Mathematik I für Wirtschaftswissenschaftler WS 2009/2010 (Modul WW-BA-01)
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- Fritzi Gerstle
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1 Vorlesung von Prof. Dr. rer. nat. habil. Stefan Siegmund und Dr. rer. nat. habil. Norbert Koksch Mathematik I für Wirtschaftswissenschaftler WS 009/00 (Modul WW-BA-0) Dresden, 4. Oktober 009
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3 Literaturverzeichnis [] Sydsaeter, K. und Hammond P.: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler Basiswissen mit Praxisbezug. Pearson Studium, München,. Auflage 009 [] Böker, F.: Formelsammlung für Wirtschaftswissenschaftler. Pearson Studium, München,. Auflage 009 [] Luderer, B. und Würker, U.: Einstieg in die Wirtschaftsmathematik. Vieweg+Teubner, Leipzig, 7. Auflage 009 [4] Luderer, B. und Würker, U.: Arbeits- und Übungsbuch Wirtschaftsmathematik. Vieweg+Teubner, Leipzig,. Auflage 008 [5] Luderer, B.: Klausurtraining - Mathematik und Statistik für Wirtschaftswissenschaftler. Vieweg+Teubner, Leipzig, 6. Auflage 008 [6] Luderer, B.; Nollau, V. und Vetters, K: Mathematische Formeln für Wirtschaftswissenschaftler. Vieweg+Teubner, Leipzig, 5. Auflage 008 [7] Karmann, A.: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Oldenbourg, München Wien, 6. Auflage 008. [8] Schmidt, K. D.: Mathematik Grundlagen für Wirtschaftswissenschaftler. Springer, Berlin Heidelberg New York,. Auflage 000. [9] Schmidt, K. D.; Macht, W.; Hess, K. Th.: Arbeitsbuch Mathematik. Berlin Heidelberg New York: Springer. Auflage 005. [0] Nollau, V.: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Teubner, Stuttgart - Leipzig, 4. Auflage 00. [] Opitz, O.: Mathematik Lehrbuch für Ökonomen. Oldenbourg, München - Wien, 9. Auflage 004.
4 Literaturverzeichnis 4
5 Mengen und Funktionen. Grundlagen.. Logik Eine Aussage p ist ein sinnvolles sprachliches Gebilde, das die Eigenschaft hat, entweder wahr oder falsch zu sein. Man nennt wahr bzw. falsch den Wahrheitswert der Aussage p. Die Wahrheitswerte werden mit w (wahr) bzw. f (falsch) bezeichnet. Beispiel.. ) 5 ist eine Primzahl. (Aussage, wahr) ) ist Teiler von 7. (Aussage, falsch) ) Daniel ist krank. (keine Aussage, Daniel ist nicht festgelegt.) 4) a + b = c (keine Aussage, was sind a, b, c?) Die letzten beiden Beispiele sind keine Aussagen, aber Aussageformen, die einen Wahrheitswert erhalten durch Belegung der Aussagevariablen Daniel, a, b, c. Sindp undq Aussagen, so lassensichdurchsprachlicheverbindungneueaussagengewinnen: Neue Aussage Symbol Name nicht p p Negation p und q a q Konjunktion p oder q (im Sinne von oder p q Disjunktion auch ) wenn p so q, aus p folgt q, p p q Implikation ist hinreichend für q, p impliziert q, q ergibt sich aus p p genau dann, wenn q, p gilt dann und nur dann, wenn q, p ist äquivalent zu q p q Äquivalenz Die Wahrheitswerte sind wie folgt definiert: p p w f f w und p q p q p q p q p q w w w w w w w f f w f f f w f w w f f f f f w w 5
