der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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1 Deutscher Bundestag Drucksache 16/ Wahlperiode Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Diaspora Potenziale von Migrantinnen und Migranten für die Entwicklung der Herkunftsländer nutzen Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: ÜberJahrzehntewurdedieAbwanderungvonArbeitskräften besondersvon Hochqualifizierten ausentwicklungsländernalsverlustvonknappenressourcenundbestenköpfen (BrainDrain)gesehen.BrainDrainistauchweiterhineinerheblichesProblem.EinbesorgniserregendesBeispielistdieAbwanderungvonausgebildetemmedizinischemPersonalausAfrika,hauptsächlich nach Großbritannien, Kanada und in die USA. GleichwohlrückeninjüngererZeitimmermehrkonkreteBeispieleindenVordergrund,diebelegen,dasszahlreicheLänderaufvielfältigeWeisevonder Diaspora,d.h.denpositivenRückwirkungenderMigrantenaufihreHerkunftsländer,profitieren.WennMigrantendurchRücküberweisungen,dieAnbahnungvonGeschäftsbeziehungen,InvestitionenundKnow-how-Transferzur wirtschaftlichenentwicklungihrerherkunftsländerbeitragen,werdenverluste durchabwanderndearbeitskräfteschnellumeinvielfacheskompensiert.positiveeffektekönnensichdabeisowohlfürdaszuwanderungslandalsauchfür dasherkunftslandergeben.sohatdieweltbankinihremberichtvon2006 GlobalEconomicProspects,EconomicImplicationsofRemittancesandMigration (GEP2006) aufdiewachsendebedeutungdermigrationundder RücküberweisungenvonMigrantenfürdieBekämpfungderArmuthingewiesen.MigrationundÜberweisungenandieHerkunftsländersinddabeikeinErsatzfürdiewirtschaftlicheEntwicklungindenLändern.Siesindabermehrund mehr eine wichtige Ergänzung für die ökonomische Entwicklung. ZudemhatdiepolitischeRollevonDiaspora-Gemeinschaftensowohlinden EinwanderungsländernalsauchinihrenHerkunftsländernindenletztenJahren starkzugenommen.unterschätztwerdendaspotenzialderkulturellenverständigungunddiebrückenfunktion,diemigrantenindergesellschafteinnehmen können.migrantensindinwachsendemumfangteileinerjedengesellschaft und werden es bleiben. Etwa200MillionenMenschenlebenzurzeitalsMigranteninderDiaspora. DabeiistMigrationeinglobalesPhänomen.SowohlIndustrie-alsauchEntwicklungsländer schickenunderhalten Migranten.Seit1975istdieZahlum eindrittelauffast3prozentderweltbevölkerunggewachsen.diesezahlwird infolgedemographischerentwicklungen,globalenwirtschaftsaustauschsund vereinfachtertransportmöglichkeitenzukünftigweiterzunehmen.imjahr 2050werdennachSchätzungenderInternationalenOrganisationfürMigration
2 Drucksache 16/ Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 230MillionenMenschennichtinihremHeimatlandleben.Parallelwirddie ZahlderMenschen,diezeitweiseinanderenLändernlebenundarbeiten,zunehmen. Esisterkennbar,dassdieWeiterentwicklungvonRegeln,NormenundInstitutionenzurSteuerungderMigrationeinezentraleHerausforderungdesnächsten Jahrzehntsseinwird.DieVereintenNationenhaben2004eineGlobaleMigrationskommission (GlobalCommissiononInternationalMigration)eingesetzt. DerimOktoberdesletztenJahresvorgelegteBerichtunternimmtdenVersuch einerumfassenden,kohärentenundglobalenantwortaufdiefragenundproblemederinternationalenmigration.auchaufeuropäischerebenewirdim LichtedemographischerVeränderungendieFrageeinergeregeltenMigration anbedeutunggewinnen.dieweltbanksprichtsichinihremobengenannten BerichtfürgesteuerteMigrationsprogrammederIndustrieländeraus.Diese