der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Kollision von Zug 5026 der RhB im Klosters Tunnel

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1 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Service d enquête sur les accidents des transports publics SEA Servizio d inchiesta sugli infortuni dei trasporti pubblici SII Reg. Nr Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe über die Kollision von Zug 5026 der RhB im Klosters Tunnel vom Donnerstag 28. April 2011 in Klosters Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe, UUS Monbijourstrasse 51 A 3003 Bern Tel Fax info@uus.admin.ch

2 Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR ). 0. ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Am Donnerstag, 28. April 2011 um ca Uhr kollidierte Zug 5026 der Rhätischen Bahn (RhB) im Klosters-Tunnel innerhalb des Einfahrsignals des Bahnhofs Klosters mit einem Hubstapler. Ein Lokführer wurde leicht verletzt und musste den Arzt aufsuchen. An der Lok entstand erheblicher Sachschaden. Der Zugverkehr auf der Strecke Klosters Davos wurde unterbrochen und die Züge durch Busse ersetzt. 0.2 Untersuchung Die Unfalluntersuchungsstelle UUS wurde um Uhr durch die Meldestelle REGA über das Ereignis informiert. Zwei Untersuchungsleiter rückten unverzüglich an den Unfallort aus. Der Untersuchungsbericht der UUS fasst die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen zusammen. 1. FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Vorgeschichte Der Klosters-Tunnel wird durch die Rhätische Bahn (RhB) saniert. Dazu wurden umfangreiche Vorbereitungsarbeiten ausserhalb des Gleisbereichs durchgeführt. Vor dem Beginn der Sanierungsarbeiten im Gleisbereich wurde mit der Oberbauleitung und mehreren Partnern eine Besprechung durchgeführt. Die Sitzung fand am im Bahnhof Klosters statt. An dieser Sitzung wurde der Baubeginn / Installationsbeginn gemäss Protokoll auf den 02. Mai 2011 festgelegt. Ebenfalls festgelegt wurde die Instruktion des Sicherheitsdispositivs gem. diesem Protokoll auf den Montag 02. Mai 2011 um Uhr vor der ersten Nachtschicht. Festgehalten ist ferner, dass die Teilnahme der Unternehmung (Baustellenchef, Polier etc.) und der örtlichen Bauleitung erforderlich ist. Den Beteiligten wurde ein Entwurf des Sicherheitsdispositivs abgegeben. Die Erklärung des Unternehmers lag zu diesem Zeitpunkt bereits unterzeichnet vor. Anlage 1: Situationsplan Anlage 2: Installationsplan Verlauf der Fahrt Arbeiten im Klosters Tunnel Um die verfügbare Zeit auszunützen, wollte der Polier der Baufirma ein Stromkabel entlang des Gleises verlegen. Um ca Uhr und 8.56 Uhr erkundigte er sich über Telefon beim Stellwerk in Klosters über die Zugslage. In der Annahme mit dieser Anfrage über die Zugslage sei auch das Gleis mit dem Klosters-Tunnel gesperrt, begann er mit den Bauarbeiten. Er gab dem Staplerfahrer den Auftrag, auf dem Gleis der RhB rückwärts zu fahren und ab einem Haspel das Kabel abzurollen. Das Kabel wurde vom Bahn-km , ca. 10 m ausserhalb des Einfahrsignals D in Klosters abgerollt und entlang des Gleises abgelegt. Dazu fuhr der Stapler mit dem Kabelende in den Klosters Tunnel. 2/11

3 Foto UUS Fahrt von Zug 5026 Zug 5026 startete wenige Minuten vorzeitig in Davos Platz. Der Güterzug führte eine Anhängelast von 12 Achsen, 66 Tonnen. Die Fahrt verlief bis vor Klosters problemlos, so dass eine vorzeitige Ankunft von ca. 13 Minuten auf den geplanten Fahrplan berechnet wurde (gem. Diagramm Iltis LQ-FILI). Bei der Vorbeifahrt am Einfahrsignal Klosters sah der Lokführer das Kabel am Rand des Gleises und reduzierte die Geschwindigkeit. Als er das Kabel dann über dem Gleis sah, gab er einen kurzen Achtungspfiff und leitete die Schnellbremsung ein. Bei Einleitung der Schnellbremsung betrug die Geschwindigkeit des Zuges ca. 40 km/h. Zug 5026 prallte im Tunnel auf den stehenden Hubstapler und schob diesen ca. 20 m vor sich her. Der Hubstaplerfahrer konnte vom Stapler steigen und sich in Sicherheit bringen. Der Ausbildungslokführer wechselte vom linken Führerstand auf die rechte Seite, um die Schnellbremsung einzuleiten und wurde daher nur leicht verletzt. Die Lok von Zug 5026 wurde erheblich beschädigt. Foto UUS Foto UUS Foto UUS Foto UUS 3/11

