9. Politische Ökonomie
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- Martin Richter
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1 9. Politische Ökonomie Fragestellung: Wie werden Ausgabenentscheidungen in Demokratie getroen? Annahme hier: Wähler entscheiden direkte Demokratie. Honung, dass Entscheidungsprozess vernünftige Eigenschaften hat. Arrow (1961): Es nicht Entscheidung möglich, nichtdiktatorische Entscheidungsregeln zu nden, die bestimmten Anforderungen genügt. Rainald Borck 1
2 9.1. Wahlverfahren Demokratie: Wahlen entscheiden über die zu implementierende Politik. Wahlverfahren bestimmt, wie individuelle Präferenzen aggregiert werden, d.h. welche Alternative gegeben die Präferenzen der Wähler gewählt wird. Wahlergebnis ist abhängig vom Wahlverfahren! Es gebe n Wähler; die Menge der Alternativen, aus denen ausgewählt wird ist X. Individuelle Präferenzen i (Wähler i zieht x gegenüber y vor); gesellschaftliche Präferenz. Präferenzen (individuell und kollektiv) sollen vollständig und transitiv sein. Rainald Borck 2
3 Bsp. es gibt 4 Alternativen, w, x, y, z und 4 Gruppen von Wählern mit folgenden Präferenzen: Typ A B C D Anzahl w x y x 2. x w z z 3. z z w w 4. y y x y Rainald Borck 3
4 Pluralitätswahl Individuen stimmen für ihre bevorzugte Alternative. Die Alternative mit den meisten Stimmen gewinnt. Im Beispiel bekommt y 9 Stimmen, x 6 und w 4. y gewinnt. Beachte: Für die Mehrheit ist y die schlechteste Alternative. Rainald Borck 4
5 Borda-Regel Individuen vergeben Punkte nach der Rangzahl der Alternativen in ihrer Präferenzordnung: 4 Punkte für die beste Alternative, 3 für die zweitbeste... Die Alternative mit der höchsten Punktzahl wird gewählt. Das Wahlergebnis ist bei der Borda-Regel: w 50 Punkte, x 45 Punkte, y 46 Punkte und z 49 Punkte. w gewinnt. Rainald Borck 5
6 Stichwahl 2 Stufen: in Stufe 1 stimmen Individuen für ihre bevorzugte Alternative; wenn eine Alternative mehr als 50% der Stimmen erhält, gewinnt sie. Wenn nicht, treten die beiden Alternativen mit den meisten Stimmen in einer Stichwahl gegeneinander an. Die Alternative, die in der Stichwahl die meisten Stimmen bekommt, gewinnt. Im Beispiel treten x (6 Stimmen) und y (9) gegeninander an und x gewinnt mit 10:9 Stimmen. Rainald Borck 6
7 Einfache Mehrheitsregel Betrachte die einfache Mehrheitsregel: es wird paarweise über alle möglichen Alternativen abgestimmt. Man nennt eine Alternative Condorcet-Gewinner, wenn sie gegen alle anderen Alternativen gewinnt. Problem: Bei mehr als 2 Alternativen kann es sein, dass kein Condorcet-Gewinner existiert. Einfache Mehrheit führt dann nicht zu einer konsistenten Entscheidung. Rainald Borck 7
8 Bsp.: 3 Alternativen x, y, z, 3 Individuen A, B, C mit folgenden Präferenzen: x A y A z y B z B x z C x C y Abstimmung: x schlägt y, y schlägt z, und z schlägt x. Dies ist das Condorcet-Paradox: es entstehen zyklische Mehrheiten und man ndet kein eindeutiges Abstimmungsergebnis. Rainald Borck 8
9 Was passiert bei zyklischen Mehrheiten: Bei Abstimmung im Parlament wird typischerweise eine endliche Abstimmungsfolge festgelegt, so dass Zyklen selten auftreten (z.b. x gegen y und der Gewinner gegen z). Aber dann kann Agenda settter das Abstimmungsergebnis durch Festlegung der Reihenfolge manipulieren. Z.B.: Bei obiger Reihenfolge gewinnt x gegen y und z gegen x: z wäre der Gewinner. Bei Abstimmung von y gegen z und Gewinner gegen x würde y gegen z gewinnen und dann x gegen y: x wäre Gewinner. Bei eindimensionalen Entscheidungen (z.b. Höhe des Budgets) lassen sich Einschränkungen nden, die ein nicht-zyklisches Ergebnis sichern, aber bei mehrdimensionalen Entscheidungen (Höhe und Zusammensetzung des Budgets) ist dies extrem unrealistisch. Rainald Borck 9
