Analysis IV Funktionentheorie

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1 Vorlesungsmanuskript zur Analysis IV Funktionentheorie Werner Balser Institut für Angewandte Analysis Sommersemester 2007

2 Inhaltsverzeichnis 1 Zahlenebene und -kugel Die Zahlenebene Offene Mengen, Konvergenz, Kurven, Kurvenintegrale Die Riemannsche Zahlenkugel Möbiustransformationen Abbildungseigenschaften Doppelverhältnisse Spiegelpunkte Holomorphe Funktionen Differenzierbarkeit und Holomorphie Einige spezielle Funktionen Der komplexe Logarithmus Die Gamma-Funktion Einfache Konsequenzen der Holomorphie Integrale vom Cauchy-Typ Die lokale Version des Cauchyschen Integralsatzes Der Integralsatz für Ableitungen Der Integralsatz für ein Dreieck Der Integralsatz für ein sternförmiges Gebiet Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes Der Index eines Weges

3 5.2 Die Cauchysche Integralformel Nullstellen holomorpher Funktionen Der Satz von Morera Weitere Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes Laurentreihen und Klassifikation von Singularitäten Singularitäten Laurentreihen Die globale Version des Cauchyschen Integralsatzes Wegekomplexe und Zyklen von Wegen Die allgemeine Form des Cauchyschen Integralsatzes Einfach zusammenhängende Gebiete Residuenkalkül Funktionen mit isolierten Singularitäten in Gebieten Der Residuensatz Berechnung von Residuen Anwendungen des Residuensatzes Der Satz von der Umkehrabbildung Funktionen mit nicht verschwindender Ableitung Nullstellen der Ableitung Das Prinzip der Gebietstreue Verschiedenes Kompakte Konvergenz Holomorphe Fortsetzung Harmonische Funktionen Die zyklometrischen Funktionen Die Riemannsche Zeta-Funktion

4 Kapitel 1 Zahlenebene und -kugel In diesem Kapitel führen wir einige Begriffe ein, die vermutlich bereits in Analysis I, II schon behandelt wurden. Dabei werden wir aus Zeitgründen auf einige Einzelheiten bei den Beweisen verzichten. 1.1 Die Zahlenebene Definition Die Menge aller Punkte z = (x, y) T R 2, zusammen mit den Verknüpfungen ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) x1 x2 x1 + x 2 x1 x2 x1 x 2 y 1 y 2 + =, =, y 1 y 2 y 1 + y 2 y 1 y 2 x 1 y 2 + x 2 y 1 heißt die Menge der komplexen Zahlen C, oder die komplexe Zahlenebene. Mit diesen Operationen ist C ein Körper, und somit gelten die gleichen Rechenregeln bzgl. + und wie in R. Wir identifizieren x (x, 0) T für alle x R; damit ist R ein Unterkörper von C. Die Zahl 1 entspricht also dem ersten Einheitsvektor (1, 0) T, und wir setzen (0, 1) T = i; dann folgt offenbar i 2 = 1 und z = ( ) x y = x ( ) y ( ) 0 1 Wir nennen für eine komplexe Zahl z = x + i y immer = x + i y z C. x = Re z den Realteil von z, y = Im z den Imaginärteil von z, z = x i y die zu z konjugiert komplexe Zahl. In der Zahlenebene können wir Polarkoordinaten einführen: Zu jeder Zahl z = x + i y C gehören zwei Parameter r ( 0) und ϕ mit x = Re z = r cos ϕ, y = Im z = r sin ϕ. Durch r, ϕ sind x, y und damit auch z festgelegt. Umgekehrt, falls z C gegeben ist, ist r = x 2 + y 2 eindeutig bestimmt. Falls r = 0 (also z = 0) ist, ist ϕ beliebig, und sonst ist ϕ bis auf ein ganzzahliges Vielfaches von 2 π festgelegt; wir sagen deshalb: ϕ ist modulo 2 π eindeutig bestimmt, und wir nennen 4

5 r = z den Betrag von z, ϕ = arg z das Argument von z. Die Addition komplexer Zahlen entspricht genau der Vektoraddition in R 2. Bei der Multiplikation komplexer Zahlen multiplizieren sich die Beträge, während sich die Argumente addieren. Man kann nämlich durch Benutzung der Additionstheoreme für die trigonometrischen Funktionen nachrechnen, dass folgendes gilt: } z 1 = r 1 (cos ϕ 1 + i sin ϕ 1 ) = z 1 z 2 = r 1 r 2 [cos(ϕ 1 + ϕ 2 ) + i sin(ϕ 1 + ϕ 2 )]. z 2 = r 2 (cos ϕ 2 + i sin ϕ 2 ) 1.2 Offene Mengen, Konvergenz, Kurven, Kurvenintegrale Da der Betrag einer komplexen Zahl genau der Norm des Vektors (x, y) T entspricht, können wir Begriffe wie Konvergenz komplexer Folgen und Reihen, offene und abgeschlossene Teilmengen von C, Stetigkeit, usw. von R 2 auf C übertragen, wobei wir überall statt der Norm eines Vektors den Betrag der entsprechenden Zahl schreiben können. Zusätzlich sagen wir noch: (a) Eine Folge (z n ) strebt gegen für n, falls lim n z n =. (b) Eine Funktion f, welche wenigstens außerhalb eines (großen) Kreises um den Nullpunkt definiert ist, strebt gegen für z, wenn K R + R z R : f(z) K. (c) Eine Funktion f, welche wenigstens in einem (kleinen) Kreis um z 0 definiert ist, strebt gegen für z z 0, wenn K R + δ > 0 z z 0 δ : f(z) K. Definition (a) Für a C und r > 0 bezeichne K(a, r) = {z C : z a < r} die offene Kreisscheibe um a mit Radius r. Weiter seien K(a, r) = {z C : z a r} die abgeschlossene und K (a, r) = {z C : 0 < z a < r} die punktierte Kreisscheibe. (b) Ein M C heißt unzusammenhängend, wenn zwei offene Mengen O j C existieren mit M O 1 O 2, M O j, 1 j 2, M O 1 O 2 =. Ist dies nicht so, dann heißt M zusammenhängend. (c) Eine offene und zusammenhängende Menge G C heißt ein Gebiet. (d) Unter einer parametrisierten Kurve oder Parameterdarstellung einer Kurve verstehen wir eine stetige Abbildung z : [a, b ] C, mit reellen Zahlen a < b. Dabei heißen [a, b ] Parameterintervall und z(a) Anfangs- sowie z(b) Endpunkt der Kurve. Wir sagen auch: Die Kurve verbindet z(a) mit z(b), und wir nennen die Kurve geschlossen, wenn z(a) = z(b) ist. Als Träger der Kurve bezeichnen wir die Punktmenge = {z(t) : a t b}. (e) Zwei parametrisierte Kurven z j : I j C heißen äquivalent, falls eine streng monoton wachsende Funktion φ existiert, welche I 1 auf I 2 abbildet, so dass z 2 (φ(t)) = z 1 (t) t I 1. Dies definiert in der Tat eine Äquivalenzrelation auf der Menge der parametrisierten Kurven, und eine Äquivalenzklasse von parametrisierten Kurven heißt eine orientierte Kurve in C oder kurz Kurve. 5

