Projektpraktikum 2011 Flügelprofile im Windkanal
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1 Projektpraktikum 2011 Flügelprofile im Windkanal Georg Hoppe, Bastian Gast, Simon Fahr, Florian Lechner Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 2 2 Grundlagen Strömungslehre Die Zirkulation - Wirbel Kräfte am Flügel Versuchsaufbau Der Windkanal Aufhängung Die Flügelprofile Versuchsdurchführung 19 5 Auswertung Kalibriermessung Der Auftrieb Auftriebskoffizienten Fazit
2 Flügelprofile im Windkanal 2 1 Motivation In diesem Projektpraktikum geht es um die Grundlagen der Flugmechanik. Wie kommt es zum Auftrieb und wie hängt die Auftriebskraft vom Wingeschwindigkeit und Anstellwinkel ab? Ziel ist es dies an unterschiedlichen Flügelprofilen in einem Windkanal zu messen und die Flügelprofile zu vergleichen. Dabei wird versucht die Zusammenhänge zwischen Profilform und aerodynamischen Eigenschaften herzustellen. 2 Grundlagen 2.1 Strömungslehre Ein fließendes Medium wird durch ein Vektorfeld beschrieben, welches jedem Ort r zu jedem Zeitpunkt t eine Strömungsgeschwindigkeit u( r, t) zuordnet. Mit diesem Vektorfeld ist die Bewegung der gesamten Flüssigkeit bekannt. Man nennt dieses Vektorfeld auch Strömungsfeld, welches sich mit der Zeit ändern kann. Ist das Feld u( r, t) nur vom Ort abhängig (d.h. u( r)) so spricht man von einer stationären Strömung. Die Geschwindigkeit ist zwar an einem Ort zeitlich konstant, kann sich aber mit dem Ort ändern. Ein Volumenelement dv durchläuft im strömenden Medium eine Ortskurve r(t), welche Stromlinie oder Stromfaden genannt wird. Bei einer stationären Strömung stimmen Ortskurven r(t) und Strömungsfeld u( r) überein. Für eine nichtstationäre Strömung ist u/ t 0 nicht ausgeschlossen. Die Ortskurve r(t) muss also nicht mehr zwangsläufig dem Strömungsfeld u( r, t) der Teilchen folgen. Die Menge an Stromlinien, (vgl. Abb(1)) die durch eine Querschnittfläche laufen nennt man Stromliniendichte. Da jede Stromlinie für einen Massentransport von Teilchen steht, beschreibt sie die Menge an strömender Flüssigkeit, die durch eine Querschnittsfläche fließt. Die Stromfäden, die durch Abbildung 1: Stromlinie, Stromröhre und Strömungsgeschwindigkeit u [Dem05] eine Querschnittfläche fließen, werden zu einer Stromröhre zusammengefasst. Aus dieser können keine Teilchen ein- oder austreten, da sich die Flüssigkeit immer tangential entlang der Stromröhre bewegt.
3 Flügelprofile im Windkanal 3 Zwischen den Teilchen des strömenden Mediums treten Reibungskräfte auf. Sind diese klein gegenüber den beschleunigenden Kräften des Mediums, so spricht man von einer idealen Flüssigkeit (z.b. Luft an Tragflächen oder Helium in Röhren). Sind die Reibungskräfte jedoch groß, so spricht man von einer viskoen oder zähen Flüssigkeit (z.b. Honig). In der Realität liegen strömende Flüssigkeiten und Gase zwischen diesen beiden Extremfällen. Man kann Strömungen auch noch am Verhalten der Strömungslinien charakterisieren. Bewegen sich die Stromlinien nebeneinander und durchmischen sich nicht, so liegt eine laminare Strömung vor. Sie treten auf, wenn die Reibungskräfte innerhalb des Mediums größer sind als die übrigen Kräfte. Man kann eine laminare Strömung durch einen Stromlinenapparat sichtbar machen. Ein Stromlinienapparat lässt gefärbtes Wasser und normales Wasser nebeneinander ausströmen. Das Resultat ist in Abbildung 2 dargestellt. Im Gegensatz zur laminaren Strömung steht die turbulente Strömung. Ist Abbildung 2: Durch einen Stromlinienapparat sichtbar gemachte Laminarströmung. In der Strömung steht ein Hindernis [Dem05] Abbildung 3: Ausbildung von Wirbeln an einem Hindernis das von links angeströmt wird (turbulente Strömung) [Dem05] die Reibung zwischen den Teilchen klein, so bewirkt die verhältnismäßig große Reibung zwischen Randschicht und Wänden oder Gegenständen eine Wirbelbildung. Die Stromlinien können dabei gänzlich