10 9.2. Arrows Unmöglichkeitstheorem Arrow: vernünftige Anforderungen an eine gesellschaftliche Entscheidungsregel: (U) Universelle Gültigkeit: Entscheidungsregel ist für alle logisch denkbaren Kombinationen individueller Präferenzordnungen deniert. (I) Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen: Die gesellschaftliche Entscheidung zwischen x und y hängt nur von den individuellen Präferenzen über x, y ab. (P) Pareto-Prinzip: Wenn x i y i x y. (D) Nicht-Diktatur: Es gibt kein Individuum i so dass für alle Kombinationen individueller Präferenzordnungen und alle Paare x, y gilt: x i y x y Rainald Borck 10
11 Theorem (Arrow 1951) Sei n 3 und enthalte X mindestens 3 Elemente. Dann gibt es keine gesellschaftliche Entscheidungsregel, die die Bedingungen U, I, P und D erfüllt. Bsp. einfache Mehrheitsregel: erfüllt U,I,P,D aber ist nicht transitiv (s.o.). Bsp. Borda-Regel: Ist transitiv und erfüllt U,P,D, aber nicht I. Rainald Borck 11
12 9.3. Eingipige Präferenzen und Medianwählertheorem Denition: Präferenzen sind eingipig, wenn jeder Wähler einen Idealpunkt x i hat und es gilt z > y > x i x i y i z (1) z < y < x i x i y i z (2) S. Abb. Rainald Borck 1
13 U U U 1 U 2 U i U 3 x x Eingipflige Präferenzen Mehrgipflige Präferenzen Abbildung: Eingipige/mehrgipige Präferenzen Rainald Borck 2
14 Theorem Wenn alle Wähler eingipige Präferenzen haben, existiert bei Abstimmung mit einfacher Mehrheit eine Alternative, die alle anderen Alternativen schlägt, und zwar der Median der Idealpunkte x M. Beweis: Aus Denition des Median folgt, dass es genau 50% der Wähler gibt, die Idealpunkte x i > x M haben. Wegen Eingipigkeit stimmen diese 50% plus der Medianwähler für x M gegen irgendein x < x M. Analog stimmen 50% plus der Medianwähler für x M gegen jedes x > x M. Fazit: Es gibt kein x, das gegen x M eine Mehrheit bekommt. Rainald Borck 3
15 Öentliche Güter Betrachte Individuen mit konkaver Nutzenfunktion u(g, x i ) deniert über den Konsum öentlicher Güter (G) und privater Güter (x). Individuen haben identische Präferenzen aber unterschiedliche Einkommen; Verteilungsfunktion ist F (y i ). Finanzierung des öentlichen Guts erfolgt über eine Kopfsteuer T pro Individuum. Individuelle Budgetrestriktion: x i = y i T (3) Mit N Individuen in der Gesellschaft ist staatliche Budgetrestriktion: NT = G (4) Rainald Borck 1
16 Einsetzen in (3) ergibt das Optimierungsproblem für Wähler i: Wähle G so, dass max u(g, x), y i = x i + G N (5) Aus Konkavität der Nutzenfunktion folgt, dass die Indierenzkurven der Wähler konvex sind (s. Abb.). Damit ist Eingipigkeit erfüllt und das Medianwählertheorem gilt. Ohne weitere Kenntnis der Präferenzen würden wir nur wissen, dass bei einer Abstimmung mit einfacher Mehrheit die Medianmenge G M gewählt wird. Rainald Borck 2
17 Wenn G ein normales Gut ist, steigt die optimale Menge G(y i ) in y i. Dann ist die Medianmenge die optimale Menge des Wählers mit Medianeinkommen: mit F (y M ) = 1/2. G M = G(y M ) (6) Vergleich dieser Menge mit der Samuelson-Lösung: wird durch die Abstimmung zu viel oder zu wenig bereit gestellt? Rainald Borck 3
18 Medianwähler löst max u(g, y M G N ) (7) B.e.O.: u G u x 1 N = 0 (8) oder MRS M = 1 N (9) Vergleiche mit der Samuelson-Bedingung: ug u x = 1 (10) oder MRS = 1 N (11) Rainald Borck 4
19 Ergebnis Das Abstimmungsergebnis bei einfacher Mehrheitswahl führt genau dann zu einer ezienten Allokation, wenn der Median der marginalen Zahlungsbereitschaften gleich der durchschnittlichen marginalen Zahlungsbereitschaft ist. Rainald Borck 5
20 Unter bestimmten Bedingungen (z.b. mit Cobb-Douglas Nutzenfunktion) ist dies genau dann der Fall, wenn das Medianeinkommen gleich dem Durchschnitt ist: y M = ȳ Dementsprechend ist die Bereitstellung niedriger (höher) als ezient wäre, wenn y M < (>)ȳ. Beachte: dies hängt von der Form der Finanzierung und Nutzenfunktion ab. Z.B. mit einer Einkommensteuer können je nach Präferenzen, ärmere Bürger für eine höhere Bereitstellung stimmen als reichere. Rainald Borck 6
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