6 Mengen und Funktionen Elementarausdrücke sind die Konstantenwundf. Durch Zusammensetzen lassen sich nach bestimmten Regeln weitere aussagenlogische Ausdrücke bilden... Äquivalenz von aussagenlogischen Ausdrücken Zwei Ausdrücke p, q heißen äquivalent bzw. werteverlaufsgleich (in Zeichen p = q), wenn für jede Belegung der Variablen sich jeweils die gleichen Wahrheitswerte ergeben. Kommutativgesetz: Assoziativgesetz: Distributivgesetz: p q = q p, p q = q p. (p q) r = p (q r), (p q) r = p (q r). (p q) r = (p r) (q r), (p q) r = (p r) (q r). Konjunktion und Disjunktion verhalten sich also formal so wie Multiplikation und Addition in den natürlichen Zahlen. Ersetzung der Implikation und Äquivalenz: p q = p q, p q = (p q) (q p). de Morgansche Regeln: p q = p q, p q = p q... Prädikative Ausdrücke, Quantifikatoren Die in der Mathematik verwendeten Aussagen sind Aussagen über die Eigenschaften der betrachteten Objekte: ist eine Primzahl, 7 ist Teiler von 4. ist Teiler von 4 ist ein einstufiges Prädikat, ist Teiler von ein zweistufiges Prädikat. Ist P z.b. ein einstufiges Prädikat und ist x eine Variable, so ist xp ein (nullstufiger) prädikativer Ausdruck. xp wird auch als x: P geschrieben uns als x mit (der Eigenschaft) P gesprochen. Beispiel.. x > oder x ist größer als : Variable x, Prädikat P = ist größer als 7 5 oder 7 ist Teiler von 5 : Variable (Konstante) 7, Prädikat P = ist Teiler von 5 Die genannten Möglichkeiten zur Bildung neuer Aussageformen aus gegebenen reichen noch nicht aus, um z.b. die Aussage Die Gleichung x + = 8 besitzt eine Lösung zu bilden. Man betrachtet daher noch Quantifikatoren. Hier die beiden wichtigsten: 6
7 . Grundlagen All-Quantor: Existenz-Quantor: oder (für jedes...), oder (es gibt ein...). Bilden wir nun das einstufige Prädikat P = ist Lösung von x+ = 8, so können wir obiges Problem als xp schreiben (zu lesen: es existiert einxmit der Eigenschaft P), oder in der mathematische Umgangssprache x (x + = 8). Die Aussage x (x 0) mit der Bedeutung Für jedes x gilt x 0 ist falsch (z.b. für x = i), wenn wir uns nicht auf spezielle x beschränken. Wahr wäre hingegen x (x R x 0), wobei hier schon die Elementschreibweise aus der Mengenlehre verwendet wird. Um solche Ausdrücke kürzer schreiben zu können, definieren wir restringierte Quantifikatoren durch x M P(x) := x (x M P(x)), x M P(x) := x (x M P(x)). Häufig muss man Negationen von Quantifikatoren bilden. Es gelten folgende Äquivalenzen: xp = xp, xp = xp. Manchmal wollen wir auch die Existenz genau eines bzw. höchstens eines Individuums beschreiben. Dazu nutzen wir = bzw.. Analog ist die Bildung weiterer Quantifikatoren. Bemerke: =...4 Mengen Eine exakte Definition ist hier noch nicht möglich, daher die von Georg Cantor: Definition.. UntereinerMenge verstehenwirjede ZusammenfassungM vonbestimmten wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die»elemente«von M genannt werden) zu einem Ganzen. 7
8 Mengen und Funktionen Eine Menge kann endlich oder unendlich viele Elemente enthalten. Mengen mit endlich vielen Elementen lassen sich durch die Angabe aller ihrer Elemente beschreiben, zum Beispiel A = {,,}, B = {,4,6,8}. Die Reihenfolge der Elemente ist bei dieser Schreibweise nicht relevant. Normalerweise werden Mengen anhand ihrer Eigenschaften beschrieben, zum Beispiel B = {0,,4,6,8} = {n n ist eine gerade natürliche Zahl mit n < 0}. (.) Mit dem Symbol N bzw. R bezeichnet man die Menge der natürlichen Zahlen bzw. die der Menge der reellen Zahlen. IstAeine Menge undxein Element dieser Menge, so drückt man dies mit der Schreibweise x A aus. Beispiel.4. Für die Menge B in (.) gilt 4 B. Beispiel.5. Für die Menge C := {n es gilt n N und es gibt ein k N mit n = k } := {n N es gibt ein k N mit n = k } (.) gelten 9 C und 6 C. Der Ausdruck x A ist eine logische Aussageform, welche durch Festlegung vonxunda zu einer logischen Aussage wird. Die Negation dieser Aussageform ist, dass x kein Element von A ist. Hierfür schreiben wir kurz x / A. Beispiel.6. Es gilt 8 C für die Menge C aus (.). 8
