Institut für Grundlagen der Elektrotechnik und Elektromagnetische Verträglichkeit
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- Carl Steinmann
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1 Institut für Grundlagen der Elektrotechnik und Elektromagnetische Verträglichkeit Lernprogramm Induktionsvorgänge Skript: Teil Grundlagen Version:
2 Inhalt Seite Über das Programm 3 1 Lernziel 4 2 Problemstellung 5 3 Grundlagen Induktionsgesetz und Ursachen für Induktionsvorgänge Ruheinduktion Erläuterungen zum Gesetz der Ruheinduktion Zusammenfassung und Handhabung des Gesetzes der Ruheinduktion Schritte bei der Anwendung des Gesetzes der Ruheinduktion Bewegungsinduktion Erläuterungen zur Bewegungsinduktion Zusammenfassung und Handhabung des Gesetzes der Bewegungsinduktion Schritte für die Anwendung des Gesetzes der Bewegungsinduktion Der allgemeine Induktionsvorgang Erläuterungen zum allgemeinen Induktionsvorgang Schritte bei der Anwendung des Induktionsgesetzes in allgemeiner Form 40 Anhang 43 2
3 Über das Programm Herzlich willkommen zum Skript des Grundlagenteils, der auch im interaktiven Programm Induktionsvorgänge integriert ist, das Sie unter finden können. Dort können Sie die im Skript enthaltenen Bilder auch interaktiv in 3D-Darstellung betrachten. In dem Skript sind die theoretischen Grundlagen der Induktionsvorgänge und die Lösungsmethodik für ihre Berechnung dargestellt. Es dient der Vertiefung oder Auffrischung der Kenntnisse aus der Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik. Auf der Webseite des Institutes finden Sie weitere webbasierte Lernmodule und Downloads zu Themen aus dem Bereich Grundlagen der Elektrotechnik. Diese bieten Ihnen die Möglichkeit, ihr Wissen zu vertiefen und sich detailliert auf die Prüfung in den Grundlagen der Elektrotechnik vorzubereiten. 3
4 1 Lernziel Lernziel des Programms INDUKTIONSGESETZ ist die Vermittlung bzw. Vertiefung und Festigung der Kenntnisse zu einem der wichtigsten Gesetze der Elektrotechnik, dem Faradayschen Induktionsgesetz (engl.: Faraday s Law). Ausgehend von der mathematischen Formulierung des Gesetzes in Integraldarstellung 1 soll erreicht werden ein physikalisches Verständnis für die Induktionsvorgänge in ihrer Wechselwirkung zwischen magnetischem und elektrischen Feld, für die Ursachen der Induktionsvorgänge sowie die zahlreichen Anwendungen, die uns im täglichen Leben begegnen (z.b. Spulen und Transformatoren, Generatoren, Motoren und vieles mehr), die Fähigkeit zur Berechnung induzierter Feldstärken, Urspannungen und Ströme durch formale Anwendung des Induktionsgesetzes unter notwendiger Beachtung von Richtungs- und Vorzeichenfestlegungen, die Fähigkeit, die im elektromagnetischen Feld ablaufenden Induktionsvorgänge im Kontext elektrischer Netzwerke zu behandeln (Netzwerkinterpretation). Darüber hinaus soll erkannt werden, dass die über das Induktionsgesetz erzeugten elektrischen Felder einen anderen Charakter haben (sie sind so genannte Wirbelfelder, E -Linien sind stets in sich geschlossen) als die durch Ladungen erzeugten Felder (wirbelfreie Felder oder Quellenfelder, E -Linien beginnen in positiven Ladungen und enden in negativen Ladungen). 1 Im Sinne einer Behandlung des Induktionsgesetztes im Rahmen der Grundlagen der Elektrotechnik wird in diesem Lernmodul bewusst auf die differentielle, etwas abstrakte Betrachtungsweise anhand des Kalküls der Vektoranalysis verzichtet. 4
5 2 Problemstellung Während das Amperesche Durchflutungsgesetz beschreibt, dass und wie ein elektrischer Strom ein Magnetfeld erzeugt, beschreibt das Faradaysche Induktionsgesetz die Erzeugung eines elektrischen Feldes durch ein magnetisches Feld. Ein statisches (zeitlich konstantes Magnetfeld) kann in einer ruhenden Umgebung niemals ein elektrisches Feld oder einen elektrischen Strom induzieren. Voraussetzung dazu ist immer eine Änderung, entweder ein zeitlich sich änderndes Magnetfeld oder eine Bewegung. Symbolische Anordnungen, die sich an die Faradayschen Experimente anlehnen, zeigen die Bilder 2.1 und 2.2. Dieser sehr allgemeine Sachverhalt zeigt, dass das Phänomen der Induktion, das im Induktionsgesetz mathematisch exakt formuliert ist, in der Realität bei den zeitveränderlichen elektromagnetischen Vorgängen nahezu "allgegenwärtig" ist. Dies betrifft nicht nur die typischen konventionellen Anwendungen wie Spulen, Transformatoren, elektromechanische Generatoren und Motoren, sondern auch, um nur einige weitere Anwendungen zu nennen, das Entstehen von Wirbelströmen, den Skineffekt, elektromagnetische Schirmung, das Übersprechen auf Leitungen sowie Erzeugung, Ausbreitung und Empfang elektromagnetischer Wellen. Bild 2.1 Bild 2.2 Bewegt man einen Leiter im Magnetfeld des Permanentmagneten, wird in der geschlossenen Leiterschleife ein Strom erzeugt. Eine vom Strom durchflossenen Spule erzeugt in der zweiten Spule einen elektrischen Strom, wenn eine der Spulen bewegt wird oder wenn sich der Strom in der ersten Spule ändert (z.b. Ein- oder Ausschalten des Stromes) 5