6 Bemerkung Jede Kurve besitzt eine Parametrisierung mit Parameterintervall [0, 1], denn die Funktion φ(t) = t b + (1 t) a bildet [0, 1] streng monoton wachsend auf [a, b ] ab. Das für uns wichtigste Beispiel einer Kurve ist ein Kreis: Die Funktion z(t) = z 0 + r (cos t + i sin t) für t in einem abgeschlossenen Intervall der Länge 2π parametrisiert den Kreis um z 0 mit Radius r > 0, und die Funktionswerte durchlaufen den Kreis im Gegenuhrzeigersinn. Wir nennen diesen Kreis auch positiv orientiert. Wir benutzen noch das folgende Lemma zur Charakterisierung des Zusammenhangs offener Mengen: Lemma (Charakterisierung des Zusammenhangs) Für eine offene Menge O C sind folgende Aussagen äquivalent: (a) O ist zusammenhängend, also ein Gebiet. (b) O ist nicht die Vereinigung von zwei nichtleeren offenen und disjunkten Mengen O j. (c) Zu je zwei Punkten z j O gibt es eine in O verlaufende Kurve, welche z 1 mit z 2 verbindet, und diese Kurve kann sogar ein Streckenzug sein. (d) Jede auf O definierte stetige Funktion, welche nur ganzzahlige Werte annimmt, ist konstant. Aufgabe Zeige: Jede offene Teilmenge O C ist Vereinigung von höchstens abzählbar-unendlich vielen disjunkten Gebieten. Jedes solche Gebiet in dieser Zerlegung von O heißt dann auch Zusammenhangskomponente von O. Anleitung: Zeige zunächst, dass die Vereinigung von Gebieten, welche alle mindestens einen Punkt gemeinsam haben, wieder ein Gebiet ist, und schließe hieraus, dass es zu jedem z O ein größtes Gebiet G O gibt, welches z enthält. Definition (a) Ein Weg sei eine Kurve mit einer stückweise stetig differenzierbaren Parameterdarstellung. Jeder Weg ist also insbesondere rektifizierbar, d. h., für jede Parameterdarstellung z : [a, b ] C gilt: l = sup Z m k=1 z(t k ) z(t k 1 ) <, (1.2.1) wobei das Supremum über alle Zerlegungen Z : a = t 0 < t 1 <... < t m = b genommen wird. Die Zahl l = l() ist dann unabhängig von der Wahl der Parameterdarstellung und heißt die Länge der Kurve. Falls z eine stetig differenzierbare Parameterdarstellung von ist, gilt l() = b a z (t) dt. (b) Seien j Kurven mit Parameterdarstellungen z j : [0, 1] C, und z 1 (1) = z 2 (0); das heißt, der Endpunkt von 1 ist gleich dem Anfangspunkt von 2. Dann sei die Kurve mit Parameterdarstellung z : [0, 1] C, z(t) = { z1 (2t) (0 t 1/2), z 2 (2t 1) (1/2 t 1). Sind 1, 2 Wege, so ist auch ein Weg, und seine Länge ist die Summe der Längen von 1 und 2. (c) Sei eine Kurve mit Parameterdarstellung z : [0, 1] C. Mit bezeichnen wir dann den Weg mit Parameterdarstellung z(t) = z(1 t), 0 t 1. 6

7 (d) Sei z : [a, b ] C Parameterdarstellung einer Kurve, und sei f eine komplexwertige Funktion, die wenigstens auf dem Träger von definiert ist, wobei wie üblich f(z) = u(x, y) + i v(x, y) gesetzt sei, mit reellen u, v, x, y. Dann sei f(z) dz = [ u(x, y) dx v(x, y) dy ] + i [ v(x, y) dx + u(x, y) dy ], falls die rechts stehenden reellen Kurvenintegrale über die Vektorfelder (u, v) T und (v, u) T beide existieren. Wir nennen dieses Integral dann das komplexe Kurvenintegral von f entlang der Kurve. Wir schreiben auch f(z) dz für das Kurvenintegral von f über eine geschlossene Kurve. Aufgabe Veranschauliche den Weg mit der Parameterdarstellung z(t) = 1 + i cos t, 0 t 2π, und berechne seine Länge. Lemma (Rechenregeln für Kurvenintegrale) (a) Ist eine rektifizierbare Kurve, und ist f stetig auf, so existiert das Kurvenintegral von f entlang des Weges und hängt nicht von der Wahl der Parameterdarstellung von ab. Außerdem gilt f(z) dz = f(z) dz. Sind l die Länge von und M = max z f(z), so gilt die Fundamentalabschätzung f(z) dz M l. (b) Seien j Kurven, für die der Endpunkt von 1 gleich dem Anfangspunkt von 2 ist, so dass also definiert ist, und sei f definiert auf dem Träger von Das Kurvenintegral von f über existiert genau dann, wenn die beiden Kurvenintegrale über 1 und 2 existieren, und es gilt f(z) dz = 1+ 2 f(z) dz + 1 f(z) dz. 2 (c) Sei eine rektifizierbare Kurve mit Träger, seien f n stetig auf, für n N 0, und sei die Reihe 0 f n(z) auf gleichmäßig konvergent gegen die Grenzfunktion f(z). Dann ist f stetig auf, und es gilt f(z) dz = n=0 f n (z) dz. Beweis: Folgt aus der Theorie der reellen Kurvenintegrale. Aufgabe Finde selber eine mathematisch korrekte Formulierung und den Beweis dafür, dass das komplexe Kurvenintegral über eine geschlossene Kurve nicht davon abhängt, wo man die Kurve beginnen und enden lässt. Bemerkung Falls die Parameterdarstellung z(t) einer Kurve stetig differenzierbar ist, folgt für jede auf stetige Funktion f dass b f(z) dz = f ( z(t) ) z (t) dt. (1.2.2) a 7

8 Entsprechend kann man einen Weg, also eine stückweise stetig differenzierbare Kurve in endlich viele stetig differenzierbare Teile zerlegen und das Kurvenintegral über jeden stetig differenzierbaren Teil nach (1.2.2) berechnen. Anders ausgedrückt: Die Formel (1.2.2) gilt auch für Wege, wenn man davon absieht, dass z (t) an endlich vielen Punkten undefiniert sein kann. Aufgabe Sei gegeben durch die Parameterdarstellung z(t) = cos t + i sin t mit 0 t 2π. Berechne das Kurvenintegral z 1 dz. Begründe ohne Rechnung, dass sich der Wert des Integrals nicht ändert, wenn man dieselbe Parameterdarstellung auf dem Intervall π t π betrachtet. Definition Sei G ein Gebiet, und sei f : G C stetig. Wir sagen: Das Kurvenintegral über f ist wegunabhängig in G, wenn für je zwei rektifizierbare Kurven j mit gleichem Anfangs- und Endpunkt immer gilt f(z) dz = 1 f(z) dz. 2 Dies ist offenbar gleichwertig damit, dass das Kurvenintegral von f über eine beliebige geschlossene rektifizierbare Kurve in G verschwindet. Wir zeigen noch ein Lemma, welches es erlaubt, dass wir uns beim Überprüfen der Wegunabhängigkeit, aber auch in manchen der folgenden Beweise o. B. d. A. auf Wege beschränken können: Lemma Sei O C offen, und sei f : O C stetig, sowie eine rektifizierbare Kurve in O. Dann gilt: Zu jedem ε > 0 existiert ein Weg in O mit gleichem Anfangs- und Endpunkt wie, so dass f(z) dz f(z) dz ε. (1.2.3) Falls speziell für jeden geschlossenen Weg in O f(z) dz = 0 (1.2.4) gilt, dann gilt (1.2.4) sogar für jede geschlossene rektifizierbare Kurve in O; d. h., das Kuvenintegral ist dann wegunabhängig. Beweis: Sei rektifizierbare Kurve in O mit Parameterdarstellung z : [a, b ] O. Sei r > 0 so, dass für jedes t [a, b ] die Kreisscheibe um z(t) mit Radius r in O liegt; ein solches r existiert, da der Träger kompakt ist. Sei weiter ε > 0 gegeben, und sei a = t 0 < t 1 <... < t m = b eine Zerlegung von [a, b ] mit folgenden Eigenschaften: 1. Es sei z(t j ) z(t j 1 ) < r, für alle j = 1,..., m. Eine solche Zerlegung existiert auf Grund der gleichmäßigen Stetigkeit von z(t). 2. Für geeignete Zwischenpunkte ξ j [t j 1, t j ] gelte m f(z) dz f(z(ξ j )) [z(t j ) z(t j 1 )] ε/2. j=1 Nach Definition des Kurvenintegrals gibt es eine solche Zerlegung, und bei jeder Verfeinerung bleibt diese Abschätzung immer richtig. 3. Für jedes j {1,..., m} und alle t, t [t j 1, t j ] sei f(z(t)) f(z( t)) < ε/(2l), wobei l die Länge des Weges bedeutet. Dies ist ebenfalls immer richtig für genügend feine Zerlegungen, da f(z(t)) auf [a, b ] gleichmäßig stetig ist. 8

