Übungen zur Vorlesung Funktionentheorie Sommersemester 2012
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- Adrian Busch
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1 UNIVERSITÄT DES SAARLANDES FACHRICHTUNG 6.1 MATHEMATIK Prof. Dr. Roland Speicher M.Sc. Tobias Mai Übungen ur Vorlesung Funktionentheorie Sommersemester 2012 Präsenblatt ur mündlichen Bearbeitung in den Übungsgruppen. Die Aufgaben werden nicht bewertet. Mit den folgenden Aufgaben wollen wir den komplexen Logarithmus und damit eine der wichtigsten holomorphen Funktionen untersuchen. Seinen besonderen Stellenwert verdankt der komplexe Logarithmus nicht nur der Tatsache, dass er eine Antwort auf die recht natürliche Frage nach den Lösungen w C der Gleichung exp(w) = bei gegebenem C gibt, sondern auch den vielen wegweisenden Fragestellungen, die er motiviert. Der komplexe Logarithmus ist uns bereits in Aufgabe 1 von Blatt 3 begegnet. Dort haben wir gesehen, dass es ur Kreisscheibe D := { C 1 < 1} unendlich viele offene Mengen Ω C mit exp(ω) = D gibt, für die die Abbildung exp : Ω D bijektiv ist. Ferner haben wir dort geeigt, dass die ugehörige Umkehrfunktion log : D Ω holomorph ist und log () = 1 für alle D erfüllt. Mit den beiden folgenden Aufgaben bauen wir diese Argumentationen nun weiter aus: Aufgabe 1. Für alle n Z definieren wir Sei nun n Z gegeben. Zeigen Sie: S n := { C (2n 1)π < Im() < (2n + 1)π}. (a) Die komplexe Exponentialfunktion exp : C C induiert eine bijektive Abbildung exp : S n C auf die geschlitte Zahlenebene C := C\{ C Im() = 0, Re() 0}. (b) Die ugehörige Umkehrabbildung L n : C S n ist holomorph und erfüllt L n() = 1 für alle C und L n (1) = 2nπi Lösung. Für n Z definieren wir die Menge H n := (0, ) ( (2n 1)π, (2n + 1)π ) und darauf die klarerweise bijektiven Abbildungen ρ n : H n S n, (r, t) log(r) + it.
2 und Weiter erhalten wir, dass τ n : H n C, (r, t) re it. exp(ρ n (r, t)) = re it = τ n (r, t) für alle (r, t) H n erfüllt ist, weshalb die Restriktion von exp : C C auf S n in der Tat eine Bijektion exp : S n C induiert. Das folgende kommutative Diagramm veranschaulicht diese Beobachtung: exp S n C ρ n τn H n Wie schon in Aufgabe 1 von Blatt 2 rechnen wir unter Verwendung der Rechenregeln für die Pompeiu-Wirtinger-Ableitungen nach, dass 0 = (exp L n) () = exp (L n()) L n () + exp (L n()) L n () = L n () und damit Ln () = 0 für alle C erfüllt ist, d.h. L n ist, wie behauptet, auf C holomorph. Ferner rechnen wir nach, dass 1 = (exp L n ) () = exp(l n ())L n() und somit auch L n() = 1 für alle C erfüllt ist. Weiter können wir festhalten, dass wegen 1 = exp(l n (1)) bereits L n (1) = 2kπi für ein k Z gelten muss, womit sich aus der Bedingung L n (1) S n unmittelbar k = n und damit L n (1) = 2nπi folgern lässt. Wir bemerken noch, dass die holomorphe Differenfunktion d := Log n Log 0 die Bedingung d(0) = 2nπi und d () = 0 für alle C erfüllt. Gemäß Aufgabe 6 (a) von Blatt 1 sehen wir nun, dass d konstant sein muss. Es gilt also Log n () = Log 0 () + 2nπi für alle C. Aufgabe 2. Begründen Sie, dass C beüglich 1 sternförmig ist, und eigen Sie: (a) Durch L() := [1,] 1 w dw für alle C wird eine holomorphe Funktion L : C C definiert, die L () = 1 für alle C und L(1) = 0 erfüllt. Hierbei beeichnen wir für C mit [1, ] die durch t 1 + t( 1) über [0, 1] parametrisierte Strecke von 1 nach. (b) Für alle C gilt exp(l()) = und für alle S 0 gilt L(exp()) =.
