Anreizwirkungen der Besteuerung Ersparnis. Lit: Keuschnigg, Kap. VIII
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- Helge Albrecht
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1 2.2. Ersparnis Lit: Keuschnigg, Kap. VIII Konsument lebt zwei Perioden (Erwerbsphase und Ruhestand) und hat exogenes Einkommen w 1, w 2 in Periode 1,2. Nutzenfunktion deniert über Konsum in Periode 1 und 2: U(C 1, C 2 ) wobei U i > 0 > U ii, i = 1, 2 mit U i U/ C i. Es gibt einen perfekten Kapitalmarkt, auf dem Haushalte zum Bruttozins r sparen (S) oder sich verschulden können. Zinseinkommen werden mit τ besteuert. Budgetrestriktionen in Periode 1 und 2: C 1 = w 1 S (1) C 2 = w 2 + (1 + (1 τ)r)s (2) Rainald Borck 1
2 Aus (1) und (2) folgt intertemporale Budgetrestriktion C 1 + pc 2 = w 1 + pw 2 M, mit p = (1 τ)r (3) Mit p wird der Preis des zukünftigen Konsums bezeichnet. Haushalt maximiert U(C 1, C 2 ) unter Nebenbedingung (3): V (p, M) = max C 1,C 2 U(C 1, C 2 ) + λ(m C 1 pc 2 ) (4) B.e.O.: U 1 λ = 0 (5) U 2 λp = 0 U 2 U 1 = p (6) Rainald Borck 2
3 Aus (6) und (3) folgen die optimalen Nachfragen, C 1 (M, p), C 2 (M, p) und mit (1) die optimale Ersparnis S(M, p). Duales Problem: Minimiere Ausgaben c 1 + pc 2 unter der Nebenbedingung, dass mindestens Nutzenniveau u erreicht wird: e(p, u) = min c 1 + pc 2 + µ(u U(c 1, c 2 )) (7) c 1,c 2 Ergebnis der Minimierung sind die kompensierten Nachfragen, c i (p, u) und die Ausgabenfunktion e(p, u). Rainald Borck 3
4 C 2 C* 2 u w 2 S* C* 1 w 1 M=e(p,u) C 1 Abbildung: Optimale Ersparnis Rainald Borck 4
5 Eekte der Zinsbesteuerung 1 Einkommenseekt: Bei gegebenem Lebenszeitvermögen M (grasch: Drehung der Budgetgeraden um M) führt sinkender Nettozins zu geringerem Einkommen (jeder Euro Ersparnis bringt geringeren Ertrag und Haushalte werden daher ärmer). C 1, C 2, S(= w 1 C 1 ) (A B). 2 Substitutionseekt: durch den sinkenden Nettozins (p ) führt eine höhere Zinssteuer zu geringerem Zukunftskonsum und sinkender Ersparnis (B D). 3 Vermögenseekt: Wenn w 2 > 0 erhöht die Zinsbesteuerung M: Barwert des Vermögens steigt: C 1, C 2, S (D E) 4 Gesamteekt ist unklar. Rainald Borck 5
6 C 2 A w 2 B D E u EE w 1 M M' C 1 SE VE Abbildung: Zinsbesteuerung und Ersparnis Rainald Borck 6
7 Beispiel Betrachte logarithmische (Cobb-Douglas-) Nutzenfunktion U = log C 1 + log C 2. Es sei w 2 = 0. Optimierungsproblem: max C 1,C 2 [log C 1 + log C 2 ] NB: C 1 = w 1, C 2 = (1 + (1 τ)r)s (8) max [log(w 1 S) + log(1 + (1 τ)r)s] (9) S max [log(w 1 S) + log(1 + (1 τ)r) + log S](10) S B.e.O.: 1 w 1 S + 1 S = 0 (11) Rainald Borck 7
8 Aus B.E.O. folgt S = w 1 2 (12) Einkommenseekt und Substitutionseekt heben sich gerade auf und Ersparnis ist unabhängig vom Nettozins und damit von der Zinsbesteuerung. Für w 2 > 0 wirkt der Vermögenseekt: S fällt mit sinkendem Nettozins. Rainald Borck 8
9 Überschussbelastung der Zinsbesteuerung Nutzeneinbuÿe durch die Zinsbesteuerung (vgl. Abb.): Berechne die Äquivalente Variation (EV): Pauschalsteuer, die zur selben Nutzeneinbuÿe führt wie die Zinsbesteuerung. Grasch: Barwert der EV ist der Abstand zwischen der ursprünglichen Budgetgerade und der dazu parrallel verschobenen Budgetgerade, die zum selben Nutzen u 1 führen würde, das HH nach Zinsbesteuerung erreicht (EG). Barwert der Steuereinnahmen bei Zinsbesteuerung: horizontaler Abstand ED. Wohlfahrtsverlust: DW L = EV T = EG ED = DG. Rainald Borck 9
10 C 2 u 0 u 1 A G D E e(p 1,u 1 ) M=e(p 0,u 0 ) C 1 Abbildung: Überschussbelastung der Zinsbesteuerung Rainald Borck 10
11 Quantitative Abschätzung Boskin (1974): Zinselastizität der aggregierten Ersparnis gleich 0.4; andere Studien schätzen Elastizitäten nahe null. Zinsbesteuerung hat demnach keine dramatischen Eekte auf Ersparnis. Aber daraus folgt nicht, dass kein Wohlfahrtsverlust entsteht, da hierfür die kompensierte Elastizität relevant ist. Da Einkommenseekt dem Substitutionseekt entgegen wirkt, ist kompensierte Elastizität eher höher und Wohlfahrtsverlust kann substantiell sein. Rainald Borck 11