6 Die exakte Beschreibung der genannten realen Anwendungen ist im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass das Induktionsgesetz mit dem Durchflutungsgesetz wechselwirkt (geschlossener Wirkungsmechanismus, s. Bild 2.3). Bild 2.3 Da bei der Behandlung des Induktionsgesetzes das Durchflutungsgesetz aus den Betrachtungen der Magnetfelder stationärer Ströme bereits bekannt ist, wird die Rückwirkung induzierter Ströme auf das Magnetfeld in die Betrachtungen zur Anwendung des Induktionsgesetzes eingeschlossen. Dann kann man auch erkennen bzw. Bedingungen formulieren, wenn eine solche Rückwirkung nicht stattfindet oder vernachlässigbar ist. Diese Betrachtungsweise entspricht vielen realen Anwendungen. Denn die mit dem Induktionsgesetz verbundenen Umwandlungen magnetischer Energie in elektrische Energie erfordern einen Stromfluss auf der elektrischen Seite. 6
7 3 Grundlagen 3.1 Induktionsgesetz und Ursachen für Induktionsvorgänge Wir gehen aus von der Integralform des Faraday schen Induktionsgesetzes: d dψ ui = Eds = BdA = (3.1.1) s A Dabei ist u i die in einer Schleife s induzierte Urspannung, die sich gemäß u i (3.1.2) = Eds s als das Wegintegral der induzierten elektrischen Feldstärke entlang der Schleife s ergibt. Weil u i an den geschlossenen Umlauf gebunden ist, wird sie auch als induzierte Umlaufspannung bezeichnet. Der mit der Schleife s verkettete magnetische Fluss ψ ergibt sich gemäß ψ= BdA, (3.1.3) A wobei die magnetische Flussdichte B über die von der Schleife s aufgespannte Fläche A zu integrieren ist. Die mathematische Zuordnung von ds und da erfolgt entsprechend dem Stokesschen Satz gemäß der Rechtsschraubenregel (Bild 3.1.1). ds e n Wegelement Normaleinheitsvektor des Flächenelementes da Bild
8 In Übereinstimmung damit treffen wir eine Richtungsfestlegung für die integralen Größen u i und ψ entsprechend Bild Bild Das Induktionsgesetz gemäß Gl. (3.1.1) kann folgendermaßen formuliert werden: Ist eine beliebige offene Fläche A mit einem sich zeitlich ändernden magnetischen Fluss ψ verkettet, so wird in der Berandung s dieser Fläche eine elektrische Urspannung u Eds i = induziert, deren Wert der negativen zeitlichen Änderung magnetischen Flusses entspricht. s dψ des verketteten Wichtige Bemerkung: Das Induktionsgesetz gilt unabhängig von der physischen Beschaffenheit der Kontur s. Diese kann eine fiktive Berandung oder eine reale Leiterschleife sein. Im Falle einer realen Leiterschleife würde die induzierte Urspannung u i dann in Umlaufrichtung einen Strom i antreiben. Ist zum Beispiel der Widerstand der Stromschleife R, so gilt dψ ui= Eds = = Ri (3.1.4) Die Richtung für i > 0 stimmt mit der Richtung für u i > 0 überein (s. Bild 3.1.2). Bei Bezug auf die vereinbarten positiven Richtungszuordnungen gemäß Bild kann in Abhängigkeit davon, ob sich der verkettete magnetische 8
9 dψ Fluss ψ bezüglich der positiv definierten Richtung vergrößert ( > 0 ) oder dψ verkleinert ( < 0 ), die Richtung der induzierten Urspannung u i und damit die Stromrichtung ermittelt werden (s. Bild 3.1.3). Flusszunahme dψ Gl.(3.3.1) Ψ> 0; > 0 ui< 0 d.h. Stromfluss in negativer Richtung Bild 3.1.3a Flussabnahme dψ Gl.(3.1.1) Ψ> 0; < 0 ui> 0 d.h. Stromfluss in positiver Richtung Bild 3.1.3b Aus Bild ist zu entnehmen, dass der durch den induzierten Strom selbst hervorgerufene Fluss (als B selbst Linien im Bild angedeutet; B -Linien sind gemäß Durchflutungsgesetz immer nach einer Rechtsschraube dem Strom zugeordnet) stets der ursächlichen Flussänderung entgegenwirkt. Dieser Sachverhalt ist als Lenzsche Regel bekannt. Die gemäß Gl. (3.1.1) für einen Induktionsvorgang erforderliche zeitliche Änderung des mit einer Schleife s verketteten magnetischen Flusses Ψ kann auf verschiedene Weise erreicht werden: 1. durch eine ruhende Schleife in einem zeitveränderlichen B -Feld (Ruheinduktion), 2. durch eine bewegte Schleife in einem zeitlich konstanten B -Feld (Bewegungsinduktion), 3. durch eine bewegte Schleife in einem zeitveränderlichen B -Feld (Ruhe- und Bewegungsinduktion gleichzeitig). Diese Fälle werden nachfolgend getrennt betrachtet. 9
10 3.2 Ruheinduktion Erläuterungen zum Gesetz der Ruheinduktion Erweiterung der Vorstellungen zur elektrischen Feldstärke Ein zeitlich sich änderndes Magnetfeld B (t) induziert ein elektrisches Feldstärkefeld, das wir mit E i bezeichnen wollen, dessen Feldlinien geschlossen sind und die B -Linien umwirbeln (s. Bild 3.2.1). Bild Für das Umlaufintegral auf einem geschlossenen Weg s gilt dann dψ Eds i = ui= 0 (3.2.2) s Diese induzierte elektrische Feldstärke E i erweitert unsere bisherigen Vorstellungen über die elektrische Feldstärke, die wir von den statischen elektrischen Feldern kennen. Diese wird stets von Ladungen erzeugt. Wir nennen sie hier deshalb E q. Die E q -Linien beginnen in positiven Ladungen (Quellen) und enden in negativen Ladungen (Senken). Es gilt stets 10 E ds = 0, (3.2.3) q s was identisch ist mit der Unabhängigkeit des Linienintegrals vom Weg. Ein allgemeines elektrisches Feld setzt sich aus beiden Anteilen zusammen, einem wirbelfreien Feld (reines Quellenfeld) E qund einem reinen, durch den Induktionsvorgang erzeugtes Wirbelfeld (quellenfreies Feld) E i:
11 E = E + E i q (3.2.4) Für das Umlaufintegral gilt dann unter Beachtung von Gl. (3.2.3) Eds = (E + E)ds = Eds i q, (3.2.5) i s s d.h. in das Induktionsgesetz geht nur die induzierte elektrische Feldstärke E i ein. Wegen Gl. (3.2.5) kann aber die Indizierung entfallen. Das Umlaufintegral E ds 0 bedeutet, dass das Wegintegral der elektrischen Feldstärke zwischen zwei Punkten, also die Spannung zwischen diesen Punkten, nicht mehr wegunabhängig ist, sondern vom gewählten Integrationsweg abhängt. Bild veranschaulicht den Sachverhalt an einer Schleife s, die aus zwei Teilen s 1 und s 2 zwischen den Punkten a und b besteht und die mit einem zeitveränderlichen magnetischen Fluss verkettet ist. Bild Für den geschlossenen Umlauf gilt 11
12 b b dψ Eds = Eds Eds =, s a a ( s ) ( s ) 1 2 d.h. für dψ 0 gilt: b b u = Eds Eds = U ab Weg s 1 2 a a ( s ) ( s ) 1 2 ab Weg s (3.2.6) Dieser durch die Gl. (3.2.6) ausgedrückte Sachverhalt ist fundamental und sagt aus: in Anordnungen mit zeitlich veränderlichen Feldern (wo das Induktionsgesetz wirksam ist) ist eine Spannungsangabe nur sinnvoll in Verbindung mit der Angabe des Integrationsweges. Dies muss bei Spannungsmessungen in Wechselstromkreisen beachtet werden, wo die Anordnung des Messkreises (die den Integrationsweg bestimmt) Einfluss auf das Messergebnis haben. 12
13 Netzwerkinterpretation der induzierten Urspannung Eine weitere wichtige Feststellung ist, dass die induzierte elektrische Urspannung u i eine verteilte, an den geschlossenen Umlauf gebundene Urspannung ist und keinem Ort der Schleife fest zugeordnet werden kann. Um dennoch die von den Netzwerken bekannten Vorstellungen konzentrierter Elemente weiterhin nutzen zu können, ist es sinnvoll, die induzierte Urspannung u i mit dem bekannten Symbol einer Spannungsquelle darzustellen und in die Stromkreisberechnung einzubeziehen. Wir betrachten zunächst eine unendlich gut leitende, mit einem Fluss ψ verkettete Schleife mit einem kleinen Spalt zwischen den Punkten 1 und 2 (s. Bild 3.2.3a). Bild 3.2.3a Bild 3.2.3b Für diese Anordnung gilt das Induktionsgesetz Gl. (3.2.1): 2 1 dψ ui= Eds = Eds + Eds = 1 2 = 0 U21 weil E = 0 (idealerleiter) (3.2.7) 13
14 dψ Damit erscheint die induzierte Urspannung u i = als Spannungsfall u 21 an den Klemmen: dψ u21= u( i = ). (3.2.8) Gl. (3.2.8) wird erfüllt, wenn wir u i als Urspannungsquelle bzw. als Quellenspannung u qi in die Schleife gemäß Bild 3.2.3b einführen. Der Maschensatz in dieser Schleife lautet dann u u = 0 mit 21 qi u u 21 i qi = u dψ = u = i (u alsquellenspannung) qi (u alsurspannung) i (3.2.9) Schließt man den Stromkreis durch Überbrücken des Spaltes an den Punkten 1-2 mit einem Widerstand R (s. Bild 3.2.4), so wird ein Strom i angetrieben. Bild Dieser Sachverhalt wird später genauer untersucht. Zu beachten ist, dass aufgrund des Stromflusses in Bild ein magnetischer Fluss erzeugt wird, der gemäß der Lenzschen Regel dem ursprünglichen Fluss (wie im Bild 3.2.3) entgegenwirkt. Das Induktionsgesetz bezieht sich stets auf den gesamten (resultierenden) Fluss, der mit der Schleife verkettet ist, so dass die induzierte Quellenspannung u qi im Bild sich von der im Bild b unterscheiden wird. 14
15 Führt man für eine Leiterschleife nach Bild eine Zuordnung von Klemmenstrom und Klemmenspannung nach dem Verbraucherzählpfeilsystem ein, d.h. orientiert man den Spannungsabfall u 12 >0 in Richtung des Stromes, so ergeben sich die im Bild dargestellten Verhältnisse. Der Maschensatz lautet: u 12 + u qi = 0 Bild d.h. u 12 = - u qi = + dψ (3.2.10) 15
16 Ruheinduktion ohne magnetisches Fremdfeld (Selbstinduktion) Eine Induktionswirkung entsteht auch ohne den bisher angenommenen gewissermaßen "externen" oder "fremden" magnetischen Fluss. Wir betrachten den Fall, dass die Schleife an den Klemmen 1-2 mit einem aktiven Zweipol beschaltet wird, der eine zeitveränderliche Quellenspannung u q und einen Innenwiderstand R q besitzt. Ein fremdes magnetisches Feld soll nicht vorhanden sein. Bild Das vom Strom i erzeugte Magnetfeld ist im Bild dargestellt. Die B -Linien sind gemäß dem Durchflutungsgesetz über eine Rechtsschraubenregel dem Strom i zugeordnet. Dadurch entsteht ein mit der Leiterschleife verketteter Fluss ψ > 0, mit der für das Induktionsgesetz vereinbarten positiven Zuordnung. Diesen Fluss, der nur vom Strom selbst erzeugt wird, bezeichnen wir als ψ. Zwischen dem Strom i und dem von ihm erzeugten und mit der selbst Spule verketteten magnetischem Fluss gilt die Beziehung ψ = Li, (3.2.11) selbst wobei L als Induktivität (auch Selbst- oder Eigeninduktivität) bezeichnet wird. 2 Ersetzen wir entsprechend Bild in Gl. (3.2.10) u 12 durch u12 = uq irq 2 Die komplizierte Aufgabe der Berechnung des magnetischen Flusses selbst ψ ist hier verlagert in die ebenfalls komplizierte Aufgabe der Induktivitätsberechnung, die aber nicht Gegenstand dieses Lernmoduls ist. 16
