Geldpolitik. 6. Geldpolitik. Lit.: Blanchard/Illing, Kap. 24,25, Romer Kap. 10
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1 6. Geldpolitik Lit.: Blanchard/Illing, Kap. 24,25, Romer Kap. 10 Problem der Politik: Langfristig können Politiker sich nicht binden, eine angekündigte Politik durchzuführen. Häug besteht Anreiz, eine angekündigte Regel zu verletzen, um kurzfristige Ziele zu erreichen. Angekündigte Pläne sind nicht zeitkonsistent Wie kann Glaubwürdigkeit erhöht werden? 1
2 6.1. Zeitkonsistenz und Geldpolitik Ausgangspunkt: Kurzfristige Phillips-Kurve: Individuen haben eine Verlustfunktion π = π e (u u n ) (1) L = π 2 + u 2 (2) d.h. Ination und AL vermindern den Nutzen der Individuen. Zentralbank ist benevolent, d.h. sie maximiert den Nutzen der Individuen. Wie sieht die optimale Politik aus? 2
3 Entscheidend: Kann ZB sich auf eine Politik binden? Betrachte Indierenzkurven, d.h. (π, u) Kombinationen, die das gleiche Verlustniveau bedeuten. Dierenzieren von (2): 0 = 2πdπ + 2udu (3) dπ du = u π (4) s. Abb: Indierenzkurven sind konkav und Verlust in süd-westlicher Richtung abnehmend. Langfristig ist u = u n und Optimum mit glaubwürdiger Bindung daher: π = 0, u = u n s. Punkt A in der Abb. 3
4 Abbildung: Zeitkonsistente Geldpolitik 4
5 Aber Ankündigung π = 0, u = u n nicht glaubwürdig; kurzfristig kann ZB durch Überraschungsination Arbeitslosigkeit senken (s. Punkt Ü). Formal: Für gegebene Inationserwartungen minimiert ZB min π,u L = π 2 + u 2 (5) u.d.b. π = π e (u u n ) (6) Auösen von (6) nach u und einsetzen in (5): min π L = π 2 + (u n + π e π) 2 Optimale Inationsrate: Setze Ableitung dl/dπ = 0: dl dπ = 2π 2(u n + π e π) = 0 5
6 Auösen nach π gibt kurzfristig optimale Inationsrate: π = u n + π e 2 (7) Also für u n = 0.06 und π e = 0 folgt π = ZB würde also 3% Ination statt 0% wählen. Ankündigung von π = 0 ist nicht zeitkonsistent. Teilspielperfektes Gleichgewicht: Individuen bilden Erwartungen korrekt und ZB wählt Ination gemäÿ (7): π = u n + π e 2 oder π = u n und π e = π s. Punkt D. 6
7 Im Beispiel ist zeitkonsistente Ination also 6%! Beachte: ZB produziert hier mehr Ination als von den Bürgern gewünscht, obwohl sie gutwillig ist. Problem: kurzfristiger Anreiz, durch Ination Wirtschaft anzukurbeln. Wenn Ankündigung von null Ination glaubwürdig wäre, würden sich alle besser stellen. 7
8 Glaubwürdige Politik: Zentralbank kann durch Aufbau von langfristiger Reputation versuchen, Glaubwürdigkeit zu erreichen. Wahl eines konservativen Zentralbankers: Bestimme jemanden mit hoher Inationsaversion. Ination sinkt bei gleichbleibender Arbeitslosigkeit. Unabhängigkeit der ZB: Anreiz zur kurzfristigen Abweichung von niedriger Ination geringer. Empirisch zeigt sich, dass Unabhängigkeit der ZB langfristig Ination senkt (s. nächste Folie). 8
9 Abbildung: Zentralbankunabhängigkeit und Ination 9
10 6.2. Kosten der Ination Durchschnittliche Inationsrate in OECD Ländern. 1981: 10.5%, 1990: 6.2%, 2003: 2.0%. Was sind die Kosten moderater Ination? Schuhleder-Kosten. Höhere Ination höhere Nominalzinsen höhere Kosten der Geldhaltung. Individuen reduzieren Geldhaltung und gehen deshalb öfter zur Bank. Steuerverzerrungen. Bei progressivem Steuersystem steigt durchschnittliche und Grenzbelastung mit dem Nominalwert der Steuerbasis. Höhere Ination höhere Verzerrungen. 10
11 Geldillusion: Individuen treen Entscheidungen auf Basis von nominalen statt realen Gröÿen. Das führt zu systematischen Fehlern. Bsp. Befragung zur Geldillusion: A,B,C kaufen ein Haus für je Euro und verkaufen es nach einem Jahr bei unterschiedlicher allgemeiner Preisentwicklung. 1. A verkauft für bei 25% Deation. 2. B verkauft für bei konstantem Preisniveau. 3. C verkauft für bei 25% Ination. Wer hat das beste Geschäft gemacht? 11
12 Volatilität der Ination. Wenn höhere durchschnittliche Ination auch zu hoher Variation führt Kosten der Unsicherheit. Nutzen der Ination: Seignorage Gewinne. Gewinne durch Geldschöpfung (vermutlich gering bei moderater Ination). Möglichkeit negativer Realzinsen. Da Nominalzins nicht unter null sinken kann, erlaubt höhere Ination (d.h. höherer Nominalzins) bei gegebenem Realzins eine stärkere Senkung der Realzinsen. 12
13 Geldillusion: Individuen sind eher bereit sinkende Reallöhne zu akzeptieren, wenn Nominallöhne mindestens konstant bleiben Argument für Ination: Bsp. 1: Nominallohn sinkt um 3% bei 0% Ination. Bsp. 2: Nominallohn steigt um 1% bei 3% Ination. Dies wird eher akzeptiert. Fazit: was ist die optimale Inationsrate? Eher 0% oder 3% oder höher? Pragmatischer Ansatz: Zentralbanken scheinen 2% Ination akzeptabel zu nden. 13
