Schlussbericht der. Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe

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1 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Département fédéral de l Environnement, des Transports, de l Energie et de la Communication Dipartimento federale dell Ambiente, dei Trasporti, dell Energia e delle Comunicazioni Federal Department of the Environment, Transport, Energy and Communications U V E K E T E C A T E C E T E C Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe U U S Reg. Nr Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Über den Unfall beim Schaltposten fuw km 58.8 Im Bahnhof Weinfelden Westseite am Donnerstag 24. Juni 2004 Telephon Telefax Adresse +41 (0) (0) walter.kobelt@gs-uvek.admin.ch Schwarztorstr (0) CH-3003 Bern

2 Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand des vorliegenden Berichts gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR ). 0. ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Am Donnerstag 24. Juni 2004 um ca Uhr ereignete sich beim Schaltposten fuw km 58.8 auf der Westseite des Bahnhofs Weinfelden ein Unfall. Beim Prüfen der Spannungsfreiheit einer Leitung des Schaltpostens mit einer Spannungsprüfstange gab es einen Kurzschluss. Die Prüfstange wurde zerfetzt und ein Mitarbeiter erlitt dabei schwere Brandverletzungen. 0.2 Untersuchung Der Unfall wurde durch die SBB nicht sofort gemeldet. Am nächsten Morgen wurde die Unfalluntersuchungsstelle durch den zuständigen Untersuchungsrichter verständigt und um Unterstützung angefragt. Am wurde eine gemeinsame Begehung durchgeführt. 1. FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Arbeitsablauf Beim betroffenen Schaltposten wurden diverse Aenderungen durchgeführt. Dabei mussten diverse Schaltungen durchgeführt werden. Um an den elektrischen Hochspannungsanlagen arbeiten zu können, müssen die entsprechenden Anlageteile geerdet werden. Vor dem Erden werden die Leitungen mittels Spannungsprüfstangen auf Spannungsfrei geprüft. Beim vorliegenden Unfall lässt sich der Unfallablauf nicht mehr ganz genau rekonstruieren. Das Schienenfahrzeug mit der frei schwenkbaren Hubarbeitsbühne PA 240 stand auf dem südlichen Gleis der Doppelspur bei km Der Verunfallte wollte aus dem Korb die Spannungsfreiheit einer Lirre auf der andern Seite des Schaltpostens prüfen. Dabei ereignete sich der Kurzschluss über die Spannungsprüfstange, welche in mehrere Teile zersplitterte. Wie die Prüfstange genau bedient wurde und ob die Stange bei der Prüfung der Lirre das Gerüst des Schaltpostens touchierte lässt sich nicht mehr eruieren. folgende Arbeitsumstände wurden eruiert: Beim Unfall befanden sich zwei Fahrleitungsmonteure, der Verunfallte und der Begleiter, im Korb des auf dem Bahngleis stehenden Kranwagens. Der Korb besteht aus Metall und ist auf Erdpotential. Die Prüfstange wurde vom Verunfallten bedient. Die zerstörte Prüfstange wurde vor dem Unfall einer Funktionskontrolle unterzogen indem sie an die unter 15kV stehende Fahrleitung eingehängt und das akustische Signal überprüft wurde. Die Stange funktionierte einwandfrei. Das Gehäuse des Anzeigegerätes wurde vor dem Unfall nicht geöffnet und es wurde kein Batteriewechsel vorgenommen. Die Prüfstange lagerte vor dem Unfall einige Stunden im Freien bei intensivem Regenfall. Zum Zeitpunkt des Unfalles fiel kein Regen. Die Prüfstange wurde korrekt bedient, d.h. unterhalb der Begrenzungsscheibe an 2 / 5

3 der Handhabe angefasst. Der Reissverschluss der Schutzhülle war zwecks Bedienung des Anzeigegerätes geöffnet. 1.2 Personenschäden Ein Mitarbeiter wurde mit schweren Brandverletzungen ins Spital eingeliefert. 1.3 Sachschäden an der Infrastruktur Am Schaltposten entstand geringer Sachschaden. 1.4 Sachschäden Dritter Keine. 1.5 Beteiligte Personen und Lieferanten - Verunfallter - Begleiter im Korb der Hubarbeitsbühne Lieferant der Spannungsprüfstange Fa. Mitec AG, Hafenrainstr. 2, 4104 Oberwil 1.6 Schienenfahrzeuge Hubarbeitsbühne PA Wetter Regnerisches Wetter, Nacht, künstliche Beleuchtung. 1.8 Funkverkehr Der Funkverkehr hatte keinen Einfluss auf den Ablauf des Unfalls. 1.9 Bahnanlagen Die Bahnanlagen sowie der Schaltposten waren in einem ordnungsgemässen Zustand Befund am Hebekorb Die Hubarbeitsbühne mit dem Hebekorb hat ordnungsgemäss funktioniert Medizinische Feststellung Es sind keine Hinweise in Bezug auf medizinische Beschwerden der Betroffenen vorhanden, welche die Ausführung der Arbeit beeinträchtigt haben könnte Ueberlebensmöglichkeiten Nicht relevant Besondere Untersuchungen Aufgrund der vorliegenden Situation wurde der EMPA von der Unfalluntersuchungstelle ein Untersuchungsauftrag erteilt. Dabei sollte ermittelt werden, warum es zum vorliegenden Kurzschluss gekommen ist resp. warum die Spannungsprüfstange der Fahrleitungsspannung der SBB von max. 18 kv nicht standhielt. (Anmerkung: Die Nominalspannung der SBB beträgt 15 kv. In Extremfällen können jedoch Spannungen bis ca. 18 kv erreicht werden.) Zusätzlich wurden im Hochspannungslabor der ETH mehrere Spannungsprüfstangen unter verschiedenen Umstanden auf Spannungsfestigkeit geprüft. 3 / 5

