Komplexe Funktionen für Studierende der Ingenieurwissenschaften
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1 Fachbereich Mathematik der Universität Hamburg SoSe 214 Dr K Rothe Komplexe Funktionen für Studierende der Ingenieurwissenschaften Aufgaben und Theoriehinweise zu Blatt 6
2 Komplexe Funktionen, K Rothe, SoSe 214, Theoriehinweise zu Blatt 6 2 Singularitäten Besitzt f in z eine Definitionslücke, dann handelt es sich um eine isolierte Singularität, wenn eine punktierte Kreisscheibe < z z < r existiert, in der f holomorph ist Klassifikation isolierter Singularitäten Isolierte Singularitäten z werden anhand der Koeffizienten a k des Hauptteils der Laurent-Reihe zum Entwicklungspunkt z klassifiziert: a) z heißt hebbar, wenn die Laurent-Reihe keinen Hauptteil besitzt, dh wenn = a 1 = a 2 = a 3 = gilt, also eine reine Taylor- Reihe vorliegt b) z heißt Pol der Ordnung m >, wenn der Hauptteil der Laurent-Reihe nach m Summanden abbricht, dh a m und = a (m+1) = a (m+2) = a (m+3) = gilt c) z heißt wesentliche Singularität, wenn der Hauptteil der Laurent-Reihe unendlich viele Summanden besitzt, dh a k für unendlich viele k > gilt Der Koeffizient a 1 der Laurent-Reihe von f in der punktierten Kreisscheibe < z z < r um z wird als Residuum von f in z bezeichnet: Res (f; z ) := a 1 = 1 f(z) dz 2πi z z =ρ Residuenberechnung a) z Pol erster Ordnung Res (f; z ) = lim z z (z z ) f(z), Speziell für f(z) = g(z)/h(z) erhält man Res (f; z ) = g(z ) h (z ) (g, h holomorph und h besitzt in z eine einfache Nullstelle)
3 Komplexe Funktionen, K Rothe, SoSe 214, Theoriehinweise zu Blatt 6 3 b) z Pol m-ter Ordnung Res (f; z ) = 1 (m 1)! lim z z d m 1 dz m 1 [(z z ) m f(z)] Aufgabe 21: Für die folgenden Funktionen a) f(z) = z2 + z z exp(z), b) f(z) =, z 3 2z2 z 4 c) f(z) = cosh 1 z sinh 1 z π, d) f(z) = z sin z bestimme man: Lage und Art der (endlichen) Singularitäten, die zugehörigen Residuen und die ersten vier (nichtverschwindenden) Summanden der Laurentreihe um z =, die für große z konvergiert Komplexe Partialbruchzerlegung Gegeben sei die rationale Funktion r(z) = p(z) q(z) mit Polynomen p und q und es gelte a) Grad p < Grad q und b) r besitze die verschiedenen Polstellen z 1,, z m Dies sind die Nennernullstellen von q, die nach kürzen mit denen von p übrig geblieben sind p und q können damit als teilerfremd vorausgesetzt werden Betrachtet wird also die in den isolierten hebbaren Singularitäten stetig ergänzte Funktion Dann besitzt r die komplexe Partialbruchzerlegung r(z) = h(z; z 1 ) + + h(z; z m )
4 Komplexe Funktionen, K Rothe, SoSe 214, Theoriehinweise zu Blatt 6 4 Dabei ist n k h(z; z k ) = j=1 a j,k ( ) j = a 1,k + a 2,k ( ) a n k,k ( ) n k der Hauptteil der Laurent-Reihe von r zum Entwicklungspunkt z k und n k die Ordnung des Pols z k Zur Berechnung der Koeffizienten a j,k C können die Koeffizienten der Taylor-Reihe der um z k holomorphen Funktion g(z) := ( ) n k r(z) zum Entwicklungspunkt z k verwendet werden: r(z) = 1 ( ) n k ( g(z k ) + g (z k ) 1! ( ) + g (z k ) ( ) 2 + 2! Speziell für einen Pol 1-ter Ordnung in z k erhält man: h(z; z k ) = a 1,k = Res (r; z k) = g(z k) ) Residuensatz Die Funktion f sei im Gebiet G bis auf isolierte Singularitäten z k holomorph Für eine geschlossene Kurve c in G, die endlich viele verschiedene z 1,, z m einmal im mathematisch positiven Sinn umläuft und auf der selbst keine Singularitäten liegen gilt der Residuensatz m f(z) dz = 2πi Res (f; z j ) Bemerkung: c Umläuft c eine Singularität z j mehrfach, so wird der zugehörige Summand der obigen Summe Res (f; z j ) noch mit der Umlaufzahl, der Differenz der Anzahl positiver und negativer Umläufe, Uml (c; z j ) multipliziert j=1