4 Flügelprofile im Windkanal 4 durchmischt werden. (siehe Abbildung 3). Auf die Ausbildung von Wirbeln wird später noch genauer eingegangen. Betrachtet man ein strömendes Medium, das durch eine Röhre in x-richtung mit einem veränderlichem Rohrquerschnitt A strömt, so ist die pro Zeiteinheit fließende Masse dm/dt eines Volumenelementes dv = A dx, gegeben durch: dm dx = ϱa 1 dt dt = ϱa 1u x1 (1) Nun soll sich das Rohr bei x = x 0 auf den Querschnitt A 2 < A 1 verengen, wie in Abbildung 4 Abbildung 4: Zur Herleitung der Kontinuitätsgleichung [Dem05] dargestellt. Meistens liegen inkompressible Medien vor, sodass ϱ = const gilt. Zudem kann das Medium nicht durch die Wände austreten, es muss also durch A 2 die gleiche Masse fließen wie durch A 1. Es gilt daher: ϱa 1 u x1 = ϱa 2 u x2 u x 1 u x2 = A 2 A 1 (2) Aus dieser Gleichung kann man sehen, dass das Medium im engeren Rohrteil schneller strömt, als im weiteren Rohrquerschnitt. Definiert man die Massenstromdichte j durch j = ϱ u (3) so kann man für den Massenfluss I = j A = dm dt = const (4) einführen. Dies bedeutet, dass der Gesamtmassenfluss durch das Rohr überall gleich ist. Allgemein ausgedrückt gilt der Satz der Massenerhaltung: Zum Zeitpunkt t sie die Masse des Volumens V durch M = ϱdv (5) gegeben. Die Masse ist zeitabhänging, da Teilchen in das Volumen hinein oder hinausströmen können. Der Massenfluss durch die Oberfläche des Volumens ist gegeben durch: M = ϱ ud S t = jd S (6) S(V ) V S(V )
5 Flügelprofile im Windkanal 5 Mithilfe des Gaußschen Satzes lässt sich Gleichung 6 in ein Volumenintegral überführen: jd S = div( j)dv (7) S(V ) V Ist das Volumen zeitlich konstant, so folgt mit Gleichung 5: ϱ ϱdv = t t dv = Da dies für beliebige Volumina gelten muss folgt V div( j)dv (8) ϱ t + div( j) = 0 (9) Dies ist die Kontinuitätsgleichung. Sie ist in vielen Bereichen der Physik anzutreffen und spielt eine elementare Rolle. In der Strömungslehre sagt sie aus, dass bei einer Strömung durch ein Volumenelement die Masse erhalten bleibt. Für inkompressible Flüssigkeiten ist die Dichte ϱ konstant, sodass der erste Term gleich Null ist. Man kann die Kontinuitätsgleichung dann kurz durch ausdrücken. div( u) = 0 (10) Aus der Kontinuitätsgleichung folgt, dass in einem Rohr ein inkompressibles Gas oder Flüssigkeit an Engstellen schneller strömen muss. Dies hat zur Folge, dass die Teilchen beschleunigt werden müssen und daher im engeren Rohrteil eine größere kinetische Energie besitzen. Durch die höhere Geschwindigkeit und damit auch der größeren kinetischen Energie kommt es aufgrund der Energieerhaltung zu einer Druckabnahme im Rohr. Dies wird durch die Betrachtung der Arbeit W 1 ersichtlich. Sie wird, Abbildung 5: Zur Herleitung der Bernoulli-Gleichung [Dem05] wie in Abbildung 5 dargestellt, gegen den Druck p 1 am Volumenelement V 1 = A 1 x 1 verrichtet. W 1 = F 1 x 1 = p 1 A 1 x 1 = p 1 V 1 (11) Im engeren Teil der Röhre gilt für die Arbeit W 2 : W 2 = F 2 x 2 = p 2 A 2 x 2 = p 2 V 2 (12)
