.13 Lokale Extrema, Monotonie und Konvexität Wir kommen nun zu den ersten Anwendungen der Dierentialrechnung. Zwischen den Eigenschaten einer Funktion, dem Verlau des zugehörigen Graphen und den Ableitungen dieser Funktion bestehen gewisse Zusammenhänge, die im Folgenden analytisch untersucht und geometrisch interpretiert werden sollen. Deinition.13.1: Sei : (a,b) IR eine Funktion. hat in x (a,b) ein lokales Maximum (Minimum), alls ein ε > existiert, so dass gilt: (x ) (x) (bzw. (x ) (x)) ür alle x mit x - x < ε. Trit in der letzten Zeile das Gleichheitszeichen nur ür x = x zu, so nennen wir x ein isoliertes lokales Maximum (Minimum). Neben dem lokalen Maximum bzw. Minimum gibt es das sogenannte absolute Minimum bzw. Maximum. Eine Funktion : D IR hat im Punkt x D ein absolutes Maximum bzw. Minimum, wenn ür alle x D. Abb..13.1 lokales Maximum und Minimum (x ) x (bzw. (x ) x ) Extremum ist der gemeinsame Oberbegri ür Maximum und Minimum. Anstelle von lokalem Extremum spricht man auch von relativem Extremum.
Satz.13.1: Die Funktion : (a,b) IR besitze in x (a,b) ein lokales Extremum und sei an der Stelle x dierenzierbar, dann ist ( x) =. Anschaulich ist dieser Satz leicht einzusehen. Nehmen wir an, besitze im Punkt x ein lokales Maximum, dann muss beim "Anstieg zum Gipel" die Steigung der Tangenten in jedem Punkt des Graphen positiv sein. Beim "Abstieg vom Gipel" ist die Steigung der Tangenten natürlich negativ. Die Steigung der Tangenten wechselt also von positiv nach negativ und muss somit auch Abb..13. Tangentensteigung bei einem lokalen Maximum einmal gleich Null werden. Das ist aber au dem Gipel, d.h. beim Maximum der Fall. Der ormale Beweis dieses Satzes ist genauso einach. Beweis zu Satz.13.1: besitze in x ein lokales Maximum. Dann existiert ein ε >, so dass (x - ε,x + ε) (a,b) und Daraus olgt: (x) (x ) ür alle x (x - ε,x + ε). ( x + ) = lim x x ( x) x x ( x ) ( x) ( x ) und ( x ) = lim. x x x x Da in x dierenzierbar ist, gilt + ( x ) = ( x ) = ( x ); also muss ( x) = sein. Für ein lokales Minimum ist der Satz.13.1 analog zu beweisen. Bemerkung.13.1: (i) Die Bedingung ( x) = ist nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung ür ein lokales Extremum; d.h. aus ( x) = olgt nicht, dass an der Stelle x ein lokales Extremum hat. Für die Funktion : IR IR mit (x) = x 3 gilt z.b. ( ) =, sie besitzt aber in kein lokales Extremum (s. Abb..13.3). Abb..13.3: Kubische Funktion mit Ableitung
(ii) Mit der Bedingung ( x) = erhält man nur die möglichen Extremwerte im Inneren des Deinitonsbereiches. Wie wir wissen, nimmt jede stetige Funktion : [a,b] IR im abgeschlossenen Intervall [a,b] ihr absolutes Minimum oder Maximum an. Dieses Minimum oder Maximum liegt entweder im Inneren des Intervalls [a,b] oder am Rand. Um das absolute Maximum oder Minimum in einem abgeschlossenen Intervall zu ermitteln, müssen also die inneren Extremwerte mit den Randwerten verglichen werden. Beispielsweise nimmt die Funktion : [,1] IR, x ( x ) = x an der Stelle x = ihr absolutes Minimum und an der Stelle x = 1 ihr absolutes Maximum an. Wegen ( x) = 1, gibt es keine inneren Extremwerte. Satz.13.: Sei : [a,b] IR stetig und in (a,b) dierenzierbar. Wenn ür alle x (a,b) gilt: ( x) ( bzw. ( x) >, ( x), ( x) < ), so ist in [a,b] monoton wachsend (bzw. streng monoton wachsend, monoton allend, streng monoton allend). Satz.13.3: Sei : (a,b) IR eine dierenzierbare Funktion. An der Stelle x (a,b) sei zweimal dierenzierbar und es gelte ( x) = und ( x) > ( bzw. ( x o ) < ). Dann besitzt in x ein isoliertes lokales Minimum (bzw. Maximum). Beweis: Sei ( x) > (der Fall ( x) < ist analog zu beweisen). Da existiert ein ε >, so dass Da ( x) =, olgt daraus: x xo ( x ) = lim ( ) ( ) >, x x x x ( x) ( x ) >, ür alle x (x - ε,x + ε). x x ( x) < ü r x ( x ε, x ), ( x) > ü r x ( x, x + ε ).
