Schriftliche Kleine Anfrage

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1 BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/ Wahlperiode Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom und Antwort des Senats Betr.: Gebietsfreistellungen/Freistellungsgebiete für Sozialwohnungen In Reaktion auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE zum Thema Gebietsfreistellungen bei Sozialwohnungen (Drs. 20/10649 vom ) ist eine Diskussion über die Verlängerung der Gebietsfreistellungen in Mümmelmannsberg, Neuallermöhe-West, Steilshoop und Wilhelmsburg mithin über den Bevölkerungsmix in diesen benachteiligten Quartieren beziehungsweise Stadtteilen entstanden. Unabhängig davon, ob es in bestimmten Situationen und Phasen ausreichende Begründungen für Einzel- oder gar Gebietsfreistellungen gibt, ist der Umstand, dass gut 21 Prozent des gesamten Sozialwohnungsbestandes in Hamburg potenziell den Bevölkerungsgruppen mit wenig Einkommen entzogen sind, doch alarmierend und sozialpolitisch desaströs. Denn damit wird der Mangel an günstigen Wohnungen in Zeiten der Wohnungsnot weiter verschärft, wie die Zahlen der unversorgten Haushalte mit Dringlichkeitsschein beziehungsweise Dringlichkeitsbestätigung unterstreichen. Die erneute Verlängerung der Freistellungsgebiete zum Teil nach mehreren Jahrzehnten bis 2015 (für Mümmelmannsberg, Neuallermöhe-West und Steilshoop) beziehungsweise 2020 (für Wilhelmsburg) bedarf daher dringend einer öffentlichen Debatte. Um diese angemessen führen zu können, sind jedoch weitere Daten vonnöten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die in der Vorbemerkung angesprochene Verlängerung der Freistellung für Wilhelmsburg erfolgte bereits im Jahr 2007 aufgrund des bürgerschaftlichen Ersuchens aus Drs. 18/2298, das mit der Drs. 18/6269 beantwortet worden ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften von SAGA GWG und der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) wie folgt: 1. Die Stadtteile Mümmelmannsberg, Neuallermöhe-West, Steilshoop und Wilhelmsburg sind sogenannte Freistellungsgebiete. Dort können Sozialwohnungen auch an Menschen vergeben werden, die keinen Wohnungsberechtigungsschein haben. a. Wie viele Wohnungen insgesamt gibt es jeweils in diesen vier Stadtteilen? Mümmelmannsberg: ca , Neuallermöhe-West: 9.187, Steilshoop: ca , Wilhelmsburg:

2 Drucksache 20/11382 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Quelle: Für Neuallermöhe-West und Wilhelmsburg: Statistikamt Nord, Hamburger Stadtteil- Profile 2013, Stichtag 31. Dezember Für Steilshoop und Mümmelmannsberg: Schätzung BSU. Der Wohnungsbestand wird kleinräumig auf Ebene der Baublöcke nicht jährlich fortgeschrieben. b. Wann laufen die WA- beziehungsweise WS-Bindungen in den vier Gebietsfreistellungsgebieten jeweils aus? Die WA- und WS-Bindungen laufen gemäß der als Anlage beigefügten Tabelle aus. c. Wie viele Wohnungen in den vier Freistellungsgebieten insgesamt sind jeweils im Besitz i. der SAGA GWG, Großwohnsiedlung Mümmelmannsberg SAGA GWG eigener Bestand: Stadtteil Neuallermöhe-West SAGA GWG eigener Bestand: 148 Stadtteil Steilshoop SAGA GWG eigener Bestand: Stadtteil Wilhelmsburg SAGA GWG eigener Bestand: FHH Bestand in Verwaltung: 20 ii. iii. von Genossenschaften, von anderen Wohnungsunternehmen? Angaben über den Gesamtbestand der Genossenschaften beziehungsweise der sonstigen Eigentümer in den genannten Gebieten liegen der zuständigen Behörde nicht vor. Angaben zum Sozialwohnungsbestand dieser Eigentümergruppen siehe Drs. 20/ d. Welche der unter c. genannten Unternehmen haben im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit der Freien und Hansestadt Hamburg die Möglichkeit, innerhalb ihres Bestandes Bindungstausche vorzunehmen? SAGA GWG sowie die zehn Genossenschaften können im Rahmen der geschlossenen Kooperationsverträge geförderte Wohnungen flexibel belegen (siehe 11 Absatz 3 Nummer 3 in Verbindung mit 20 Hamburgisches Wohnraumförderungsgesetz HmbWoFG). Ein Bindungstausch (Übertragung von Bindungen von geförderten auf nicht geförderte Wohnungen, siehe 21 HmbWoFG) findet im Rahmen der Verträge nicht statt. 2. Die Notwendigkeit der Nutzung des Sozialwohnungsbestandes für die Berechtigten ergibt sich aus mehreren Gründen: Zum einen wurden diese Wohnungen mit öffentlichen Geldern für genau diesen Zweck erstellt. Zum anderen übersteigt der Bedarf das Angebot: 41 Prozent aller Hamburger Haushalte (rund Haushalte) sind aufgrund ihrer Einkommenssituation förderberechtigt und könnten eine Sozialwohnung des ersten Förderweges beziehen. Über Haushalte mit Dringlichkeits- 2