9 Sei jetzt der Streckenzug, welcher die Punkte z(t 0 ), z(t 1 ),..., z(t m ) verbindet. Dies ist eine stückweise stetig differenzierbare Kurve, also ein Weg, in O mit gleichem Anfangs- und Endpunkt wie, und wir bezeichnen die Strecke von z(t j 1 ) bis z(t j ) mit j. Dann ist m m f(z) dz f(z(ξ j )) [z(t j ) z(t j 1 )] [f(z(ξ j )) f(z)] dz j. j=1 Die rechte Seite ist aber höchstens gleich ε/(2l) m j=1 z(t j) z(t j 1 ) ε/2. Das ergibt die Behauptung. j=1 1.3 Die Riemannsche Zahlenkugel In R 3 betrachten wir die Kugel mit Radius 1/2 und Mittelpunkt (0, 0, 1/2) T, und wir identifizieren z = x + i y C mit (x, y, 0) T R 3. Den Punkt (0, 0, 1) T nennen wir den Nordpol der Kugel. Ist z eine beliebige komplexe Zahl, also hier eigentlich ein Punkt (x, y, 0) T, und legt man durch z und den Nordpol eine Gerade g = g(z), so schneidet diese die Kugel in einem vom Nordpol verschiedenen Punkt (ξ, η, ζ) T. Durch diese Konstruktion wird die komplexe Ebene C bijektiv auf die Kugel ohne den Nordpol abgebildet. Aus naheliegenden Gründen nennen wir den Nordpol auch den unendlich fernen Punkt oder kürzer den Punkt. Die oben beschriebene Kugel, zusammen mit dieser bijektiven Abbildung, heißt die Riemannsche Zahlenkugel, die Abbildung heißt die stereographische Projektion. Aufgabe Beschreibe die Bilder von Geraden in C unter der stereographischen Projektion. Aufgabe Begründe die Aussage zwei Geraden in der Ebene schneiden sich im Unendlichen. Aufgabe Berechne die Koordinaten ξ, η, ζ in Abhängigkeit von x, y. Lösung: Parameterdarstellung der Geraden g(z) ist gleich (ξ(t), η(t), ζ(t)) T = (t x, t y, 1 t); Gleichung der Kugel ist ξ 2 + η 2 + (ζ 1/2) 2 = 1/4. Einsetzen ergibt für den Schnittpunkt die Gleichungen ξ = x 1 + x 2 + y 2, η = y 1 + x 2 + y 2, ζ = x 2 + y x 2 + y 2. (1.3.1) Definition Für z 1, z 2 C heißt der Abstand der Bildpunkte auf der Riemannschen Zahlenkugel der chordale Abstand von z 1 und z 2, bezeichnet mit d(z 1, z 2 ). Man rechnet nach, dass gilt d(z 1, z 2 ) = z 1 z 2 (1 + z1 2 )(1 + z 2 2 ), und wir setzen noch d(z, ) = d(, z) = lim d(z, z) = z z 2. Definition (a) Eine Abbildung f : D C, mit D C offen, heißt winkeltreu, falls gilt: Für zwei beliebige glatte Kurven in D mit glatten Parameterdarstellungen z j (t), a t b, 1 j 2, welche sich in einem Punkt z 0 D unter einem Winkel α schneiden, schneiden sich auch die Bildkurven f(z j (t)) unter dem gleichen Winkel. 9

10 (b) Ein allgemeiner Kreis in C ist entweder ein Kreis oder eine Gerade in C. (c) Eine Abbildung f : D C, mit D C offen, heißt kreisverwandt, wenn sie beliebige allgemeine Kreise in D auf allgemeine Kreise abbildet. (d) Winkeltreue und Kreisverwandschaft definiert man genauso für Abbildungen f : D Y, mit D X, wenn X, Y Vektorräume über K mit einem inneren Produkt sind, also z. B. für X = R n, Y = R m, n, m N, wobei ein Kreis der Durchschnitt einer Kugel mit einer zweidimensionalen Untermannigfaltigkeit ist. Aufgabe (Allgemeine Kreise) Zeige: Zu jedem Kreis bzw. jeder Geraden in C gibt es Konstanten A, C R, B C, mit A C < B 2, derart dass die Lösungsmenge der Gleichung A z z + B z + B z + C = 0, (1.3.2) genau dieser Kreis bzw. diese Gerade ist. Stelle fest, wann die Lösungsmenge ein Kreis bzw. eine Gerade ist. Satz Die stereographische Projektion ist winkeltreu und kreisverwandt. Beweis: Seien z j (t) = x j (t) + i y j (t) glatte Parameterdarstellungen von Kurven in C, und seien x j (t) = (ξ j (t), η j (t), ζ j (t)) T die entsprechenden Bildkurven auf der Zahlenkugel. Mit N j (t) = 1 + x 2 j (t) + y2 j (t) gilt dann x x 1 j (t) N j(t) x j (t) N j (t) j (t) = y N j (t) 2 j (t) N j(t) y j (t) N j (t). N j (t) Wenn sich die Kurven schneiden, etwa für t = t 0, können wir der Einfachheit halber x, y, x, N statt x j (t 0 ), y j (t 0 ), x j (t 0 ), N j (t 0 ) schreiben und auch bei den Ableitungen die Abhängigkeit von t 0 nicht notieren. In diesem Fall folgt für das innere Produkt ( x 1, x 2 ) = N [(x 4 1 x 2 + y 1 y 2) N 2 x (x 1 N 2 + x 2 N 1) N ] y (y 1 N 2 + y 2 N 1) N + N N 1 N 2. Wegen N j = 2 (x j x + y j y) vereinfacht sich dies zu Genauso folgt ( x 1, x 2 ) = (x 1 x 2 + y 1 y 2) N 2. x j = N 1 (x j )2 + (y j )2, 1 j 2. Daraus folgt die Winkeltreue, denn per Definition ist der Winkel zwischen zwei Kurven gleich dem Winkel zwischen den beiden Tangenten, d. h., den Ableitungen. Zur Kreisverwandtschaft: Nach Aufgabe sind allgemeine Kreise genau die Lösungsmengen von Gleichungen der Form (1.3.2) mit A, C R, B C, und A C < B 2. Aus (1.3.1) folgt x = ξ/(1 ζ), y = η/(1 ζ), x 2 + y 2 = ζ/(1 ζ), und Einsetzen in (1.3.2) ergibt mit B = B 1 + i B 2 die Gleichung A ζ + 2 (B 1 ξ B 2 η) + C (1 ζ) = 0. Dies ist die Gleichung einer Ebene in R 3, und die Schnittmenge mit der Kugel ist ein Kreis. Wir definieren noch folgende Rechenregeln für das Symbol : z C : z + = + z =, z C \ {0} : z = z =, 1/ = 0, 1/0 =, =. 10

11 Aufgabe Leite aus obigen Rechenregeln für die folgenden weiteren Regeln ab: z C \ {0} : z/0 =, z/ = 0. Aufgabe Zeige: Die Bilder zweier z j C auf der Riemannschen Zahlenkugel liegen sich genau dann diametral gegenüber, wenn z 1 z 2 = 1 gilt. 11

12 Kapitel 2 Möbiustransformationen 2.1 Abbildungseigenschaften Definition Für komplexe Zahlen a, b, c, d mit a d b c 0 heißt die Abbildung z f(z) = a z + b c z + d (2.1.1) eine Möbiustransformation oder auch eine gebrochen lineare Abbildung. Für z = d/c (= falls c = 0 ist) gilt a z + b = (a d b c)/c 0, also ist es vernünftig, f( d/c) = zu setzen. Außerdem sei f( ) = lim z f(z) = a/c. Es ist deshalb sinnvoll, f als Abbildung von C := C { } nach C zu betrachten. Bemerkung Offenbar ist eine Möbiustransformation f in C \ { d/c} stetig, und für z d/c gilt f(z). Also gilt für alle z 0 C, dass f(z) f(z 0 ) geht, wenn z z 0 strebt. Daher ist es sinnvoll zu sagen, dass f in ganz C stetig ist. Aufgabe Zeige: Jede Möbiustransformation f besitzt eine Darstellung wie in (2.1.1), aber mit a d b c = 1. Spezialfälle: f(z) = z + b heißt eine Translation (Verschiebung) in C. f(z) = a z, mit a = r (cos φ + i sin φ) 0, heißt eine Drehstreckung in C mit Zentrum 0, Drehwinkel φ und Streckungsfaktor r. f(z) = 1/z heißt Inversion am Einheitskreis. Diese Abbildung hängt auch eng mit der Spiegelung am Einheitskreis zusammen; siehe dazu den Abschnitt über Spiegelpunkte. Satz Jede Möbiustransformation (2.1.1) bildet C bijektiv auf sich ab; die Umkehrabbildung ist gleich f 1 (z) = d z + b c z a, also ebenfalls eine Möbiustranformation. Die Menge aller Möbiustransformationen ist eine nichtkommutative Gruppe bzgl. der Hintereinanderausführung als Verknüpfung. Genauer gilt: f(z) = a z + b c z + d, ã z + f(z) b = c z + d 12 = ( f f)(z) = â z + ˆb ĉ z + ˆd,

