Übungen Theoretische Physik I (Mechanik) Blatt 9 (Austeilung am: 1.9.11, Abgabe am 8.9.11) Hinweis: Kommentare zu den Aufgaben sollen die Lösungen illustrieren und ein besseres Verständnis ermöglichen. Sie sind jedoch nicht als (zusätzliche) Aufgabe zu verstehen. Beispiel 1:Der Runge-Lenz Vektor [ Punkte] Wir betrachten die Relativbewegung zweier durch die Gravitation wechselwirkender Massen und, die Gravitationskonstante sei. Die Bewegungsgleichung lautet daher mit der reduzierten Masse = 3 Zeigen Sie, dass der sog. Runge-Lenzvektor eine Erhaltungsgröße ist ( = ), A = wobei = der (erhaltene) Drehimpuls ist. 1 ( + ) Kommentar: Die Erhaltung dieses Vektors tritt nur beim 1-Potenzial auf und ist der tiefere Grund dafür, dass die Planetenbahnen geschlossene Bahnen sind. Die Bewegungsgleichung hat die Form = 3 = + Zunächst gilt Außerdem gilt 1 = 1 = 1 = 3 ³ =( ) ( ) =( ) Wegen =folgt für den Runge-Lenz Vektor 1 Ȧ = + ( + ) 3 = 1 3 + ³ 3 = 1 3 ³ = 1 3 h( ) + ³ 3 i + ³ 3 = 1
Beispiel : Zeit- und geschwindigkeitsabhängige Kräfte [ Punkte] Gegeben sei die zeitabhängige Lagrangefunktion =e µ, (a) Bestimmen Sie alle kanonischen Impulse. Gibt es zyklische Koordinaten? (b) Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung. Was für ein physikalisches System wird dadurch beschrieben? (a) Der kanonische Impuls lautet = 1 = e Da explizit die Variable enthält, gibt es keine zyklische Koordinate und daher keinen erhaltenen Impuls. (b) Mit erhalten wir die Bewegungsgleichung 1 = e 1 1 = e + e + e = = + + = Dies ist die Bewegungsgleichung für den gedämpften, harmonischen Oszillator. Sie kann gelöst werden durch den Ansatz () = exp was zu den allgemeinen Lösungen führt r 4 () = 1 exp 1 + exp, 6= () =( + )exp r 4, = Beispiel 3: Trägheitstensor [3 Punkte] Gegeben sei ein homogener Würfel mit Kantenlänge und Gesamtmasse. Die Koordinaten des Würfels umfassen den Bereich,,, Berechnen Sie alle Komponenten des Trägheitstensors Θ, den Drehimpuls und die kinetische Energie für eine Drehung um den Ursprung mit dem Winkelgeschwindigkeitsvektor =( ).
Für den Trägheitstensor gilt Z Θ = = Z Die Massendichte ist = 3 () 3 Dies ergibt Θ = Z Θ = Θ = Z Z = Θ = Θ Z Z + = 3 = Θ = Θ Z ( ) = 4 = Θ = Θ Daraus erhalten wir = ˆΘ mit ˆΘ 3 1 4 1 4 = 1 4 3 1 4 1 4 1 4 3 = 1 6 = 1 ˆΘ = 1 31 6 = 1 4 Beispiel 4: Rollender Zylinder in Zylinder [3 Punkte] Ein homogener Zylinder (Gesamtmasse, Radius, Trägheitsmoment bzgl. seiner Symmetrieachse Θ = ) rollt ohne Schlupf unter dem Einfluss der Schwerkraft auf der Innenseite eines festen Zylinders. Der innere Radius dieses festen Zylinders ist. Bestimmen Sie die kinetische Energie des rollenden Zylinders als Funktion von. Dabei ist der Winkel zwischen der festen vertikalen Achse und der Verbindungslinie zwischen den Mittelpunkten der beiden Zylinder (siehe Abbildung). 3
Hilfe: Überlegen Sie zuerst die Bahngeschwindigkeit des Schwerpunkts des rollenden Zylinders als Funktion von. Überlegen Sie dann mittels der Rollbedingung den Zusammenhang von mit der Winkelgeschwindigkeit der Drehung des rollenden Zylinders um seinen Schwerpunkt. Beachten Sie dann, dass die gesamte kinetische Energie die Summe aus Schwerpunkts- und Rotationsbewegung um den Schwerpunkt ist. Die Schwerpunktsgeschwindigkeit beträgt = ( ), und die Winkelgeschwindigkeit ergibt sich aus der Rollbedingung Rollbedingung: = Kinetische Energie der Schwerpunktsbewegung: = 1 Kinetische Energie der Rotationsbewegung: = 1 Θ = + = 1 + 1 Θ = ( ) + 1 ( ) = 3 4 ( ) Die Rollbedingung ist am einfachsten zu verstehen, wenn man den Grenzfall betrachtet und sich vorstellt, dass die Innenseite des großen und die Außenseite den kleinen Zylinders mit Zahnrädern besetzt ist, die ein Rutschen