4 1.14 Information über Organisation und Verfahren Bei dem für die Prüfung verwendeten Gerät handelt es sich um einen SPANNUNGSPRÜFER ARCUSTON, TYP (2-teiliger Spannungsprüfer 15 kv, 16.7 Hz von der Firma Mitech AG). Prüfstangen werden im Abstand von 2 Jahren überprüft. Die untersuchte Prüfstange mit Baujahr 2000 wurde gemäss Prüfkleber zum letzten Mal im Juni 2002 geprüft. Bei den regelmässigen Kontrollen der Prüfstangen im SBB Werkhof Olten wird die Überbrückungssicherheit nicht geprüft. Stangen müssen nach DIN-VDE 0681 überbrückungssicher sein. Es ist davon auszugehen, dass neue Stangen diesen Test absolvieren und bestehen. Am Spannungsprüfer konnten noch folgende Aufschriften/Bezeichnungen gefunden werden: 1. unterer Teil: "Unterteil 15kV" " " 2. Elektronikbox: Aufkleber "Baujahr", Markiert bei "1. Quartal, 2000" eingravierte Nummer "18676" 3. oberer (zerstörter) Teil der Stange: Prüfkleber "6 / 2002" 2. BEURTEILUNG 2.1 Technischer Zustand des eingesetzten Materials und der Anlagen Der Schaltposten war bei der Begehung am in einem guten technischen Zustand. Es liegen keine Hinweise auf einen mangelhaften Anlagezustand, welcher zum Unfall beigetragen haben könnte, vor. Da die benutzte Spannungsprüfstange beim Unfall vollständig zerstört wurde, kann keine Aussage zum technischen Zustand dieses Geräts gemacht werden. Die verwendete Spannungsprüfstange ist ausdrücklich für die Benutzung bei Regen zugelassen. Eine ständige Lagerung im Freien, bei Regen und feuchter Witterung, scheint gemäss den von der EMPA gemachten Untersuchungen problematisch zu sein. 2.2 Betriebliches Unterhaltsarbeiten an Bahnanlagen werden, um den Zugsverkehr möglichst wenig zu beeinträchtigen, vorwiegend nachts ausgeführt. 3. SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befund Ein ungenügender technischer Zustand des Schaltpostens, welcher zum Unfall beigetragen haben könnte, wurde nicht gefunden. Die Spannungsprüfstange wurde im Juni 2002 zum letzten Mal gewartet. Sie wäre wieder zur Nachprüfung fällig gewesen. Bei den bisher bei der EMPA durchgeführten Untersuchungen wurden verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten, welche das Risiko für eine Wiederholung eines solchen Unfalls reduzieren können, gefunden. 4 / 5

5 Ein Bedienungsfehler bei der Handhabung der Prüfstange kann nicht ausgeschlossen werden. Die Überbrückungssicherheit und Dichtigkeit des Anzeigegerätes wurden in der Typenzulassung nicht überprüft. Die im Hochspannungslabor der ETH gemachten Experimente mit Hochspannung zeigen, dass das Anzeigegerät gerade bezüglich der Dichtigkeit und Überbrückungssicherheit eine potentielle Schwachstelle darstellt. Unter ungünstigen Umständen und bei einem nicht vorgesehenen Einsatz kann das Vorhandensein dieser Schwachstelle dazu führen, dass ein Überschlag vom Hochspannungspotential innerhalb des Anzeigegerätes zu einem ausserhalb sich in der Nähe befindlichen Erdpotential erfolgt. Die identifizierte Schwachstelle kann sich unter den Umständen des Einsatzes in Weinfelden begünstigend auf die Entstehung des Unfalls ausgewirkt haben. 3.2 Ursachen Der Unfall wurde wahrscheinlich durch eine ungenügende Spannungsfestigkeit der Prüfstange und/oder einen Bedienfehler verursacht. 4. SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN Prüfstangen nicht in Situationen einzusetzen, bei denen das Verlängerungsteil gleichzeitig Hochspannung und Erdpotential berühren kann. die Oberfläche der Prüfstangen ist regelmässig zu reinigen. Prüfstangen sind stets trocken zu lagern. 5. BESONDERES Eine Kopie des Prüfberichts Nr der EMPA sowie des Prüfberichts Nr der ETH kann von den direkt betroffenen Stellen bei der UUS angefordert werden. Die Untersuchung wurde vom Leiter der Unfalluntersuchungsstelle, Walter Kobelt, geführt. Bern, 11. April 2005 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe W. Kobelt 5 / 5