14 6.3. Geldpolitische Konzepte Frühere Politik von Zentralbanken (insb. Bundesbank): Ziel für die Wachstumsrate der Geldmenge (Geldmengensteuerung). Aber: Zusammenhang zwischen Geldmenge (M1 Bargeld und Sichteinlagen) und Ination nicht besonders eng. Grund: Schwankungen der Geldnachfrage. Bsp.: Zahlungsgewohnheiten ändern sich. Wenn z.b. Individuen anfangen Kreditkarten zu nutzen und sich Geldnachfrage und Geldangebot verringern, bleiben Preisniveau trotz gesunkener Geldmenge konstant. 14
15 Abbildung: M1-Wachstum und Ination 15
16 Andere Geldmengenaggregate z.b. M3 umfasst auch liquide Termin- und Spareinlagen sowie Gelmarktpapiere und -fondsanteile und Repogeschäfte. Zusammenhang mit Ination ist zwar enger aber auch nicht perfekt. Zudem hat EZB weniger Kontrolle über diese Aggregate: Wenn z.b. Anleger statt Aktien Geldmarktfonds kaufen, steigt M3. EZB kann und sollte aber nichts dagegen tun: Kaufkraft bleibt gleich; Geldmenge kein Ziel an sich. 16
17 Inationsziele und Zinsregeln Seit 90er Jahren: Zentralbanken verfolgen Inationsziele mit Hilfe von Zinsregeln. Wie verfolgt die ZB ein bestimmtes Inationsziel? Taylor-Regel: i t = i + a(π t π ) b(u t u n ) (8) π : Inationsziel, i : Zinsziel (hängt mittelfristig von π ab), u n : natürliche Arbeitslosenquote. a, b > 0: relatives Gewicht von Ination und AL. 17
18 Bsp.: Wenn π t > π, sollte ZB Nominalzins erhöhen. Das führt zu sinkender Ination und steigender Arbeitslosigkeit. Taylor-Prinzip: a sollte gröÿer eins sein: Wenn Ination steigt, muss ZB Nominalzins noch stärker erhöhen, damit Realzins steigt (r = i π); denn sonst käme es zu einer Expansion. Wenn u t > u n : ZB solle Nominalzins senken sinkende AL und steigende Ination. 18
19 Fragen: 1. Wie hoch ist u n? (Schätzungen sind unsicher) 2. Sollte Regel auch künftige Erwartungen beinhalten? Vermutlich ja, aber dann wird sie schwerer verständlich. 3. Sollte Regel zusätzliche Variablen beinhalten? Wenn z.b. Wechselkurs steigt, sinkt aggregierte Nachfrage. Nominalzins sollte sinken. 19
20 Inationsziele in der Praxis NZ, CAN, UK: Zentralbanken verfolgen explizites Inationsziel. Ziel wird oziell bekanntgegeben. ZB legen groÿen Wert auf stabile Ination. Transparenz der Entscheidungen und Zentralbanker haftbar gemacht. NZ: Zentralbank-Gouverneur kann entlassen werden, wenn vereinbarte Ziele nicht erreicht werden. Nutzen dieser Politik: Inationserwartungen sollen verstetigt werden. Publikum soll Geld- und Wirtschaftspolitik besser verstehen, Politik insg. transparenter werden. 20
21 6.4. Geldpolitik seit Beginn der 1980er Jahre Taylor (2007): seit Anfang der 80er: 1. geringere Inationsraten, geringere Output- und Inationsvolatilität (great moderation). S. Abb. 2. Änderung der Geldpolitik (great regime shift): 2.1 gröÿeres Augenmerk auf Inationsbekämpfung; Fokus auf Inationszielen 2.2 gröÿere Bedeutung von klaren geldpolitischen Regeln und Transparenz der Entscheidungen 2.3 stärkere Reaktionen der Taylor-Regeln auf Makroökonomie: Bsp. der Inationskoezient ist von ca. 0,75 auf ca. 1,5 gestiegen. 21
22 Figure 1. Decline in the Volatility of the Growth Rate of Real GDP Abbildung: BIP Wachstum in den USA 22
23 Abbildung: Ination Figure 3. CPI Inflation Rates: Five-Year Moving Averages Source: IMF World Economics Outlook, April 2006, Figure
24 Figure 5. Evidence of a Regime Shift in the Early 1980s Source: Cecchetti, Hooper, Kasman, Schoenholtz, Watson (2007) Abbildung: Wechsel der Geldpolitik in den 80ern 24
25 3. seit Ende der 70er Änderung der Geldtheorie (great awakening) 3.1 Modelle mit rationalen Erwartungen und rigiden Preisen: besseres Verständnis des Zusammenhangs von Geldpolitik und makroöknomischen Variablen 3.2 Modelle der Zeitinkonsistenz/Reputation von Geldpolitik Evidenz: geänderte Geldpolitik war mitverantwortlich für bessere makroökonomische Performance. Änderungen der Geldtheorie war mitverantwortlich für bessere Geldpolitik (z.b. Mitschriften von ZB meetings). Taylors Fazit: better living through monetary economics. 25
Konjunktur Phillips-Kurve. Lit.: Blanchard/Illing, Kap. 6, 8; Mankiw, Kap. 13; Romer, Kap. 5
4.3. Phillips-Kurve Lit.: Blanchard/Illing, Kap. 6, 8; Mankiw, Kap. 13; Romer, Kap. 5 Politik möchte Ination und Arbeitslosigkeit niedrig halten, aber es existiert vermutlich ein Zielkonikt. Gibt es eine
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