Das Lösen linearer Gleichungssysteme

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Transkript:

Das Lösen linearer Gleichungssysteme Lineare Gleichungen Die Gleichung a 1 x 1 + a 2 x 2 +... + a n x n = b ist eine lineare Gleichung in den n Variablen x 1, x 2,..., x n. Die Zahlen a 1, a 2,..., a n werden Koeffizienten genannt e 3x 1 + 5x 2 x 3 + x 4 = 9 2a 5b 4c = 7 Eine lineare Gleichung darf keine Produkte, Quotienten, Potenzen oder andere nichtlineare Funktionen ihrer Variablen enthalten. Die folgenden Gleichungen sind nicht linear: 5x 1 x 2 + 3x 3 = 4 4x 2 1 + 3x 2 2 = 8 1/x 1 + 1/x 2 = 3 4 sin(x 1 ) + 3 cos(x 2 ) 2 tan(x 3 ) = 0 Lösungen Eine Lösung der linearen Gleichung a 1 x 1 + a 2 x 2 + + a n x n = b besteht aus den Zahlen s 1, s 2,..., s n mit der Eigenschaft, dass die Gleichung durch erfüllt wird. x 1 = s 1, x 2 = s 2,..., x n = s n Die lineare Gleichung 2x 1 x 2 = 4 hat z. B. die Lösungen x 1 = 3, x 2 = 2 x 1 = 1, x 2 = 2... wie man durch Einsetzen leicht überprüfen kann. 1

Lösungsmenge Die Gesamtheit aller Lösungen heisst Lösungsmenge der Gleichung. Ersetzt man in der Gleichung 3x 1 2x 2 + x 3 = 5 die Variablen x 1 und x 2 durch zwei beliebige Zahlen s 1 und s 2, so lässt sich die Gleichung nach der letzten Variablen x 3 auflösen: 3s 1 2s 2 + x 3 = 5 x 3 = 5 3s 1 + 2s 2 Dadurch ist die Lösungsmenge eindeutig bestimmt: L = {(s 1, s 2, 5 3s 1 + 2s 2 ): s 1 R, s 2 R} Lineares Gleichungssystem Eine endliche Menge linearer Gleichungen in den Variablen x 1, x 2,..., x n heisst lineares Gleichungssystem (LGS). Formal: a 1,1 x 1 + a 1,2 x 2 +... + a 1,n x n = b 1 a 2,1 x 1 + a 2,2 x 2 +... + a 2,n x n = b 2... =... a m,1 x 1 + a m,2 x 2 +... + a m,n x n = b m Der erste Index (1, 2,..., m) bezeichnet die Nummer der Gleichung bzw. der Konstanten rechts. Der zweite Index (1, 2,..., n) bezeichnet die Nummer des Koeffizienten bzw. der Variablen. e (3 Gleichungen mit 3 Unbekannten) 2x 1 + x 2 3x 3 + x 4 = 5 3x 1 x 2 + 2x 3 6x 4 = 1 (2 Gleichungen mit 4 Unbekannten) Ein LGS muss nicht gleich viele Gleichungen wie Variablen haben. 2

Lösung eines LGS Eine Lösung des obigen LGS besteht aus den Zahlen s 1, s 2,..., s n mit der Eigeschaft, dass alle Gleichungen durch x 1 = s 1, x 2 = s 2,..., x n = s n erfüllt werden. Durch Einsetzen kontrolliert man, dass x 1 = 2, x 2 = 0 und x 3 = 1 Lösungen des obigen LGS sind. 3 2 + 2 0 4 1 = 2 2 + 5 0 + 1 = 3 2 0 + 4 1 = 4 Aquivalenzumformungen Eine Äquivalenzumformung ist eine Umformung, welche die Lösungsmenge einer Gleichung nicht verändert. Zur Lösung eines LGS genügen die folgenden drei Typen von Äquivalenzumformungen: Das Vertauschen von zwei Gleichungen, Das Multiplizieren einer Gleichung mit einer Zahl, die verschieden von Null ist, Das Addieren eines Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen. e Vertauscht man im LGS z. B. die erste und zweite Zeile, so erhält man Die Lösungsmenge L = {(2, 0, 1)} bleibt natürlich unverändert. Multipliziert man im LGS 3