6 Flügelprofile im Windkanal 6 Durch W 2 wird die potentielle Energie geändert und geht in kinetische Energie E kin = 1 2 ϱu2 V (13) über. Da auch bei idealen Flüssigkeiten die Energieerhaltung gilt, d.h. die Summe aus kinetischer und potentieller Energie konstant bleibt, gilt: p 1 V ϱu2 1 V 1 = p 2 V ϱu2 2 V 2 (14) Bei inkompressiblen Flüssigkeiten ist die Dichte ϱ = const. Somit sind die Volumina auf der linken und rechten Seite gleich ( V 1,2 = V ) und kürzen sich somit heraus. Man erhält die sogenannte Bernoulli-Gleichung: p ϱu2 = p 0 = const (15) Sie gilt nur für reibungsfreie, inkompressible Flüssigkeiten und Gase. p 0 bezeichnet den Gesamtdruck, welcher an Orten mit u = 0 erreicht wird. Er setzt sich zusammen aus dem Staudruck p s = 1 2 ϱu2 = p 0 p und dem statischem Druck p = p 0 p s 2.2 Die Zirkulation - Wirbel Wirbel sind kreisförmig strömende Flüssigkeiten und Gase. Sie treten allgemein bei hinreichend großen Geschwindigkeitsunterschieden im Medium auf. Dies kann zum Beispiel bei aufeinanderströmenden Flüssigkeitsschichten geschehen. Auch Reibung an der Oberfläche eines Körpers kann zur Wirbelbildung führen, weil ein Geschwindigkeitsunterschied zwischen der Flüssigkeit deren Randschichten vorliegen. Ein Maß für die Wirbelstärke ist die Zirkulation, ein geschlossenes Wegintegral über die Strömungsgeschwindigkeit u( r, t). Γ = u d s (16) Man kann sie sich mit einem Vergleich zu einem Boot auf einem Fluss greifbarer machen, welches einen geschlossenen Weg zurücklegt. Wird es auf seinem Weg durch die Strömung insgesamt beschleunigt, so ist die Zirkulation größer Null und es befindet sich ein Wirbelkern in der umschlossenen Fläche. Bildet man die Zirkulation auf einer infinitesimal kleinen Fläche so gelangt man zur Rotation rot u aus der Vektoranalysis. Ist die Rotation für das gesamte Medium Null, so ist es wirbelfrei. Die Strömung im Medium ist dann mit einem skalarem Potential Φ und dem Gradienten u = grad Φ beschreibbar. Bekanntermaßen gilt nämlich rot grad = 0. Man spricht dann von einer Potentialströmung. Ebenso gilt div rot = 0. Dies bedeutet, dass ein Wirbelfeld keine Quellen besitzt. Die Stromlinien sind in sich geschlossen. Dies ist der nach dem Physiker benannte Satz von Helmholtz. Es gibt noch einen zweiten Satz von Helmholtz. Er besagt, dass Wirbel zeitlich gesehen ebenfalls keinen Anfang und Ende besitzen, was allerdings nur für das Modell der idealen Flüssigkeit zutrifft. In Wirklichkeit dissipiert die Rotationsenergie eines Wirbels aufgrund der Reibung zwischen den Teilchen in innere Energie, also in Wärme. Bildet man die Zirkulation um einen rotationssymmetrischen Wirbel, so erhält man stets das gleiche Γ = 2πru(r). Zum Zentrum des Wirbels, dem Wirbelkern, wird also die Geschwindigkeit mit 1/r geringer. Im Inneren (r = 0) macht diese Proportionalität natürlich keinen Sinn mehr. Meist rotiert dort
7 Flügelprofile im Windkanal 7 der Wirbel als starrer Körper mit u(r) = ωr. Anders ist es beim Wirbel am Badewannenabfluss. Hier befindet sich im Wirbelkern ein Luftschlauch. Die Zirkulation ist wichtig für die Betrachtung des Strömungsverhaltens von umströmten Körpern, wie z.b. Tragflächenprofilen. Mit ihr kann man den Auftrieb von Umströmten Körpern und die Ausbildung von Wirbeln erklären. Dafür benötigt man zunächst den Satz von Thomson: Die Zirkulation längs einer geschlossenen, flüssigen Linie im Stromlinienfeld einer reibungsfreien, homogenen Flüssigkeit bleibt zeitlich konstant. [Kal80] Mithilfe dieses Satzes kann man folgern, dass die Zirkulation einer Strömung, die aus der Ruhe beginnt, für jede geschlossen Linie verschwindet. Einfach Gesprochen, bildet ein wirbelfreies Medium keine Wirbel aus. Man betrachte