17 und benutzen Gl. (3.2.11) für die zeitliche Flussänderung dψ dψselbst di = = L, so folgt dψselbst di uq irq = = L = ul. (3.2.12) Die Netzwerkinterpretation gemäß Bild 3.2.7a und b zeigt, Bild 3.2.7a Interpretation als stromgesteuerte Spannungsquelle (Gegenspannung) Bild 3.2.7b Interpretation als Spannungsabfall an einer Induktivität dass der Selbstinduktionsvorgang zu einer von der Stromänderung abhängigen Gegenspannungsquelle beziehungsweise bei Einführung der Induktivität L als Zweipol zu der bekannten Strom-Spannungsbeziehung u L = di L führt. Sowohl die in der Netzwerkinterpretation gewählte Spannungsquelle als auch die Induktivität sind verteilte Elemente und keiner Stelle der Schleife fest zuordenbar. 17
18 Gl. (3.2.12) kann in der Form di L Ri u(t) q q + = (3.2.13) geschrieben werden. Wir erkennen, dass der Selbstinduktionsvorgang im Zeitbereich zu einer Differentialgleichung für den Strom führt (s. Lernmodul Ausgleichsvorgänge). Im Frequenzbereich (stationärer Zustand bei sinusförmiger Erregung, Anwendung der komplexen Rechnung) entsteht dadurch eine Phasenverschiebung zwischen Strom und der Quellenspannung. 18
19 Ruheinduktion im allgemeinen Fall Ist außer ψselbst ein fremder magnetischer Fluss ψ Fremd mit der Schleife verkettet, so gilt ψ=ψ +ψ Fremd selbst (3.2.14) und das Induktionsgesetz erhält die Form dψfremd di ur uq = L Fremdin duktion Selbstin duktion (3.2.15) Der Selbstinduktionsterm, der Ausdruck für den geschlossnen Wirkungskreis von Induktions- und Durchflutungsgesetz ist, kann unterdrückt werden (d.h. der geschlossene Wirkungskreis kann aufgetrennt werden), wenn gilt di L = 0. (3.2.16) Da die Induktivität L einer Schleife theoretisch nicht Null werden kann, wird Bedingung (3.2.16) erfüllt, wenn entweder i = 0 (offene Schleife) oder di/ = 0 ist (i = I = const). In praktischen Fällen kann der Selbstinduktionsterm vernachlässigt werden, wenn sein Beitrag am Induktionsvorgang hinreichend klein gegenüber dem Fremdinduktionsanteil ist. 19
20 Von der Stromschleife zur Spule In vielen praktischen Anordnungen haben wir es nicht mit einfachen Leiterschleifen zu tun, sondern wir haben Anordnungen, die aus vielen Leiterschleifen bestehen (z.b. Spulen). Wir betrachten ein Spule aus N Windungen, die alle den gleichen magnetischen Fluss φ= BdA umfassen (s. Bild 3.2.8) ' A N Flächen A, die alle gleichsinnig umlaufen und in gleicher Richtung von φ durchsetzt werden Bild Das Umlaufintegral ui = Eds entlang der N Windungen bildet eine n- blättrige Fläche, wobei jedes der N Blätter mit der Fläche A vom magnetischen Fluss φ durchsetzt wird. Der gesamte, mit der Spule verkettete und im Induktionsgesetz wirksame magnetische Fluss ist damit ψ= N BdA = Nφ (3.2.17) A' Anmerkung: Da nicht jede Windung einer Wicklung mit dem gleichen magnetischen Fluss verkettet sein muss und sich auch der Umlaufsinn der Windungen einer Spule umkehren kann (z.b. bifiliare Windungen zur Herstellung induktivitätsarmer Widerstände), gilt in allgemeinerer Form: N i1 = vzb ψ= φ i (3.2.18) (vzb: vorzeichenhaft bezüglich des positiven Umlaufsinns) 20
21 Zusammenfassung und Handhabung des Gesetzes der Ruheinduktion Wir betrachten eine geschlossene Leiterschleife, in die konzentrierte Schaltelemente wie Spannungsquellen, Spannungsabfallstrecken, passive Bauelemente einschließlich des ohmschen Widerstandes der Schleife selbst eingeschaltet sind. Die Bauelemente mögen vernachlässigbare geometrische Abmessungen haben, damit Fläche A und Rand s der Schleife eindeutig definierbar sind. Schleifenumlauf und positive Richtung für den verketteten magnetischen Fluss ψ werden nach der Rechtsschraubenregel zugeordnet (s. Bild 3.2.9) Bild Das Gesetz der Ruheinduktion Gl. (3.2.1) sei hier nochmals angegeben: d B dψ ui = Eds = BdA = da = (3.2.1) t s A A Für den Fall, dass keine Induktionswirkung stattfindet, d.h. ( d ψ = 0 ), gilt Eds = 0. Dies ist die Aussage des Maschensatzes, der, angewendet auf die in die Schleife eingeschalteten Elemente, die bekannte Form hat: N n1 = vzb u = 0 (3.2.19) n vzb: vorzeichenbehaftet bzgl. des vorgegebenen Umlaufs 21
22 Wirkt das Induktionsgesetz, dann liefert dieser Maschensatz nicht den Wert Null, sondern N n1 = vzw u n dψ =. (3.2.20) d Fremd Die negative zeitliche Flussänderung (- dψ/) ist entsprechend Gl. (3.2.1) aus der zeitlich veränderlichen Flussdichte zu ermitteln. Im allgemeinen Fall setzt sich die gesamte mit der Schleife verkettete Flussänderung aus einer Fremdflussänderung ( ψ / ) und einer Flussänderung zusammen, die durch den in der Schleife fließenden Strom i(t) selbst erzeugt wird ( ψ / ) d selbst dψ dψ ψ = Fremd d + selbst Fremdinduktion Selbstinduktion (3.2.21) mit dψ selbst = di L (3.2.22) Damit können die Schritte für die Anwendung des Gesetzes der Ruheinduktion für allgemeine Anwendungen angegeben werden. 22
