Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle für Bahnen und Schiffe

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1 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Département fédéral de l Environnement, des Transports, de l Energie et de la Communication Dipartimento federale dell Ambiente, dei Trasporti, dell Energia e delle Comunicazioni Federal Department of the Environment, Transport, Energy and Communications U V E K E T E C A T E C E T E C Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe U U S Reg. Nr Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle für Bahnen und Schiffe über die Entgleisung im Anschlussgleis Alp Transit in Blausee Mitholz am Samstag, 11. September 2004 Telephon Telefax Adresse +41 (0) (0) walter.kobelt@gs-uvek.admin.ch Schwarztorstr (0) / 8 CH-3003 Bern

2 Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR ). 0 ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Der Schienenfahrzeugführer fuhr vom Bahnhof Blausee Mitholz aus mit einer geschobenen und unbegleiteten Rangierbewegung bestehend aus sechs Weichentransportwagen der Fa. Euroswitch AG Pfäffikon und dem Schienentraktor Tm der BLS Infrastruktur ins Anschlussgleis (Entladegleis 9) der Alptransit AG. Als sich die Wagen 3 und 4 im Bereich der Anschlussweiche befanden entwich die Bremsluft aus der Hauptluftleitung. Darauf schaute der Schienentraktorführer nach und stellte fest, dass am Wagen 3 eine Achse und alle Achsen am Wagen 4 entgleist waren. 0.2 Untersuchung Die Unfalluntersuchungsstelle wurde durch die Meldestelle (REGA) am um Uhr per Pager alarmiert. Die Rückfrage bei der Infrastrukurbetreiberin BLS ergab die Notwendigkeit einer Untersuchung. Da sich der Berichterstatter im Raum Winterthur befand rückte der sich nicht im Dienst befindende Untersuchungsleiter Markus Beer von Münchenbuchsee aus. Durch diese Massnahme war ein Mitarbeiter der UUS mindestens 1.5 Stunden schneller auf dem Ereignisplatz. 1 FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Vorgeschichte Um Weichenumbauten rasch durchführen zu können, werden die einbaufertigen Weichen mit speziellen Weichentransportwagen, welche einen grossen Drehzapfenabstand aufweisen, zum Einbauort gebracht. Auf dem Streckennetz der BLS dürfen die Weichentransportwagen nur auf den für Doppelstockwagen freigegebenen Strecken verkehren. Die Züge, in denen diese Wagen eingereiht sind, gelten wegen diesen Wagen als SIM Züge. Als SIM Wagen gelten jene mit einem überlangen Achsstand und einem übergrossen Lichtraumprofil. 1.2 Verlauf der Fahrt Am Samstag 11. September 2004 um ca Uhr wollte ein Schienentraktorführer der BLS, um den Betriebsablauf zu erleichtern, sechs Weichentransportwagen im Anschlussgleis 8 der Alp Transit AG abstellen. 1.3 Personenschäden Personen kamen keine zu Schaden. 2/8

3 1.4 Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunternehmens An den Weichentransportwagen entstanden diverse Schäden an den Zug-und Stossvorrichtungen, der Aufhängung sowie den Radsätzen. An der Infrastruktur entstanden kleinere Schäden am Geleise. 1.5 Sachschäden Dritter keine 1.6 Beteiligte Personen Schienenfahrzeugführer Schienenfahrzeugführer Infrastruktur BLS Rangierleiter Die Rangierfahrt erfolgte ohne Rangierleiter 1.7 Schienenfahrzeuge Komposition: Geschobene Rangierbewegung unbegleitet: 24 A, 240 t Tm Wagen Wagen Wagen Wagen Wagen Wagen Eigentümer Weichentransportwagen: Fa. Euroswitch AG Triebfahrzeug: Tm Eigentümer: BLS Infrastruktur Zugsgewicht: 240 t 1.8 Strassenfahrzeuge An der Entgleisung waren keine Strassenfahrzeuge beteiligt. 1.9 Wetter, Schienenzustand Nacht / Bedeckt / starker Regen. Schienen nass 3/8