12 Scheingewinnbesteuerung Kaufkraft hängt vom Realzins ab, aber nach Nominalwertprinzip werden Nominalzinsen besteuert. Bei Ination kommt es daher durch Besteuerung zu einer erhöhten Belastung des Realzinses. Sei r der Realzins und π die Inationsrate. Nominalzins ist r + π, Nominalzins nach Steuer (1 τ)(r + π) und Netto-Realzins r n = (1 τ)(r + π) π. Relativer Preis des Zukunftkonsums ist p = r n = (1 τ)r τπ (13) Rainald Borck 12
13 Höhere Ination verringert c.p. den Netto-Realzins und führt so zu einem höherem Preis des Zukunftkonsums und verminderten Sparanreizen. Bsp.: Sei r = 0.04, π = 0.01, τ = 0.3. Nominalzins ist 5%. Netto-Realzins ist r n = (1 0.3)( ) 0.01 = Bei Null-Ination wäre der Nettozins (1 0.3) 0.04 = oder 2.8 % also 0.3 Prozentpunkte höher. Ination führt zu Scheingewinnbesteuerung: der Keil zwischen Realzins vor und nach Steuern ist und der eektive Steuersatz τ eff = r rn r = = (14) also 37.5% statt des nominalen Steuersatzes von 30%. Rainald Borck 13
14 Vermögensbesteuerung Ersparnis bedeutet zukünftiges Vermögen. Wenn Vermögen mit Satz τ w besteuert wird, kommt es zu einer Doppelbesteuerung der Ersparnis. Bei Zinsertragsteuer mit Satz τ r und Vermögensteuer mit Satz τ w ist Nettozins r n = 1 + (1 τ r )r τ w. Man könnte alternativ nur Zinsen mit Satz τ r besteuern oder nur Vermögen mit Satz τ w ; dies wäre äquivalent für (1 τ r )r = r τ w τ r = τ w /r (15) bspw. wäre bei r = 0.05 und τ w = der Nettozins r τ w = oder 4.5%. Dies wäre äquivalent zu einem Zinssteuersatz von τ r = 0.1 oder 10%. Problem: Vermögensteuer muss auch gezahlt werden, wenn gar keine Erträge anfallen: deshalb wird sie als Sollertrag- oder Substanzsteuer bezeichnet. Rainald Borck 14
15 Ausgabensteuer Traditionelle EK-Steuer nach der Schanz-Haig-Simons-Doktrin oder Reinvermögenszugangstheorie: Ersparnisse erhöhen das Vermögen und werden deshalb besteuert. Ausgabensteuer oder sparbereinigte Zinssteuer: es werden nur Konsumausgaben besteuert. Berechnung der Bemessungsgrundlage entweder als Summe der Konsumausgaben oder als Einkommen Ersparnisse. Steuerzahlungen des Konsumenten bei Steuersatz t C : T 1 = t C C 1, T 2 = t C C 2 (16) Rainald Borck 15
16 Die daraus resultierenden Budgetrestriktionen sind (1 + t C )C 1 = w 1 S (17) (1 + t C )C 2 = w 2 + (1 + r)s (18) Durch Auösen und Einsetzen erhalten wir die intertemporale Budgetrestriktion ( (1 + t C ) C 1 + C ) 2 = w 1 + w 2 (19) 1 + r 1 + r Der relative Preis p = 1/(1 + r) wird also nicht verzerrt! Rainald Borck 16
17 Folgerung: Ausgabensteuer (oder allgemeiner eine allgemeine Konsumsteuer) wirkt wie eine Lohnsteuer. Sie verzerrt nicht die intertemporalen Konsumentscheidungen, wohl aber die Konsum/Freizeitwahl. Ob sie daher ezienter als eine EK-Steuer mit Zinsbesteuerung ist, ist nicht a priori klar, aber es gibt Ökonomen, die für Übergang zu Konsumsteuern plädieren. Rainald Borck 17
18 Erbschaftsteuer Groÿe Vermögen werden durch Erbschaft übertragen: Sparen aus Vererbungsmotiv ist empirisch bedeutsam. Eekte der Erbschaftsbesteuerung: betrachte Hausalt mit Nutzen aus eigenem Konsum C t und dem Einkommen der Kinder, B t+1 : U(C t, B t+1. Der Haushalt hat Einkommen w t (inklusive möglicher Erbschaft von den Eltern). Erbschaftsparen: S t = w t C t (20) Erbschaft wird verzinst (mit Faktor R = 1 + r ) und mit Steuersatz t B versteuert: B t+1 = (1 t B )RS t (21) Rainald Borck 18
19 Haushaltproblem: max U(C t, B t+1 u.d.b. C t + B t+1 (1 t B )R = w t (22) Analyse wie oben: Erbschaftsteuer verursacht Substitutionsund Einkommenseekt; ob Erbschaften mit Steuersatz zuoder abnehmen ist empirisch unbestimmt. Erbschaftsteuer führt zu einem Wohlfahrtsverlust: Obwohl man dem Erbschaftsfall nicht entgehen kann, kann man die Erbschaft anpassen es entsteht ein Substitutionseekt. Rainald Borck 19
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