23 3.2.3 Schritte bei der Anwendung des Gesetzes der Ruheinduktion Schritt 1: Zuordnung von Schleifenumlauf und positiver Richtung des verketteten Magnetflusses ψ gemäß einer Rechtsschraube Schritt 2: Aufstellen des Maschensatzes für die geschlossene Schleife unter der Annahme, dass keine Induktionswirkung stattfindet (Annahme: d ψ = 0 ) N n1 = vzb u = 0 n 23
24 Schritt 3: Ermittlung von Flussrichtung dψ bezüglich der positiv definierten Schritt 3.1: Fremdinduktion dψfremd d B = BdA = da, t A A B wobei die vom fremden Magnetfeld erzeugte Fluss- t dichteänderung darstellt. Schritt 3.2: Selbstinduktion dψ selbst di = L = u L L: Induktivität der Leiterschleife Schritt 4: Einsetzen der Ergebnisse von Schritt 2 und 3 in den erweiterten Maschensatz und Ermittlung der gesuchten Größen (Strom, Spannungen über den Elementen): N n1 = vzb u n dψ Fremd = di L 24
25 Ergänzung Netzwerkinterpretation der durch Fremd- und Selbstinduktion induzierten Spannungen und Einbeziehung in einen erweiterten Maschensatz: mit N n1 = vzb u di un + L uqifremd = 0 qifremd d ψ fremd = = A B da t Bemerkung: L di ist stets positiv in Richtung des Stromflusses (kein Vorzeichenproblem!) 25
26 3.3 Bewegungsinduktion Erläuterung zur Bewegungsinduktion Ausgehend von der allgemeinen Form des Induktionsgesetzes gemäß Gl. (3.1.1) betrachten wir jetzt die Möglichkeit der Spannungsinduktion, d.h. eine zeitliche Änderung des mit einer Schleife verketteten magnetischen Flusses ( dψ / ) zu erreichen, wenn die geschlossene Kontur nicht ruht. Um den im Abschn. 3.2 betrachteten Anteil der Ruheinduktion zunächst auszuschließen, muss der Ausdruck A B da = 0 t (3.3.1) werden, d.h. das Magnetfeld B muss zeitlich konstant sein (( B / t) = 0). Die sich so ergebende Möglichkeit zur Induktion nennen wir Bewegungsinduktion (auch motorische Induktion, engl.: motional induction) und kennzeichnen dies durch den Index m. Wegen dψ d B (da) = BdA = da + B t t und der Gültigkeit A (t) A(t) A A s (t) (t) = 0,wegen Gl. (3.3.1) (da) B = (v B)ds t (t) (3.3.2) (3.3.3) (der mathematische Beweis für Gl. (3.3.3) wird im Anhang erbracht; für elektrisch leitende Konturen (Leiterschleifen) wird nachfolgend Gl. (3.3.3) sehr einfach und anschaulich über die Lorentzkraft hergeleitet) erhält das Gesetz der Bewegungsinduktion die Form (da) dψ u im= Eds = B =+ (v B)ds =. (3.3.4) m t s A s (t) (t) (t) Dabei bedeuten: u im E m in der bewegten Kontur s auftretende induzierte Urspannung in der bewegten Kontur s gemessene elektrische Feldstärke, 26
27 wobei gilt: Dabei ist im E die in der bewegten Kontur s m induzierte elektrische Feldstärke, für die gilt E = E + E (3.3.5) m q im E = v B (3.3.6) im Eqist eine auch ohne Bewegungsinduktion vorhandene (wirbelfreie) Feldstärke, für die gilt Eds q = 0, wie dies bereits im Zusammenhang mit der s (t) Ruheinduktion ausführlich erläutert wurde. v ist die Geschwindigkeit des Elements ds der bewegten Kontur relativ zum Magnetfeld, die im Allgemeinen orts- und zeitabhängig ist. Hieraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, wie Bewegungen zu einer zeitlichen Veränderung der Flussverkettung und damit zur Bewegungsinduktion führen können: eine starre Kontur bewegt sich mit einer Geschwindigkeit v im Magnetfeld, eine Kontur verändert ihre Form oder ihre gestreckte Länge. (Der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt werden, dass stets die Bedingung v << c, wenn c die Lichtgeschwindigkeit ist, gelten muss.) Ist die bewegte Kontur s eine Leiterschleife, so kann man die Bewegungsinduktion aus der Lorentzkraft erklären und ableiten. F = Q(v B), (3.3.7) m 27
28 F ist die Kraft, die auf die Ladung Q auf Grund ihrer Bewegung mit der m Geschwindigkeit v relativ zum Magnetfeld über das Kreuzprodukt eindeutig definiert (s. Bild 3.3.1) B wirkt. Die Richtung von F ist m 28 Bild In einem mit der Ladung Q bewegten Koordinatensystem ist die Geschwindigkeit der Ladung Null und die Kraftwirkung ist erklärbar als Kraftwirkung im elektrischen Feld wobei im F m = QE im, (3.3.8) E eine auf Grund der Bewegung induzierte elektrische Feldstärke ist, für die aus dem Vergleich von Gl. (3.3.7) und (3.3.8) gelten muss E = v B. (3.3.9) im Wird ein differentielles Leitstück ds mit der Geschwindigkeit v im Magnetfeld B bewegt, so wirkt auf die freien Ladungsträger eine Kraft in Richtung E im, die zur Ladungstrennung führt und Ursache der induzierten elektrischen Urspannung du ist: im du = E ds = (v B)ds. im im Die in der gesamten Leiterschleife auf Grund der Bewegung der einzelnen Elemente induzierte Urspannung beträgt dann u = E ds = (v B)ds im (vergl. Gl. (3.3.4)) im. (3.3.10) s(t) s(t)