solltenunteranderemauchdievergabekurzfristigerarbeitsvisafürweniger qualifizierte Migranten beinhalten. DieBedeutungderDiasporafürdiewirtschaftlicheEntwicklungvielerLänder istauchaufderebenederg8-staatenerkanntworden.dieseempfehlen,finanzielletransaktionenzwischenursprungs-undempfängerländernzuerleichternundformellefinanzsystemeinternationalzustärken.dieinternationalen Finanz-undEntwicklungsorganisationenwerdenaufgefordert,ihreArbeitzur VerbesserungvonÜberweisungsdienstleistungenzukoordinieren.InsbesonderesollendieKostenfürRücküberweisungen (remittances)gesenktwerden. Diesebetragenderzeitbiszu10oder15Prozent beigeringfügigenbeträgen sindineinzelfällensogarkostenbiszu30prozentderüberweisungssumme fällig.gelängeglobaleineverringerungaufinindustrieländernüblichekosten fürüberweisungen,würdedieseinenzusätzlichenmilliardenbetragfürdie wirtschaftlicheentwicklunggenerieren.initiativenderbritischenentwicklungsbehörde (DFID)unddervonderWeltbankgeleiteten Inter-AgencyRemittance Task Force gehen bereits in dieser Richtung. OffiziellmachtenÜberweisungenweltweitausdenDiasporeninihreHerkunftsländerlautWeltbankangaben2005ca.232Mrd.US-DollarproJahraus, wovonentwicklungsländer167mrd.us-dollarerhalten.dierücküberweisungssummeübersteigtdamitdieglobalenöffentlichenmittelderentwicklungszusammenarbeit (ODA)ummehralsdasDoppelte.DamitsindRücküberweisungennachdenDirektinvestitionendiezweitgrößteQuelleexterner FinanzierungfürEntwicklungsländer;fürdiemeistenEntwicklungsländersind siesogardiewichtigstequelleexternerzuflüsse. Süd-Süd -Finanzströme machen dabei immerhin 30 bis 40 Prozent aus. UndtrotzdieserbeeindruckendenZahlengehenunterschiedlicheOrganisationen (darunterdieiloundderiwf)davonaus,dassdiesummedertatsächlichenüberweisungennochum50bis250prozenthöherliegtalsdiederstatistischerfassten.dieseunterschätzungliegtdaran,dasseskeinsystemzur einheitlichenerfassungoderzuordnungderüberweisunggibt.auchhaben vielemigrantensowohlinursprungs-alsauchempfängerländernkeinenzugangzumformellenbankensystemundgreifendaheraufpersönlichenundinformellengeldtransferzurück,derjedochmithohenunsicherheitenbehaftet ist. WährendausländischeDirektinvestitioneninEntwicklungsländernstarken Schwankungenunterworfensind,wachsendieRücktransfersausdenDiaspora- Gemeindenschnellan.BeidenRücküberweisungenliegendieUSAundSaudi- ArabienanvordersterStelle.Mitca.8Mrd.US-DollarfolgenDeutschland,die SchweizundBelgien.MitdiesemGeldwerdennichtnurÜberlebenshilfeninnerhalbvonFamilienverbändengeleistet,sondernauchvielfältigeentwicklungsorientierteInitiativenunterstützt.DieunverhältnismäßighohenTransak-
3 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 3 Drucksache 16/1669 tionskostenderbankenentziehendabeienormesummen,dieanderweitigfür Investitionen und Konsum in den Herkunftsländern zur Verfügung stünden. UmKapitalrückflüssewirtschaftlichundfürEntwicklungszweckezunutzen, hateineganzereihevonentwicklungsländernanreizesowiespezielleinstrumenteundinstitutionengeschaffen.zujedemus-dollar,denmigrantenindie sozialeinfrastrukturderheimatgemeindeninvestieren,gibtdiemexikanische Regierung2US-Dollarzusätzlich.DerBundesstaatZacatecasunddieInteramerikanischeEntwicklungsbankstellenInfrastrukturundKreditefürMigrantenzurVerfügung,dieneueArbeitsplätzez.B.inderVerarbeitungvonAgrarprodukten schaffen. AuchdieG8-Staatenhabensichverpflichtet,inihrenLändernInitiativenzuergreifen,diezueinerdeutlichenReduzierungderÜberweisungskostenführen sollen.