der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe über den Personenunfall vom Mittwoch, 29. Dezember 2010 in Gränichen AG

Transkript

1 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Service d enquête sur les accidents des transports publics SEA Servizio d inchiesta sugli infortuni dei trasporti pubblici SII Reg. Nr. : Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe über den Personenunfall vom Mittwoch, 29. Dezember 2010 in Gränichen AG Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Monbijoustr. 51 A 3003 Bern Tel Fax

2 Allgemeine Hinweise zu diesem Bericht Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR ). Es ist daher auch nicht Zweck dieses Berichts, Schuld- und Haftungsfragen zu klären. 0 ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Am Mittwoch, 29. Dezember 2010, um ca. 11:32 Uhr wurde eine männliche Person von der S14, Zug 130, der AAR (Wynental-/Suhrentalbahn) auf der Strecke Teufenthal Gränichen erfasst und tödlich verletzt. 0.2 Untersuchung Die Unfalluntersuchungsstelle UUS wurde um 12:00 Uhr durch die Meldestelle REGA über das Ereignis informiert. Der unterzeichnende Untersuchungsleiter rückte unverzüglich an den Unfallort aus. Der Untersuchungsbericht der UUS fasst die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen zusammen (Art. 25 VUU). 1 FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Vorgeschichte Die S14, Zug 130, der AAR verliess den Bahnhof Teufenthal mit ca. einer Minute Verspätung. Bis zu diesem Zeitpunkt verlief die Fahrt ohne nennenswerte Ereignisse. 1.2 Verlauf der Fahrt Richtung Olten Ausgangs des Dorfes Teufenthal bei der Gemeindegrenze Teufenthal Gränichen, nach einer Rechtskurve, wo es keine Niveauübergänge hat, kontrollierte der Lokführer, nach seinen Aussagen, kurz den Fahrplan, als er plötzlich einen Schlag gegen den Zug verspürte. Sofort leitete er eine Schnellbremsung ein. Als er nach dem Grund schaute, musste er feststellen, dass hinter dem Zug, links neben dem Gleis, eine tödlich verletzte Person lag. Sofort informierte er die Leitzentrale in Aarau über das Ereignis. Zeugen im Zug sagten aus, dass sie in der Rechtkurve feststellen konnten, dass eine Person auf der Strasse, die parallel zum Bahntrassee verläuft, nahe beim Gleis, sich in Fahrrichtung des Zuges fortbewegte. 2/6

3 Unfallort an der Gemeindegrenze Teufenthal/Gränichen (Gemeindegebiet Gränichen) SwissMap 1.3 Personenschäden Eine Drittperson wurde tödlich verletzt. 1.4 Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunternehmens Am Rollmaterial und an der Infrastruktur entstanden keine Schäden. 1.5 Beteiligte Personen Lokführer BAV-Ausweis Nr.: 000XXX, gültig bis X.X Dritte Tödlich verletzte Person 3/6

4 1.6 Schienenfahrzeuge Eigentümer: Zugskomposition: AAR, Delfterstr. Süd 10, 5001 Aarau Be19 / ABt59 Zugsgewicht: 55 t Bremsgewicht: 58 t Bremsverhältnis: 100% Ausgeschaltete Bremsapparate: keine 1.7 Wetter, Schienenzustand Tag, leicht neblig, teilweise leichter Schneefall. 1.8 Bahnsicherungssysteme Der Verkehr der AAR wird von Aarau aus mit ILTIS ferngesteuert. Die Streckenüberwachung umfasst die Zugsicherung Linienleiter ZSL Zug- und Rangierfunk Die Funkgespräche sind für den Unfallablauf nicht relevant Bahnanlagen Der Unfallort liegt auf der Strecke zwischen Teufenthal und Gränichen. Parallel zur Bahnlinie verläuft in Fahrrichtung links ein Fussgänger-/Radweg und rechts die Kantonsstrasse A23. In diesem Bereich sind keine Niveauübergänge Fahrdatenschreiber Der Steuerwagen ist mit einer elektronischen Geschwindigkeitsmessanlage Hasler Teloc 1000 ausgerüstet. Die Fahrdaten werden elektronisch aufgezeichnet und auf einer Memory Card gespeichert. Sie wurden durch die Verkehrsunternehmung ausgelesen und durch die Verkehrsunternehmung sowie die UUS ausgewertet. Zum Zeitpunkt des Unfalls hat der Lokführer den Fahrplan konsultiert und daher nicht genau aussagen können, wo genau der Aufprall stattgefunden hat. Er wurde durch das Aufprallgeräusch auf einen möglichen Unfall aufmerksam, worauf er eine Notbremsung auslöste. Wie lange die Reaktionszeit (Aufprall, Realisieren, Blick in den Rückspiegel und Bremsung) war, kann nicht genau bestimmt werden. 6 sec vor Auslösung der Notbremsung hatte der Zug eine Geschwindigkeit von 51 km/h. In der Rechtskurve war die erlaubte Geschwindigkeit 50 km/h und ca. ab Unfallhöhe 75 km/h. Die Auswertung der Fahrdaten ergibt, dass sich der Lokführer somit an die vorgeschriebene Geschwindigkeit mit einer kleinen Differenz, die in der Genauigkeitstoleranz liegt, gehalten hat. 4/6

5 Der Lokführer hat die Schnellbremsung, nach Bewusstwerden des Unfalls, korrekt eingeleitet, der Anhalteweg betrug 57 m. Unfallort Foto: UUS, zej 1.12 Befunde an den Fahrzeugen Die visuelle Kontrolle der Fahrzeuge der AAR durch den Untersuchungsleiter ergab keine Beanstandungen. Alle Bremsen sowie die Zugsicherung waren eingeschaltet und funktionierten einwandfrei Medizinische Feststellungen In Bezug auf medizinische Beschwerden der am Unfall beteiligten Personen ist nichts bekannt Feuer Es trat kein Feuer auf Ueberlebensmöglichkeiten Unter den genannten Umständen hatte der Verunfallte keine Überlebensmöglichkeit Besondere Untersuchungen In der Untersuchung sind keine Verstösse gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen festgestellt worden. 5/6

6 2 BEURTEILUNG 2.1 Technisches Die Schienenfahrzeuge waren technisch in Ordnung. 2.2 Betriebliches Das Bahntrassee ist zwischen der Kantonsstrasse A23 und einem Rad-/Fussgängerweg eingebettet. Es sind dort keine Niveauübergänge vorhanden. 2.3 Strassenseitig Rad-/Fussgängerweg und Strasse sind unmissverständlich vom Bahntrasse getrennt. 3 SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befunde - Bahnseitig ist keine Unregelmässigkeit festzustellen. - Offensichtlich hat der Verunfallte den in seinem Rücken herannahenden Zug nicht bemerkt. Dies scheint auch erklärbar zu sein, da Schnee auf den Feldern lag, welcher den Zugslärm dämpfte. Zudem war der Steuerwagen vorauslaufend. 3.2 Ursache Unvorsichtiges Betreten des Bahngleises trotz herannahendem Zug. 4 SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN Keine Bern, 14. März 2011 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Untersuchungsleiter Verteiler: gem. SR (VUU), Art /6