13 mit [ â ˆb ĉ ˆd ] = [ ã b c d ] [ a b c d ]. Beweis: Definiere f 1 wie im Satz. Dann gilt: Falls z = a/c, also c z a = 0 ist, dann ist (f f 1 )(z) = f( ) = z. Für alle anderen z C gilt (f f 1 )(z) = a ( d z + b) + b (c z a) c ( d z + b) + d (c z a) = z, und schließlich gilt auch (f f 1 )( ) = f( d/c) =. Genauso zeigt man, dass (f 1 f)(z) = z für alle z C gilt. Also ist f bijektiv und f 1 die Umkehrabbildung. Der Rest der Behauptungen ist in den nächsten Übungsaufgaben enthalten. Aufgabe Beweise die Aussage von Satz über die Hintereinanderausführung von Möbiustransformationen. Aufgabe Zeige, dass die Möbiustransformationen eine nichtkommutative Gruppe bzgl. Hintereinanderausführung bilden. Satz Möbiustransformationen sind kreisverwandt und winkeltreu. Beweis: Sei f(z) = (a z + b)/(c z + d), a d b c 0. Falls c = 0 ist, ist f Hintereinanderausführung einer Translation und einer Drehstreckung, und beide sind kreisverwandt, wie man z. B. durch Einsetzen in (1.3.2) nachrechnen kann. Die Winkeltreue ergibt sich in diesem Fall leicht durch die Anschauung. Im anderen Fall gilt f(z) = a a d b c 1 c c c z + d, also ist f Hintereinanderausführung von Translationen, Drehstreckungen sowie einer Inversion. Deshalb genügt es zu zeigen, dass die Behauptung für die Inversion richtig ist. Sei deshalb jetzt f(z) = 1/z. Wenn man z in (1.3.2) durch 1/z ersetzt und mit z z erweitert, erhält man A + B z + B z + C z z = 0, was wieder die Gleichung eines allgemeinen Kreises ist. Zur Winkeltreue der Inversion: Die Abbildung z 1/z, in (1.3.1) eingesetzt, ergibt ξ ξ, η η und ζ 1 ζ, was zwei Spiegelungen auf der Zahlenkugel entspricht. Dies und die Winkeltreue der stereographischen Projektion ergibt die Behauptung. Aufgabe Zeige: Eine Möbiustransformation f : C C ist gleichmäßig stetig bzgl. des chordalen Abstandes, das heißt ε > 0 δ > 0 z 1, z 2 C : d(z 1, z 2 ) < δ = d(f(z 1 ), f(z 2 )) < ε. Aufgabe Seien a, z in der Einheitskreisscheibe, d. h., a, z < 1. Zeige z a 1 a z < 1. 13

14 2.2 Doppelverhältnisse Definition Ein z C heißt Fixpunkt einer Abbildung f : C C, wenn f(z) = z gilt. Lemma Hat eine Möbiustransformation f drei verschiedene Fixpunkte, so ist f die Identität, d. h., f(z) = z für alle z C. Beweis: Ist z 0 C Fixpunkt von (2.1.1), so ist c z 0 + d 0 und c z (d a) z 0 b = 0. Falls c 0 ist, hat diese Gleichung höchstens zwei Lösungen in C, und ist wegen f( ) = a/c sicher kein Fixpunkt. Falls c = 0 und d a 0 ist, sind nur und b/(d a) Fixpunkte. Falls c = 0 und d = a ( 0) ist, ist entweder nur Fixpunkt, oder b = 0, d. h., f(z) z. Definition Für vier verschiedene z j C heißt D(z 1, z 2, z 3, z 4 ) = z 4 z 1 z 4 z 3 : z 2 z 1 z 2 z 3 ( = z ) 4 z 1 z 2 z 3 z 4 z 3 z 2 z 1 das Doppelverhältnis von z 1, z 2, z 3, z 4. Durch Grenzübergang eines z j nach erhält man noch D(, z 2, z 3, z 4 ) = z 2 z 3 z 4 z 3, D(z 1,, z 3, z 4 ) = z 4 z 1 z 4 z 3, D(z 1, z 2,, z 4 ) = z 4 z 1 z 2 z 1, D(z 1, z 2, z 3, ) = z 2 z 3 z 2 z 1. Satz (Invarianz des Doppelverhältnisses) (a) Für vier verschiedene z j C und jede Möbiustransformation f gilt stets D(f(z 1 ), f(z 2 ), f(z 3 ), f(z 4 )) = D(z 1, z 2, z 3, z 4 ), (2.2.1) d. h., das Doppelverhältnis ist invariant unter Möbiustransformationen. (b) Zu verschiedenen z 1, z 2, z 3 und verschiedenen w 1, w 2, w 3 aus C gibt es genau eine Möbiustransformation f mit f(z j ) = w j, 1 j 3, und man kann f durch Auflösen der Gleichung nach f(z) erhalten. D(w 1, w 2, w 3, f(z)) = D(z 1, z 2, z 3, z) (c) Vier verschiedene z j C liegen genau dann auf einem allgemeinen Kreis, wenn ihr Doppelverhältnis eine reelle Zahl ist. Beweis: Zu (b): Durch g 1 (z) = D(z 1, z 2, z 3, z) ist eine Möbiustransformation gegeben, für welche gilt g 1 (z 1 ) = 0, g 1 (z 2 ) = 1, g 1 (z 3 ) =. Analog definiert g 2 (w) = D(w 1, w 2, w 3, w) eine Möbiustranformation mit g 2 (w 1 ) = 0, g 2 (w 2 ) = 1, g 2 (w 3 ) =. Das heißt, durch Auflösen von D(w 1, w 2, w 3, w) = D(z 1, z 2, z 3, z) nach w ergibt sich die Möbiustransformation g 1 2 g 1, welche z 1, z 2, z 3 auf w 1, w 2, w 3 abbildet. Somit existiert f, und mit dem obigen Lemma ergibt sich die Eindeutigkeit von f. Zu (a): Folgt aus (b). Zu (c): Die Möbiustransformation f(z) = D(z 1, z 2, z 3, z) bildet den allgemeinen Kreis durch die Punkte z 1, z 2, z 3 ab auf den allgemeinen Kreis durch die Punkte 0, 1,, und dieser ist offenbar die reelle Achse. 14

15 Aufgabe Finde eine Möbiustransformation f mit f(0) = 1, f(i) = 2, f( 1) = 3. Lösung: 1. Weg: D(1, 2, 3, f(z)) = D(0, i, 1, z) (f(z) 1) (z + 1) = z (f(z) 3) (1 i) f(z) (z(2 i) + 1) = z (4 3i) + 1 f(z) = (z(4 3i) + 1)/(z(2 i) + 1). 2. Weg: Ansatz f(z) = (a z + b)/(c z + d) führt auf die Gleichungen b = d, 2(ic + d) = ia + b, 3(d c) = b a. Dies sind drei lineare Gleichungen in vier Unbekannten. Wählt man z. B. b = 1, so folgt d = 1, a = 4 3i, c = 2 i. Aufgabe Bestimme eine Möbiustransformation f, welche den Einheitskreis auf die imaginäre Achse abbildet. Untersuche, wohin das Innere/Äußere des Einheitskreises abgebildet wird. Lösung: Die Bedingungen f(1) = 0, f(i) = i, f( 1) = führen auf f(z) = (z 1)/(z + 1). Wegen der Kreisverwandtschaft ist klar, dass dieses f den Einheitskreis auf den allgemeinen Kreis durch die Punkte 0, i,, also auf die imaginäre Achse abbilden muss. Wegen f(0) = 1 muss das Innere des EK in die linke Halbebene gehen (Begründung?) 2.3 Spiegelpunkte Definition Punkte z, z C heißen Spiegelpunkte bezgl. eines allgemeinen Kreises K oder symmetrisch bzgl. K, wenn für drei verschiedene Punkte z j auf K, welche auch von z, z verschieden sind, gilt D(z 1, z 2, z 3, z ) = D(z 1, z 2, z 3, z). Die Abbildung, welche ein z auf seinen Spiegelpunkt z abbildet, heißt Spiegelung am allgemeinen Kreis K. Bemerkung Für den Kreis K um z 0 mit Radius R gilt wegen z j K = (z j z 0 ) = R 2 /(z j z 0 ) D(z 1, z 2, z 3, z) = D(z 1 z 0, z 2 z 0, z 3 z 0, z z 0 ) = D(R 2 /(z 1 z 0 ), R 2 /(z 2 z 0 ), R 2 /(z 3 z 0 ), z z 0 ) = D(z 1, z 2, z 3, z 0 + R 2 /(z z 0 )), wobei die letzte Gleichung aus der Invarianz des Doppelverhältnisses gegenüber der Möbiustransformation f(z) = z 0 + R 2 /z folgt. Daraus lesen wir für den Spiegelpunkt z zu z ab: z = z 0 + R2 z z 0, also z z 0 = R2 z z 0, arg(z z 0 ) = arg(z z 0 ). Insbesondere hängt z nicht von der Wahl der Punkte z 1, z 2, z 3 ab. Speziell ist der Spiegelpunkt des Kreismittelpunktes z 0 der Punkt, und umgekehrt. Daher folgt: Sind z j drei verschiedene Punkte eines Kreises, so ist der Mittelpunkt z 0 gegeben durch die Formel D(z 1, z 2, z 3, z 0 ) = D(z 1, z 2, z 3, ) = ( z2 z 3 z 2 z 1 ). 15