überdiekostensenkunghinausstecktindersteuerungvonüberweisungeneinenormesentwicklungspotenzial.zielsollteessein,vermehrt EmpfängernvonRücküberweisungen,diebisherohneZugangzuFinanzdienstleistungenwaren,denZugangzuGirokonten,KreditenundSparbüchernzu ermöglichen.eineintegrationbislangnichtbankfähigerkundenkannsomitzu einerstärkungundstabilisierungdesformellenfinanzsystemsführen.die Rahmenbedingungen für Entwicklung würden so erheblich verbessert. Häufigzeigtsich,dassInvestitionsprojektevonMigrantenaufgrundderKenntnissedesHerkunftslandesaufsoliderenBeinenstehenalsdievonausländischenInvestoren.SinddieInvestitionendarüberhinausmitderRemigration oder Zirkulation verbunden,sokanndasimauslanderworbeneknow-how zusammenmitdemeingesetztenkapitalundderlandeskenntnissynergien entfalten.aufgrundderneuenkommunikationsmittelistknow-how-transfer nichtmehrnurandiedauerhafterückkehrvonfachkräfteninihreherkunftsländergebunden.bedeutsameristdiemobilitätinbeiderichtungenbzw.die globalemobilität.auchfürdeutschlandwäreeinegrößereflexibilitäthilfreich.migrantenwürdenmehrfürihreherkunftsländertun,wennsienicht schonnacheinerübersechsmonatigenabwesenheitihraufenthaltsrechtverlierenwürden.dieentwicklungspolitischeförderungderrückkehrvonfachkräftenausentwicklungsländernmussimsinneeinerumfassenderenentwicklungspolitischenzusammenarbeitmitdiasporagemeindenausgeweitetwerden. Sohatz.B.ThailandeinThaiDiasporaInstituteeingerichtet,dasweltweitden AustauschmitMigrantenfördert.Ineinem BrainMobility -Projektwirdüber dasinternetderkontaktmithochqualifiziertenemigrantengehaltenunddie MitarbeitinnationalenProjektenstimuliert.DadurchwirddasKnow-howaus derfernegenutztunddurchdievernetzungmitlokalenundnationalenprojekten eine Tür für die Remigration offen gehalten. HeuteistderInformationsaustauschzwischenDiasporaundHerkunftslandoft kontinuierlicherundintensiveralszwischenstadtundlandinvielenentwicklungsländern.dadiesemöglichkeitensichgeradeerstentfalten,sindihre sozialen,wirtschaftlichen,kulturellenbzw.entwicklungspolitischenauswirkungenerstansatzweisezuerkennen.deutlicherkennbaristschondiewachsenderollevondiaspora-gemeinschafteninkonfliktenihrerherkunftsländer. BisherwurdenvorwiegendkonfliktverschärfendeAktivitäten (z.b.finanzierungvonbürgerkriegen)wahrgenommen.esgibtaberebensomäßigendeund friedensstiftendebeiträgevondiasporagemeinschaftenwieinjüngererzeit beim Tamilen-Konflikt in Sri Lanka. DieEntwicklungspotenzialederDiaspora-GemeindeninDeutschland,Europa undweltweitsindbisherimhinblickaufdieentwicklungihrerherkunftsländerundfürdenwirtschaftlichenaustauschzwischenaufnahme-undherkunftsländernnichtausreichenderkanntworden.diessolltesichiminteresse dermenschenindenherkunfts-undzielländernschnelländern.durch2von
4 Drucksache 16/ Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode derdeutschengesellschaftfürtechnischezusammenarbeit (GTZ)vorkurzem veranstalteteinternationalekonferenzenundeineanhörungimdeutschen Bundestag (2004)wurdendiePotenzialederDiasporagemeindenfürdieEntwicklungszusammenarbeit unterstrichen. NachdenverheerendenTerroranschlägeninNewYorkundWashingtonam 11.September2001hatsichdieMigrationsdiskussionstarkemotionalisiert. DievormaligeBundesregierunghatmitdemverabschiedetenZuwanderungsgesetzunddemBerichtdesRatesfürZuwanderungundMigrationimOktober 2004unddendarinenthaltenenEmpfehlungenzurVersachlichungderDiskussionbeigetragenunddieEinwanderungaufeineneuegesetzlicheGrundlage