Zahlen Pensionskassen
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- Leonard Schreiber
- vor 6 Jahren
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Transkript
1 Wert und Bewertung von Immobilien Zahlen Pensionskassen zuviel? Für Schweizer Immobilien werden stolze Preise bezahlt. Wirken Pensionskassen als Preistreiber am Markt? Was ist überhaupt der Wert einer Immobilie und wer bestimmt ihn? Antworten auf aktuelle Fragen von zwei renommierten Immobilienspezialisten. Marie Seiler MRICS, CFA Director, Head Advisory Real Estate PwC Interview (schriftlich): Kaspar Hohler Zahlen Pensionskassen nach Ihrer Einschätzung aktuell zu hohe Preise für Immobilien? Die Rendite eines Objekts wird auf dem Marktwert berechnet. Stimmt es, dass Pensionskassen Abschreiber auf den Einkaufspreisen vornehmen, um die Rendite so quasi schönzurechnen? Nein. Pensionskassen sind definitiv nicht die aggressivsten Käufer auf dem Markt. Unter den Transaktionen, die wir im 2017 als Verkaufsberater begleitet haben, gab es lediglich eine Büroliegenschaft, die an eine grosse Schweizer Pensionskasse verkauft wurde. Dabei lagen die zweit- und drittbietenden institutionellen Investoren so nah an dem finalen Kaufpreis, dass sie den gezahlten Kaufpreis als Marktwert definitiv bestätigten. Das finde ich eine allgemeine und irreführende Aussage, die ich nicht bestätigen kann. Wir beraten viele Pensionskassen beim Kauf von Immobilien und in anderen Bereichen. Deswegen habe ich persönlich Einblick in viele Zahlen der Pensionskassen. Die meisten Transaktionen finden bilateral, abseits des offenen Markts statt. Nach unseren Untersuchungen sind es weniger als 20 Prozent aller Anlageliegenschaften, die via Bieterverfahren verkauft werden. Bei Bieterverfahren ist der Druck auf die Renditen sicher höher, und ich schliesse nicht aus, dass ausnahmsweise eine Pensionskasse oder ein anderer institutioneller Investor einen strategischen Kauf tätigt und eine Wertkorrektur nach der Akquisition vornimmt. Das ist aber absolut nicht der Regelfall. Viele Pensionskassen verfolgen im Immobilienbereich eine Wachstumsstrategie. Das Wachstum findet aber sehr bedacht und meistens ausserhalb der Bieterverfahren statt.
2 Marie Seiler Wer bestimmt den Wert einer Immobilie, der Käufer oder der Bewerter? Weder noch. Der Wert einer Immobilie wird durch die Interaktion zwischen dem Käufer und Verkäufer bestimmt. Dazu kann ich aus dem Swiss Valuation Standard, aus dem Kapitel 4 «Wertbegriffe» zitieren: «Der Preis der Immobilie ist der bei einer Handänderung tatsächlich erzielte Erlös. Er wird durch die spezifischen Rahmenbedingungen und Wertvorstellungen der Transaktionspartner mitbestimmt. In Fällen, in denen nachweislich mehrere Angebote praktisch gleich hoch waren wie dasjenige des Höchstbietenden, entspricht der tatsächliche Kaufpreis mit Sicherheit auch dem Wert der Immobilie.» Diese Formulierung trifft es ziemlich genau und schliesst einen möglichen Ausreisser als Marktwert aus. Sollten die Bewertungsmethoden vereinheitlicht werden oder ist eine Diversität der Ansätze begrüssenswert? Die Bewertungsmethoden sind in der Schweiz bereits weitgehend vereinheitlicht. Die DCF-Methode hat sich in der Schweiz als gängige Praxis etabliert, und die meisten grossen institutionellen Immobilieninvestoren bewerten selbst oder lassen mit dieser Methode Immobilien durch externe Bewerter bewerten. Da wir in der Schweiz nicht genügend öffentlich verfügbare Transaktionsdaten haben, können wir leider den Vergleichswert nicht anwenden. Die Vereinheitlichung wurde hierzulande durch die Umstände bereits früher vorangetrieben.
3 Wie hoch ist der Anteil von Schweizer Pensionskassen am hiesigen Rendite-Immobilienmarkt? Marie Seiler Die aktuellste Statistik ist die Pensionskassenstatistik 2016, die im Dezember 2017 von BFS publiziert wurde. Gemäss BFS haben Pensionskassen im 2016 knapp 19 Prozent des Anlagevermögens in Immobilien investiert und halten entsprechend rund 156 Mrd. Franken in Immobilien. Wenn man Eigenheime ausklammert, werden die meisten Investitionen auf dem Schweizer Immobilienmarkt von Unternehmen für den Eigenbedarf oder von privaten Anlegern getätigt. Die institutionellen Anleger machen einen deutlich kleineren Teil des Markts aus. Sind Pensionskassen die preistreibenden Akteure am Schweizer Immobilienmarkt? Oder sehen Sie andere Käufergruppen in dieser Rolle? Pensionskassen gehören erfahrungsgemäss zu den eher konservativen Akteuren. Preistreibend auf dem Markt sind nicht einzelne Anlegergruppen, sondern die hohe Nachfrage nach Immobilien generell, die fundamental begründet ist. Zusätzlich hat die Professionalität auf dem Schweizer Immobilienmarkt über die letzten 20 Jahre deutlich zugenommen. Entsprechend wiederspiegelt sich der Marktwert der Immobilien stärker in den Portfolios und in der Transaktionslandschaft, als es früher der Fall war.