16 Falls K eine Gerade ist, so stimmt die Definition eines Spiegelpunktes mit der geometrischen Anschauung überein. Insbesondere ist auch hier der Spiegelpunkt z zu z nicht von der Wahl der z 1, z 2, z 3 K abhängig. Schließlich ist die Spiegelpunktdefinition reflexiv, d. h., ist z Spiegelpunkt zu z, so ist z wiederum der Spiegelpunkt zu z. Außerdem gilt z = z z K. Satz (Symmetrieprinzip) Seien K ein allgemeiner Kreis, f eine Möbiustransformation, und K = f(k). Ist dann z Spiegelpunkt von z bzgl. K, so ist f(z ) Spiegelpunkt von f(z) bzgl. K. Also: Möbiustransformationen überführen Spiegelpunkte in Spiegelpunkte. Beweis: Für drei verschiedene z j K sind f(z j ) K ebenfalls verschieden, und nach Satz (a) folgt: D(f(z 1 ), f(z 2 ), f(z 3 ), f(z)) = D(z 1, z 2, z 3, z) = D(z 1, z 2, z 3, z ) = D(f(z 1 ), f(z 2 ), f(z 3 ), f(z )). Also gilt die Behauptung. Aufgabe Bestimme alle Möbiustransformationen f, welche das Innere des EK auf sich abbilden. Lösung: Jedes solche f muss den Einheitskreis auf sich abbilden. Also setzen wir an: f(1) = e iα für ein α R, f(z 0 ) = 0 für ein z 0 < 1. Nach dem Symmetrieprinzip ist dann f(z0) =, wobei z0 der Spiegelpunkt zu z 0 bzgl. des EK ist, also z0 = 1/z 0. Dies führt auf Also sind die gesuchten f genau von der Form f(z) = e iφ z z 0 1 z z 0, e iφ = e iα 1 z 0 1 z 0. f(z) = e iφ z z 0 1 z z 0, φ R, z 0 < 1. Aufgabe Bestimme alle Möbiustransformationen f, welche die obere Halbebene in den EK abbilden. Lösung: Ein z 0 mit positivem Imaginärteil gehe nach 0, und 0 gehe nach e iα mit α R. Das Symmetrieprinzip impliziert dann f(z 0) =, und z 0 = z 0. Dies ergibt: Die gesuchten f sind genau von der Form f(z) = e iφ z z 0 z z 0, φ R, Im z 0 > 0. Aufgabe Bestimme alle z C, für die folgende Ungleichungen gelten: ( ) z a (a) Im > 0, (b) z 1 2 z 2. z b Aufgabe Bestimme eine Möbiustransformation, die 1 als Fixpunkt hat und 0 auf i sowie auf i abbildet. 16

17 Aufgabe Bestimme alle Möbiustransformationen, welche die reelle Gerade auf sich abbilden. Aufgabe Zeige, dass die Punkte 2, i, 1 i und 2i/3 auf einem Kreis liegen, und bestimme dessen Mittelpunkt. Aufgabe Gegeben seien drei verschiedene Punkte z j C. Zeige, dass es genau einen allgemeinen Kreis K durch z 1 gibt, bezüglich dessen z 2 und z 3 Spiegelpunkte sind. 17

18 Kapitel 3 Holomorphe Funktionen 3.1 Differenzierbarkeit und Holomorphie Definition Sei O C offen, und sei f : O C. (a) Wir nennen f differenzierbar in z 0 O, falls f(z) f(z 0 ) lim = f (z 0 ) z z 0 z z 0 existiert, und wir nennen dann den Grenzwert f (z 0 ) die (erste) Ableitung von f im Punkt z 0. (b) Wir nennen f holomorph oder analytisch in z 0 O, falls ein ε > 0 existiert, für das f in jedem Punkt z K(z 0, ε) O differenzierbar ist. Wir nennen f holomorph in O, falls f in jedem Punkt von O holomorph ist. (c) Ein F : O C heißt Stammfunktion zu f, wenn F in O holomorph ist, und wenn gilt F (z) = f(z) z O. Bemerkung Wie im Reellen gelten für die Berechnung der Ableitung die Produkt-, Quotientenund Kettenregel, und Summen von endlich vielen Funktionen dürfen gliedweise differenziert werden. Außerdem ergibt sich aus der Definition, dass Differenzierbarkeit immer Stetigkeit impliziert. Aufgabe Untersuche, für welche z C die folgenden Funktionen differenzierbar bzw. holomorph sind: (a) f(z) = z 2, (b) f(z) = z. Aufgabe Sei f(z) in einem Punkt z 0 = x 0 + i y 0 differenzierbar. Zeige dass dann f, aufgefasst als Funktion der reellen Variablen x und y, im Punkt (x 0, y 0 ) T nach beiden Variablen partiell differenzierbar ist. Gilt auch die Umkehrung? Aufgabe Sei O C offen, und sei f : O C holomorph. Sei O = {z : z O}. Zeige: Dann ist die Funktion g mit g(z) = f( z ) z O holomorph in O, und g (z) = f ( z ) für alle z O. 18

19 Beispiel Polynome sind in ganz C holomorph, und die Ableitung berechnet sich wie üblich. Wegen der Quotientenregel sind dann rationale Funtkionen überall auf ihrem natürlichen Definitionsbereich holomorph. Weitere Beispiele holomorpher Funktionen ergeben sich als Summen von Potenzreihen: Zu einer Reihe der Form 0 a k (z z 0 ) k berechnen wir den Konvergenzradius R nach der Formel R 1 = lim sup a k 1/k. k Wegen lim k k 1/k = 1 folgt, dass die gliedweise differenzierte Potenzreihe 0 (k + 1)a k+1 (z z 0 ) k den gleichen Konvergenzradius R hat. Falls R > 0 ist, gilt für alle ρ < R, dass beide Reihen in K(z 0, ρ) sogar gleichmäßig konvergieren. Nach dem Satz über die gliedweise Differenziation von Reihen folgt deshalb: Satz Ist f(z) = 0 a k (z z 0 ) k konvergent für z K(z 0, R) mit R > 0, so ist f dort holomorph, und f (z) = 0 (k + 1) a k+1 (z z 0 ) k. 3.2 Einige spezielle Funktionen Definition Da der Konvergenzradius der folgenden Potenzreihen jeweils unendlich ist, definieren wir für alle z C: e z = 0 z k k!, sin z = ( 1) k z 2k+1 (2k + 1)!, cos z = ( 1) k z2k (2k)!, 0 0 sinh z = 0 z 2k+1 (2k + 1)!, cosh z = z 2k (2k)!. 0 Allgemein nennt man jede Funktion, die auf ganz C definiert und holomorph ist, eine ganze Funktion. Somit sind also obige Funktionen alle ganz. Beachte, dass auch Polynome ganze Funktionen sind! Folgende Resultate lassen sich leicht mit Hilfe der Potenzreihen beweisen: Lemma Für z = x + iy C gilt stets: (a) cosh(iz) = cos z, sinh(iz) = i sin z, (b) e z = e x (cos y + i sin y), (c) sin z = eiz e iz 2i = sin x cosh y + i cos x sinh y, (d) cos z = eiz +e iz 2 = cos x cosh y i sin x sinh y. Lemma (Additionstheoreme) Für z 1, z 2 C gilt stets: (a) e z1+z2 = e z1 e z2, (b) sin(z 1 + z 2 ) = sin z 1 cos z 2 + cos z 1 sin z 2, (c) cos(z 1 + z 2 ) = cos z 1 cos z 2 sin z 1 sin z 2. Aufgabe Beweise obige zwei Lemmata. 19

