): Vorabkoordinierung der haushalts- und wirtschaftspolitischen Planung der Mitgliedsstaaten. Aber: Keine Sanktionen bei Nichtberücksichtigung von Empfehlungen. Überwachungsmechanismus Jährliche Bewertung des Risikos für das Entstehen makroökonomischer Ungleichgewichte auch auf Basis von Frühwarnindikatoren. Anpassungsempfehlungen auf Basis von Empfehlungen der EU-Kommission. Sanktionen: Bei der Abstimmung ist das betroffene Land nicht stimmberechtigt! 17
18 Radikalere Vorschläge: Eurobonds Austritt aus Währungsunion Nordeuro Europäische Wirtschaftsregierung irreal und Nonsens 18
19 10.4 Fazit Politiker halten die eigenen Regeln nicht ein! Sparpakete: griechische Probleme können letztlich nur von den Griechen gelöst werden spanische Probleme können letztlich nur von den Spaniern gelöst werden etc. Geldpolitik darf sich nicht in die Hände der Politiker begeben 19
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