9 . Grundlagen..5 Teilmengen Definition.7. Die Menge A heißt Teilmenge der Menge B, geschrieben A B, wenn jedes Element von A auch Element von B ist, A B : x (x A x B). Gilt neben A B auch A B, dann heißt A echte Teilmenge von B und man schreibt A B. Bemerkung.8.. Man unterscheide zwischen enthalten (als Element) in und enthalten (als Teilmenge) in und verwende besser ist Element von bzw. ist Teilmenge von.. Ist A keine Teilmenge von B so schreibt man A B. Beispiel.9. Es seien A = {,,,4,C}, B = {,}, C = {,,5}. Dann gelten B A, C A, C A, A C, A, A, C, C. Definition.0. Zwei Mengen A und B heißen gleich (oder identisch), wenn sie die gleichen Elemente besitzen. A = B, Satz.. Es gilt A = B genau dann, wenn sowohl A B als auch B A gelten, A = B A B B A...6 Leere Menge Wir betrachten die Menge L = {x x x} (.) aller der Objekte, die nicht gleich zu sich selber sind. Angenommen, es gilt m L für irgendein Objekt m. Dann muss m m für dieses Objekt gelten, was aber stets falsch ist und daher einen Widerspruch darstellt. Die Menge L nach (.) hat folglich keine Elemente, sie ist also leer. Sei nun M eine weitere Menge, die keine Elemente hat. Es gilt x L = x M, 9
10 Mengen und Funktionen da x L stets falsch ist und die Implikation = aus etwas Falschem stets etwas Wahres ergibt. Daher gilt L M. Andersherum folgt aber auch M L. Nach Satz. folgt L = M. Folglich gibt es genau eine Menge, welche keine Elemente hat. Definition.. Die Menge := {x x x} heißt leere Menge. Bemerkung.. Für jede Menge B gilt B, d. h., die leere Menge ist Teilmenge jeder Menge...7 Potenzmengen Definition.4. Ist M eine Menge, so nennt man die Menge aller Teilmengen von M, die Potenzmenge von M, P(M) oder M, Beispiel.5. Für M = {,,} gilt P(M) = {, {}, {}{}{,}{,}{,}{,,}}. Bemerkung.6. InobigemBeispielbemerkenwir, dass M Elemente hat, diepotenzmenge P(M) = M hat = 8 Elemente. Dies ist ein Hinweis für die Bezeichnung M. Bemerkung.7. TypischerFehlerbei derbestimmungderpotenzmenge P(M) einermenge M ist, dass die leere Menge und die gesamte Menge M als Teilmengen von M vergessen werden. Es gilt stets P(M), M P(M). 0
11 . Mengenalgebra. Mengenalgebra Wir betrachten nun gewissen Grundoperationen beim Arbeiten mit Mengen. Definition.8. Die Vereinigung A B von A und B ist die Menge, die aus allen Elementen von A und allen Elementen von B besteht, A B := {x x A x B}. A B Beispiel.9. Es seien A = {,,4}, B = {,}, C = {,5}. Dann gelten A B = {,,,4}, B C = {,,5}, A C = {,,,4,5}. Definition.0. Der Durchschnitt A B von A und B ist die Menge, die aus allen Elementen besteht, die sowohl zu A als auch zu B gehören: A B := {x x A x B}. A B Beispiel.. Es seien A = {,,,4}, B = {,4,5}, C = {5}. Dann gelten A B = {,4}, B C = {5}, A C =. Definition.. Die Differenz A\B von A und B ist die Menge, die aus allen Elementen von A besteht, die nicht Element von B sind: A \ B := {x x A x B}. A B Beispiel.. Es seien A = {,,,4}, B = {,4,5}, C = {5}. Dann gelten A \ B = {,}, A \ C = A, C \ B =. Definition.4. Die symmetrische Differenz A B ist die Menge, aller der Elemente, die entweder zu A oder zu B gehören, A B := {x (x A x B) (x B x A)} = (A \ B) (B \ A) = (A B) \ (A B). A B Beispiel.5. Es seien A = {,,}, B = {,4,5}, C = {4,5,6}. Dann gelten A B = {,,4,5}, A C = {,,,4,5,6}, B C = {,6}. Definition.6. Zwei Mengen heißen disjunkt oder durchschnittsfremd, wenn ihr Durchschnitt die leere Menge ist.