29 Zur Unterstützung des elementaren physikalischen Verständnisses der Bewegungsinduktion betrachten wir einen geradlinigen Stab der Länge l, der sich mit konstanter Geschwindigkeit v relativ zu einem homogenen Magnetfeld bewegt (Bild 3.3.2a). σ Bild 3.3.2a Anordnung Bild 3.3.2b Verhältnisse ohne Stromfluss 29
30 Bild Verhältnisse bei Stromfluss Auf die mit dem Leiterstück bewegten Ladungen wirkt die Lorentzkraft F = Q(v B) m und führt zu einer Ladungstrennung. An den Enden des Stabes sammeln sich positive bzw. negative Ladungen an. In einem mit dem Leiterstück bewegten Koordinatensystem, in dem die Geschwindigkeit der Ladung Null ist, wird diese Kraftwirkung als die Wirkung einer elektrischen Feldstärke auf die Ladung Q wahrgenommen. Die elektrische Feldstärke im bewegten Koordinatensystem nennen wir induzierte elektrische Feldstärke E. Es gilt und damit m im F = QE = Q(v B) im E = v B. im Durch die Ladungstrennung entsteht eine anziehende Coulombkraft F = QE, die der Kraft F entgegen wirkt. Der Gleichgewichtszustand (der q q m sich nach sehr kurzer Relaxationszeit einstellt) ist dadurch gekennzeichnet, dass die resultierende Kraft auf die Ladungen Null ist (s. Bild 3.3.2b): also muss gelten F = F + F = QE = QE + QE = 0, m q im q E = E + E = 0; im q 30
31 d.h. das Innere des Leiters ist im Falle ruhender Ladungen feldfrei (wäre das nicht der Fall, würden noch Kräfte wirken und der Gleichgewichtszustand wäre noch nicht erreicht). Wir bilden das Linienintegral über die elektrischen Feldstärken, um Spannungen zu erhalten: bzw. Dabei ist E ds + Eds = im 1 1 E ds = Eds. 2 1 im 1 2 u im q 2 = Eimds 1 q die im bewegten Leiterstück induzierte Urspannung und 1 u = u = Eds = u 21 q qim 2 der Spannungsabfall an den Klemmen, der bei Leerlauf (kein Stromfluss) identisch zur Quellenspannung uqimist (Bild 3.3.2b). Wenn man den Stromkreis schließt, wird (wenn keine weiteren aktiven Elemente eingeschaltet sind) in Richtung der induzierten Urspannung u im ein Strom i angetrieben, d.h. das bisherige Gleichgewicht der Kräfte auf die Ladungen wird gestört und es muss eine resultierende Kraftwirkung bzw. Feldstärke auf die Ladungsträger geben (s. Bild 3.3.2c): 31 J E = Eim + Eq = 0. (3.3.11) σ Die resultierende Feldstärke muss im Differentiellen das Ohmsche Gesetz (s. Gl. (3.3.11)) erfüllen und verursacht am endlichen Widerstand des betrachteten Leiterstückes einen Spannungsabfall J ds = E im ds + Eds q σ u u u R im 21 Diese Gleichung stellt den Maschensatz für die reale Spannungsquelle bei Stromfluss dar (s. Bild 3.3.2c). Die Darstellungen zeigen die elementaren Zusammenhänge, wie durch Bewegungsinduktion eine reale Spannungsquelle mit Urspannung/ Quellenspannung und Innenwiderstand entsteht. Diese repräsentiert einen
32 Energiewandler, in dem Bewegungsenergie (mechanische Energie) mit Hilfe des magnetischen Feldes in elektrische Energie umgewandelt wird (sog. Dynamoprinzip). 32
33 3.3.1 Zusammenfassung und Handhabung des Gesetzes der Bewegungsinduktion Das Gesetz für die Bewegungsinduktion lautet (da) dψ uim= Eds =+ (v B)ds = B = t. (3.3.11) s s A (t) (t) (t) Zur Berechnung der induzierten Urspannung ist entweder ein Umlaufintegral entlang der Berandung dψ u im = (v B)ds = (3.3.12) s (t) oder das Flächenintegral über eine bewegte Fläche u im (da) dψ = B = t A (t) (3.3.13) zu berechnen. Um dies zu berechnen, müssen der bewegten Schleife s ein Umlaufsinn (Richtung von ds ) und gemäß Rechtsschraubenregel das Flächenelement da zugeordnet werden. Zusätzlich ist ein ruhendes Koordinatensystem anzugeben, bezüglich dessen die Bewegung der Schleife beschrieben wird (Bild 3.3.3). Bild Bild
34 In jedem Fall entspricht die induzierte Urspannung u im in der bewegten Kontur der negativen zeitlichen Änderung des mit der bewegten Kontur verketteten magnetischen Flusses (-d ψ /) unter Beachtung der Bedingung Gl. (3.3.1). Das Umlaufintegral entlang der bewegten Leiterschleife gemäß Gl. (3.3.10) kann (wenn im speziellen Fall sinnvoll) in Teilabschnitte zerlegt werden u = (v B) ds = (v B) ds + (v B)ds (v B) ds im s 1 2 n (t) = u + u u im12 im23 imn,1, (3.3.14) wobei die einzelnen Beiträge größer, kleiner oder gleich Null sein können. Sind in die geschlossene, bewegte Leiterschleife konzentrierte Elemente eingefügt (Spannungsquellen, Widerstände, offene Spannungsabfallstrecken, vergl. auch Ruheinduktion), so gilt N n1 = vzb u = (v B)ds = u n im (3.3.15) s (t) mit u im als induzierte Urspannung bzw. N n qim n1 = vzb u u = 0 (3.3.16) mit u qim als induzierte Quellenspannung. 34
35 Die Netzwerkdarstellung zu den Gln. (3.3.15) bzw. (3.3.16) zeigt Bild Bild Dabei kann die Quelle u qim = u im gemäß Gl. (3.3.14) auch in mehrere Teilquellen zerlegt werden, die dann einzelnen Abschnitten der Leiterschleife wie auch die übrigen Bauelemente konkret zugeordnet werden können. Bemerkung: Da wir in diesem Abschnitt allein die Bewegungsinduktion betrachten, darf keine Zeitabhängigkeit von B auftreten. Dies kann im strengen Sinne nur garantiert werden, wenn der Schleifenstrom i = 0 ist (Leerlauf) oder wenn der Schleifenstrom ein Gleichstrom ist: i=i=const. Andernfalls würde ein Selbstinduktionsvorgang stattfinden, den wir hier aber voraussetzungsgemäß s. Gl. (3.3.1) ausschließen und erst im Abschnitt 3.4 betrachten wollen. 35
