Lösungsskizze FB 12: Eine Grundschuld auf Reisen
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- Martina Kohler
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1 Lösungsskizze FB 12: Eine Grundschuld auf Reisen Frage 1: Wie ist die Rechtslage, wenn bisher weder auf die Forderung noch auf die Grundschuld gezahlt worden ist? I. Rechtslage zwischen X und E Anspruch X gegen E auf Darlehensrückzahlung gem. 488 Abs. 1 S. 2, 398 BGB? 1. Wirksamer Abtretungsvertrag gem. 398 BGB zwischen X und B? a) Formbedürftigkeit: P.: 1154 BGB hier auf die Forderung anwendbar? (-), da nach 1192 Abs. 1 Hs. 2 BGB nicht auf die Forderungsübertragung bei der Grundschuld anwendbar. Arg.: kein akzessorisches Sicherungsmittel, Forderung kann unabhängig von der Grundschuld übertragen werden. b) Vertraglicher Abtretungsausschluss, 399 Alt. 2 BGB? ausdrücklich: (-) konkludent? Zu ermitteln durch Auslegung der Sicherungsabrede: Vor Fälligkeit des Darlehens: Nach h.m. Auslegung der Sicherungsabrede: stillschweigendes Abtretungsverbot gewollt. Arg.: Sicherungscharakter, keine Trennung von Forderung und Sicherheit. Nach Fälligkeit des Darlehens: Kein Abtretungsverbot Argument - Grundschuld ist kein akzessorisches Recht ( 1192 Abs. 1 BGB); DER Unterschied zur Hypothek. - Parteiwille: Grundschuld und keine Hypothek bestellt. c) Zwischenergebnis: X ist nach 398 BGB neue Gläubigerin der Darlehensforderung. 1
2 2. Durchsetzbarkeit: a) Einrede der E aus 273 Abs. 1 BGB bzw. 320 BGB? B kann keine doppelte Befriedigung verlangen. Daher lt. BGH: Im Fall einer Sicherungsgrundschuld Anspruch des Forderungsschuldners aus der Sicherungsabrede auf Rückübertragung oder Aufhebung der Grundschuld Zug um Zug gegen Rückzahlung der Darlehensvaluta. Daher aus Sicherungsabrede: Einrede/Zurückbehaltungsrecht der E - ursprünglich gegenüber B - nach 273 Abs. 1 BGB bzw. 320 BGB (+) b) Einredegegner? Sicherungsabrede wurde zwischen E und B geschlossen. Aber: 404 BGB: (= Durchbrechung der Relativität der Schuldverhältnisse) Einrede E gegen X damit (+), bei 404 BGB irrelevant, ob Einwendung / Einrede bereits erhoben oder nur dem Grunde nach gegeben ist. X ist nur Forderungsinhaberin, sie kann Grundschuld dauerhaft nicht zurückgeben: damit dauerhafte Einrede gegenüber Forderung. 3. Ergebnis: X hat gegen E keinen durchsetzbaren Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus 488 Abs. 1 S. 2, 398 BGB. II. Rechtslage zwischen B und X Anspruch X gegen B auf Schadensersatz aus 311a Abs. 2, 437 Nr. 3, 435 S. 1, 364 Abs. 1, 365 BGB? 1. Voraussetzungen des 365 BGB: Forderung an Erfüllungs statt geleistet, 364 BGB. Rechtsmangel der Forderung, 435 BGB. (Prüfungsreihenfolge beliebig, Gutachten) a) Rechtsmangel, 435 BGB: Dauerhafte Einrede E gegen X = Rechtsmangel gem. 435 S. 1 BGB. 2
3 b) Leistung an Erfüllungs statt, 364 Abs. 1 BGB? Abtretung zur Erfüllung des Kaufvertrages zwischen B und X: (+) Auslegung: an Erfüllungs statt gem. 364 Abs. 1 BGB oder lediglich erfüllungshalber gem. 364 Abs. 2 BGB? Wirkung bei Leistung an Erfüllungs statt: Kaufpreisforderung erlischt mit Abtretung Wirkung bei Leistung erfüllungshalber: Kaufpreisforderung erlischt erst mit Befriedigung des Gläubigers (aus der abgetretenen Forderung) Analoge Anwendung des 364 Abs. 2 BGB auf Fall der Forderungsabtretung? Ja, da vergleichbare Interessenlage. In beiden Fällen erhält X als Gläubigerin eine Forderung (tatsächlicher Wertzuwachs bei X hängt jeweils von Leistungsfähigkeit des Forderungsschuldners ab). Daher: wegen 364 Abs. 2 BGB analog hier kein Fall der Leistung an Erfüllungs statt; damit 365 BGB hier nicht anwendbar (Anwendbarkeit nur bei 364 Abs.1 BGB, vgl. Wortlaut). 