12 Mengen und Funktionen.. Komplement Definition.7. Seien M und A Mengen mit A M. Dann heißt C M A := M \ A Komplement von A bezüglich M. Es gilt: C M (C M A) = A, C M = M, C M M =. Beispiel.8. Es seien M = {,,,4,5}, N = {0,,,,...} und B = {,}. Dann gelten C M B = {,4,5}, C N B = {n N n }. Bemerkung.9. Wenn M durch den Kontext fest gewählt ist, schreibt man auch anstelle von C M A. CA oder A c.. Regeln für das Rechnen mit Mengen Für Mengen A, B, C, M gelten u.a. folgende Eigenschaften: A B A A B, A = A, A =, A A = A A = A. Kommutativgesetze: A B = B A, A B = B A. Assoziativgesetze: Distributivgesetze: A (B C) = (A B) C, A (B C) = (A B) C. A (B C) = (A B) (A C), A (B C) = (A B) (A C). A \ (B C) = (A \ B) (A \ C), A \ (B C) = (A \ B) (A \ C). Für A M, B M gelten die De Morgansche Regeln: C M (A B) = C M A C M B, C M (A B) = C M A C M B. Der Beweis dieser Eigenschaften erfolgt durch direktes Überprüfen der Teilmengenbeziehungen durch Umformung der Prädikate unter Verwendung der logischen Umformungsregeln, z. B.: A B = {x: (x A x B)} = {x: (x B x A)} = B A.
13 . Kartesisches Produkt und Relationen.. Mengenfamilien Die Vereinigung (bzw. der Durchschnitt) von je zwei (und damit endlich vielen) Mengen lässt sich verallgemeinern: Definition.0. Es sei I eine Indexmenge und (A i ) i I eine Familie von Teilmengen von M. Dann definieren wir A i := {x M i I : x A i }, A i := {x M i I : x A i }. i I Die Menge i I A i heißt der Durchschnitt und die Menge i I A i die Vereinigung der Mengen A i. Für A i M für i I und dem Komplementen bezüglich M gelten: i I ( ) c A i = A c i, i I i I ( i I A i ) c = i I A c i. Beispiel.. Es seien N = {0,,,...}, A n := {k N: k n} = {n, n +,...} für n N. Dann gelten A 0 A A... A n und daher Weiter gelten A 0 A A... A n = A n =, n N i={0,,...n} A i =: A n = N. n N n A i = A n. i=0. Kartesisches Produkt und Relationen Definition.. Es seien X und Y Mengen. Dann heißt (x,y) mit x X und y Y ein geordnetes Paar aus X und Y (in dieser Reihenfolge). Die Menge aller geordneten Paare X Y := {(x,y) x X y Y } von X und Y heißt kartesisches Produkt von X und Y.