Nach Satz.13. ist deshalb im Intervall (x - ε,x ) streng monoton allend und im Intervall (x,x + ε) streng monoton wachsend. Damit besitzt in x ein isoliertes Minimum. Bemerkung.13.: Der Satz.13.3 gibt nur eine hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung ür ein isoliertes lokales Extremum. Die Funktion (x) = x 4 besitzt z.b. in x = ein isoliertes lokales Minimum. Es ist aber ( ) =. Für Funktionen, die genügend ot dierenzierbar sind, erhalten wir jedoch die olgende Aussage. Abb..13.4 Graph der Funktion (x) = x 4 Satz.13.4: Die Funktion :[a,b] IR sei im oenen Intervall (a,b) mindestens n-mal dierenzierbar (n ). hat in x ein Extremum, wenn gilt: ( n 1) ( n n ist gerade und ( x ) = ( x) =... = ( x) =, aber ) ( x). Ist ( n ) ( x ) ( n <, so liegt ein isoliertes lokales Maximum vor, ist ) ( x) > ein isoliertes lokales Minimum. Deinition.13.: Sei I IR ein (endliches oder unendliches) Intervall. Eine Funktion : I IR heißt konvex, wenn ür alle x 1, x Ι und alle λ mit < λ < 1 gilt: (λx 1 + (1- λ)x ) λ(x 1 ) + (1 - λ)(x ). Die Funktion heißt konkav, wenn - konvex ist. Die angegebene Konvexitäts- Bedingung bedeutet ür (x 1 < x ), dass der Graph der Funktion im Intervall [x 1,x ] unterhalb der Sekante durch die Punkte (x 1,(x 1 )) und (x,(x )) liegt (s. Abb..13.5). Abb..13.5 Graphische Darstellung der Konvexitätsbedingung
Satz.13.5 Sei I IR ein oenes Intervall und : I IR eine zweimal dierenzierbare Funktion. ist genau dann konvex, wenn ( x) ür alle x Ι Beispiel.13.1: x e e ür alle x IR. (ii) Die Logarithmus-Funktion ist au dem Intervall (,+ ) konkav, da 1 ( ln x) = <. x x (i) Die e-funktion ist konvex au dem Intervall (-,+ ), da ( ) = > Bemerkung.13.3 (i) Ist eine Funktion im Intervall I IR konvex (konkav), so beschreibt der Graph der Funktion im Intervall I eine Linkskurve (Rechtskurve). (ii) An einem Maximum hat der Graph einer Funktion eine Rechtskrümmung, an einem Minimum eine Linkskrümmung. Deinition.13.3: Sei : D IR eine Funktion. hat in x D einen Wendepunkt, wenn der Graph der Funktion sein Krümmungsverhalten ändert (z.b. Übergang von einer Rechts- in eine Linkskrümmung bzw. Wechsel konkav konvex). Satz.13.6: Sei : D IR im Punkt x D dreimal dierenzierbar und es gelte ( x ) = und ( x ), dann hat in x einen Wendepunkt. Ferner gilt: ( x) < Wechsel konvex konkav ( x) > Wechsel konkav konvex. Bemerkung.13.4: (i) Schreiben wir die Bedingung in Satz.13.6 als, ( ) x ) = und ( ) ( x ) ( dann erhalten wir mit Satz.13.3, dass an einem Wendepunkt die erste Ableitung der Funktion ein Extremum hat. Abb..13.6 (x) = x 5
