PD Dr. Daniel Effer-Uhe. Sachenrecht
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- Jörg Kneller
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1 PD Dr. Daniel Effer-Uhe Sachenrecht 069/
2 Bedeutung des Sachenrechts im Examen aufgrund einer Auswertung von 224 zivilrechtlichen Originalexamensklausuren durch den Großen Klausurenkurs der Universität zu Köln (komplette Auswertung unter Sachenrecht wurde in 87 von 224 Klausuren geprüft, also in etwa 39 % der Klausuren. Am häufigsten wurden dabei folgende Materien geprüft (Doppelnennungen möglich): - Mobiliareigentum in 32 Klausuren (18 x Eigentumsübertragung vom Berechtigten, 23 x gutgläubiger Erwerb, 17 x Anwartschaftsrechte) - Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in 32 Klausuren in 29 Klausuren - Besitz in 17 Klausuren (dabei 16 x verbotene Eigenmacht, 10 x 1007) - Vormerkung in 14 Klausuren - Grundpfandrechte in 11 Klausuren ff. in 10 Klausuren - Immobiliarerwerb vom Berechtigten in 8 Klausuren, gutgläubiger Immobiliarerwerb in 9 Klausuren - Grundbuchberichtigungsanspruch in 8 Klausuren
3 Vorlesungsgliederung I. Begriff und Gegenstand des Sachenrechts II. Zentrale Grundsätze des Sachenrechts III. Besitz und Besitzschutz IV. Inhalt und Arten des Eigentums; Schutz des Eigentums V. Rechtsgeschäftlicher Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen VI. Originärer Eigentumserwerb VII. Grundstücksübereignung, Vormerkung, öffentlicher Glaube des Grundbuchs und Grundbuchberichtigungsanspruch VIII. Allgemeines zum Kreditsicherungsrecht IX. Eigentumsvorbehalt und Anwartschaftsrecht X. Pfandrechte an beweglichen Sachen XI. Sicherungsübereignung XII. Hypothek und Grundschuld Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 3
4 Begriff und Gegenstand des Sachenrechts Das Sachenrecht regelt vor allem Rechtsverhältnisse an Sachen Fragestellungen des Sachenrechts: 1. Welche subjektiven Rechte an Sachen gibt es? 2. Unter welchen Voraussetzungen entstehen sie, erlöschen sie oder können sie übertragen werden? 3. Welchen Inhalt haben die einzelnen Rechte und wie können sie von konkurrierenden Rechten abgegrenzt werden? 4. Wie werden Rechte an Sachen geschützt? Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 4
5 Aufbau des Sachenrechts Allgemeine Begriffsdefinitionen im AT ( ) Einzelne sachenrechtliche Vorschriften verteilt über die Bücher des BGB und Spezialgesetze Kernmaterie im 3. Buch des BGB, untergliedert in - 1. Abschnitt: Besitz - 2. Abschnitt: Allg. Vorschriften über Rechte an Grundstücken - 3. Abschnitt: Eigentum (untergliedert: Inhalt; Erwerb und Verlust des Eigentums an Grundstücken; Erwerb und Verlust des Eigentums an Mobilien; Ansprüche aus Eigentum; Miteigentum) Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 5
6 Aufbau des Sachenrechts 4. Abschnitt: Dienstbarkeiten [kein Examensstoff] 5. Abschnitt: Vorkaufsrecht [kein Examensstoff] 6. Abschnitt: Reallasten [kein Examensstoff] 7. Abschnitt: Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld [Examensstoff nur hinsichtlich Hypothek und Grundschuld, nicht hinsichtlich Rentenschuld] 8. Abschnitt: Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 6
7 Zentrale Grundsätze des Sachenrechts Grundsatz der Übertragbarkeit von Sachenrechten Trennungs- und Abstraktionsgrundsatz Grundsatz des Typenzwangs und der Typenfixierung Absolutheitsgrundsatz Spezialitätsgrundsatz Bestimmtheitsgrundsatz Publizitätsgrundsatz Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 7
