Die Euler-Mascheroni-Konstante
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- Eugen Kolbe
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1 Die Euler-Mascheroni-Konstante Niloufar Rahi Ausarbeitung zum Vortrag in Überraschungen und Gegenbeispiele in der Analysis (Sommersemester 009, Leitung PD Dr. Gudrun Thäter) Zusammenfassung: Wenn von der Euler-Konstante die Rede ist, denkt man zuerst an die Zahl e, , also den Wert der Eponentialfunktion an der Stelle. Dies ist die Eulersche Zahl. Neben ihr gibt es aber noch eine andere Konstante, die nach dem Mathematiker Leonhard Euler benannt ist: die Euler-Mascheroni-Konstante γ 0, Es handelt sich hierbei um eine sehr geheimnisvolle Konstante. Man ist ihr bisher auÿerhalb der Mathematik nicht begegnet und dennoch spielt sie innerhalb dieser eine wichtige Rolle. Auÿerdem kann bis heute nicht sicher gesagt werden, ob die Konstante rational oder irrational ist. Die folgende Ausarbeitung beschäftigt sich zum einen damit, woher die Konstante kommt und was sie aussagt. Es wird sich zeigen, dass die Euler-Konstante bei genauerer Betrachtung des Divergenzverhaltens der Harmonischen Reihe erscheint. Zum anderen wird eine Abschätzung für die Konstante ermittelt, so dass man sie mit einer bestimmbaren Genauigkeit berechnen kann. Eine solche Abschätzung ist bei dieser Konstanten besonders wichtig, da man sie nirgends messen kann o.ä. Inhaltsverzeichnis Einleitung 3 Herleitung der Euler-Mascheroni-Konstante 3 3 Berechnung der Euler-Mascheroni-Konstante γ 6 3. Herleitung einer Abschätzung von γ mit beliebiger Genauigkeit Beispiel Resümee 9
2 Abbildungsverzeichnis. Graph von f() mit Obersumme (blau) und Untersumme (violett) 3. γ log log (hellblau) S S (violett) (log log ) (S S )
3 Einleitung Die Harmonische Reihe, also die unendliche Summe k, ist ein Beispiel k für eine Reihe die divergiert, obwohl die Folge der einzelnen Summanden n gegen n 0 konvergiert für n. Aus dieser Eigenschaft folgt jedoch auch, dass die Reihe nur sehr langsam divergiert. Für die Partialsummen S 00 und S 000 der harmonischen Reihe gilt S k 5, 9 und S k k k, 67. (Im folgenden bezeichnet S n immer die n-te Partialsumme der Harmonischen Reihe.) Die Geschwindigkeit, mit der die Reihe divergiert, kann man mit dem natürlichen Logarithmus beschreiben. Denn es gilt, dass die Folge T n S n log n für n gegen eine Konstante - die Euler- Mascheroni-Konstante - konvergiert. Herleitung der Euler-Mascheroni-Konstante Theorem. Für T n S n log n konvergiert T n für n gegen eine Konstante γ und es gilt 0 γ. Beweis Zunächst wird der Zusammenhang zwischen und log, also dass log die Stammfunktion von ist, genutzt, um log durch die Ober- und Untersumme des Integrals von abschätzen zu können..5 Abbildung.: Graph von f() mit Obersumme (blau) und Untersumme (violett) Es gilt also, wie man auch an Abbildung. erkennen kann: s d S, wobei mit s die Untersumme und mit S die Obersumme mit Abstand bezeichnet wird n < log n < n n < S n log n < An dieser Abschätzung sieht man bereits, dass falls S n log n konvergiert, der Grenzwert zwischen 0 und liegen muss, da lim 0. D.h. es muss nur noch die Konvergenz n n nachgewiesen werden. Dafür stelle man die Ungleichung wie folgt um: 0 < log n ( n ) < n < (.) 3