4 Donato Scognamiglio Prof. Dr. DEO und Partner IAZI AG Interview (schriftlich): Kaspar Hohler Zahlen Pensionskassen nach Ihrer Einschätzung aktuell zu hohe Preise für Immobilien? Ein Preis ist nur zu hoch, wenn ihn niemand bezahlt. Sehr hoch sind aber die Risiken, welche die Pensionskassen mit den aktuellen Preisniveaus auf sich nehmen. Im Tiefzinsumfeld scheint eine Bruttorendite von 3 Prozent zwar attraktiv. Aber selbst wenn der Zins nur ein wenig steigt, hat man sofort hohe Abschreiber auf solchen Objekten. Die Zinssensitivität (Duration) ist also viel höher, als wenn eine Immobilie zu 5 Prozent Bruttorendite gekauft wird. Da zudem Pensionskassen bei Käufen nicht auf Fremdkapital angewiesen sind, werden teilweise hohe Preise für Liegenschaften bezahlt, die die meisten Banken viel konservativer bewerten würden. Kurz: stolze Preise, tiefe Renditen und unterschätzte Risiken. Die Rendite eines Objekts wird auf dem Marktwert berechnet. Stimmt es, dass Pensionskassen Abschreiber auf den Einkaufspreisen vornehmen, um die Rendite so quasi schönzurechnen? Die Renditeberechnung von Immobilien hat verschiedene Aspekte. Gibt es beispielsweise nach dem Kauf einer Immobilie eine Abwertung, so erhöht sich dadurch die Cashflow-Rendite. Allerdings verringert das die Performance, da sich diese aus Cashflow-Rendite und verminderter Wertveränderung zusammensetzt. Ob die Abschreiber mit allfälligen Gewinnen von in der gleichen Periode veräusserten Objekten verrechnet werden, ist nicht entscheidend. Abschreiber dieser Art zeigen auf, dass ein Aufpreis bezahlt wurde, der nicht nachhaltig war. Zukäufe mit unmittelbarer Abwertung führen zu einer Verwässerung der Portfoliorenditen auf Kosten der Versicherten.
5 Donato Scognamiglio Wer bestimmt den Wert einer Immobilie, der Käufer oder der Bewerter? Sowohl Käufer als auch Verkäufer lassen sich von Experten beraten und erstellen ihre Analysen und Marktbewertungen. Im Rahmen der Verhandlungen bestimmen Angebot und Nachfrage, also der Markt, wie stark von den Bewertungen abgewichen wird und bei welchem Preis die Parteien sich finden. Sollten die Bewertungsmethoden vereinheitlicht werden oder ist eine Diversität der Ansätze begrüssenswert? Ziel sämtlicher Methoden ist es, möglichst nahe an den tatsächlichen Transaktionspreis heranzukommen. Die Verwendung von effektiv bezahlten Transaktionspreisen - sei dies zur Berechnung hedonischer Modelle für Renditeliegenschaften oder zur Bestimmung der Diskontsätze im Rahmen der DCF-Methode - empfiehlt und bewährt sich. Eine Vereinheitlichung der Verfahren per se bringt kaum einen Mehrwert. Wichtig ist, dass auf umfassende Marktdaten zugegriffen werden kann, um marktnahe Investitionsentscheidungen zu treffen.
6 Wie hoch ist der Anteil von Schweizer Pensionskassen am hiesigen Rendite-Immobilienmarkt? Gemäss der Pensionskassenstatistik 2016 hatten die Pensionskassen rund 19 Prozent ihres Vermögens von zirka 824 Mrd. Franken in Immobilien investiert. Zusammen mit den Versicherungen und Banken halten sie rund 17 Prozent der vermieteten Wohnliegenschaften und rund 9 Prozent der vermieteten Geschäftsimmobilien. Sind Pensionskassen die preistreibenden Akteure am Schweizer Immobilienmarkt? Oder sehen Sie andere Käufergruppen in dieser Rolle? Auch private Investoren zahlen hohe Preise, sind doch Immobilien trotz aller Zinsänderungsrisiken aufgrund ihrer stetigen Cashflows langfristig nach wie vor attraktiv und begehrt. In den letzten 30 Jahren konnte beispielsweise mit Mehrfamilienhäusern eine jährliche nominale Rendite von rund 4.9 Prozent erzielt werden, die sich aus 4 Prozent Cash Return und 0.9 Prozent Wertsteigerung zusammensetzt. Die eigentliche Preisdynamik ergibt sich aus der weltweit anhaltenden Tiefzinspolitik der Zentralbanken.
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