36 3.3.3 Schritte für die Anwendung des Gesetzes der Bewegungsinduktion Schritt 1: Zuordnung von Schleifenumlauf und positivem Flächenelement (in Richtung von Bbzw. ψ) nach einer Rechtsschraube und Zuordnung eines ruhenden Koordinatensystems zur Beschreibung von v,b, ds sowie da Schritt 2: Aufstellen des Maschensatzes für die geschlossene Schleife unter der Annahme, dass keine Induktionswirkung stattfindet N n1 = vzb u = 0 n 36
37 Schritt 3: Ermittlung der induzierten Urspannung gemäß bzw. u = (v B)ds u im im s(t) = A (t) (da) B t unter Bezug auf das gewählte Koordinatensystem und die vorgegebene Umlaufrichtung. Schritt 4: Einsetzen der Ergebnisse gemäß Schritt 2 und Schritt 3 in das Gesetz in den erweiterten Maschensatz und Ermittlung der gesuchten Größen (Strom, Spannungen). N n1 = vzb + (v B)ds s(t) un = uim = oder (da) B t A(t) Ergänzung Netzwerkinterpretation der induzierten Urspannung/ Quellenspannung und Einbeziehung in den erweiterten Maschensatz (evtl. Aufteilung in mehrere Quellen und Zuordnung zu den entsprechenden Abschnitten) 37 N n1 = vzb u u = 0 n qim
38 3.4 Der allgemeine Induktionsvorgang Erläuterungen zum allgemeinen Induktionsvorgang In unseren bisherigen Betrachtungen zur Ruheinduktion (Abschn. 3.2) und zur Bewegungsinduktion (Abschn. 3.3) sind wir immer von Gl. (3.1.1) ausgegangen und haben bestimmte Bedingungen formuliert, um die jeweilige Induktionsform gewissermaßen zu separieren. Zusammenfassend kann man aber feststellen, dass die Gl. (3.1.1) das vollständige Induktionsgesetz darstellt, auch für den Fall, dass sich die Kontur s relativ zum Magnetfeld bewegt. Um dies bewusst auszudrücken, können wir s durch s(t) sowie A durch A(t) ersetzen: d dψ ui = Eds = BdA = s(t) A(t) (3.4.1) In jedem Falle ist die auch in einer bewegten Leiterschleife s(t) induzierte Urspannung u i (t) gleich der negativen zeitlichen Änderung des zum Zeitpunkt t verketteten magnetischen Flusses ψ (t). Mit Hilfe der Identität (Ableitung s. Anhang) d B (da) BdA da B = A(t) A(t) t A(t) t B = da + ( v Bds ) t A(t) s(t) (3.4.2) können die im Allgemeinen gleichzeitig ablaufenden Vorgänge der Ruheund Bewegungsinduktion separiert dargestellt und berechnet werden. Dabei sind: 38 s = s(t) bewegte, sich deformierende Kontur A= A(t) zeitveränderliche, von s berandete Fläche u(t) in der bewegten Kontur induzierte Urspannung i Er,t ( ) in der bewegten Kontur auftretende elektrische Feldstärke ψ (t) = B(r,t)dA mit der bewegten Fläche A(t) zum Zeitpunkt t A(t) verkettete magnetische Fluss, wobei B(r,t) ein v(r,t) im Allgemeinen zeit und ortsabhängiges (inhomogenes) Magnetfeld darstellt. die Relativgeschwindigkeit eines Linienelements ds der Kontur bezüglich des Magnetfeldes.
39 Für den Fall, dass in der Kontur s kein Strom fließt, ist das die Induktion bewirkende Magnetfeld ein von der Kontur völlig unabhängiges Fremdfeld. Sobald in der Kontur s ein Strom fließt, wie es in sehr vielen praktischen Anwendungen der Fall ist, wird dieses Fremdfeld durch das vom Stromfluss selbst erzeugte Magnetfeld überlagert. Die gesamte zeitliche Änderung des im Induktionsgesetz wirksamen, verketteten magnetischen Flusses ergibt sich, wie bereits im Abschn. 3.2 dargelegt, zu dψ dψ ψ = fremd d + selbst (3.4.3) mit dψ selbst = d (Li) (3.4.4) (L (Selbst-)Induktivität der Leiterschleife). Betrachten wir den ersten Term auf der rechten Seite, der die Induktionswirkung durch das vorgegebene magnetische Fremdfeld erfasst. Dieser Term wird gemäß Gl. (3.4.2) behandelt, wobei für B gewissermaßen B fremd einzusetzen ist, also das unabhängig vom Stromfluss in der Leiterschleife vorgegebene Magnetfeld. Der erste Term auf der rechten Seite von Gl. (3.4.2) ist die Berechnungsvorschrift für die durch transformatorische Induktion des Fremdfeldes induzierte Urspannung u it, fremd = A(t) B t fremd da. (3.4.5) Der zweite Term auf der rechten Seite von Gl. (3.4.2) repräsentiert die Berechnungsvorschrift für die durch Bewegungsinduktion im Fremdfeld induzierte Urspannung ( A) u = B = ( v B ) ds t im,fremd fremd fremd A(t) s(t) (3.4.6) Je nach Aufgabenstellung können beide Ausdrücke auf der rechten Seite von Gl. (3.4.6) nützlich für die Berechnung sein. 39