8 Publizitätsmittel: Besitz und Grundbucheintragung Drei Funktionen der Publizitätsmittel: 1. Publizität der Rechtsänderung als Teil des Verfügungstatbestands sorgt für Offenkundigkeit der Änderung der dinglichen Rechtslage. 2. Das Gesetz knüpft an den Publizitätstatbestand die Vermutung, dass derjenige, der nach außen als Berechtigter erscheint, auch tatsächlich berechtigt ist. 3. An die Verwirklichung des Publizitätstatbestandes wird die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten geknüpft. Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 8
9 Begriff und Arten des Besitzes Grundsatz 854 I: Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. Aber: Besitz ist auch ohne Sachherrschaft möglich, vgl. Erbenbesitz ( 857). Tatsächliche Sachherrschaft: - räumliche, auf gewisse Dauer angelegte feste Beziehung zur Sache - Beziehung zur Sache ermöglicht tatsächliche Einwirkung - Verkehrsanschauung entscheidet unter Würdigung der Um-stände des Einzelfalls, ob Intensität der Beziehung ausreicht. Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 9
10 Funktionen des Besitzes Schutzfunktion (z.b. 859 I, 858 I) Publizitätsfunktion, z.b I; 932 ff.) Erhaltungs-/Kontinuitätsfunktion Traditions-/Übertragungsfunktion Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 10
11 Besitzarten Nach Grad der Sachbeziehung: mittelbarer/unmittelbarer Besitz ( 854, ) Nach Umfang der Sachherrschaft: Allein- und Mitbesitz ( 866); Voll- und Teilbesitz ( 865) Nach Art der Besitzerlangung: fehlerhafter/nicht fehlerhafter Besitz Nach der Willensrichtung: Fremd- und Eigenbesitz ( 872) Nach der Berechtigung: rechtmäßiger/unrechtsmäßiger Besitz Nach der Kenntnis vom Besitzrecht: redlicher/unredlicher Besitz Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 11
12 Erwerb des unmittelbaren Besitzes Erwerbsvoraussetzungen ( 854 I): 1. Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft 2. Besitzerwerbswille Im Zweifelsfall Abgrenzung nach der Verkehrsanschauung Beispiele: Anprobe von Kleidung in der Umkleidekabine eines Kaufhauses Waren im Supermarkt im Einkaufswagen Waren, die von einem Dieb in der Kleidung verborgen werden Besteck im Restaurant, das vom Gast genutzt wird Kaufinteressent während der Probefahrt mit einem Kfz Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 12
13 Erwerb des unmittelbaren Besitzes durch Einigung ( 854 II) Wenn der Besitzerwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben, genügt zur Übertragung des bestehenden Besitzes einer anderen Person die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers ( 854 II) Bsp.: Im Wald gelagertes Holz, das vom Waldeigentümer geschlagen wurde, steht zunächst noch in dessen Besitz. Es genügt aber zur Besitzübertragung auf einen Erwerber, dass sich bisheriger Besitzer und Erwerber darüber einigen, dass der Erwerber Besitz erhält und das Holz abholen kann, falls der Wald frei zugänglich ist. Bei Personengesellschaften wird auf vertretungsberechtigte Gesellschafter abgestellt, bei juristischen Personen auf Organe, deren Besitz der juristischen Person zugerechnet wird. Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 13