14 Mengen und Funktionen Beispiel.. Es seien X = {a,b}, Y = {,,}. Dann gilt X Y = {(a,),(a,),(a,),(b, ),(b,),(b,)}. Man beachte, dass X, Y und X Y hier, bzw. = 6 Elemente besitzen. Definition.4. Ähnlich definiert man das kartesische Produkt von endlich vielen Mengen X, X,..., X n durch X X X n = n X i := {(x,x,...,x n ) x i X i für i n}. i= Stimmen die Mengen X i überein, d. h. gilt X i = X für i =,...,n, so schreibt man X n := n X i. i= Beispiel.5. Es seien X = X = X = X = {a,b}. Dann gilt X = {a,b} = {(a,a,a),(a,a,b),(a,b, a),(a,b, b),(b, a, a),(b, a, b),(b, b,a),(b, b,b)}. Definition.6. Es seien X, Y Mengen. Eine Teilmenge r von X Y heißt Relation zwischen X und Y. Bemerkung.7. Relation heißt Beziehung. Eine Relation zwischen X und Y gibt also eine Beziehung zwischen Elementen von X und Elementen von Y an. Bemerkung.8. Häufig betrachtete Relationen sind Ordnungsrelationen, Äquivalenzrelationen und Abbildungen (Funktionen). Bemerkung.9. Es gibt viele Möglichkeiten, Relationen zu notieren, zum Beispiel: Nennen aller Paare in der Relation in Mengenschreibweise, Nennen aller Paare in der Relation in tabellarischer Schreibweise, Kennzeichnen aller Paare in der Relation durch Punkte in einem Koordinatensystem. 4
15 .4 Abbildungen und Funktionen.4 Abbildungen und Funktionen.4. Abbildungsbegriff Wir beginnen mit Begriffen zu Relationen, welche insbesondere für Abbildungen und Funktionen wichtig sind. Definition.40. Eine Relation r X Y heißt rechtseindeutig, wenn zu jedem x X höchstens ein y Y mit (x,y) r gehört, x X y,y Y : (x,y ) r (x,y ) r = y = y. Sie heißt linkseindeutig, wenn zu jedem y Y höchstens ein x X mit (x,y) r gehört, x,x X y Y : (x,y) r (x,y) r = x = x. Sie heißt linkstotal, wenn für jedes x X ein y Y existiert mit (x,y) r, x X y Y : (x,y) r. Sie heißt rechtstotal, wenn für jedes y Y ein x X existiert mit (x,y) r, y Y x X : (x,y) r. Beispiel.4. Es seien X = {,,} und Y = {,,}. Die Relation mit den Darstellungen (, ) (, ) (, ) (, ) (, ) (, ) r = {(,),(,),(,),(,),(,),(,)} x y ist weder rechts- noch linkseindeutig. Sie ist rechtstotal und linkstotal. Sie stellt die - Relation auf {,,} dar. Beispiel.4. Es seien X = {,,} und Y = {,}. Die Relation mit den Darstellungen r = {(,),(,),(,)} 5
16 Mengen und Funktionen (, ) (, ) (, ) x y ist rechtstotal aber nicht linkstotal. Sie ist weder links- noch rechtseindeutig. Beispiel.4. Es seien X = {,,} und Y = {,}. Die Relationen mit den Darstellungen r = {(,),(,),(,)}, r 4 = {(,),(,)} (, ) (, ) (, ) x y (, ) (, ) x y sind beide rechtstotal und rechtseindeutig. Die Relation r ist linkstotal, aber nicht linkseindeutig. Die Relation r ist hingegen linkseindeutig, aber nicht linkstotal. Bemerkung.44. Wenn eine Relation r X Y rechtseindeutig ist und (x,y) r gilt, so stehen x und y nicht nur bezüglich dieser Relation r in Beziehung, sondern zu diesem x gehört nur dieser eine Wert y. Dies kann daher interpretiert werden als: Durch die Relation r wird dem Wert x der Wert y zugeordnet. Definition.45. Es seien X, Y Mengen. Eine rechtseindeutige Relation f X Y heißt Abbildung oder Funktion aus X in Y. Bemerkung.46. Wir haben hier den Begriff Funktion oder Abbildung ohne Rückgriff auf Zuordnung definiert: Zuordnung ist auch nur ein Synonym für Abbildung. 6