20 Satz (a) z C : (e z ) = e z, (cos z) = sin z, (sin z) = cos z. (b) Die einzigen Nullstellen von cos z sind die Zahlen z k = (k + 1/2) π, k Z. (c) Die einzigen Nullstellen von sin z sind die Zahlen z k = k π, k Z. (d) Die Exponentialfunktion e z hat keine Nullstellen. (e) e z+2kπi = e z z C, k Z. (f) cos(z + 2kπ) = cos z, sin(z + 2kπ) = sin z z C, k Z. Aufgabe Beweise obigen Satz unter Benutzung der Definition von π/2 als die kleinste positiv-reelle Nullstelle von cos x. Aufgabe Zeige folgende Identitäten: (a) cosh z = ez +e z 2, sinh z = ez e z 2. (b) sinh(z 1 + z 2 ) = sinh z 1 cosh z 2 + cosh z 1 sinh z 2. (c) cosh(z 1 + z 2 ) = cosh z 1 cosh z 2 + sinh z 1 sinh z 2. Aufgabe Zeige, dass die Funktion im Nullpunkt nicht differenzierbar ist. f(z) = { e 1/z (z 0) 0 (z = 0) 3.3 Der komplexe Logarithmus Das folgende Ergebnis ist wichtig für die Definition des natürlichen Logarithmus einer komplexen Zahl: Satz (Abbildungseigenschaften der Exponentialfunktion) Für jedes feste y 0 R bildet f(z) = e z den Streifen { z : y 0 < Im z < y π } bijektiv ab auf die geschlitzte Ebene C(y 0 ) = C \ {z = r e iy0 : 0 r < }. Beweis: Aus e x+iy = e x (cos y + i sin y) folgt e z = exp [Re z] sowie arg e z = Im z (y 0, y 0 + 2π), und daraus folgt die Behauptung. Definition Für y 0 R und C(y 0 ) wie oben heißt die auf C(y 0 ) definierte Umkehrfunktion von e z ein Zweig des komplexen Logarithmus, und wir schreiben log z oder ln z für diese Funktion. Satz Für z C(y 0 ) sei die Funktion arg z so festgelegt, dass y 0 < arg z < y 0 + 2π gilt. Dann ist log z = log z + i arg z z C(y 0 ), wobei mit log z der reelle Logarithmus gemeint ist. Die Funktion log z ist in C(y 0 ) holomorph, und d dz log z = 1 z z C(y 0 ). 20

21 Beweis: Sei log z = w = a + i b, für a, b R. Dann ist z = e w = e a (cos b + i sin b), und y 0 < b < y 0 + 2π. Also ist z = e a, d. h., a = Re w = log z, und b = arg z = Im w. Seien jetzt z, z 0 C(y 0 ). Da der reelle Logarithmus und die Argumentfunktion beide stetig sind, folgt Mit w = log z, w 0 = log z 0 folgt ε > 0 δ > 0 : z z 0 δ = log z log z 0 ε. log z log z 0 z z 0 1 z 0 = w w 0 (e w w0 1) e w e w0. Mit der Exponentialreihe zeigt man für festes w 0 und w w 0 c mit hinreichend kleinem c > 0: e w e w0 = e w0 w w 0 (e w w0 1) = k=1 (w w 0 ) k k! (w w 0 ) k k=2 k! c 1 w w 0, c 2 w w 0 2, für geeignete Konstanten c j > 0. Daraus folgt für z z 0 δ: log z log z 0 1 z z 0 z 0 c 2 w w 0 ε c 2, c 1 c 1 woraus die Behauptung folgt. Bemerkung Offenbar gibt es unendlich viele Zweige des komplexen Logarithmus, und obiger Satz zeigt, dass die Wahl eines Zweiges des Logarithmus genau der Wahl eines Zweiges der Argumentfunktion entspricht. Der in C( π) definierte Zweig des Logarithmus hat die Eigenschaft dass er für positiv-reelle Werte von z mit dem reellen Logarithmus übereinstimmt und heißt deshalb der Hauptzweig. Die Funktionalgleichung log(z 1 z 2 ) = log z 1 + log z 2 gilt genau dann, wenn man die drei Zweige der Logarithmusfunktion so festlegt, dass arg(z 1 z 2 ) = arg z 1 + arg z 2 gilt. Aufgabe Finde alle möglichen Werte für log(1 + i). Lösung: Für jedes y 0, für welches 1 + i C(y 0 ) liegt, gibt es einen Zweig von log(1 + i), und dieser ist gleich log 1 + i + i arg(1 + i). Es ist 1 + i = 2, und arg(1 + i) = π/4 + 2 k π mit beliebigem k Z. Also sind die möglichen Werte gegeben durch log(1 + i) = 1 2 log 2 + i (2 k + 1/4) π, k Z. Dies ist (nach Definition des Logarithmus) auch genau die Lösungsmenge der Gleichung e w = 1 + i. Definition Wir setzen z α = e α log z z C \ {0}, α C. Dabei kann jeder Zweig des Logarithmus gewählt werden. Nimmt man für log z den Hauptzweig, so erhält man den Hauptzweig der Potenzfunktion z α. 21

22 Im Allgemeinen ist also z α erst durch eine Wahl von log z eindeutig festgelegt. Wenn allerdings α eine ganze Zahl ist, dann ist z α unabhängig von der Wahl des Zweiges von log z; dies folgt, da e 2mπi = 1 gilt für alle m Z. Mehr dazu in den nächsten Aufgaben. Aufgabe Zeige für α = 1/2, dass obige Definition von w = z α für jedes z 0 zu genau zwei verschiedenen Werten w C führt, welche sich gerade um den Faktor 1 unterscheiden. Wir sagen deshalb: Die Quadratwurzelfunktion z hat genau zwei Zweige. Diese sind auch genau die Lösungen der Gleichung w 2 = z. Aufgabe Zeige für α = 1/q mit q N, dass obige Definition von w = z α für jedes z 0 zu genau q verschiedenen Werten w C führt. Genauer: Ist z = r e φ, r > 0, so ergibt sich für w = z 1/q durch geeignete Wahl von log z genau eine der Zahlen w j = q r e (φ+2jπ)i/q, j = 0,..., q 1, Wir sagen deshalb: Die q-te Wurzelfunktion z 1/q hat genau q Zweige. Diese Zweige sind auch genau die Lösungsmenge der Gleichung w q = z. Aufgabe Sei α = p/q mit teilerfremden p, q Z. Zeige, dass dann die obige Definition von w = z α für jedes z 0 zu genau q verschiedenen Werten w C führt. Aufgabe Sei α R \ Q, also eine irrationale Zahl. Zeige, dass dann die obige Definition von w = z α für jedes z 0 zu unendlich vielen verschiedenen Werten w C führt. Aufgabe Sei α = a + i b mit a, b R. Zeige z α = z a e b arg z für z 0, und diskutiere, wann man die Potenzfunktion im Nullpunkt stetig ergänzen kann. Aufgabe Finde alle möglichen Werte für folgende Ausdrücke: (a) log ( 1), (b) log i, (c) i i, (d) i 1/3. Aufgabe Bestimme für n N alle n-ten Einheitswurzeln, d. h. alle Lösungen der Gleichung und diskutiere ihre Lage in der Zahlenebene. z n = 1, 3.4 Die Gamma-Funktion Definition Wir definieren die Gamma-Funktion durch das uneigentliche Integral Γ(z) = 0 t z 1 e t dt, Re z > 0, (3.4.1) wobei entlang der positiv-reellen Achse integriert wird und für die Potenz t z der Hauptwert zu nehmen ist. Wegen t z = t x für z = x + i y und x > 0 folgt leicht die absolute Konvergenz dieses Integrals, da e t schneller als jede Potenz von t anwächst. Satz (Holomorphie der Gamma-Funktion) Die Gamma-Funktion ist holomorph in der rechten Halbebene Re z > 0. Ihre Ableitung hat die Integraldarstellung Γ (z) = 0 t z 1 log t e t dt, Re z > 0. (3.4.2) 22