gestellt.gleichwohlsindweitereflexibilisierungendesausländerrechtsnot- wendig,umentwicklungspolitischsinnvollesengagementausdendiaspora- Gemeinden heraus stärker zu fördern. II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, 1.fürdiebilateraleEntwicklungszusammenarbeiteinKonzeptzuentwickeln, wieindenentwicklungsländerneinestärkerevernetzungvonentwicklungspolitischenmaßnahmenmitunternehmerischentätigkeitenundgemeinnützigen Aktivitäten der Diaspora-Gemeinden erreicht werden kann; 2.sichfüreinekohärenteZusammenarbeitvonEntwicklungs-undFinanzinstitutioneneinzusetzen,dieanderVerbesserungvonFinanzdienstleistungen für Migranten arbeiten; 3.sichfüreinenverbessertenZugangzumformellenFinanzsystemin Ursprungs- und Empfängerländern einzusetzen; 4.Diaspora-Bankendabeizuunterstützen,notwendigeStandardsinsbesonderederTransparenzeinzuhalten,umSteuerfluchtundGeldwäschezu vermeiden; 5.VorschlägezurVerbesserungvonGeldüberweisungenindieHerkunftsländerzuerarbeitenundsichinternationaldafüreinzusetzen,dassesim SinnevonTransparenzundEffizienzzurSenkungvonÜberweisungskosten kommt; 6.wirtschaftlichesHandelnausDiaspora-GemeindeninDeutschlanddadurch zufördern,dassohnebürokratischenaufwandbeieinervorübergehenden, entwicklungspolitischsinnvollentätigkeitimherkunftslandbzw.inder-region eine größtmögliche aufenthaltsrechtliche Flexibilität geschaffen wird; 7.gezielteFördermaßnahmenvonDiaspora-Unternehmenwieeinespezielle WirtschaftsmesseoderdieEinrichtungentsprechenderSegmentebeibestehenden Messen zu prüfen; 8.überdieOrganisationenderdeutschenEntwicklungszusammenarbeitExistenzgründungenundAuslandsinvestitionenvonDiaspora-Unternehmen gezielt zu fördern, sofern sie entwicklungspolitisch zielführend sind; 9.wissenschaftlicheKooperationundwissenschaftlicheNetzwerkezustärken, die den Know-how-Transfer in Entwicklungsländern fördern; 10.dieKooperationmitInstitutionenderDiaspora-PolitikindenEntwicklungsländern weiter auszubauen; 11.Diaspora-OrganisationenstärkerindieIntegrationsförderungeinzubeziehen;
5 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 5 Drucksache 16/ imRahmenderIntegrationspolitikvonMigranteninDeutschlanddie BrückenfunktionderDiasporamitdemHerkunftslandzustärkenundeine EinflussnahmeaufdessenPolitikundGesellschaftineinementwicklungsförderndenundfriedensstiftendenSinnezuunterstützen;hieristinsbesondere die besondere Rolle der Frauen zu berücksichtigen; 13.überdieentwicklungspolitischeInlandsarbeitauchFortbildungenfürDiaspora-Mitglieder anzubieten; 14.beidenBeratungenderVereintenNationenimHerbstdiesesJahresdie ForderungenderGlobalCommissiononInternationalMigrationzuunterstützen; 15.sichaufeuropäischerEbenefüreineKoordinationderDiaspora-Politik einzusetzen; 16.frauenpolitischeAnsätzeentsprechendderHandlungsmaximederBundesregierung in den oben genannten Bereichen besonders zu fördern; 17.dieMigrationsforschungzustärkenunddafürSorgezutragen,dassderen Erkenntnisse für die Entwicklungspolitik fruchtbar gemacht werden. Berlin, den 31. Mai 2006 Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion
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8 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83 91, Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbh, Amsterdamer Str. 192, Köln, Telefon (02 21) , Telefax (02 21) ISSN
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