3 Lösung. Obwohl geometrisch unmittelbar klar ist, dass C sternförmig ist, wollen wir ein rigoroses Argument dafür geben: Ist C gegeben, so müssen wir wei Fälle unterscheiden: Fall 1: Gilt Im() = 0 und damit (0, ), so rechnen wir leicht nach, dass Re(1 + ( 1)t) = (1 t) + t > 0 für alle t [0, 1] gilt, d.h. die Verbindungslinie [1, ] liegt in (0, ) C. Fall 2: Gilt Im() 0, so erhalten wir Im(1 + ( 1)t) = t Im() 0 für alle t (0, 1], d.h. auch in diesem Fall liegt die Verbindungslinie in C. (a) Seien 0 C und ε > 0 gegeben. Wir seten dann { 0 δ := min 2, 0 2 } 2 ε und rechnen für alle C mit 0 < δ nach, dass L() L( 0 ) 1 ( 0 0 = [ 0,] w 1 ) dw 0 = 1 0 w 0 [ 0,] 0 w dw 1 = t( 0 ) 0 ( 0 + t( 0 )) dt erfüllt ist, da wegen 0 < δ < ε 0 + t( 0 ) 0 t für alle t [0, 1] gilt. Damit folgt nun L() L( 0 ) lim = 1, d.h. L ist auf C holomorph mit L () = 1 für alle C. Zudem ist L(1) = 0 trivialerweise richtig. (b) Wir rechnen nun für die klarerweise holomorphe Funktion nach, dass f () = exp(l())l () f : C C, exp(l()) exp(l()) 2 = 0 für alle C gilt, weshalb f nach Aufgabe 6 (a) von Blatt 1 auf der usammenhängenden Menge C konstant sein muss. Wegen L(1) = 0 erhalten wir f(1) = 1 und damit f() = 1 bw. exp(l()) = für alle C.
4 Wir sehen also, dass auf C die Frage nach der Umkehrbarkeit der Exponentialfunktion und die Frage nach Stammfunktionen u 1 eine gemeinsame Antwort haben. Aufgabe 3. Begründen Sie, dass Aufgabe 1 im Fall n = 0 und Aufgabe 2 ur selben Funktion Log : C C führen. Diese nennen wir den Hauptweig des Logarithmus. Zeigen Sie: (a) Für alle C gilt Log() = log + i arg(), wobei wir mit arg() den durch = e iϕ eindeutig bestimmten Winkel ϕ ( π, π) und mit log : (0, ) R den reellen Logarithmus beeichnen. (b) Für alle x < 0 haben wir lim x Im()>0 Log() = log x + iπ und x lim Log() = log x iπ. Im()<0 Lösung. Wir wissen, dass die in Aufgabe 2 konstruierte Funktion L : C C eine holomorphe Stammfunktion u 1 ist und ferner L(1) = 0 erfüllt. Ferner wissen wir, dass ebenso die in Aufgabe 1 im Fall n = 0 konstruierte holomorphe Funktion Log 0 : C C eine holomorphe Stammfunktion u 1 darstellt und die Bedingung Log 0(1) = 0 erfüllt. Die Differenfunktion d := L Log 0 ist damit holomorph und erfüllt d () = 0 für alle C. Da C usammenhängend ist, folgt somit aus Aufgabe 6 (a) von Blatt 1, dass d konstant sein muss, weshalb sich wegen d(1) = 0 unmittelbar Log 0 = L ergibt. (a) Zum Nachweis der Behauptung unter (a) rechnen wir nach, dass die Abbildung h : C S 0, log + i arg() wohldefiniert ist und ferner exp(h()) = e i arg() = für alle C erfüllt. Es gilt also und damit die behauptete Formel. h = exp 1 S 0 = Log 0 = Log (b) Sei x < 0 gegeben und sei ( n ) n N eine Folge aus { C Im() > 0} mit n x für n. Stellen wir n in der (eindeutigen) Form n = r n exp(it n ) mit r n > 0 und t n (0, π) dar, so gilt r n x und t n π für n. Die Formel aus Aufgabenteil (a) eigt dann lim Log() = lim log(r n) + i lim t n = log x + iπ. n n n Ist umgekehrt ( n ) n N eine Folge aus { C Im() < 0} mit n x für n, so können wir n in der (eindeutigen) Form n = r n exp(it n ) mit r n > 0 und t n ( π, 0) darstellen und bemerken, dass r n x und t n π für n. Die Formel aus Aufgabenteil (a) eigt dann lim Log() = lim log(r n) + i lim t n = log x iπ. n n n