23 Beweis: Zunächst stellen wir fest, dass das Integral (3.4.2) für z = x + i y, x > 0, absolut konvergiert, da der (reelle) Logarithmus schwächer wächst als jede Potenz von t. Für 0 < h ε mit 0 < ε < x zeigt man unter Benutzung der Potenzreihenentwicklung für t h = e h log t : tz+h 1 t z 1 h t z 1 log t = t x 1 t h 1 h = t x 1 n=2 log t h n 1 (log t) n n! t x 1 h log t 2 n=0 h n log t n (n + 2)! t x 1 h log t 2 exp(ε log t 2 ). Wenn wir für den Moment Γ (z) durch (3.4.2) definieren, folgt Γ(z + h) Γ(z) h Γ (z) h 0 t x 1 log t 2 exp(ε log t 2 t) dt. Offenbar geht die rechte Seite dieser Ungleichung gegen 0 für h 0, woraus die Behauptung folgt. Aufgabe Zeige durch partielle Integration von (3.4.1) die folgende Funktionalgleichung der Gammafunktion: Γ(z + 1) = z Γ(z), Re z > 0. Aufgabe Zeige Γ(n + 1) = n! für alle n N Einfache Konsequenzen der Holomorphie Dieser Abschnitt zeigt, dass Real- und Imaginärteil von holomorphen Funktionen stark miteinander gekoppelt sind: Satz (Cauchy-Riemannsche Differenzialgleichungen) Sei G C ein Gebiet, und sei f : G C holomorph. Setzt man f(z) = u(x, y) + i v(x, y), für z = x + i y und x, y, u, v reell, so sind u, v für alle z G nach beiden Variablen partiell diffbar, und es gilt f (z) = u x (x, y) + i v x (x, y) = i u y (x, y) + v y (x, y). (3.5.1) Daraus folgen insbesondere die Cauchy-Riemannsche Differenzialgleichungen u x (x, y) = v y (x, y), u y (x, y) = v x (x, y) z = x + i y G. Beweis: Für z G gilt nach Definition f f(z+h) f(z) (z) = lim h 0 h, wobei h eine komplexe Zahl 0 ist. Für reelle h ist f(z + h) f(z) h f(z + ih) f(z) ih = = i u(x + h, y) u(x, y) h u(x, y + h) u(x, y) h + i + v(x + h, y) v(x, y) h v(x, y + h) v(x, y) h Für h 0 gehen beide Ausdrücke gegen f (z), und daraus folgt (3.5.1), also die Behauptung.,. 23

24 Definition Eine Abbildung f : G C heißt lokalkonform in G, wenn f in G winkeltreu ist, und wenn f(z + h) f(z) lim (3.5.2) h 0 h existiert und nicht verschwindet. Satz Eine in einem Gebiet G holomorphe Funktion f, deren Ableitung nirgends verschwindet, ist in G lokalkonform. Beweis: Aus der Definition der Holomorphie folgt sofort (3.5.2). Sei jetzt z(t) glatte Parameterdarstellung einer Kurve in G. Dann ist d dt f(z(t)) = f (z(t)) z (t), also insbesondere arg d dt f(z(t)) = arg f (z(t)) + arg z (t). Daraus folgt, dass die Tangente an die Bildkurve f(z(t)) gegenüber der Tangente an die Kurve z(t) um den Winkel arg f gedreht ist. Das ergibt die Winkeltreue von f. Aufgabe Sei O C offen, und sei f : O C holomorph. Untersuche g(z) = Re (f(z)) auf Holomorphie in O. Aufgabe Finde zu u(x, y) = 2 x y eine Funktion v(x, y) so, dass f(z) = u(x, y) + i v(x, y) eine ganze Funktion ist. 3.6 Integrale vom Cauchy-Typ Definition Sei eine rektifizierbare Kurve, und seien g, φ : C stetig. Sei weiter O = {z : z φ(w) w }. Dann wird durch g(w) f(z) = dw (3.6.1) φ(w) z auf O eine Funktion f definiert. Ein Integral (3.6.1) heißt vom Cauchy-Typ. Behauptung Ist f auf O durch ein Integral vom Cauchy-Typ gegeben, so gilt für beliebiges z 0 O: f(z) = f k (z z 0 ) k g(w), f k = (φ(w) z 0 ) k+1 dw, k N 0, (3.6.2) k=0 und die Potenzreihe konvergiert mindestens im größten Kreis um z 0, der noch ganz in O enthalten ist. Insbesondere ist f auf O holomorph. Beweis: Sei z 0 O, und sei δ > 0 so, dass K(z 0, δ) O. Somit ist also φ(w) z 0 δ für alle w. Deshalb gilt für alle festen z mit z z 0 < δ 1 φ(w) z = n=0 (z z 0 ) n (φ(w) z 0 ) n+1, und die Reihe konvergiert gleichmäßig auf. Daher darf man in (3.6.1) obige Reihe einsetzen und Integration und Summation vertauschen. 24

25 Aufgabe Gegeben sei ein Integral (3.6.1) vom Cauchy-Typ. Zeige folgende Darstellung für die Ableitungen von f: f (n) g(w) (z) = n! dw n N, z O. (φ(w) z) n+1 Aufgabe Zeige, analog wie im Beweis von Behauptung 3.6.2: Das uneigentliche Integral f(z) = 0 e x dx x z definiert eine auf C \ {x 0} holomorphe Funktion. 25

26 Kapitel 4 Die lokale Version des Cauchyschen Integralsatzes 4.1 Der Integralsatz für Ableitungen Satz Seien O C offen, F : O C holomorph, und f = F stetig auf O. Dann gilt für jede rektifizierbare Kurve in O mit Anfangspunkt z 0 und Endpunkt z 1 f(z) dz = F (z 1 ) F (z 0 ). Insbesondere gilt (1.2.4) für jede geschlossene rektifizierbare Kurve in O. Beweis: Sei zunächst ein Weg betrachtet, und sei z : [a, b] O dessen Parameterdarstellung. Dann folgt aus dem Beweis von Satz mit F (z) = U(x, y) + i V (x, y), dass f(z) = F (z) = U x (x, y) + i V x (x, y) = V y (x, y) i U y (x, y). Nach Definition des komplexen Kurvenintegrals ist demnach f(z) dz = b [U x (x(t), y(t)) x (t) + U y (x(t), y(t)) y (t)] dt a b +i a [V x (x(t), y(t)) x (t) + V y (x(t), y(t)) y (t)] dt = U(x(b), y(b)) U(x(a), y(a)) + i [V (x(b), y(b)) V (x(a), y(a))] = F (z(b)) F (z(a)). Ist eine beliebige rektifizierbare Kurve, dann gibt es zu ε > 0 nach Lemma einen Weg mit gleichem Anfangs- und Endpunkt, für den (1.2.3) gilt. Da aber das Kurvenintegral von f entlang immer gleich F (z 1 ) F (z 0 ), also unabhängig von ist, und da ε beliebig klein sein darf, folgt die Behauptung. Korollar zu Satz Für alle n Z \ { 1} und jeden geschlossene rektifizierbare Kurve, die für n 2 nicht durch den Nullpunkt geht, gilt zn dz = 0. Beweis: Folgt, da z n die Ableitung von z n+1 /(n + 1) ist. 26