2. Ergebnis: X hat gegen B keinen Schadensersatzanspruch aus 311a Abs. 2, 437 Nr. 3, 435, 364 Abs. 1, 365 (die Forderung der X gegen B besteht aber wegen 364 Abs. 2 nach wie vor). III. Rechtslage zwischen Y und E Anspruch Y gegen E auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus 1147,1191, 1192 Abs. 1 BGB? 1. Wirksame Übertragung der Grundschuld (+): Keine Akzessorität ( 1192 Abs. 1 BGB): Grundschuld ist eigens abzutreten (vgl. 398, 413 BGB): Übertragung Briefgrundschuld: 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 BGB: Schriftliche Abtretungserklärung des Berechtigten und 3
4 Übergabe des Grundschuldbriefs. Buchgrundschuld: 873, 1154 Abs. 3, 1192 Abs. 1 BGB. a) Einigung zwischen B und Y: (+) b) Form laut Sachverhalt: (+) c) Berechtigung der B: (+) 2. Fälligkeit der Grundschuld (+) 3. Durchsetzbarkeit der Grundschuld? Kann E Einreden aus dem Verhältnis E-B auch der neuen Gläubigerin Y entgegenhalten? Wegen 1157 S. 1, 1192 Abs. 1 i.v.m. der Sicherungsabrede kann der Eigentümer dem Grundschuldgläubiger folgende eigentümerbezogenen Einreden entgegenhalten: BGB: bei unwirksamer Sicherungsabrede. - Einrede des Nicht(mehr)bestehens der gesicherten Forderung = Wegfall des Sicherungszwecks : Aus Sicherungsabrede besteht für den Fall des Wegfalls der Forderung schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch bzgl. Grundschuld, der als Einrede geltend gemacht werden kann. Zum Fall: Einrede E gegen B aus der Sicherungsabrede (die E wegen 1157 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB auch Y entgegenhalten könnte)? - Sicherungsabrede wirksam, daher Einrede aus 821 BGB: (-) - Forderung besteht ebenfalls noch (unabhängig von Person des Gläubigers, da Grundschuld gerade nicht akzessorisch), damit kein Rückübertragungsanspruch der E, den jene Y einredeweise entgegenhalten könnte. - Nach Sinn und Zweck der Sicherungsabrede ( keine doppelte Inanspruchnahme der E als Schuldnerin ) hier keine Berufung auf Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks für E gegenüber Y möglich. - Also keine Einreden der E gegen Y vorhanden. 4
5 3. Ergebnis: Y hat gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, die E aber gem Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB durch Zahlung an Y abwenden kann. Frage 2: Wie ist die Rechtslage, wenn E vor Abtretung der Forderung und der Grundschuld an B gezahlt hat? I. Rechtslage zwischen X und E Anspruch X gegen E auf Rückzahlung des Darlehens aus 488 Abs. 1 S. 2, 398 BGB? 1. Wirksamer Abtretungsvertrag, 398 BGB: a) Einigung: (+) b) Formbedürftigkeit: formfrei c) Berechtigung der B: (-) Zunächst Berechtigung (+), da B Gläubigerin der Forderung. Erlöschen der Forderung durch Zahlung der E, 362 Abs. 1 BGB? P.: Wollte E auf Forderung oder auf Grundschuld zahlen? Grundsätzlich nach Willen des Leistenden, 366 BGB analog. Im Zweifel nach Interessenlage: E hat da sie Forderungsschuldnerin und Grundstückseigentümerin in einer Person ist ein Interesse daran, dass der Gläubiger nach Zahlung weder aus der Grundschuld noch aus der Forderung gegen sie vorgehen kann. Daher Zahlung sowohl auf Forderung als auch auf GS anzunehmen. Daher Forderung nach 362 Abs. 1 BGB erloschen B war also zum Zeitpunkt der Abtretung nicht mehr Forderungsinhaberin und damit Nichtberechtigte (gutgläubiger Forderungserwerb hier nicht möglich). 2. Ergebnis: X hat gegen E keinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus 488 Abs. 1 S. 2, 398 BGB. 5