5 Da bei der Lösung der Gleichung exp(w) = für gegebenes C neben dem Hauptweig Log = L 0 : C C noch die sogenannten Nebenweige Log n := L n : C C des Logarithmus u berücksichtigen sind, ist insbesondere im Umgang mit komplexen Potenen Vorsicht geboten: Aufgabe 4. Sind C und w C gegeben, so definieren wir Berechnen Sie die Poten i i und eigen Sie: w := exp(w Log()). (a) Für alle a, b C mit Re(a), Re(b) > 0 gilt Log(ab) = Log(a) + Log(b). (b) Für alle a, b C mit Re(a), Re(b) > 0 und w C gilt (ab) w = a w b w. Ist die Einschränkung Re(a), Re(b) > 0 dabei jeweils nötig? Lösung. Wegen i = exp(i π) gilt i = 1 und arg(i) = π, so dass wir nach Aufgabe 3 (a) 2 2 und damit die bemerkenswerte Aussage erhalten. Log(i) = log i + i arg(i) = i π 2 i i = exp(i Log(i)) = e π 2 An dieser Stelle sei noch bemerkt, dass man ur Definition komplexer Potenen jeden Zweig Log n der Logarithmusfunktion hätte wählen können. Beispielsweise wären wegen Log n (i) = i ( π + 2nπ) alle Werte der Menge 2 { exp(i Logn (i)) } { ( n Z = exp π ) } 2 (4n + 1) n Z sinnvolle Kandidaten für i i. (a) Seien a = a e iα und b = b e iβ aus H := { C Re() > 0} gegeben. Dann ist klarerweise α, β ( π 2, π 2 ) und wir erhalten wegen ab = ab ei(α+β) mit α + β ( π, π), dass arg(ab) = α + β = arg(a) + arg(b) gilt, und folgern mit der Formel aus Aufgabe 3 (a) Log(ab) = log ab + arg(ab) = ( log a + arg(a) ) + ( log b + arg(b) ) = Log(a) + Log(b). (b) Unsere Definition komplexer Potenen führt unter Beachtung von Aufgabenteil (a) auf (ab) w = exp(w Log(ab)) = exp ( w Log(a)+w Log(b) ) = exp(w Log(a)) exp(w Log(b)) = a w b w. Die obigen Rechnungen basieren wesentlich auf der Gültigkeit von arg(ab) = arg(a) + arg(b) für alle a, b H. Für a, b C ist dies im Allgemeinen aber nicht mehr gültig: Betrachten wir beispielsweise a = b = exp(i 2π), so gilt ab = exp( i 2π ) und damit 3 3 arg(ab) = 2π 3 = arg(a) + arg(b) 2π.
6 Es folgt Log(ab) = Log(a) + Log(b) 2πi und ebenso für w C (ab) w = exp(2πiw)a w b w. Also kann in keiner der beiden Aussagen auf die Einschränkung a, b H verichtet werden. Um der in Aufgabe 3 (b) bemerkten Unstetigkeit von Log am negativen Teil der reellen Achse sowie der Existen der Nebenweige Log n gerecht u werden, benötigt man das Konept Riemannscher Flächen. Zusataufgabe. Wir betrachten die Menge X := {(re it, t) r > 0, t R} (C\{0}) R und definieren auf ihr die Funktion F : X C, (w, t) log w + it. Weiter sei ϕ : C X, (exp(), Im()). Zeigen Sie: Ist n Z gegeben, dann gilt F (ϕ()) = für alle S n. Lösung. Wir rechnen unächst nach, dass für alle C exp() 2 = exp() exp() = e 2 Re() und damit exp() = e Re() gilt. Damit erhalten wir nun unmittelbar, dass F (ϕ()) = log exp() + i Im() = Re() + i Im() = für alle S n erfüllt ist. Um dies etwas besser u verstehen, definieren wir die Abbildungen ψ n : C X, w (w, arg(w) + 2nπ), n Z.
7 Wir stellen fest, dass für alle w C gilt F (ψ n (w)) = log w + i(arg(w) + 2nπ) = Log(w) + 2nπi = Log n (w). Demnach klebt F alle Funktionen Log n : C S n u einer einigen (stetigen) Funktion F : X C auf der Riemannschen Fläche X usammen und die Abbildungen ψ n : C X adressieren die Schichten (die sogenannten Blätter ) von X, auf denen jeweils eine der Funktionen Log n lebt. Die Beiehung u dem eingangs bewiesenen Resultat macht die Beobachtung klar, dass Log n (exp()) = und ψ n (exp()) = ϕ() für alle S n und ϕ(log n ()) = ψ n () für alle C gilt. Die beiden kommutativen Diagramme X F C Log n ψ n C und verdeutlichen diese Situation. ϕ X S n exp ψ n Log n C
e i(π t) ( ie i(π t) ) dt dt = i 2i t=0
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