die zweite Zeile z. B. mit 5, so erhält man: 5x 1 + 25x 2 + 5x 3 = 15 Die neue zweite Zeile hat immer noch die Lösung x 1 = 2, x 2 = 0 und x 3 = 1. Multipliziert man im LGS die erste Zeile z. B. mit 3 und addiert das Ergebnis zur dritten Zeile, so erhält man: 9x 1 + 4x 2 8x 3 = 10 Die neue dritte Zeile hat immer noch die Lösung x 1 = 2, x 2 = 0 und x 3 = 1. Die Koeffizientenmatrix eines LGS Das Gleichungssystem a 1,1 x 1 + a 1,2 x 2 +... + a 1,n x n = b 1 a 2,1 x 1 + a 2,2 x 2 +... + a 2,n x n = b 2... =... a m,1 x 1 + a m,2 x 2 +... + a m,n x n = b m kann als Koeffizientenmatrix vereinfacht dargestellt werden: a 1,1 a 1,2... a 1,n b 1 a 2,1 a 2,2... a 2,n b 2............... a m,1 a m,2... a m,n b m Eine Matrix ist ein rechteckiges Zahlenschema. Das LGS hat die Koeffizientenmatrix 3 2 4 2 Für fehlende Koeffizienten schreibt man eine Null. Subtraktionen stellt man durch negative Koeffizienten dar. 4

Der Gauss-Algorithmus (1) Gehe von links her zur erste Kolonne, die nicht nur aus Nullen besteht. Sorge durch eine Zeilenvertauschung und/oder eine Zeilenmultiplikation dafür, dass in der 1. Zeile eine 1 steht (Pivot-Element). (2) Addiere Vielfache der ersten Zeile zu den darunter liegenden Zeilen, so dass alle Elemente unter dem Pivot-Element null werden. (3) Streiche in Gedanken die erste Zeile und dann die die links darunter stehenden Kolonnen die nur Nullelemente enthalten. Wiederhole mit dem Rest der Matrix die Schritte (2) und (3) so lange, bis du am unteren oder am rechten Rand der Matrix angekommen bist. Die Koeffizientenmatrix hat dann Zeilenstufenform. Koeffizentenmatrix des ursprünglichen LGS: 3 2 4 2 Vertausche die erste und zweite Zeile: 3 2 4 2 Addiere das ( 3)-fache der ersten Zeile zur zweiten: 0 13 7 7 Vertausche die zweite und dritte Zeile: 0 13 7 7 Multipliziere die zweite Zeile mit 1/2: 0 13 7 7 Addiere das 13-fache der zweiten zur dritten Zeile: 0 0 33 33 5

Multipliziere die dritte Zeile mit 1/33: Zeilenstufenform Der Gauss-Jordan-Algorithmus (1) Führe, wie oben beschrieben, den Gauss-Algorithmus durch. (2) Gehe in der untersten Zeile, die nicht nur aus Nullen besteht, von links her zur erste Kolonne mit einer 1 (Pivot-Element). (3) Addiere Vielfache dieser Zeile zu den darüber liegenden Zeilen, so dass alle Elemente über dem Pivot-Element null werden. (4) Streiche in Gedanken die aktuelle Zeile. Wiederhole mit dem darüber liegenden Rest der Matrix die Schritte (2) und (3) so lange, bis du am oberen oder am linken Rand der Matrix angekommen bist. Die Koeffizientenmatrix hat dann reduzierte Zeilenstufenform. (fortgesetzt) Zeilenstufenform: Addiere das 2-fache der dritten Zeile zur zweiten Zeile und das ( 1)-fache der dritten Zeile zur ersten Zeile: 1 5 0 2 Addiere das ( 5)-fache der zweiten Zeile zur ersten Zeile: 1 0 0 2 reduzierte Zeilenstufenform Rücktransformation Stellt man die Zeilenstufenform einer Koeffizientenmatrix wieder als Gleichungssystem dar, lässt sich die Lösung direkt ablesen. Im : 1 0 0 2 x 1 = 2 x 2 = 0 x 3 = 1 6

Spezialfall: keine Lösung LGS hat nach dem Gauss-Jordan-Algorithmus: 1 0 0 0 0 0 0 1 x 1 = 0 x 2 = 0 0 = 1 An der untersten Gleichung erkennt man, dass das LGS nicht erfüllbar ist und daher keine Lösung hat. L = {} Spezialfall: unendlich viele Lösungen LGS nach dem Gauss-Jordan-Algorithmus: 1 0 4 1 0 1 1 2 0 0 0 0 x 1 + 4x 3 = 1 x 2 x 3 = 2 0 = 0 x 1 = 1 4x 3 x 2 = 2 + x 3 Das bedeutet, dass für x 3 eine beliebige reelle Zahl gewählt werden kann. Das Gleichungssystem hat also unendlich viele Lösungen: L = {(1 4x 1, 2 + x 3 ): x 3 R} 7