Abbildung 6. Zwischen Ober- und Unterseite des Körpers ist ein großer Geschwindigkeitsunterschied. Wegen der Bernoulli-Gleichung ist der Oberseite des Körpers ist aufgrund der höheren Geschwindigkeit ein geringerer statischer Druck. Auf der Unterseite ist ein höherer statischer Druck. Die beiden Strömungen treffen in der Trennfläche aufeinander, und bilden dort, wie oben beschrieben, wegen des großen Geschwindigkeitsgradienten Wirbel aus. Nach dem Satz von Thompson muss allerdings die Gesamtzirkulation stets konstant sein. Bei der Entstehung von Wirbeln entsteht daher eine den Wirbeln entgegengesetze, betragsmäßig gleich große Zirkulation. Dies soll im nächsten Abschnitt Abbildung 6: Zur Veranschaulichung der Trennfläche, [Kal80] als vereinfachtes Erklärungsmodell für den Auftrieb herangezogen werden. 2.3 Kräfte am Flügel Im Folgendem wird die Luft als inkompressible angesehen, da die Kompressiblität ungefähr ab der Schallgeschwindigkeit ( 343ms 1 ) eine Rolle spielt und hier nur der Auftrieb in deutlich geringeren Geschwindigkeitsbereichen behandelt wird. Ebenso ist die innere Reibung der Luft vernachlässigbar klein. Um die Problemstellungen weiter zu vereinfachen werden die Flügel als unendlich lang angenommen. Das räumliche Strömungsproblem ist also auf ein 2-dimensionales Problem reduziert. Aufgrund des asymmetrischen Flügelprofils strömt die Luft an der Oberseite des Flügels schneller. An der Unterseite strömt die Luft langsamer. Durch den Geschwindigkeitsgradienten entsteht wie in
8 Flügelprofile im Windkanal 8 Abschnitt 2.2 beschrieben, ein Wirbel in der Trennfläche hinter der scharfen Hinterkante des Flügels. Da die Gesamtzirkulation nach dem Satz von Thompson null sein muss baut sich eine gleich große dem Anfahrtswirbel entgegengesetzte Zirkulation auf. Die Zirkulationsströmung verläuft dabei um den Flügel und ist ein fortbestehender Zustand, da sich ständig Anfahrtswirbel bilden und ablösen. Abbildung 7: Anfahrwirbel und entgegengesetzte Zirkulation um den Flügel, [Kal80] Subtrahiert man nämlich in Gedanken die Anströmgeschwindigkeit der Luft, bliebe nur der Geschwindigkeitsunterschied an Ober- und Unterseite des Flügels übrig. Dies ergibt gerade ein Wirbel, da ja die Luft an der Oberseite schneller und an der Unterseite langsamer strömt (Abbildung 8, rechts). Die subtrahierte Strömung (Abbildungung 8, links) wird als Parallelströmung bezeichnet. Zusammen bilden sie das in Abbildung 9 dargestellte Strömungsbild. Die Parallelströmung und die Zirkulation Abbildung 8: Parallel- (links) und Zirkularströmung (rechts) um eine Tragfläche [Kal80] alleine können keine Kräfte am Flügel ausüben, erst die Überlagerung der zwei Strömungsarten führen nach der Bernoulli-Gleichung 15 auf der Oberseite zu einem Unterdruck, und an der Unterseite zu einem Überdruck. Dadurch resultiert eine Kraft auf den Flügel die nach oben gerichtet ist, sie wird dynamischer Auftrieb F A genannt. Nun soll der dynamische Auftrieb F A berechnet werden. Zunächst müssen allerdings einige Bezeichnungen eingeführt werden, um die Berechnung verständlich zu halten: Ein Flügelprofil besitzt eine sogenannte Profilsehne. Sie verläuft bei beidseitig konvexen oder symmetrischen Profilen zwischen der Profilnase B und der Hinterkante C (Abbildung 10, links). Bei asymmetrischen Profilen ist die Tangente, welche auch durch die Hinterkante des Profils verläuft, die Profilsehne. Als Anstellwinkel wird der Winkel α zwischen der anströmenden Luft und der Profilsehne (siehe Abbildung 10, rechts) definiert.