17 .4 Abbildungen und Funktionen Bemerkung.47. Mathematisch gesehen sind Abbildung und Funktion Synonyme. Andererseits wird Abbildung auch im allgemeinerem Sinne (z. B. geometrische Abbildungen ) und Funktion im spezielleren Sinne für Abbildungen aus einem Zahlenbereich in einem Zahlenbereich verwendet. Beispiel.48. Von den Relationen r, r, r, r 4 aus den Beispielen.4,.4 und.4 sind nur r und r 4 Abbildungen, da nur diese rechtseindeutig sind. Bemerkung.49.. Bei Abbildungen schreibt man anstelle von (x,y) f kürzer y = f(x) mit der Interpretation, dass durch f dem Argument x X dieses y Y als Funktionswert zugeordnet wird oder x auf y abgebildet wird.. Unterscheide zwischen der Funktion f und einem Funktionswert f(x). Definition.50. Es sei f eine Abbildung aus X in Y. Dann heißen D(f) = {x X y Y : y = f(x)}, W(f) = {y Y x X : y = f(x)} Definitionsbereich bzw. Wertebereich von f. Die Menge heißt Graph von f. graph(f) = {(x,f(y)) x D(f)} = f Bemerkung.5.. Zur vollständigen Beschreibung einer Abbildung f aus X in Y müssen X, Y und die Relation f angegeben werden. Damit sind D(f) und W(f) schon festgelegt. Der Graphgraph(f) stimmt als Menge mit der Relationf überein, enthält aber nicht mehr die volle Information über X und Y.. Man schreibt f : X D(f) Y für eine Abbildung aus X in Y mit dem Definitionsbereich D(f). Definition.5. Zwei Funktionen f aus X in Y und g aus V in W heißen genau dann gleich, wenn X = V, Y = W und f = g gelten. Beispiel.5. Für die Funktionen r, r 4 aus Beispiel.4 gelten D(r ) = {,,} = X, W(r ) = Y, D(r 4 ) = {,} X, W(r 4 ) = Y. Offenbar sind r und r 4 verschieden. 7
18 Mengen und Funktionen Beispiel.54. Die Funktionen f aus X = R in Y = R und g aus U = R 0 in V = R 0 mit sind verschieden. f = {(x,y) x R y = x }, g = {(x,y) x R 0 y = x } Die Funktion f ist linkstotal aber weder rechtstotal noch linkseindeutig. Die Funktion g ist linkstotal und rechtstotal sowie linkseindeutig und, da sie eine Funktion ist, rechtseindeutig. Definition.55. Wenn f eine linkstotale Abbildung aus X in Y ist, so gilt D(f) = X und man nennt f eine Abbildung von X in Y und schreibt f : X Y. Wenn f eine rechtstotale Abbildung aus X in Y ist, so gilt W(f) = Y und man nennt f eine Abbildung aus X auf Y oder eine surjektive Abbildung oder Funktion. Bemerkung.56. Häufig werden Funktionen nur als linkstotale, rechtseindeutige Relation definiert. Die Funktion f : R D(f) R mit f(x) = lnx für x D(f) = R >0 ist im üblichen Sprachgebrauch aber eine Funktion einer reellen Variablen, d. h. eine Funktion aus R in R, obwohl ihr Definitionsbereich nur die Menge der positiven reellen Zahlen ist. Würde man nur linkstotale Funktionen betrachten, müsste man sie eine Funktion einer positiven reellen Variablen nennen. Definition.57. Wenn f eine linkseindeutige Funktion aus X in Y ist, so man nennt f eineindeutig oder injektiv. Bemerkung.58. Eine linkseindeutige Funktion ist nach Definition von Funktion stets auch rechtseindeutig. Dieses zweifache ein in rechts-ein-deutig und links-ein-deutig führt zu ein-ein-deutig..4. Verkettung von Funktionen Definition.59. Es seif eine Funktion ausx iny. SeienU undv Mengen. Dann heißen f(u) = {f(x) x U D(f)}, f (V ) = {x x D(f) f(x) W } Bild von U bzw. Urbild von V unter f. 8