verhindern. Dann ist anschaulich klar, dass sich der Auflagepunkt zwar um ändern kann, aber der innere sich gegen das Inertialsystem praktisch überhaupt nicht mehr bewegt, also geht, statt sich auch um dreht. Für beliebiges ist die Rollbedingung nicht sofort anschaulich, aber man muß berücksichtigen, dass selbst bei reinem Gleiten ohne Rollen sich der Auflagepunkt ändert; und genau diese Winkeländerung in muss man beim Rollen berücksichtigen und führt zu dem Term statt nur. Eine weitere (allerdings auch nicht anschauliche) Möglichkeit, die Rollbedingung zu beweisen, ist Impuls- und Energieerhaltung zu nutzen, indem man eine Bewegung betrachtet, die in dem linken Teil des Halbzylinders beginnt und dann in eine Gerade übergeht. Beispiel 5: Hängender Halbzylinder [3 Punkte] Ein homogener Halbzylinder (Höhe, Radius, Gesamtmasse ) dreht sich im homogenen Schwerefeld um eine feste Achse, die mit der Symmetrieachse des Zylinders zusammenfällt (siehe Skizze). Wir wählen den Punkt als Ursprung des Koordinatensystems. Der Halbzylinder erstreckt sich jeweils um in die Papierebene hinein bzw. aus der Papierebene heraus. 4
(a) Berechnen Sie den (körperfesten!) Schwerpunkt des Halbzylinders. Der Schwerpunkt ist allgemein definiert als = 1 Z () 3 Warum ist nur seine -Komponente ungleich Null? Was ist in dem Fall? (b) Bestimmen Sie das Trägheitsmoment Θ = Θ für Drehungen um die Achse. (c) Bestimmen Sie die Lagrangefunktion und die Bewegungsgleichungen. Mit welcher Frequenz pendelt der Halbzylinder, wenn der Winkel 1 (d.h. sin )ist? (a) Die Massendichte ergibt sich aus = Die Schwerpunktskoordinaten sind dann = 1 Z = Z Z sin = 3 3 = 4 3 = 1 Z =(Symmetrie um Ursprung) = 1 Z =(Symmetrie um Ursprung) (b) Die Komponente desträgheitstensors Θ = Θ ist Z Θ = + Z Z = 3 = 4 4 = 5
(c) Es folgt = Θ = Θ = cos = = Θ + 4 cos 3 Es folgen die Lagrangegleichungen und die Frequenz Beispiel 6: Drehende Scheibe [3 Punkte] = Θ + 4 sin = 3 = 4 8 sin = 3 3 sin sin + = = r 8 3 Eine kreisförmige Scheibe mit Radius Gesamtmasse, und Trägheitsmoment Θ = 1 dreht sich um seine feste horizontale Symmetrieachse. Über die Scheibe läuft ohne Schlupf ein masseloses Seil der Länge. An den Seilenden sind die Massen 1 und befestigt (siehe Skizze). Das System steht unter dem Einfluss der Schwerkraft. (a) Bestimmen Sie die Lagrange-Funktion und wählen Sie dabei zunächst 1 und als generalisierte Koordinaten. (b) Eliminieren Sie aufgrund der Zwangsbedingungen die Variablen and. Achten Sie dabei auf die Vorzeichen. (c) Bestimmen Sie die Lagrange-Funktion ( 1 1 ) und daraus die Bewegungsgleichung und geben Sie ihre allgemeine Lösung an. 6
(a) Wir bekommen für kinetische und potenzielle Energie und damit für den Lagrange (b) Die Zwangsbedingungen sind = 1 1 + + Θ (1) = 1 1 () = 1 1 + + Θ + 1 1 + (3) = 1 (eigentlich +const 1 ) (4) 1 =. (5) (c) und wir erhalten = 1 µ 1 + + Θ 1 +( 1 ) 1 +const = 1 µ 1 + + 1 +( 1 ) 1 +const Die Bewegungsgleichung ist daher µ 1 + + 1 =( 1 ) = 1 = ( 1 ) 1 + + eff was einfach dem freien Fall entspricht, 1 () = 1 () + 1 () + eff Beispiel 7: Drehende Scheibe auf Pendel [3 Punkte] Betrachten Sie ein ebenes Pendel, das aus einer massenlosen Stange der Länge und einer Scheibe der Gesamtmasse und Radius besteht, die am Ende der Stange in ihrem Mittelpunkt fixiert ist. Die Stange erlaubt Schwingungen in der Ebene und die Scheibe kann sich um ihre Symmetrieachse (die senkrecht zur Schwingungsebene liegt) drehen (siehe Skizze). 7
(a) Bestimmen Sie die Lagrangefunktion ( ) (b) Bestimmen Sie die beiden Bewegungsgleichungen. wenn der Winkel 1 (d.h. sin )ist? Mit welcher Frequenz pendelt die Scheibe, (a) = cos = 1 + 1 µ 1 = = 1 + cos + 1 µ 1 (b) = = 1 = = = + sin = sin r + sin = = 8