(ii) Der Satz.13.6 gibt nur eine hinreichende Bedingung ür einen Wendepunkt an. Die Funktion (x) = x 5 hat im Punkt x = einen Wendepunkt, es gilt aber ( ) =. Ähnlich wie beim lokalen Extremum, können wir auch hier ür hinreichend ot dierenzierbare Funktionen olgende Aussage machen Satz.13.7: Sei : D IR im Punkt x D mindestens n-mal dierenzierbar (n 3). hat in x einen Wendepunkt, wenn gilt: ( n ( x) = und die erste Ableitung mit ) ( x) ist von ungerader Ordnung. Auch hier gilt: ( n ) ( x ) < Wechsel konvex konkav ( n ) ( x ) > Wechsel konkav konvex. Deinition.13.4: Sei : D IR eine Funktion, die im Punkt x D dierenzierbar ist. hat in (x,(x )) einen Sattelpunkt, wenn in x D einen Wendepunkt hat und außerdem ( x ) = ist. Bemerkung.13.5: An einem Sattelpunkt (x,(x )) hat der -Graph nicht nur einen Extrempunkt, sondern berührt auch die x-achse im Punkt (x,). Demnach hat die Tangente an den -Graph im Sattelpunkt die Steigung Null, ist also zur x-achse parallel. Merke! Ein Sattelpunkt hat eine waagerechte Wendetangente. Beispiel.13.: (i) Wir betrachten die Funktion : IR IR, Es gilt: x ( x + 1) 5 + 1. ( 5) ( 1) =, ( 1) =, ( 1) = 1. Abb..13.7 Sattelpunkt An der Stelle x = -1 hat die Funktion demnach einen Sattelpunkt.
(ii) Gegeben sei die Funktion : IR IR, a. Für die ersten drei Ableitungen erhalten wir: ( x) = 3x 4x 15, ( x) = 6x 4, ( x) = 6. Untersuchen wir die Bedingungen ür einen Wendepunkt: 1. ( x) = 6x 4 = x = also =. 3. = 6 >. 3 3 ; Abb..13.7 Wendepunkt der Funktion (x)=x 3 - x - 15x An der Stelle x = /3 hat die betrachtete Funktion somit einen Wendepunkt. Da ist 3 es kein Sattelpunkt. In den beiden Abbildungen.13.6 und.13.7 sieht man auch graphisch den Unterschied zwischen einem "einachen" Wendepunkt und einem Sattelpunkt. Die Übersicht au der olgenden Seite aßt die vorstehenden Ergebnisse zusammen. Dabei setzen wir voraus, dass die zu untersuchende Funktion genügend ot dierenzierbar ist.
Graph von Funktion Notwendig e Bedingung Kurve steigt im Intervall [a,b] Kurve ällt im Intervall [a,b] Rechtskrümmung im Intervall [a,b] Linkskrümmung im Intervall [a,b] Hochpunkt in (x,(x )) Tiepunkt in (x,(x )) Funktionswerte steigen in [a,b] (streng monoton wachsend) Funktionswerte allen in [a,b] (streng monoton allend) Links- Rechtskrümmung Wendepunkt in x konvex konkav Rechts- Linkskrümmung Wendepunkt in x konkav konvex Hinreichende Bedingung ( x) ( x) >, x (a,b) ( x) ( x) <, x (a,b) ist konkav in [a,b] ( x) ( x), x (a,b) ist konvex in [a,b] ( x) ( x), x (a,b) ( x) = ; lokales Maximum in ( x) = erste Ableitung mit x ( n ) ( x ) < ist von gerader Ordnung ( x) = ; lokales Minimum in ( x) = erste Ableitung mit x ( n ) ( x ) > ist von gerader Ordnung ( x) = ; ( x) = erste Ableitung mit ( n ) ( x ) < ist von ungerader Ordnung ( x) = ; ( x) = erste Ableitung mit ( n ) ( x ) > ist von ungerader Ordnung Achsenschnittpunkt Nullstelle (x ) = (x ) =