9 Flügelprofile im Windkanal 9 Abbildung 9: Überlagerung von Parallel- und Zirkularströmung. Es fehlt der Wirbel hinter der Tragfläche [Kal80] Abbildung 10: Profilsehne am konvexen (links) und konkaven (rechts) Flügelprofil. Am konkaven Flügelprofil sind Anströmgeschwindigkeit Anstellwinkel α eingezeichnet [Bohl91] In Abbildung 11 sind die Abmessungen des Flügels eingetragen. b steht dabei für die Flügelstreckung, die Flügelbreite quer zur Flugrichtung. l bezeichnet die Flügellänge. Die wirksame Fläche eines Flü- Abbildung 11: Skelettlinie, Profildicke d, Profilwölbung f, Flügellänge l und Streckung b [Bohl91] gels ist A = b l. Das Seitenverhältnis λ = l/b = A/b 2 ist ein Maß für die Schlankheit des Flügels. So besitzt beispielsweise ein Segelflieger ein sehr kleines Seitenverhältnis, während Kampfflieger im Überschallbereich deutlich weniger schlanke Flügel besitzen. Die Linie auf der die Kreise liegen nennt man Skelettlinie (siehe Abbildung 11). Der Kreis mit dem Radius d ist an der Stelle mit der größten Profildicke. Der Nasenradius r ist durch den vordersten Kreis, welcher in den Flügel gelegt werden kann, bestimmt. x f ist der Punkt an welchem die Skelettlinie am weitesten von der Profilsehne entfernt
10 Flügelprofile im Windkanal 10 ist. Den Abstand zwischen x f und Profilsehne bezeichnet man als Profilwölbung f. Normalerweise werden diese Größen relativ zur Flügellänge l in Prozenten angegeben. So wird also beispielsweise f/l die relative Wölbungshöhe genannt. Die Geschwindikeit der anströmenden Luft betrage u. Es wird zur Vereinfachung angenommen, dass die Geschwindigkeitsdifferenz zur Ober- und Unterseite des Flügels gleich groß sei. Sie soll mit u bezeichnet werden. Über die Bernoulli-Gleichung 15 kann damit der Druckunterschied berechnet werden. p u p o = ϱ 2 ((u + u) 2 (u u) 2 ) = 2ϱu u Daraus lässt sich die Auftriebskraft durch F A = (p u p o ) da = 2ϱbu u dx berechnen. Dabei ist da = b dx ein infinitesimales Flächenelement. Für die Zirkulation gilt aber gerade: Γ = C B u dx B C u dx = 2 C B u dx Die Integrationsgrenzen B und C stehen für die Endpunkte des Flügelprofils (siehe Abbildung 10, rechts). Setzt man diese Gleichung ein so erhält man für den Auftrieb: F A = ϱ u b Γ (17) Dies ist der Satz von Joukowski oder auch Kutta-Joukowski-Formel genannt. Die Auftriebskraft ist also proportional zur Dichte ϱ des strömenden Mediums, der Zirkulation Γ sowie der Geschwindigkeit u. Für die Zirkulation um ein Flügelprofil gilt: Γ = C A 2 u C A l = 2 ul u = u 4 C A ist der Auftriebskoeffizient der Trägfläche. Setzt man Gleichung 18 in die Kutta-Joukowski-Formel 17 ein, so modelliert er als dimensionsloser Faktor den Auftrieb des Flügels. Dabei wurde die Grundfläche des Flügels A = b l eingesetzt. (18) F A = C A ϱ 2 u2 A (19)
11 Flügelprofile im Windkanal 11 Wird der Anstellwinkel α erhöht wächst der Geschwindigkeitsgradient an Ober- und Unterseite des Flügels, wodurch die Auftriebskraft anwächst. Der Auftrieb hängt dabei linear vom Anstellwinkel ab. Beim Nullauftriebswinkel α 0 besteht kein Auftrieb. Er ist flügelspezifisch und vor allem durch die relative Wölbungshöhe f/l beeinflusst. Die Abhängigkeit von Anstellwinkel und Auftriebskoeffizienten sind für verschiedene Flügelwölbungen in Abbildung 12 aufgetragen. Man sieht im Diagramm 12, dass Abbildung 12: Der Auftriebskoeffizient über dem Winkel bei unterschiedlicher Flügelwölbung [Gers74] die Kurven am Ende abflachen. Es kommt zu einem Strömungsabriss: Die Strömung kann wegen Abbildung 13: Strömungsabriss: An der Oberseite des Flügels bilden sich Wirbel [Eck78] der zu großen Neigung der Tragfläche nicht mehr an der Oberseite verlaufen. Stattdessen bildet sich dort eine turbulente Strömung, wie in Abbildung 13 zu sehen. Alle Formeln und Erklärungen dieses Grundlagenteils haben dann keine Gültigkeit mehr.