5 Komplexe Funktionen, K Rothe, SoSe 214, Theoriehinweise zu Blatt 6 5 Aufgabe 22: Gegeben sei die Funktion f(z) = 25 z 4 z 2 2z + 2 a) Man bestimme mit Hilfe von Laurent-Reihenentwicklungen die Partialbruchzerlegung von f b) Man berechne mit Hilfe des Residuensatzes das Integral f(z) dz für den Kreis c : z + 2 = 2 c Berechnung reeller Integral über den Residuensatzes a) Es sei f im Gebiet G, das die obere Halbebene H = {z C Imz } umfasst, bis auf endlich viele isolierte und nicht reelle Singularitäten z k holomorph und es gelte lim z f(z) = gleichmäßig in z H, dann kann das folgende reelle uneigentliche Integral berechnet durch f(x) dx = 2πi Res (f; z k ) Imz k > Insbesondere fallen rationale Funktionen r(z) = p(z) in diese Klasse, wenn für die Polynome Grad p + 2 Grad q q(z) gilt b) Es sei f im Gebiet G, das die obere Halbebene H = {z C Imz } umfasst, holomorph bis auf endlich viele isolierte und nicht reelle Singularitäten z k in der oberen Halbebene und es gelte lim z,y CHW f(z) =, dann gilt f(x)e ix dx = 2πi Imz k > Res ( f(z)e iz ; z k )
6 Komplexe Funktionen, K Rothe, SoSe 214, Theoriehinweise zu Blatt 6 6 c) Für die Polynome p und q der rationalen Funktion r(z) = p(z) q(z) gelte Grad p < Grad q Außerdem habe r keine Polstellen z k im Bereich x <, dann kann das folgende reelle uneigentliche Integral mit < α < 1 berechnet durch r(x) x α dx = 2πi 1 e 2παi z k Res ( ) r(z) z ; z α k Man wähle in der Polardarstellung z = re iϕ für die Auswertung von z α den Zweig < ϕ < 2π d) Ein Integral vom Typ 2π R(cos ϕ, sin ϕ)dϕ mit einer rationalen Funktion R lässt sich als (geschlossenes) Kurvenintegral über den Einheitskreis deuten: Parametrisierung des Einheitskreises c: c(ϕ) = e iϕ, ϕ 2π Auf dem Einheitskreis, also für z = c(ϕ), gilt: c (ϕ) = iz, z = 1 z, cos ϕ = 1 ( z + 1 ), sin ϕ = 1 2 z 2i ( z 1 ) z Besitzt R keine Polstellen auf dem Einheitskreis, dann gilt nach dem Residuensatz 2π ( ( 1 R(cos ϕ, sin ϕ)dϕ = R z + 1 ), 1 ( z 1 )) 1 2 z 2i z iz c }{{} =r(z) = 2πi Res (r; z k ), z k <1 dabei sind z k die Polstellen der rationalen Funktion r(z) dz
7 Komplexe Funktionen, K Rothe, SoSe 214, Theoriehinweise zu Blatt 6 7 Aufgabe 23: Man berechne mit Hilfe des Residuenkalküls die Integrale a) b) c) 2 1 x 2 4x + 6 dx, cos x x dx und x 1 (x 2 + 3x 4) x + 2 dx, d) 2π sin ϕ 4 + cos ϕ dϕ Aufgabe 24: (Klausur WiSe6/7) Gegeben sei die durch f(z) = exp(z 2) 1 z 2 + z 6 definierte Funktion a) Man bestimme und klassifiziere alle Singularitäten von f b) Man berechne die Residuen für alle Polstellen von f c) Für die Potenzreihenentwicklung von f zum Entwicklungspunkt z = 2 gebe man die ersten drei nicht verschwindenden Glieder an d) Für die Laurentreihe von f zum Entwicklungspunkt z 1 = 3 bestimme man den Hauptteil e) Man berechne f(z) dz f) Man berechne z+2 =2 z+1 =1 f(z) dz
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