27 Aufgabe Welche Werte kann das Kurvenintegral dz I = z annehmen, wenn eine rektifizierbare Kurve von 0 nach 1 ist, die die Nullstellen des Nenners vermeidet? Lösung: Es ist 2i (z 2 + 1) 1 = (z + i) 1 (z i) 1, also betrachten wir die einfacheren Integrale dz I ± = z ± i. Die Substitution w = z ± i führt dann zu I ± = wobei ± aus durch Verschiebung um ±i hervorgeht, also eine Kurve von ±i nach 1 ± i ist. Nach den untenstehenden Übungsaufgaben ist deshalb I ± = log(1 ± i) log(±i), wobei wir noch diskutieren müssen, welche Zweige der Logarithmusfunktion jeweils zu nehmen sind: Im Anfangspunkt der Kurve können wir einen beliebigen Zweig des Logarithmus wählen, da eine andere Wahl durch entsprechende Wahl des Zweiges im Endpunkt ausgeglichen werden kann. Wir setzen also z. B. log(±i) = log 1 + i arg(±i) = ±i π/2. Welcher Wert im Endpunkt zu nehmen ist, hängt davon ab, wie sich die Kurve ± um den Nullpunkt herumwindet, und das entspricht genau dem Verhalten des ursprünglichen Weges bezüglich des Punktes i. Deshalb kann im Endpunkt jeder mögliche Zweig des Logarithmus der richtige sein. Alle Zweige sind aber gegeben durch die Zahlen ± dw w, log(1 ± i) = 1 2 log 2 + i (2 k ± ± 1/4) π, k ± Z. Dies ergibt I + = log(1 + i) log i = 1 2 log 2 + i (2 k + 1/4) π, I = log(1 i) log( i) = 1 2 log 2 + i (2 k + 1/4) π. Damit ergibt sich wobei k = k k + eine beliebige ganze Zahl ist. I = i 2 (I + I ) = (k + 1/4) π, Aufgabe Berechne das Kurvenintegral von f(z) = 1/(cos z) 2 entlang eines Weges, welche durch keine Nullstelle des Nenners geht. Aufgabe Zeige: Ist ein Weg von a 0 nach b 0, welcher den Nullpunkt vermeidet, so gilt bei geeigneter Wahl von log a und log b : dz = log b log a. (4.1.1) z Aufgabe Zeige: Für zwei beliebige Werte von log a und log b, für a, b C \ {0}, gibt es einen Weg von a nach b, der den Nullpunkt vermeidet, derart dass (4.1.1) gilt. Aufgabe Zeige: Jeder Zweig von log z, mit beliebigem z C \ {0} ergibt sich als dw log z = w, wobei z ein Weg von 1 nach z ist, der den Nullpunkt vermeidet. z 27

28 4.2 Der Integralsatz für ein Dreieck Seien a, b, c drei Punkte in C, welche nicht auf einer Geraden liegen, und sei = (a, b, c) das von diesen Punkten definierte Dreieck. Sei ferner der Streckenzug von a über b und c zurück nach a (also der Rand von, aber mit festgelegter Durchlaufrichtung). Satz Sei O C offen, und seien a, b, c nicht auf einer Geraden, so dass = (a, b, c) O. Sei weiter z 0 O fest gewählt, und sei f : O C auf O stetig und in O \ {z 0 } holomorph. Dann gilt f(z) dz = 0. Beweis: 1. Fall: z 0. Beginnend mit 0 = seien n wie folgt konstruiert: Wenn a n, b n, c n die Ecken von n sind, bilden wir a n = (b n + c n )/2, b n = (c n + a n )/2, c n = (a n + b n )/2, und zerlegen n in die vier Teildreiecke 1 n = (a n, c n, b n), 2 n = (b n, a n, c n), 3 n = (c n, b n, a n), 4 n = (a n, b n, c n). Da sich Kurvenintegrale über entgegengesetzt durchlaufene Dreiecksseiten gegenseitig aufheben, findet man n f(z) dz = 4 j=1 Daher gibt es mindestens ein j { 1, 2, 3, 4 } mit f(z) dz 4 n j n j n f(z) dz. f(z) dz, (4.2.1) und eines von diesen j n sei n+1. Wenn die Länge des Randes von gleich L ist, dann ist die von n gleich 2 n L. Außerdem ist nach Konstruktion n+1 n, und deshalb folgt n=0 n = {z 1 } für ein z 1 O \ {z 0 }. Da f in z 1 differenzierbar ist, gilt: ε > 0 δ > 0 : z z 1 δ = f(z) f(z1 ) f (z 1 ) (z z 1 ) ε z z1. Außerdem gibt es ein n 0 derart, dass für alle n n 0 gilt n K(z 1, δ). Mit Hilfe des Korollars zu Satz folgt f(z) dz = n [f(z) f(z 1 ) f (z 1 ) (z z 1 ) ] dz. n Also ist n f(z) dz ε [2 n L] max z z z 1 ε [2 n L] 2, woraus mit (4.2.1) folgt f(z) dz ε L 2. Daher gilt die Behauptung in diesem Fall. 2. Fall: z 0 eine Ecke von. Sei etwa z 0 = a. Wähle a 1 bzw. a 2 auf der Verbindungsstrecke von a nach b bzw. c, und zwar dicht bei a. Dann ist das Integral über gleich der Summe der Integrale über die Ränder von (a, a 1, a 2 ), (a 1, b, a 2 ) sowie (b, c, a 2 ). Die beiden letzten Dreiecke enthalten nicht den Punkt z 0, und somit verschwinden diese beiden Integrale. Da die Länge des Randes von (a, a 1, a 2 ) aber beliebig klein gemacht werden kann, folgt hieraus die Behauptung für diesen Fall. 3. Fall: z 0 ein anderer Punkt von. Wir können so in Teildreiecke zerlegen, dass z 0 jeweils ein Eckpunkt wird, und dann folgt die Behauptung, da nach Fall 2 die Integrale über die Teile verschwinden. Bemerkung Beachte, dass obiger Satz trivialerweise auch gilt, wenn die Punkte a, b, c auf einer Geraden liegen! 28

29 4.3 Der Integralsatz für ein sternförmiges Gebiet Definition (a) Eine Menge M C heißt konvex, wenn für je zwei Punkte z j M auch die Verbindungsstrecke z(t) = t z 1 + (1 t) z 2, 0 t 1, zu M gehört. (b) Eine Menge M C heißt sternförmig bzgl. z 0 M, wenn für jedes z M auch die Verbindungsstrecke von z 0 nach z zu M gehört. Beispiel (a) Eine konvexe Menge ist sternförmig bzgl. jedes ihrer Punkte. (b) Kreisscheiben, Dreiecke und Rechtecke sind immer konvex. Ein allgemeines Viereck ist i. a. nicht konvex, aber immer sternförmig bzgl. einiger seiner Punkte. (c) Die Menge C \ {z = x R : x 0} ist nicht konvex, aber sternförmig bzgl. jedes Punktes auf der negativ-reellen Achse. Wir nennen diese Menge die entlang der positiv reellen Achse aufgeschnittene Ebene. Satz (Cauchyscher Integralsatz für sternförmige Gebiete) Sei G C ein bzgl. z 1 G sternförmiges Gebiet, und sei z 0 G. Sei ferner f : G C stetig und auf G \ {z 0 } holomorph. Dann gilt für jede geschlossene rektifizierbare Kurve in G f(z) dz = 0. Beweis: Sei z die Verbindungsstrecke von z 1 nach einem z G, und sei F (z) = z f(w) dw. Mit Hilfe von Satz folgt für z G und h so klein, dass (z 1, z, z + h) G gilt: F (z + h) F (z) h = 1 h z+h z f(w) dw, wobei wir geradlinig von z nach z + h integrieren. Wegen der Stetigkeit von f folgt F (z + h) F (z) f(z) h = 1 z+h (f(w) f(z)) dw h ε, falls nur h klein genug ist. Daraus folgt, dass F holomorph in G und F = f ist. Nach Satz folgt dann die Behauptung. z Bemerkung In den vorstehenden Integralsätzen haben wir jeweils einen Ausnahmepunkt z 0 zugelassen, in dem f zwar stetig, aber nicht unbedingt holomorph ist. Wir werden in Bemerkung sehen, dass unter den gemachten Annahmen f auch in z 0 holomorph sein muss, sodass ein solcher Punkt eigentlich gar nicht auftreten kann. Es wird aber im Beweis der Cauchyschen Integralformel nützlich sein, einen solchen Ausnahmepunkt formal zuzulassen. Bemerkung Unter den Voraussetzungen von Satz verschwindet das Kurvenintegral von f über jede geschlossene rektifizierbare Kurve in G. Dies hat zur Folge, dass das Kurvenintegral von f über eine beliebige rektifizierbare Kurve in G nur vom Anfangs- und Endpunkt, nicht aber vom weiteren Verlauf der Kurve abhängig ist. Wir schreiben deshalb im Folgenden b f(z) dz für das Kurvenintegral von f über a eine rektifizierbare Kurve von a nach b. Im Beweis von Satz haben wir auch gezeigt, dass f eine Stammfunktion F besitzt, und somit folgt aus Satz 4.1.1, dass b f(z) dz = F (b) F (a) gilt. a 29

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