Schlusssbericht der Unfalluntersuchungsstelle für Bahnen und Schiffe

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1 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Département fédéral de l Environnement, des Transports, de l Energie et de la Communication Dipartimento federale dell Ambiente, dei Trasporti, dell Energia e delle Comunicazioni Federal Department of the Environment, Transport, Energy and Communications U V E K E T E C A T E C E T E C Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe U U S Reg. Nr Schlusssbericht der Unfalluntersuchungsstelle für Bahnen und Schiffe über den Unfall auf dem mit Schranken gesicherten Bahnübergang in Schafhausen im Emmental Sonntag, 29. Februar 2004 Telephon Telefax Adresse +41 (0) (0) joseph.zeder@gs-uvek.admin.ch Schwarztorstr (0) CH-3003 Bern

2 Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR ). 0. ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Am Sonntag, 29. Februar 2004 um ca Uhr kollidierte ein Automobilist mit einem Antriebsteil einer vierteiligen Barrierenanlage und blieb auf dem Bahntrassee stehen. Kurz darauf erfolgte ein Schliessbefehl für die Barriere, um dem Regionalzug 4505 der Regionalbahn Mittelland AG freie Bahn zu geben. Das verunfallte Auto wurde jedoch zwischen den Barrieren eingeschlossen, so dass das Signal, in dessen Abhängigkeit sich die Barriere befindet, gleichwohl auf Fahrt ging. Es kam zur Kollision. Der Verunfallt konnte jedoch das Auto rechtzeitig verlassen. 0.2 Untersuchung Die Unfalluntersuchungsstelle UUS wurde um Uhr durch das REZ der KAPO Bern sowie um Uhr durch die Meldestelle REGA über das Ereignis informiert. Der nebenamtliche Untersuchungsleiter Joseph Zeder rückte unverzüglich an den Unfallort aus. 1. FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Vorgeschichte Ein Automobilist befand sich auf der Fahrt von Hasle-Rüegsau herkommend Richtung Schafhausen i/e. Beim Staatsstrassenübergang kurz vor Schafhausen fuhr er gerade aus, statt die leichte Linkskurve der Strasse über den Uebergang nachzuvollziehen. Dabei touchierte er mit dem rechten Vorderrad den Sockel des Fahrleitungsmastes 61 und prallte in den Antriebsmotor des auf der Gegenseite sich befindenden Barrierenteils. Dabei wurde er leicht verletzt und das Auto auf das Gleis geschleudert. beschädigter Antriebsmotor beschädigter Barrierenholm Fahrrichtung Auto Unfallort aus Sicht Fahrrichtung Auto Foto: UUS, zej 1.2 Verlauf der Fahrt 2/7

3 Der Regionalzug 4505 der RM AG war rechtzeitig von Thun-Konolfingen herkommend Richtung Hasle-Rüegsau unterwegs. Er hielt beim Bahnhof Schafhausen i.e. für einen Fahrgastwechsel an. Nachdem das Ausfahrsignal auf Fahrt gegangen war, beschleunigte der Lokführer den Zug auf ca. 55 km/h. Nach einer Linkskurve, in der ein Gebäude steht sowie von einem Zaun umgeben ist, stellte der Lokführer in einer Entfernung von ca. 110 m in der Dunkelheit fest, dass sich ein Auto auf dem Gleis befand. Er gab ein Warnsignal ab und leitete unverzüglich eine Schnellbremsung ein. Er konnte die Kollision mit dem Auto nicht mehr verhindern. Aufgrund des Warnsignals des Lokführers stieg der Automobilist aus dem Auto aus, so dass er keine weiteren Verletzungen erlitt. Die Verletzungen, die er sich zugezogen hatte, stammten von der Kollision mit dem Antriebsmotor der Barriere. Barrierenübergang ca. 110 m Fahrrichtung Zug Unfallort aus Sicht des Lokführers Zug 4505 Foto: UUS, zej 1.3 Personenschäden Bahnpersonal Reisende Drittpersonen Leicht verletzt: Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunternehmens Der Barrierenantrieb wurde zerstört und musste ersetzt werden. Schaden Fr. > 20' Am Triebfahrzeug entstanden Schäden an der Haupt- und Speiseleitung des Bremssystems. 1.5 Sachschäden Dritter Das Auto erlitt Totalschaden 1.6 Beteiligte Personen Lokpersonal Lokführer RM AG, Depot Thun Dritte Unfallverursacher, verletzt 1.7 Schienenfahrzeuge Eigentümer: RM AG, Personenverkehr, 3401 Burgdorf 3/7

4 Zugskomposition: RBDe"-Pendelzug 566 Triebfahrzeug: RBDe , Führungsfahrzeug Zugsgewicht: 185 t Bremsgewicht: 227 t Zugreihe: R 115% Ausgeschaltete Bremsapparate: keine 1.8 Strassenfahrzeuge Pw Renault 21 Nevada 1.9 Wetter, Schienenzustand Nacht, sehr kalt Schienen und Strasse leicht schneebedeckt Bahnsicherungssysteme Die Strecke Schafhausen i.e. Hasle-Rüegsau ist mit einem Integra-Streckenblock ausgerüstet. Der Barrierenübergang bei der Kantonsstrasse ist mit einer Endlagenkontrolle auf allen vier Barrierenantrieben ausgerüstet. Sie haben die Endlage als normal registriert, obwohl ein Barrierenantrieb beschädigt war. Dies war möglich, weil beim beschädigten Barrierenstock sowohl der komplette Barrierenholm wie auch das dazugehörige Gegengewicht abgeschlagen wurden, der Motor aber funktionstüchtig blieb. Dadurch konnte der Barrierenmotor in die Endlage laufen. Foto: KAPO BE e) abgeschlagener Barrierenholm d) Barrierenmotor mit abgeschlagenem Gegengewicht Das Triebfahrzeug ist mit einer Sicherheitssteuerung mit Wachsamkeitskontrolle und mit der automatischen Zugsicherung mit Magnetfeldsonde ausgerüstet. Die Bahnsicherungssysteme haben bis auf den erwähnten Barrierenstock normal funktioniert. Wäre das Gegengewicht nicht auch abgeschlagen worden, hätte die Barriere nicht in die Endlage laufen können und dadurch wäre das Ausfahrsignal in 4/7

