Parlamentarismus und Gesetzgebung im österreichischen politischen System. 5. Einheit - Der Parlamentarismus in Österreich
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- Greta Gehrig
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1 Parlamentarismus und Gesetzgebung im österreichischen politischen System 1
2 Parlamentarisches Regierungssystem Parlamentarismus Parlamentarisches Regierungssystem Die Regierung und ihre Mitglieder sind vom steten Vertrauen des Parlaments abhängig Die Abberufung der Regierung/einzelner Mitglieder durch ein Mißtrauensvotum ist ein Recht des Parlaments Alternative Regierungssysteme je nach Stellung und Verhältnis von/zwischen Staatsoberhaupt, Regierung und Parlament: Autoritäre Systeme/Diktaturen Präsidentialismus Semipräsidentialismus Direktorialregierung: Schweiz, kein Misstrauensvotum Versammlungsregierung: die Regierung ist nur ein Vollzugsausschuss des Parlaments: Österreich Parlamentarismus Das Parlament als Vertretungskörper verfügt über Befugnisse in der Gesetzgebung, zumindest ein Vetorecht. Parlamentarismus ist historsich älter als die parlamentarischen Regierungssysteme. 2
3 Die Idee des Parlamentarismus bzw. der Repräsentation Parlamentarismus in der Politikwissenschaft Zwei Dimensionen der Analyse Normativ Empirisch-analytisch Diskrepanz formelles Verfassungsrecht vs. Realverfassung Die Idee der Repräsentation Kelsen: Bildung des maßgeblichen staatlichen Willens durch ein vom Volk auf Grund des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, also demokratisch, gewähltes Kollegialorgan nach dem Mehrheitsprinzip Handeln einer politischen Einheit wird autorisiert und erlangt für diese verbindliche Wirkung Repräsentationsanforderungen Rechtlich bzw. legitimatorische Politisch-Ethische Diskurs in der Politikwissenschaft Abbildung der Volkswillens/Wählerwillens Deskriptive Repräsentation ( Spiegel des Volkes) Volkswillen wird durch Repräsentation generiert (Unabhängigkeit) Zweikammern- vs. Einkammernsysteme: USA (Föderalismus), GB (Stände) 3
4 Allgemeine Vertretungskörper im österreichischen politischen System Bundesversammlung Nationalrat Bundesrat Allgemeine Vertretungskörper im österreichischen politischen System Landtage Gemeinderäte 4
5 Die Rechtsstellung der Abgeordneten im österreichischen Parlament Legislaturperiode: Beginn: erster Zusammentritt des neuen Vertretungskörpers Ende: Zeitablauf oder vorzeitige Beendigung Zeitablauf (Dauer der Legislaturperiode: 5 Jahre) Vorzeitige Beendigung und Neuwahl: Selbstauflösung durch Beschluss des Nationalrates in Form eines Gesetzes (BR ohne Einspruchsrecht), alter NR bleibt bis Antritt des neuen NRs im Amt Auflösung durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der BReg (Art 29, Art. 67, seit 1929), nur einmal aus demselben Anlass, sofortige Auflösung des NR, nur NR-Präsidenten und zwei ständige Unterausschüsse (Hauptausschuss, Budgetausschuss bleiben im Amt, neugewählter NR muss binnen 100. Tag im Amt sein, bisher einziger Fall: BPräs Miklas Auflösung des NR bei Ablehnung einer Absetzung des Bundespräsidenten in einer Volksabstimmung (Art 60 Abs 6.), gab es noch nie. 5