4 Man setze γ n : log n ( n )..5 Abbildung.: γ 4 Die Folge γ n lässt sich durch die Summe der hellblauen Flächen in Abbildung. beschreiben. Wie man sieht, ist γ n dadurch monoton wachsend. Immerhin ist γ n gerade die Dierenz von Integral und Untersumme, welche im Betrag natürlich immer positiv ist und auch monoton, denn ansonsten müsste an einer Stelle die Untersumme das Integral übersteigen. Und wie die Abschätzung (.) gezeigt hat, ist die Folge auch durch 0 und beschränkt, woraus die Konvergenz der Folge folgt. Da nun S n log n γ n gilt, folgt auÿerdem dass T n gegen einen Grenzwert konvergiert. QED In der Analysis gibt es einen allgemeineren Satz der die Aussage aus Theorem. impliziert: Theorem. (Integralkriterium) Ist f : [, ) R eine monoton fallende Funktion mit f 0, so folgt, dass die Folge a n n f(k) n+ f()d gegen einen k Grenzwert konvergiert für n und 0 lim n a n f(). Wählt man f(), so sind die Vorraussetzungen erfüllt und die Folgerung ist gerade die von Theorem.. Nun da man weiÿ, dass S n log n gegen die Euler-Konstante konvergiert, stellt sich noch die Frage, wie die Folge konvergiert. Diese Frage wird durch die folgende Anmerkung beantwortet. Bemerkung.3 Für X n (log n log(n )) (S n S n ) gilt X n 0 für alle n. D.h. S n log n ist eine monoton fallende Folge. Stellt man X n um, so kann man sich dieses Verhalten anschaulich erklären. Es gilt: X n (log n log(n )) (S n S n ) log n log(n ) und S n S n kann man aber als die markierten Flächen in Abbildung.3 und.4 darstellen. Also ergibt ihre Dierenz die markierte Fläche in Abbildung.5, die oensichtlich gröÿer als 0 ist. 4
5 .5 Abbildung.3: log log (hellblau).5 Abbildung.4: S S (violett).5 Abbildung.5: (log log ) (S S ) Mathematisch zeigt man die Monotonie, indem man die Reihendarstellung des Logarithmus durch Mercators Logarithmusreihe ausnutzt. Nach dieser gilt:. log( + ) ( < ) i i+ i ( ) i QED X n (S n S n ) (log(n ) log n) (S n S n ) log( n n ) (S n S n ) log( n ) n + 3n 3 + 4n 4 + > 0 5
6 Diese Anmerkung bestätigt zusammen mit der ersten Abschätzung für S n log n aus dem Beweis von Theorem. erneut die Konvergenz von S n log n. 3 Berechnung der Euler-Mascheroni-Konstante γ 3. Herleitung einer Abschätzung von γ mit beliebiger Genauigkeit Nun weiÿ man, dass die Euler-Konstante der Grenzwert der Folge S n log n ist und dass sie eine Zahl zwischen 0 und ist. Im folgenden geht es darum die Konstante genauer zu bestimmen. Man könnte nun für ein bestimmtes n das Element der Folge S n log n berechnen, indem man die n- te Partialsumme der Harmonischen Reihe berechnet und davon log n abzieht. Jedoch kann man dann noch keine Aussage darüber treen wie gut man mit dieser Zahl die richtige Konstante annähert. Deshalb macht man den Ansatz γ S n log n ɛ n wobei ɛ n der Fehler des n-ten Elements der Folge ist. Man versucht jetzt eine obere und untere Schranke für den Fehler in Abhängigkeit von n zu bestimmen. Zunächst setzt man a(n) < ɛ n < b(n). S n : log(n + a) + γ + ɛ n und a wird beliebig aber fest gewählt. Der Grenzwert von S n log(n + a) ist auch γ, da lim log(n + a) log n lim log( + a n n n ) log 0 Entsprechend gilt fuer n S n log(n + a) γ + ɛ n n S n S n log(n + a) log(n + a) + ɛ n ɛ n Man wähle a n log(n + ) log(n ) + ɛ n ɛ n log( n + n ) + ɛ n ɛ n log( + n ) log( n ) + ɛ n ɛ n An dieser Stelle sieht man weshalb a eingeführt und die letzten Umformungen gemacht wurden: da n folgt dass < ist. D.h. log( + ) und log( ) n n n können durch Mercators Reihendarstellung ersetzt werden. 6