4 1.3 Personenschäden Bahnpersonal Reisende Drittpersonen Tödlich verletzt: keine Schwer verletzt: keine Leicht verletzt: Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunternehmens Rollmaterial: An der Lok Ge 4/4 II Nr. 612 entstand gem. Auskunft der RhB ein Schaden von ca Franken. Infrastrukturanlagen: keine 1.5 Sachschäden Dritter Der Hubstapler wurde nicht beschädigt. 1.6 Beteiligte Personen Lokpersonal Lokführer in Ausbildung:, Depot Landquart Ausbildungslokführer:, Depot Landquart Fahrdienstleiter in Klosters:, Fernsteuerung MALA DAV, Ortsstellwerk Dritte Unternehmen Ing.Greuter AG: ; Polier, Fahrer Hubstapler 1.7 Schienenfahrzeuge Eigentümer: RhB Zugskomposition: 12 Achsen, 3 Wagen Triebfahrzeug: Ge 4/4 II, Nr. 612 Zugsgewicht: 66 Tonnen Ausgeschaltete Bremsapparate: Keine, Bremsverhältnis 97 % 4/11

5 1.8 Strassenfahrzeuge Hubstapler Atlas 1.9 Wetter, Schienenzustand Tag, Sonne / bedeckt Schienen trocken 1.10 Bahnsicherungssysteme Der Bahnhof Klosters ist mit einem Gleisbildstellwerk Domino 67 mit Bedienoberfläche Iltis mit gesicherten Rangierfahrstrassen und Zwergsignalen ausgerüstet. Das Triebfahrzeug ist mit der elektronischen Sicherheitssteuerung und mit der automatischen Zugsicherung, ZSI 90, ausgerüstet. Die Bahnsicherungssysteme haben normal funktioniert Zug- und Rangierfunk Das Triebfahrzeug ist mit dem Zugfunk ausgerüstet. Die Funkgespräche zwischen dem Lokführer und dem Fernsteuerzentrum werden aufgezeichnet. Die Funkgespräche sind für den Unfallablauf nicht relevant Fahrdatenschreiber Die Lok Ge 4/4 II Nr. 612 ist mit einer elektronischen Geschwindigkeitsmessanlage ausgerüstet. Die Fahrdaten werden elektronisch aufgezeichnet. Sie wurden durch die Verkehrsunternehmung ausgelesen und durch die Verkehrsunternehmung ausgewertet. (Anlage 3) Die Auswertung der Fahrdaten ergab, dass der Lf unmittelbar vor dem Ereignis mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h gefahren ist und somit die vorgeschriebene max. Geschwindigkeit von 50 km/h für diesen Streckenabschnitt eingehalten hat. Der Lokführer hat die Schnellbremsung eingeleitet, der Anhalteweg betrug 57 m Befunde an den Bahnfahrzeugen Die visuelle Kontrolle der am Ereignis beteiligten Schienenfahrzeuge durch den Untersuchungsleiter ergab keine Beanstandungen Befunde an Strassenfahrzeugen Die visuelle Kontrolle des am Ereignis beteiligten Hubstaplers durch den Untersuchungsleiter ergab keine Beanstandungen Medizinische Feststellungen In Bezug auf medizinische Beschwerden der am Unfall beteiligten Personen ist nichts bekannt. Durch die Polizei wurde beim Chauffeur/Lokführer ein Atemlufttest durchgeführt. Der Befund war negativ (0,0 ) Feuer Beim Ereignis trat kein Feuer auf Besondere Untersuchungen Bedienung Stellwerk Klosters Das Stellwerk Klosters wird durch zwei Fahrdienstleiter (Fdl) bedient. Ein Fdl bedient das Ortsstellwerk, der andere Fdl die Fernsteuerung. Die Kommunikationseinrichtungen werden nicht selektiv zugeteilt sondern können von beiden Fdl bedient wer- 5/11