6 Die Rechtsstellung der Abgeordneten im österreichischen Parlament Das freie Mandat (Art. 56 B-VG) Die Mitglieder des Nationalrates und die Mitglieder des Bundesrates sind bei der Ausübung dieses Berufes an keinen Auftrag gebunden. weder an den Wählerwillen noch an den Willen ihrer Partei Fraktionszwang ist rechtlich nicht durchsetzbar Fraktionskohäsion und Fraktionsdisziplin sind empirische Phänomene moderner Parlamentarismus ist Gruppenparlamentarismus, das Parlament als Versammlung von Individuen ist eine heroische (und ahistorische) Vorstellung. Recht auf Klubaustritt und Gründung eines neuen Klubs (5 Abg. derselben wahlwerbenden Partei LIF, Stronach) 6
7 Die Rechtsstellung der Abgeordneten im österreichischen Parlament Immunität der Abgeordneten: dient dem Schutz der politischen Tätigkeit als Abgeordnete, ist kein Freibrief für persönliches Fehlverhalten Berufliche Immunität (Art. 56): Abgeordnete können für ihr Abstimmungsverhalten weder zivilrechtlich noch strafrechtlich belangt werden, für ihre schriftlichen und mündlichen Meinungsäußerungen nur vom Nationalrat selbst. Außerberufliche Immunität (Art. 57): Differenzierung nach Art der strafbaren Handlung und ob ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit besteht Behandlung im Immunitätsausschuss, Aufhebungsbeschluss im NR 7
8 Organ des Bundes Der Bundesrat Zusammensetzung Partialerneuerung nach jeder Landtagswahl derzeit 61 Mitglieder (Anzahl schwankt) Anzahl der Mandate proportional nach BürgerInnenzahl Bundesland Mandate NÖ 12 Wien 11 OÖ 10 Stmk 9 Tirol 5 Ktn, Sbg 4 Vlbg, Bgld 3 Verhalten der BR-Mandatare folgt fast immer der Logik des Parteienwettbewerbs Kein Weisungsrecht der Landtage bzw. der Landesregierungen BR ist realpolitisch nicht das Sprachrohr der Länder, diese Rolle übt die Landeshauptleutekonferenz (nicht im B-VG!) aus. BR ist eine sehr schwache Länderkammer im Vergleich mit zweiten Kammern anderer föderaler Staaten > Reformdiskussionen (Abschaffung, Umbau) 8
9 Organe und Organisation des österreichischen Parlaments Zentrale Rechtsquelle Geschäftsordnungsgesetz von 1975 (GOG) Wichtigste Organe PräsidentIn Präsidialkonferenz (3 NR-Präs + Klubobleute) Ausschüsse Parteienproportional besetzt Hauptausschuss: besondere Größe und Bedeutung Einige Ausschüsse in B-VG und Gesetzen festgelegt übrige Ausschüsse folgen meist der aktuellen Ressortaufteilung der BReg Klubs Mindestens 5 Abgeordnete Wichtig: Klubfinanzierung 9
10 Die Gesetzgebung als wichtigste Funktion des Parlaments Zentrale Funktion des Parlaments nach der Demokratiekonzeption des B- VG Instrument der Herrschaft über die übrigen Staatsfunktionen, insbesondere Abhängigkeit der Bundesregierung vom steten Vertrauen des Nationalrates Stärkstes Mittel: Misstrauensvotum Realpolitisch jedoch in einem parlamentarischen Regierungssystem Fusion von Parlamentsmehrheit und Regierung 75 90% Initiative durch Regierungsvorlage Parlament mehr Kontrolleur der legislatorischen Arbeit der Regierung Gewährleistung einer gewissen Öffentlichkeit bzw. Legitimationsfunktion des Gesetzgebungsprozesses 10
11 Die Bundesgesetzgebung (1/5) Die Gesetzesinitiative Gesetzesinitiative Differenzierung nach Verfassungsrechtlichen 4 Formen der Gesetzesinitiative (Art. 41 B-VG) Regierungsvorlagen Anträge aus dem Nationalrat Anträge aus dem Bundesrat Volksbegehren Motivation und Intention Proaktiv Reaktiv Fortschreibend 11