3 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/11382 schein oder -bestätigung sind seit Jahren unversorgt. Ein Blick in die Fachanweisung über die Versorgung von vordringlich Wohnungssuchenden mit Wohnraum zeigt, dass es sich bei den Anspruchsberechtigten um einen bunten Mix aus der Bevölkerung handelt: auf den Rollstuhl angewiesene sowie sonstige Personen mit Behinderungen, Kranke und ältere Personen (Nummer 3.3), misshandelte und von Misshandlungen bedrohte Personen (Nummer 3.4), Personen (mit Kindern) in instabilen Familienverhältnissen (Nummer 3.5), sonstige Räumungsbetroffene, Notfälle (Nummer 3.8), Unterbringungsfälle aus Dienst-/Werkdienstwohnungen (Nummer 3.9), Fälle von unzureichender Unterbringung von Haushalten mit Kindern. a. Teilt der Senat die Auffassung, dass die genannten Gruppen sehr heterogen sind und nicht unterstellt werden kann, dass die Vergabe einer bestimmten Anzahl von Wohnungen an diese Gruppen ein Wohngebiet destabilisiert? Die Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Im Falle der Gebiete Mümmelmannsberg, Neuallermöhe-West, Steilshoop und Wilhelmsburg hat die zuständige Behörde jeweils aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen Freistellungen ausgesprochen, um die Überforderung von Nachbarschaften beziehungsweise Quartieren zu verhindern. b. Wie lässt sich eine Gebietsfreistellung mit den ersten beiden Sätzen in der Fachanweisung über die Versorgung von vordringlich Wohnungssuchenden mit Wohnraum In den verschiedenen Wohnungsbauprogrammen des Senats sind zahlreiche Sozialwohnungen gefördert worden, die für anerkannt vordringlich Wohnungssuchende vorgesehen sind. Diese Wohnungen müssen bindungsgerecht belegt werden. vereinbaren? Die Vorgabe aus der genannten Fachanweisung zur bindungsgerechten Belegung von Sozialwohnungen entspricht der Zielsetzung des Hamburgischen Wohnraumförderungsgesetzes (HmbWoFG). Es handelt sich hier um eine Grundsatzregelung, die aber Ausnahmen zulässt. So sind nach 20 HmbWoFG Freistellungen von Belegungsbindungen möglich zum Beispiel aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses, insbesondere an der Schaffung oder dem Erhalt sozial stabiler Bewohnerstrukturen. 3. Mümmelmannsberg und Steilshoop sind laut Senatsangaben seit ca Freistellungsgebiete, Neuallermöhe-West und Wilhelmsburg seit a. Was rechtfertigt eine solche Gebietsfreistellung über circa 37 beziehungsweise 17 Jahre? Die Verbesserung und Stabilisierung der Sozialstruktur insbesondere in Großsiedlungen ist stets ein langwieriger Prozess. b. Welche Kriterien wurden für die Verlängerung der Freistellungsgebiete herangezogen beziehungsweise geprüft? c. Welche Überlegungen beziehungsweise welche Kriterien waren ausschlaggebend für die Verlängerung? d. Aufgrund welcher Erkenntnisse hat der Senat die Verlängerung der Gebietsfreistellungen schließlich beschlossen? 3

4 Drucksache 20/11382 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode e. Welche negativen Auswirkungen hätten sich nach Auffassung des Senats eingestellt, wenn die Gebietsfreistellungen nicht erneut verlängert worden wären? Bei der Entscheidung, ob die bestehenden Freistellungsregelungen verlängert werden sollen, war zwischen dem Versorgungsauftrag einerseits und den soziostrukturellen Erfordernissen der drei Gebiete andererseits abzuwägen. Eine Erörterung der eventuellen Verlängerung der Freistellungsregelung für Mümmelmannsberg, Neuallermöhe- West und Steilshoop im Bündnis für das Wohnen in Hamburg sowie mit den Bezirken im Jahr 2013 hat ergeben, dass erhebliche Zielkonflikte gesehen werden, die kurzfristig nicht ausgeräumt werden konnten. Daher ist zunächst eine Verlängerung um zwei Jahre beschlossen worden, um einen erweiterten zeitlichen Rahmen für die Abwägung und intensive Beratung mit allen beteiligten Akteuren zu schaffen. Im Rahmen dieser Beratung werden auch eventuelle negative Auswirkungen einer Aufhebung der Gebietsfreistellungen erörtert werden. 4

5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/11382 Anlage zu Drs. 20/11382 Frage 1b Bindungsausläufe jeweils Förderweg nach 2023 Mümmelmannsberg Neuallermöhe-West Steilshoop Wilhelmsburg