6 II. Rechtslage zwischen Y und E Anspruch Y gegen E auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus 1147, 1191, 1192 Abs. 1 BGB 1. Wirksame Übertragung der Grundschuld von B auf Y, 1192, 1154, 398, 413 BGB? a) Einigung: (+) b) Form: (+) c) Berechtigung der B? aa) Zunächst Grundschuld zugunsten der B wirksam bestellt. bb) Auswirkungen der Zahlung durch E? Fremdgrundschuld der B wird zur Eigentümergrundschuld der E. H.M.: 1142, 1143 Abs. 1 BGB analog anzuwenden. Damit war B bei Abtretung der Grundschuld an Y Nichtberechtigte. cc) Gutgläubiger Erwerb der Grundschuld durch Y gem. 892, 891 Abs. 1 BGB? Möglich, da B nach wie vor als Berechtigte im Grundbuch eingetragen ist. Voraussetzungen variieren, je nachdem ob Buch- oder Briefgrundschuld. Keine Kenntnis der Y, kein Widerspruch im Grundbuch, also hat Y gutgläubig Grundschuld am Grundstück der E erworben. 2. Fälligkeit der Grundschuld: (+) 3. Durchsetzbarkeit der Grundschuld? Eigentümerbezogene Einreden der E gegen B aus Sicherungsabrede könnten gem S. 1, 1192 Abs. 1 BGB auch der neuen Gläubigerin Y entgegengehalten werden. 6
7 Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks im Zeitpunkt der Abtretung der Grundschuld durch B an Y? Grundschuld soll nach der Sicherungsabrede den Zweck Sicherung einer Forderung erfüllen. Durch die Zahlung der E auf die Forderung und die Grundschuld ist die Forderung erloschen. Damit ist gegen die Grundschuld die Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks der Grundschuld (zu sichernde Forderung existiert nicht mehr) entstanden. Wegen 1192 Abs. 1a BGB kann E diese Einrede auch Y entgegenhalten (vgl. Wortlaut 1192 Abs. 1a S. 1 Alt. 2 BGB). Ein gutgläubig einredefreier Erwerb der Grundschuld durch Y (grds. denkbar wg S. 2 BGB) scheitert an 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 2 BGB, der den Eigentümer vor dem Verlust seiner Einreden durch Übertragung der Grundschuld schützen soll und 1157 S. 2 BGB im Fall der Sicherungsgrundschuld für nicht anwendbar erklärt. 4. Ergebnis: Y hat damit gegen E aus 1191, 1192 Abs. 1, 1147 BGB zwar einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung. E kann aber diesem Anspruch die Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks entgegenhalten. Der Anspruch ist damit nicht durchsetzbar. III. Rechtslage zwischen E und B 1. Schadensersatzansprüche der E gegen B? Denkbar wären Ansprüche aus: 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB (Unmöglichkeit der Rückübertragung der Grundschuld von B an E bzw. Unmöglichkeit der Zustimmung zur Grundbuchberichtigung durch B gegenüber E). 989,990 BGB analog ( Quasi-EBV bzgl. Grundschuld bei Abtretung durch B). Allerdings ist kein Vermögensschaden ersichtlich, da E durch ihre Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks gegen Zwangsvollstreckung gegenüber Y geschützt ist. 7
8 2. Anspruch der E gegen B aus 816 Abs. 1 S. 1 BGB? a) Voraussetzungen: B = Nichtberechtigte: (+) Verfügung über Grundschuld (Übertragung auf Y): (+) Verfügung E gegenüber wirksam: gutgläubiger Erwerb (+) b) Zwischenergebnis: Anspruch der E gegen B auf Herausgabe des Verfügungserlöses aus der Abtretung der Grundschuld an Y nach 816 Abs. 1 S. 1 BGB (+). c) Billigkeit: Dieses Ergebnis muss nach 242 BGB jedoch wertungsmäßig korrigiert werden, da E über die Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks i.v.m Abs. 1a S. 1 Hs. 2 BGB vor Inanspruchnahme aus der Grundschuld geschützt ist; könnte sie zusätzlich aus 816 Abs. 1 S. 1 BGB kondizieren, wäre das eine unbillige und nicht gerechtfertigte Bereicherung der E. d) Ergebnis: E hat gegen B keinen Anspruch aus 816 Abs. 1 S. 1 BGB. 8
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