5 Schafhausen nicht auf Fahrt gegangen. Damit wäre der sekundäre Unfall mit dem Bahnfahrzeug vermieden worden Zug- und Rangierfunk Das Triebfahrzeug ist mit einem Zugfunk ausgerüstet. Die Funkgespräche werden nicht aufgezeichnet. Die Funkgespräche sind für den Unfallablauf nicht relevant Bahnanlagen Die Bahnanlage war in einem guten Zustand und gab zu keinen Beanstandungen Anlass. Ebenso waren die Barrierenanlagen sowohl technisch wie auch im Aussehen in einer sehr guten Verfassung Fahrdatenschreiber Die Lok, RBDe 566 Nr ist mit einer Geschwindigkeitsmessanlage "Hasler Teloc 2000 S" ausgerüstet. Die Fahrdaten werden auf einem Streifen aufgezeichnet. Der Streifen wurde durch die UUS ausgelesen und ausgewertet. Die Auswertung der Fahrdaten ergibt, dass der Lokführer nach dem fahrplanmässigen Halt in Schafhausen i.e. normal beschleunigt hatte und bei Feststellen des Hindernisses optimal reagierte. Er hat sofort ein Pfeifsignal abgegeben und eine Schnellbremsung eingeleitet. Der Aufprall auf den Pw erfolgte mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h. Der Lokführer hat die Schnellbremsung korrekt eingeleitet, der Anhalteweg betrug ca. 120 m. Pfeifsignal Nach Halt Beschleunigung auf ca 55 km/h Fahrstreifen Zug 4505, Lok RBDe 566, Nr Halt in Schafhausen Aufprallgeschwindigkeit: ca 20 km/h 5/7

6 . Situationsplan Ausfahrt Schafhausen/Barrierenübergang (schematisch) 1.14 Befunde an den Bahnfahrzeugen Die optische Kontrolle der Fahrzeuge der RM AG durch den Untersuchungsleiter ergab keine Beanstandungen Befunde an Strassenfahrzeugen Das Strassenfahrzeug erlitt vermutlich schon beim Primärunfall Totalschaden Medizinische Feststellungen In Bezug auf medizinische Beschwerden des am Unfall beteiligten Lokführers ist nichts bekannt. Er fühlte sich bei Dienstantritt fit. Der Lenker des Pw's kann nicht beurteilt werden, da dieser den Unfallort sofort verlassen hatte Feuer Beim Ereignis trat kein Feuer auf. 2. BEURTEILUNG 2.1 Technisches Die Schienenfahrzeuge waren technisch in Ordnung. Sie gaben zu keinen Bemerkungen Anlass. 2.2 Betriebliches Der im automatischen Betrieb abgefertigte Regionalzug 4505, welcher täglich von Thun nach Hasle-Rüegsau verkehrt und im Offiziellen Kursbuch veröffentlicht ist, hat den Bahnhof Schafhausen i.e. regelkonform verlassen. Das Ausfahrsignal zeigte "Fahrt", obwohl ein Barrierenholm beschädigt war (siehe dazu vorstehende Ziff. 1.10) 2.3 Strassenseitig Weshalb es zum Primärunfall gekommen war, bei dem der Pw-Lenker bei offener Barriere in den Antriebsmotor der Barriere prallte, kann nicht beurteilt werden. 6/7

7 3. SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befunde Ein Pw-Fahrer prallt bei offener Barriere, welche die Kantonsstrasse gegenüber dem Bahntrassee absichert, aus unbekannten Gründen in einen Antriebsmotor derselben. Sowohl der Barrierenholm wie auch die Gegengewichte wurden beim Aufprall abgeschlagen. Dadurch konnte der Antriebsmotor in die Endlage gehen und so die Barriere für eine Signalfahrt als "geschlossen melden". Das Auto wurde zwischen den übrigen drei Barrierenholmen eingeschlossen, ohne von ihnen berührt zu werden. Der Lokführer hat das Hindernis max. 110m vorher erkennen können. Ein Erkennen war schwer, weil es einerseits Nacht war und andererseits dem Lokführer durch das offene Ausfahrsignal in Schafhausen i.e. eine normal geschlossen Barrierenlage signalisierte wurde. Bei Erkennen des Hindernisses hat der Lokführer ein Achtungssignal abgegeben, was offensichtlich den verunfallten Fahrer zum Aussteigen aus dem Auto veranlasste. Durch das frühzeitige und sofortige Betätigen der Notbremse konnte der Verunfallt das Auto noch rechtzeitig verlassen, so dass er keine weiteren Verletzungen durch eine Zugsberührung erlitt. Das Verhalten des Lokführers war vorbildlich. Der Verunfallte hat den Unfallplatz unmittelbar nach dem Aussteigen aus seinem Auto verlassen. 3.2 Ursache Der verunfallte Fahrer hat mit dem Umfahren des Barrierenantriebes eine Kette unglücklicher Umstände ausgelöst. Er hat dadurch das Unfallgeschehen eingeleitet und ist daher der Unfallverursacher. 4. SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN keine Die Untersuchung wurde von Joseph Zeder geführt. Bern, 1. Juni 2004 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Joseph Zeder nebenamtl. Untersuchungsleiter 7/7