4 1.10 Bahnsicherungssysteme Die Bahnsicherungssysteme sind für den Verlauf des Ereignisses nicht relevant Bahnanlagen Die Bahnanlage beim Entgleisungspunkt gehören der Alptransit AG. Das Anschlussgleis wurde am Montag 13. September 2004 im Beisein des Leiters der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe ausgemessen. Das Messprotokoll ist im Anhang 1 aufgeführt Fahrdatenschreiber Der Schienentraktor Tm ist mit einem Geschwindigkeitsmesser Hasler Modell RT 12 mit Registrier-Farbscheibe und einem Registrierstreifen ausgerüstet. Die Auswertung der Fahrdaten ergibt, dass der Lokführer mit einer Geschwindigkeit von ca. 12 km/h gefahren ist. (Beilage 1) Nach der Entgleisung entwich die Bremsluft was zu einer Schnellbremsung führte Befunde an den Fahrzeugen Die optische Kontrolle der entgleisten Weichentransportwagen am durch den Untersuchungsleiter ergab keine Beanstandungen. Die Spurkränze wurden mit einer qr Lehre geprüft. Alle qr Masse waren innerhalb der Toleranzen. Die Federung sowie die Aufhängung der Wagen wiesen keine Besonderheiten auf Medizinische Feststellungen In Bezug auf medizinische Beschwerden der am Unfall beteiligten Personen ist nichts bekannt. Der Schienentraktorführer fühlte sich bei Dienstantritt fit Besondere Untersuchungen keine 1.16 Informationen über Organisation und Verfahren Die Weichentransportwagen verkehren als SIM - Wagen. Das Anschlussgleis ist gekennzeichnet mit dem Verbotsschild für SIM Wagen. (siehe Bild 1) Die Wagen hätten gar nicht in das Anschlussgleis gestellt werden dürfen. 4/8

5 2 BEURTEILUNG 2.1 Technisches Die Schienenfahrzeuge waren technisch in Ordnung. Das Anschlussgleis wies einen Gleislagefehler auf. 2.2 Betriebliches Da die Weichentransportwagen einen Zug zu einem SIM Zug mit entsprechenden Betriebseinschränkungen machen, dürfen nur gekennzeichnete Streckengleise benutzt werden. Ebenso ist das Befahren von Schuppen - und Nebengleisen verboten. Zudem ist bei der Einfahrt in das Anschlussgleis ein Verbotstafel für SIM Züge angebracht (siehe Bild 1 mit entsprechendem Kommentar dazu) Unbegleitete geschobene Rangierfahrten sind bis 8 Achsen zulässig; in Ausnahmefällen bis 20 Achsen (FDV 300.4, Ziffer ). 3 SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befunde Das Anschlussgleis der Alptransit AG wurde verbotenerweise durch die Rangierkomposition befahren. Die Rangierfahrt erfolgte unbegleitet und geschoben mit 24 Achsen, was gem. den Vorschriften nicht zulässig ist. Alle Laufwerke der Weichentransportwagen waren in Ordnung. 3.2 Ursachen Die Entgleisung ist auf den Gleislagefehler im Anschlussgleis zurückzuführen: 4 SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN Auf Platz wurden in gegenseitiger Absprache BLS UUS folgende sofort anzuwenden Sicherheitsempfehlungen festgelegt: Die Anschlussgleise 7/8/9 dürfen bis zur Sanierung des Gleises von folgenden Fahrzeugen nicht mehr benutzt werden: Sämtliche zweiachsigen Wagen Vierachsige Wagen mit einem Drehzapfenabstand von mehr als 12 Metern Das Rangierpersonal des Baudienstes ist in Bezug auf die spezielle Bedeutung des Huckepacksignals zu instruieren 5/8

6 Die Untersuchung wurde vom Leiter der Unfalluntersuchungsstelle, Walter Kobelt, geführt. Bern, 23. Februar 2005 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe W. Kobelt M. Beer Beilage 1 Bild 1 6/8

7 Foto: UUS 1.2 Huckepack-Verbottafel Huckepack-Verbottafeln werden in Bodennähe und links, ausnahmsweise auch rechts aufgestellt. Die Spitze der Signaltafel zeigt gegen das zugehörige Gleis. Begriff Bedeutung Halt Halt vor dem Signal Auszug aus FDV (Huckepack = SIM) Anhang 1 7/8

8 Messprotokoll Blausee Messpunkte Messpunkt 1: Weiche 2 (beim Herzstück) im Streckengleis 22/052 Messpunkte 2 10: 3 Meter Intervalle zwischen Messpunkt 1 und 1 Messpunkt 11: Weiche 1 (beim Herzstück) des Anschlussgleises Alptransit Erste Entgleisungsspuren: zwischen Messpunkten 6 und 7 Messmethode: Spur und Ueberhöhung: mit Gleismessgerät Längsneigung: mit Gleismessgerät; Basis 1500 mm Messpunkt Spurweite Ueberhöhung Längsneigung (mm) (cm) (mm) Der Gleislagefehler befindet sich beim Messpunkt 9 8/8