12 Flügelprofile im Windkanal 12 Die geometrischen Eigenschaften eines Flügels bestimmen seine aerodynamischen Eigenschaften. Im Wesentlichen ist der Nasenradius, die Wölbung und die Dicke eines Flügelprofils maßgeblich für den maximalen Auftrieb. Profile mit starker Wölbung und großem Nasenradius haben einen großen Maximalauftrieb. Dabei bestimmt der Nasenradius wie groß der Anstellwinkelbereich ist, in dem gute Auftriebswerte erzielt werden können. Hochgeschwindigkeitsprofile haben geringe Dicke und Wölbung. Man unterscheidet folgende Profilarten: Symmetrische Profile sind nicht gewölbt und besitzen eine identische Ober- und Unterseite. Die Skelettlinie ist dementsprechend gerade. Ihr Nullauftriebswinkel liegt immer bei Null Grad. Bei negativen Anstellwinkeln besitzen diese Flügelprofile negative Auftriebskoeffizienten. Symmetrische Flügel werden also dann eingesetzt, wenn ebenfalls Abtrieb erzeugt werden soll, wie z.b. bei einem Steuerruder eines Schiffes. Halbsymmetrische Profile sind konvexe Profile, die an der Ober- und Unterseite unterschiedlich gewölbt sind. Sie werden bei Hochgeschwindigkeitsprofilen mit geringer Dicke verwendet. Zu den halbysmmetrischen Profilen zählen auch die Profile mit gerader Unterseite. Sie sind vor allem leichter zu konstruieren. Normalprofile oder auch Laminarprofile genannt sind an der Oberseite gewölbt, und sind an der Unterseite S-förmig nach innen gewölbt. Die dickste Stelle des Flügels, die sogenannte Dickenrücklage ist meißtens vorne. (Das S ist in der unteren Abbidlung sehr stark ausgeprägt und die Dickenrücklage eher in der Mitte.) Diese Flügelprofile haben einen großen Einsatzbereich. S-Schlagprofile ähneln den Normalprofilen, wobei der Flügel allerdings zusammen mit der Hinterkante in einer Kurve nach oben geformt ist. Der gesamte Flügel ist also S-Förmig. Sie besitzen bezüglich des Angriffspunktes der Auftriebskraft gute Eigenschaften. Das am Flügel angreifende Drehmoment ist kontrollierbarer und geringer. Abbildung 14: Profilarten [Thuro] Die Strömung um einen Flügel bewirkt allerdings nicht nur eine Auftriebskraft, sondern auch Widerstandskräfte. Der Hauptanteil des Strömungswiderstandes ist der induzierte Widerstand, welcher durch Randeffekte am Flügel bedingt ist. Da an der Oberseite des Flügels ein Unterdruck und an der
13 Flügelprofile im Windkanal 13 Unterseite ein Überdruck besteht gibt es eine Querströmung von der Unter- zur Oberseite der Tragfläche (siehe Abbildung 15) Dadurch entstehen am Flügelende Randwirbel, welche hinter der Tragfläche Abbildung 15: An der Unterseite des Flügels strömt die Luft nach außen, an der Oberseite nach innen [Eck78] eine sich aufrollende Wirbelfläche bilden. Dies ist in Abbildung 16 dargestellt. Man spricht auch von Wirbelzöpfen. Zusammengenommen mit dem Anfahrwirbel resultiert ein U-förmiger oder hufeinsen- Abbildung 16: Wirbelzöpfe hinter der Tragfläche [Eck78] förmiger Wirbel, welcher als Wirbelschleppe bezeichnet wird. Abbildung 17 gibt einen Überblick über alle Zirkulationen am Flügel. Besonders schön ist die Wirbelschleppe in Abbildung 18 zu sehen. Abbildung 17: Eine Übersicht der Wirbel hinter einer Tragfläche, [Kal80] Das Foto zeigt ein kleines Motorflugzeug aus der Landwirtschaft, welches über rotem, vom Boden aufsteigendem, Rauch fliegt. Durch die Wirbelverteilung wird die Strömung insgesamt nach unten abgelenkt. Relativ gesehen verkleinert sich dadurch der Anstellwinkel des Flügels gegenüber dem Luftstrom. Zum einen wird dadurch der Auftrieb verringert, was allerdings vernachlässigbar klein ist, zum