40 Für den Fall eines Stromflusses in der Leiterschleife müssen wir entsprechend Gl. (3.4.4) auch den Selbstinduktionsvorgang betrachten. Ist die Leiterschleife starr, d. h. sie unterliegt keiner Deformation, ist die Induktivität L eine Konstante bezüglich der Zeit und Gl. (3.4.4) kann geschrieben werden in der Form dψ selbst di = L, (3.4.4a) was (wie bereits im Abschn. 3.2 erläutert) als Spannungsabfall an der Induktivität L der Leiterschleife zu interpretieren ist. Ergänzung: Lassen wir im allgemeinen Fall auch eine Deformation der Leiterschleife zu, so wird L = L(t) und aus Gl. (3.4.4) ergibt sich dann dψselbst d di dl = (Li) = L(t) + i(t). (3.4.4b) Gl. (3.4.4b) lässt sich als Reihenschaltung zweier Spannungsabfälle interpretieren. Der erste Term auf der rechten Seite entspricht einem induktiven Spannungsabfall, allerdings im Unterschied zu Gl. (3.4.4a) jetzt an einer zeitveränderlichen Induktivität L(t). Der zweite Term auf der rechten Seite entspricht einem Spannungsabfall an einem im Allgemeinen zeitveränderlichen Widerstand der Größe i / dl/ = Ohm. dl ([ ] ) Hier muss man sogar noch eine interessante Falluntersuchung vornehmen. Wird die Induktivität bei der Deformation vergrößert, d. h. es gilt ( d L / ) > 0, dann ist der wirksame Widerstand positiv, was einen Verlust elektrischer Energie in der Leiterschleife bedeutet. Wird dagegen die Induktivität verkleinert, d. h. es gilt ( d L / ) < 0, dann wird der Widerstand negativ. Über einen solchen negativen Widerstand wird der Leiterschleife zusätzlich Energie zugeführt (der negative Widerstand wirkt wie eine Energiequelle). Die mathematische Behandlung für den Fall zeitveränderlicher Induktivitäten führt auf Differentialgleichungen mit zeitveränderlichen Parametern. Dieser Fall L=L(t) wird im Rahmen dieses Lernmoduls nicht weiter verfolgt. 40
41 3.4.3 Schritte bei der Anwendung des Induktionsgesetzes in allgemeiner Form Schritt 1: Zuordnung von Schleifenumlauf und positivem Flächenelement (in Richtung von B bzw. ψ) nach einer Rechtsschraube und Zuordnung eines ruhenden Koordinatensystems zur Beschreibung von v,b,ds und da Schritt 2: Aufstellen des Maschensatzes für die geschlossene Schleife unter der Annahme, dass keine Induktionswirkung stattfindet (Annahme ( d ψ / ) = 0 ) 41 N n1 = vzb u = 0 n
42 Schritt 3: Schritt 3.1: Ermittlung der induzierten Urspannungsanteile gemäß Gl. (3.4.3)... Gl. (3.4.6) Fremdinduktion fremd uifremd = = Bfremd da A u u it,fremd im,fremd = u = dψ it,fremd A = B t A fremd B fremd + da oder + s u ( v Bf remd ) d im,fremd (da) t ds Schritt 3.2: Selbstinduktion d di u iselbst = (Li) = L = u L L: Selbstinduktivität der Leiterschleife; L=const. Hinweis: Bei Leerlauf in der Leiterschleife i = 0 und bei di Gleichstrom = 0 findet keine Selbstinduktion statt. Schritt 4: Einsetzen der Ergebnisse von Schritt 2 und 3 in den erweiterten Maschensatz und Berechnung der gesuchten Größen (Strom, Spannungen) N n1 = vzb u = u = u + u + u n i it,fremd im,fremd iselbst 42
43 Ergänzung Netzwerkinterpretation der durch die Induktionsvorgänge erzeugten Spannungen als Quellenspannungen bzw. Spannungsabfälle und Einbeziehung in einen erweiteten Maschensatz N n1 = vzb d + (Li) u qit,fremd u qim,fremd = 0 Elemente, die physisch in der Leiterschleife vorhanden sind und für die ohne Induktionsvorgang der Maschensatz N un = 0 gilt n= 1 vzb Elemente, die die Induktionswirkung durch das von der Leiterschleife unabhängige magnetische Fremdfeld charakterisieren Elemente, die den nur bei Stromfluss möglichen Selbstinduktionsvorgang charakterisieren. 43
44 Anhang Beweis der Identität d B BdA =+ da (v B)ds t A A S Wir betrachten eine Bewegung und/oder eine Deformation der Kontur s und die durch diese berandete Fläche A. Das Magnetfeld sei zeitabhängig und inhomogen, also B = B(r,t). Auch für die Geschwindigkeitsvektoren der Linienelemente ds der Berandung gilt v = v(r,t). Die Zeitänderung des verketteten magnetischen Flusses ist dabei ist dψ d 1 = BdA lim BdA 1 BdA = t 0 t (1) A A1 A B die Flussdichte zum Zeitpunkt 1 1 (Quellenfreiheit der magnetischen Flussdichte) t = t + t. Außerdem gilt stets BdA = 0 (2) für jede beliebige geschlossene Oberfläche. Die Verhältnisse für eine sich bewegende Kontur s sind im Bild dargestellt. 44
45 Gl. (2) nimmt zum Zeitpunkt t 1 = t + t die Form an BdA + BdA + BdA = 0. (3) A A A 1 Ein Linienelement ds der Kontur s bewegt sich mit der Geschwindigkeit v in der Zeit um das Wegstück dr : dr v =. Dieses sich bewegende Linienelement überstreicht eine Fläche da = ds dr = ds v t. (4) Damit kann der mit der Fläche A verkettete Fluss berechnet werden: A BdA = B(ds v) t 1 1 A 1 1. (5) Der Integrand kann identisch umgewandelt werden (Spatprodukt): B(ds v) = (v B)ds Setzt man dies in Gl. (5) ein, bekommt man A 1 BdA = t (v B)ds 1 1 s Die magnetische Flussdichte 1 folgendermaßen dargestellt werden:.. (6) B zur Zeit t 1 kann für hinreichend kleine t B B1 = B + t +. (7) t Setzt man Gl. (7) in Gl. (6) ein und berücksichtigt die Reihe nur einschließlich des linearen Gliedes, erhält man: B. (8) 2 BdA 1 = t (v B)ds + ( t) v ds t A s s 45
46 Nun kann man Gl. (3) folgendermaßen schreiben: 2 BdA 1 = BdA + t da t (v B)ds ( t) v ds t t A A A s s 1 B B.(9) Diese Gl. (9) kann eingesetzt werden in Gl. (1), was zu der beweisenden Identität führt: d 1 B BdA lim BdA 1 BdA da ( v Bds ) = = t 0 t t A A1 A A s 46
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