14 Erbenbesitz ( 857) Unmittelbarer Besitz auch ohne tatsächliche Sachherrschaft ausnahmsweise möglich nach 857 Besitz des Erblassers geht mit dessen Tod automatisch auf den/die Erben über, auch wenn der Erbe noch gar keine Kenntnis vom Erbfall hat oder er die tatsächliche Herrschaft gar nicht ausüben will Der Besitz geht in der Art über, in der er beim Erblasser bestand. War dieser z.b. mittelbarer Besitzer, wird auch der Erbe mittelbarer Besitzer Grund für Erbenbesitz: Schutz des Erben (z.b. Möglichkeit des Abhandenkommens i.s.d. 935) Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 14
15 Verlust des Besitzes Verlust des unmittelbaren Besitzes ( 856) tritt ein, wenn der bisherige Besitzer die tatsächliche Herrschaft unfreiwillig nicht mehr ausüben kann oder freiwillig nach außen erkennbar seien Willen kundtut, die Sachherrschaft nicht mehr ausüben zu wollen (Bsp.: Veräußerung; Herausgabe an Eigentümer). Bloßer Besitzaufgabewille genügt nicht, erforderlich sind äußerlich erkennbare Besitzaufgabehandlungen. Vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Sachherrschaft (z.b. während des Schlafens) beendet den Besitz nicht. Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 15
16 Mittelbarer Besitz ( 868) Voraussetzungen: 1. Tatsächliches oder vermeintliches Besitzmittlungsverhältnis 2. Fremdbesitzwille des unmittelbaren Besitzers 3. Bestehender Herausgabeanspruch gegen den Besitzmittler Folge: der mittelbare Besitzer ist echter Besitzer im Sinne des Gesetzes, das Besitzrecht ist grundsätzlich auf ihn anwendbar. Verlust: 1. Beendigung des Besitzmittlungsverhältnisses und Rückgabe 2. Erkennbare Aufgabe des Besitzmittlungswillens oder 3. Übertragung des mittelbaren Besitzes nach 870 Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 16
17 Beispielsfall zum Besitzrecht (nach BGH NJW 1987, 2812) Kunde K entdeckt im Supermarkt des B zwischen den Waren im Regal einen 100-EUR-Schein. K händigt diesen Schein dem Supermarktleiter S aus. B hat seine Mitarbeiter angewiesen, Fundsachen zu registrieren und sorgfältig zu verwahren bzw. Geld in die Kasse zulegen. Das tut S und zeigt den Fund beim städtischen Fundbüro an. Da sich kein Verlierer meldet, verlangt K ein halbes Jahr später Rückgabe des Geldscheins, da er als Finder Eigentümer geworden sei ( 973 I). Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 17
18 Übersicht Besitzschutz 1. Gewaltrechte ( 859, 860): Selbsthilfe gegen Besitzentziehung und -störung durch Dritte 2. Possessorische Ansprüche ( 861, 862, 867): Ansprüche aus dem Besitz selbst mit dem Ziel der vorläufigen Wiederherstellung der früheren Besitzverhältnisse bei Besitzentziehung oder -störung 3. Petitorische Herausgabeansprüche ( 1007 I, II): Endgültige Besitzzuordnung aufgrund des Rechts zum Besitz 4. Deliktischer Schutz ( 823 I): Zumindest berechtigter Besitz als sonstiges Recht im Sinne der Vorschrift 5. Berechtigter Besitz als Gegenstand von Leistungs- oder Eingriffskondiktion ( 812 I S. 1, 1. oder 2. Alt.) Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 18
19 Beispielsfall (nach BGH NJW 2009, 2530) B gehört ein Grundstück, das als Parkplatz eines Supermarktes benutzt wird. Auf einem gut sichtbaren Hinweisschild heißt es: Mo-Sa, 6-21 Uhr, Parken nur mit Parkscheibe, Parkzeit 1,5 Stunden, nur für Kunden und Mitarbeiter des Einkaufsmarktes. K stellt seinen Pkw gegen 17 Uhr unbefugt auf dem Parkplatz ab. Dort wurde der Wagen kurz nach 19 Uhr, da K in der näheren Umgebung nicht zu finden war, abgeschleppt und auf das Gelände des U verbracht. Zu Recht? Sachenrecht Vorlesungsstunde 1 19
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