14 Flügelprofile im Windkanal 14 Abbildung 18: Mit rotem Rauch eingefärbte Wirbelschleppe. Die Hufeisenform ist mit einer gelben Linie nachgezogen. [WikVortex] anderen entsteht dadurch eine Widerstandskraft, der induzierte Widerstand. Energetisch betrachtet rührt er vom Verlust der Energie her, welche in die Wirbelschleppe gesteckt wird. Der Physiker Ludwig Prandtl beschäftigte sich mit diesem Problem und konnte den kleinstmöglichen induzierten Widerstand bestimmen: 2 FA FW i = (20) π %u b2 Wobei b wieder die Flügelstreckung bezeichnet. Für den induzierten Widerstand gilt analog zu Gleichung 19: % FW i = CW i u2 lb (21) 2 Setzt man nun Gleichung 19 und Gleichung 21 in die Formel 20 von Prandtl ein so erhält man: CW i = 2l CA πb (22) Der Koeffizient des induzierten Widerstands CW i hängt also quadratisch vom Auftriebskoeffizienten CA ab. Ebenso interessant ist die Erkenntnis, dass CW i l/b = λ, der induzierte Widerstand also proportional zum Seitenverhältnis λ des Flügels ist. Schlanke Flügel haben also einen geringeren induzierten Widerstand. Deshalb besitzen Segelflugzeuge schlanke, also lang gestreckte und in Querrichtung kurze Tragflächen. Für einen unendlich langen Flügel verschwindet der Randeinfluss und somit auch der induzierte Widerstand. Dies findet man ebenfalls in dieser Formel wieder, da l/b = 0 für b.
15 Flügelprofile im Windkanal 15 Der induzierte Widerstand ist jedoch nicht der einzige Beitrag zum gesamten Strömungswiderstand. So soll der Druckwiderstand nicht unerwähnt bleiben: Hinter dem Flügel besteht aufgrund der ständigen Wirbelbildung ein Unterdruck, während vor dem Flügel die Luft gestaut wird. Dadurch gibt es eine, der Bewegungsrichtung entgegengesetzte Kraft. Als letzen Beitrag zum Gesamtwiderstand sei noch die Oberflächenreibung am Flügel genannt. Auf sie wird hier allerdings nicht genauer eingegangen, da der Rahmen dieses Grundlagenteils sonst gesprengt würde. Auf einen angeströmten Flügel wirken, wie wir gesehen haben, der dynamische Auftrieb F A und ein Strömungswiderstand F W, welche sich nach dem Superpositionsprinzip zu einer Resultierenden Kraft R zusammenaddieren, wie in Abbildung (19) zu sehen ist. Bildet man den Quotienten von Gleichung Abbildung 19: Die an einem Flügel angreifenden Kräfte, FA : Auftriebs-, F w : Widerstands- und R : Resultierendekraft, [Kal80] (19) und Gleichung (21), so erhält man die Gleitzahl ε beziehungsweise den Gleitwinkel ϕ: F W F A = C W C A = tan (ϕ) = ε (23) Man sieht an Gleichung (23), dass bei kleiner Widerstandskraft die Gleitzahl klein wird. Die Gleitzahl ist also ein Maß dafür, wie viel Widerstand pro Auftrieb entsteht. Je kleiner die Gleitzahl ist desto effizienter der Flügel. Zum Abschluss soll noch