12 Die Bundesgesetzgebung (1/2) Die Gesetzesinitiative Gesetzesinitiative Begutachtung und Beratung Begutachtung im Vorfeld bei Regierungsvorlagen Bestimmt in verschiedenen Gesetzen, jedoch Nichteinhaltung keine Verfassungswidrigkeit Verbände, Ministerien, Landesregierungen Erzielen eines hohen Konsensniveaus 2 Praxisbeispiele Umgehung der Begutachtungspflicht während ÖVP/FPÖ/BZÖ Regierung Vorschau: Budgetrestriktionsmaßnahmen, neue Steuerpläne, Verwaltungsreform 12
13 Die Bundesgesetzgebung (1/3) Die Gesetzesinitiative Gesetzesinitiative Begutachtung und Beratung Das Verfahren im Nationalrat 1. Lesung Ausschussberatungen Einfache Gesetze Präsensquorum 1/3 der Mitglieder Konsensquorum Mehrheit der abgegeben Stimmen 2. Lesung 3. Lesung Abstimmung Verfassungsgesetze Präsensquorum Hälfte der Mitglieder Konsensquorum 2/3 der abgegeben Stimmen 13
14 Die Bundesgesetzgebung (1/4) Die Gesetzesinitiative Gesetzesinitiative Begutachtung und Beratung Das Verfahren im Nationalrat Mitwirkung des Bundesrates Bundesrat besitzt in der Regel so genanntes suspensives Veto Ausnahmen Kein Einspruchsrecht: z.b. Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates Zustimmungsrecht: z.b. Verfassungsbestimmungen, die die Zuständigkeit der Länder einschränken Beharrungsbeschluss des Nationalrates Achtung erhöhtes Präsensquorum bei einfachen Gesetzen: Hälfte der Mitglieder 14
15 Die Bundesgesetzgebung (1/5) Die Gesetzesinitiative Gesetzesinitiative Begutachtung und Beratung Das Verfahren im Nationalrat Mitwirkung des Bundesrates Beurkundung und Kundmachung Beurkundung durch den Bundespräsidenten Formelles vs. materielles Prüfungsrecht Nach Beurkundung: Gegenzeichnung der Vorlage durch den Bundeskanzler Unmittelbare Kundmachung im Bundesgesetzblatt Bedeutet Gesetz gilt und tritt mit dem folgenden Tag in Kraft Späteres Inkrafttreten (Regelfall), Phase der Legisvakanz Auch Rückwirkung möglich, jedoch enge verfassungsrechtliche Grenzen (Vertrauensschutz) 15
16 Abstimmungsmehrheiten bei Gesetzesbeschlüssen im NR Gesetzesbeschlüsse im Nationalrat in 3. Lesung Periode Regierungsmehrheit Durchschnittliche Abstimmungsmehrheit modifizierte durchschn. Abstimmungsmehrheit Durchschnittl. Anzahl der Gesetzesbeschlüsse pro Jahr Periode Quelle: Jenny und Müller (2013) 16
17 Kontrollfunktion Weitere Funktionen des Parlaments Untersuchungsausschüsse Dringliche Anfragen Mündliche Anfragen in Fragestunde/ Aktuelle Stunde Schriftlichen Anfragen an Mitglieder der)bundesregierung: 5 Abg Written Questions Quelle: Jenny/Eder/Müller (2013) Private Members' Bills 17
18 Weitere Funktionen des Parlaments Mitwirkungsfunktion Entschließungsrechte Mitwirkung am Zustandekommen von Staatsverträgen Mitwirkungsrechte an der Europäischen Union Tribünenfunktion: Debatten Rekrutierungsfunktion: Parlament als Ausbildungsstätte künftiger Minister und Bundeskanzler 18
19 Die Landtage und die Gesetzgebung der Länder Landtage Einkammernsystem Wahlen folgen der Logik jener des Nationalrates Zwischen 36 und 100 Mitglieder Ähnliche Funktionen wie das österreichische Parlament Landesgesetzgebung Beschlussfassung der Landtage Achtung: Verschiedene Quoren Beurkundung durch den Landeshauptmann und Veröffentlichung im Landesgesetzblatt Enge Verbindung zwischen Landesregierung und Landtag: die Landesregierung wird vom Landtag gewählt und kann von diesem durch ein Mißtrauensvotum entlassen werden. nur mehr vier Länder haben eine Proporzwahl der Landesregierung (Bgld, Ktn, NÖ, OÖ). 19
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