19 .4 Abbildungen und Funktionen Beispiel.60. Es seien X = {,,,4,5,6}, Y = {,,,4,5} und f = {(,),(,4),(,),(4,5)}. Dann gelten D(f) = {,,,4}, W(f) = {,4,5}, f({,,7}) = {,4}, f ({,4,6}) = {,}. Definition.6. Es seien f : X D(f) Y und g: U D(g) V zwei Funktionen. Die durch (g f)(x) = g(f(x)) für x D(g h) := f (D(g)) definierte Funktiong f heißt Verkettung, Komposition oder Hintereinanderausführen von g und f. Bemerkung.6.. Der Definitionsbereich D(g f) besteht somit aus den Elementen von D(f), die durchf in den DefinitionsbereichD(g) vong abgebildet werden. WennW(f) und D(g) disjunkt sind, dann ist der Definitionsbereich D(g f) von g f leer.. In der Regel sind g f und f g nicht gleich.. Die Verkettung ist assoziativ: Es gilt h (g f) = (h g) f. 4. Die Verkettung von Funktionen darf nicht mit der Multiplikation von Funktionen verwechselt werden. Bemerkung.6. g f wird als g verkettet mit f oder g Kringel f gelesen. Beispiel.64. Es seien f : R D(f) R, g: R D(g) R mit f(x) = x für x D(f) = R 0 und g(x) = sinx für x D(g) = R. Dann gelten (g f)(x) = sin( x) für x D(g f) = f (D(g)) = f (R) = D(f) = R 0, (f g)(x) = sinx für x D(f g) = g (D(f)) = g (R 0 ) = k Z[kπ,(k + )π]. Bemerkung.65. Wenn f : X D(f) Y links- und rechtstotal ist, D(f) = X und W(f) = Y, und wenn g: Y D(g) Z linkstotal ist, D(g) = Y, dann gilt D(g h) = X. 9
20 Mengen und Funktionen Beispiel.66. f : R R sei gegeben durch f(x) = x, g : R R sei gegeben durch g(x) = x +. Dann gelten (g f)(x) = g(f(x)) = g(x ) = (x ) + = x für x D(g f) = R, (f g)(x) = f(g(x)) = f(x + ) = (x + ) = x + für x D(f g) = R..4. Umkehrabbildung Durch Abbildungen f : X D(f) Y können verschiedenste Vorgänge modelliert werden. Eine Interpretation ist, dass aus den Eingangsgrößen aus X durch die Abbildung f Ausgangsgrößen aus Y erzeugt werden. Es entsteht dann die Frage, ob man zu einem gewünschtem Ausgang y 0 einen entsprechenden Eingang x 0 mit y 0 = f(x 0 ) bestimmen kann. Ein Idee dazu ist, die Wirkung von f umzukehren: Angenommen, es gäbe eine Umkehrabbildung f zu f mit f (f(x 0 )) = x 0, dann ergäbe sich x 0 = f (y 0 ). Wir benötigen dazu, dass f eine Abbildung ist, die mindestens auf W(f) oder besser auf Y definiert ist. Definition.67. Die Abbildung id X : X X mit id X (x) = x für x X heißt die Identität (oder auch: identische Abbildung) auf X. Seinunf : X D(f) Y. Wirfragenuns, unterwelchenbedingungenanf eine Abbildung g von Y nach X existiert mit g f = id X. Eine solche Abbildung macht die Wirkung von f auf X rückgängig. Definition.68. Eine Abbildung f : Y D(f ) X mit heißt Umkehrabbildung zu f. f f = id X und f f = id Y Betrachten wir f X Y als Relation, so ist die Umkehrelation f Y X trivial definiert durch f := {(y, x) (x,y) f}, also durch einfaches Umkehren der Paare inf. Insbesondere kann es nur eine Umkehrabbildung geben. Wegen X = D(id X ) = D(f f) D(f) X muss D(f) = X gelten, f muss also linkstotalsein. Zuklärenist nurnoch, wanndie Relation f eine Abbildung, also rechtstotal ist: Da f durch Vertauschen der Reihenfolge in 0