7 log( + n ) n (n) + 3(n) 3... log( n ) n (n) 3(n) 3... Durch Einsetzen in die vorige Gleichung folgt also: n n + ( 3(n) + 3 5(n) + 5 7(n) +... ) + ɛ 7 n ɛ n ɛ n ɛ n ( 3(n) + 3 5(n) + 5 7(n) +... ) 7 Da die rechte Seite der letzten Gleichung eine Summe von positiven Zahlen ist, muss ɛ n ɛ n gröÿer als der erste Summand sein, womit man die untere 3(n) 3 n 3 Schranke für ɛ n ɛ n erhält. Diese Abschätzung ist auch nicht zu grob, da die folgenden Summanden quadratisch gegen 0 konvergieren. Nun versucht man noch eine obere Schranke zu nden. ɛ n ɛ n n 3 ( + 3 5(n) + 3 7(n) ) 3 Diese Gleichung erhält man, indem man ausklammert. Da nun n 3 k {5, 7, 9,... } und n {, 4, 6, 8,... } gilt, folgt k m < mit ɛ n ɛ n < n 3 ( + n + n ) Die Summe in den Klammern auf der rechten Seite der Ungleichung ist gerade die geometrische Reihe. ɛ n ɛ n < n 3 ( ) n(n n ) Mit der oben bereits erwähnten unteren Schranke folgt n 3 < ɛ n ɛ n < n(n ) Da das Ziel eine Abschätzung für einen Fehler war, summiert man zunächst die Fehlerdierenzen bis zum Fehler ɛ m auf. m k 3 < ɛ n ɛ m < m k(k ) Die Summe auf der rechten Seite der Abschätzung lässt sich durch Partialbruchzerlegung stark vereinfachen. 7
8 m m (k )k(k + ) (k ) k + (k + ) + + (n ) n + (n + ) n + + (m ) + (n ) n (n + ) + n n + + (n + ) + (n + 3) + + (m 3) m + (m ) m + m (m ) + m (n )n (m )m m k < ɛ 3 n ɛ m < ( (n )n (m )m ) Für m hat man somit die gewünschten Schranken für den Fehler: k 3 < ɛ n < 4(n )n da wegen der Konvergenz von S n log n gegen γ, ɛ m 0 für m. Jedoch ist die untere Schranke für beliebiges n nicht so einfach zu berechnen. Wenn man aber eine Abschätzung A für die Intervalllänge ndet, die sich einfacher berechnen lässt, erhält man durch b(n) A eine untere Schranke. A 4(n )n k 3 < k(k ) k 3 k 3 (k ) k 3 (k )(k + ) (k )(k )k(k + )(k + ) 48(n )(n )n(n + ) A Die letzte Ungleichung folgt aus: < k k (k )(k+) Damit erhält man für die Euler-Konstante die Abschätzung 8 k(k 4)(k )(k+).
9 S n log n b(n) < γ < S n log n (A b(n)), wobei die Intervalllänge A die Genauigkeit, mit der γ dadurch bestimmt wurde, angibt. 3. Beispiel Es soll nun für n die Euler-Konstante mit der oben angegebenen Abschätzung bestimmt werden. Es gilt γ + ɛ n S n log n. d.h. γ + ɛ 0, , S 3, log( + ), < ɛ < 0, < γ < 0, D.h. man hat γ mit fünfstelliger Genauigkeit berechnet. 4 Resümee 4 3 0, Auch wenn die Euler-Mascheroni-Konstante auÿerhalb der Mathematik bisher nicht aufgetaucht ist, ist sie innerhalb dieser wichtig. Man ndet sie bei Grenzwertprozessen der Dierential- und Integralrechnung wieder. Sie hat viele verschiedene Integraldarstellungen wie z.b. d oder ln( ln )d. Es ist erstaunlich, dass 0 e e 0 trotz dieser Kenntnisse nicht sicher gesagt und gezeigt werden kann, ob die Konstante rational oder irrational ist. Auÿerdem konnte man sich lange Zeit nicht auf eine feste Bezeichnung für die Zahl einigen. Selbst in Eulers Ausarbeitungen wird sie C, O oder n genannt. Mascheroni hingegen bezeichnete sie mit A. Woher die heutige Bezeichnung γ stammt ist nicht sicher geklärt. In diesem Referat ging es also um eine bis heute mysteriöse Konstante. Wie der erste Abschnitt zeigt, hat γ als eine Konstante, die das Divergenzverhalten der Harmonischen Reihe beschreibt, dennoch einen einfachen Zugang. Den Abschnitt über die Berechnung der Euler-Konstante fand ich besonders interessant, da er generell zeigt, wie eine unbekannte Zahl so angenähert werden kann, dass man auch die Genauigkeit, mit der man sie annähert, kennt. Literatur [] A. R. Rajwade und A. K. Bhandari: Surprises and Countereamples in Real Function Theory. Hindustan Boog Agency, 008. [] Julian Havil: Gamma: Eulers Konstante, Primzahlstrände und die Riemannsche Vermutung. Springer Verlag, 007. [3] Konrad Königsberger: Analysis. Springer Verlag, 00. 9
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