6 den. Sie geben an, dass sich um ca Uhr ein Mitarbeiter der Baufirma nach der Zugslage erkundigt hat. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass in 15 Minuten eine Extrafahrt, Zug 9034, von Cavadürli nach Klosters kommt. Um 8.56 Uhr habe er sich nochmals nach der Zugslage erkundigt. Es wurde ihm mitgeteilt, dass in ca. 10 Minuten ein Güterzug, Zug 5026 Cavadürli Klosters fährt. Geplante Gleissperrungen werden den Fdl mit einem Zirkular angezeigt. Zudem erhalten sie ebenfalls ein Sicherheitsdispositiv. Es waren keine Gleissperrungen angezeigt. Ein Sicherheitsdispositiv war nicht vorhanden Oberbauleitung Am fand in Klosters eine Oberbauleiterbesprechung statt. Anhand einer umfangreichen Traktandenliste wurde die bevorstehende Tunnelsanierung des Klostertunnels besprochen. Teilnehmer waren unter anderem auch Vertreter der Baufirma. An dieser Besprechung wurde unter Punkt 7.2 der Baubeginn / Installationsbeginn auf den 02. Mai festgelegt. Zum Thema Sicherheit wurde ebenfalls an dieser Besprechung unter Punkt 8.1 die Instruktion des Sicherheitsdispositivs durch die RhB auf den Montag 02. Mai 2011 um Uhr, vor der ersten Nachtschicht, festgelegt. Der Entwurf des Sicherheitsdispositives wurde der ARGE Klosters-Tunnel im Entwurf zur Stellungnahme zugestellt. Die Instruktion des bereinigten Dispositivs war auf den 02. Mai 2011 terminiert Erklärung des Unternehmers Die Erklärung des Unternehmers mit der Bestätigung und Verpflichtung zur Einhaltung der Vereinbarung wurde mit Datum vom unterzeichnet der RhB abgegeben. ( Auszug Anlage 4) 1.18 Informationen über Organisation und Verfahren Bei Zug 5026 handelt es sich um einen regelmässig verkehrenden Güterzug Verschiedenes Das Ereignis wird seitens der Strafverfolgungsbehörden durch die Kantonspolizei Graubünden untersucht. Während der Untersuchung sind keine Verstösse gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen festgestellt worden. 2. BEURTEILUNG 2.1 Technisches Die visuelle Kontrolle der am Ereignis beteiligten Schienenfahrzeuge durch den Untersuchungsleiter ergab keine Beanstandungen. 2.2 Betriebliches Ein Nachfragen nach der Zugslage ist für den Fahrdienstleiter am Stellwerk kein Grund, Gleise zu sperren. Vor allem bei Bauarbeiten ausserhalb des Gleises, oder bei Kleinbaustellen ohne Gleissperrung können sich Unternehmen nach der Zugslage erkundigen. Es war am 28.April 2011 zu keiner Zeit von einer Gleissperrung die Rede. 6/11

7 Einhaltung der Vorschriften R RTE 20100, Ziffer 1.4.3: (Regelwerk Technik der schweizerischen Eisenbahnen (RTE) Die Regelung «Sicherheit bei Arbeiten im Gleisbereich» ist Bestandteil des Regelwerks Technik Eisenbahn (RTE). Dieses bildet die gängige Praxis («best praxis») ab. Sie ersetzt keine hoheitlichen Regeln und ist konform mit diesen. Die hoheitlichen Regeln sind im FDV R festgehalten. Die Vorschriften wurden nicht eingehalten. Ziffer RTE präzisiert das Vorgehen bei Gleissperrungen wie folgt: Verlangen der Sperrung Der Sicherheitschef verlangt beim zuständigen Fahrdienstleiter protokollpflichtig die Einführung der beantragten Sperrung. Dazu sind folgende Angaben nötig: Beginn und voraussichtliche Dauer der Sperrung Grund genaue Bezeichnung des Ortes der Arbeitsstelle (Bahnhof, Strecke, Gleis/Weiche, km von bis, ) und Kommunikationsverbindung zur Arbeitsstelle. Nach der Bestätigung des Fahrdienstleiters protokolliert der Sicherheitschef den Beginn der Sperrung. Eine Protokollierung der Sperrung ist nicht erfolgt. 3. SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befunde - Die visuelle Kontrolle der am Ereignis beteiligten Schienenfahrzeuge ergab keine Beanstandungen. - Die Bahnsicherungsanlagen funktionierten einwandfrei. - Arbeiten auf Bahnanlagen ohne Sicherheitsdispositiv. 3.2 Ursache Das Ereignis ist darauf zurückzuführen, dass die Vorarbeiten ohne gültiges Sicherheitsdispositiv und entgegen der Erklärung des Unternehmers vorzeitig und ohne Gleissperrung ausgeführt wurden. 4. SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN Keine Die Untersuchung wurde von und geführt. Bern, 31. Oktober 2011 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe 7/11

8 Anlage 1 Situationsplan 8/11

9 Installationsplan Anlage 2 9/11

10 Anlage 3 Fahrdaten 10/11

11 Anlage 4 Erklärung der Unternehmung (Auszug) 11/11