21 .4 Abbildungen und Funktionen den Paaren aus f entsteht, ist f genau dann rechtstotal, linkstotal, rechtseindeutig bzw. linkseindeutig, wenn f linkstotal, rechtstotal, linkseindeutig bzw. rechtseindeutig ist. Die Abbildung f muss also linkseindeutig, also injektiv sein. Als Abbildung ist f auch rechtseindeutig. Wegen Y = D(id Y ) = D(f f ) D(f) Y muss f auch rechtstotal, also surjektiv sein. Wir definieren daher: Definition.69. Eine Abbildung f aus X in Y heißt bijektiv oder Bijektion, wenn sie linkstotal, surjektiv und injektiv ist, d.h., wenn sie links- und rechtstotal, links- und rechtseindeutig ist. Bemerkung.70. Die identische Abbildung id X : X X ist eine Bijektion und für jede Abbildung f : X D(f) Y gilt f id X = f = id Y f. Satz.7. Wenn f : X Y bijektiv ist, so existiert die Umkehrabbildung f : Y X zu f. Ist f : X Y nämlich bijektiv, so ist f links- und rechtstotal, links- und rechtseindeutig und die Relation f ist entsprechend rechts- und linktstotal, rechts- und linkseindeutig, also eine Bijektion von Y auf X. Beispiel.7. Es seien X = Y = {,,,4} und f = {(,),(,),(,4),(4,)}. Dann ist f eine Bijektion von X auf Y und es gilt f = {(,),(,),(4,),(,4)} = {(,),(,4),(,),(4,)}. Beispiel.7. Es sei f : R R die durch f(x) = x+ für x R definierte Funktion. Dann ist f linkstotal und rechtseindeutig. Für jedes y R gibt es genau ein x R mit f(x) = y: Aus y = x + folgt x = y und weiter x = (y ). Folglich ist f auch linkseindeutig (injektiv) und rechtstotal (surjektiv) und somit bijektiv. Die Umkehrabbildung f : R R ist gegeben durch f (x) = (x ) für x R.
22 Mengen und Funktionen Beispiel.74. Wieviel von einem Gut kaufen die Konsumenten, wenn ein bestimmter (Markt-) Preis gegeben ist? Die Nachfragemenge x eines Gutes ist abhängig vom Preis p. Wir betrachten eine lineare Nachfragefunktion D: [0,4] [0,] (D wie demand = Nachfrage ) mit D(p) = 0.5 p für p R. In Abhängigkeit vom Preis p erhalten wir durch D die Nachfrage x des Gutes Wie hoch ist nun der Preis p, wenn eine bestimmte Nachfrage x vorliegt? Sei x [0,] beliebig. Aus x = 0.5 p folgt ( x) = p [0,4]. Die Abbildung D ist folglich bijektiv mit der Umkehrabbildung D : [0,] [0,4], D (x) = 4 x.
23 .4 Abbildungen und Funktionen 4 0
24 Mengen und Funktionen Bemerkung.75. Viele Probleme lassen sich auf die Form f(x) = y bringen, wobei die Abbildung f : X D(f) Y und y Y vorgebenen sind und x X gesucht ist. Wenn f umkehrbar ist, ergibt sich x = f (x). Im Allgemeinen ist es keineswegs trivial, von einer Abbildung zu zeigen, dass sie bijektiv und daher umkehrbar ist. Noch problematischer ist, die Umkehrabbildung tatsächlich formelmäßig zu bestimmen. Vielfach versucht man daher mit Mitteln der Analysis die Existenz der Umkehrabbildung und Eigenschaften der Umkehrabbildung herzuleiten. Einige Hilfsmittel dazu werden wir in der Vorlesung kennenlernen. Das Berechnen geschieht dann meist nur numerisch. In anderen Fällen geht es darum, von einer Abbildung f : X D(f) R Maximal- bzw. Minimalstellen zu finden und dies eventuell zusätzlich noch unter Nebenbedingungen. Im ersten Teil der Vorlesung beschäftigen wir uns vorrangig mit linearen Problemen, bei denenf im gewissensinne linear ist. Hierfür könnenhilfsmittel derlinearenalgebragenutzt werden. Im zweitenteildervorlesungbeschäftigenwirunsauchmitnichtlinearenproblemen. Dafür benötigen wir Hilfsmittel der Analysis, konkret der Differentialrechnung. 4
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