ein für diesen Versuch wichtiger Effekt erwähnt werden: Der Bodeneffekt. Fliegt ein Flugzeug in bodennähe, so wird die Luft unter dem Flügel gestaut und abgebremst. Unter dem Flügel ist also ein größerer Überdruck als im normalen Flug. Die Tragfläche erfährt somit einen größeren Auftrieb. Für die Auftriebskraft in Gleichung 19 bedeutet dies konkret einen höheren Auftriebskoeffizienten C A. Der Effekt tritt ein, wenn sich das Flugzeug ungefähr mit einem Abstand von l (eine Flügelstreckung) über dem Boden befindet. Ebenso wird durch den Bodeneffekt der induzierte Widerstand verringert. Normalerweise strömt die Luft wegen der Wirbelschleppe des Flügels nach unten. In Bodennähe wird die Luft allerdings gezwungen horizontal abzufließen, wodurch der oben beschriebene induzierte Widerstand verringert wird. Das Widerstands-Auftriebsverhältnis, die Gleitzahl ε, wird also durch den geringeren Widerstand und den höheren Auftrieb um das 2, 5 bis 3-Fache kleiner. Der Tragflügel ist also effizienter geworden. Für die Piloten eines schwer beladenen Flugzeugs kann dies allerdings gefährlich sein. Beim starten erfährt das Flugzeug in Bodennähe einen höheren Auftrieb. Sobald der Bodeneffekt aber schwächer wird,
16 Flügelprofile im Windkanal 16 muss unbedingt der Anstellwinkel erhöht werden um einen ausreichend großen Auftrieb zu bewirken. Ist die Geschwindigkeit zu gering kann es dann allerdings zu einem Strömungsabriss kommen und das Flugzeug stürzt ab! 3 Versuchsaufbau Der Versuchsaufbau besteht im Wesentlichen aus einem Windkanal, verschiedenen Flügelprofilen aus Polystyrolschaumstoff und einer Aufhängung mit Kraftmessern. 3.1 Der Windkanal Die Strömung im Windkanal wird über einen regelbaren Rotor im Inneren erzeugt. Dieser befindet sich im hinteren Teil des Aufbaus und saugt Luft durch den trichterförmingen vorderen Teil des Kanals. Die Abluft wird duch den Schlauch abgegeben. Der Trichter ist mit vielen kleinen sechseckigen Röhrchen versehen, um einen laminaren Luststrom zu erzeugen. Der Drehregler für die Windgeschwindigkeit, besitzt eine Skala von null bis einhundertzehn Prozent der Eingangsspannung. Die dazugehörigen Windgeschwingigkeiten können der Kalibriermessung entnommen werden. Der Windkanal besitzt einen Abbildung 20: Der Windkanal durchsichtigen Plexiglasabschnitt. Dort wurden ein Schlitz von oben in den Kanal gefräst, damit die Messaufhängung darüber platziert werden kann, welche die Flügel durch zwei Gewindestangen hält. An diesem Teil lässt sich der Windkanal auseinanderziehen um die Flügel an der Aufhängung zu befestigen oder den Windgeschwindigkeitsmesser in den Kanal zu stellen.
17 Flügelprofile im Windkanal Aufhängung Der Aufbau der Aufhängung zur Bestimmung der Auftriebswerte musste hauptsächlich dem vorhandenen Windkanal angepasst werden. Es wurde eine Aufhängung konzipiert, welche die Flügelprofile in horizontaler Richtung frei bewegen lässt, in vertikaler Richtung aber starr ist. Zusätzlich sollte die Kraft der Auslenkung gemessen werden. Das Material sollte einfach zu verarbeiten sein und nicht zu viel Gewicht haben. Aus diesem Grund wurde Holz für den Aufbau der Aufhängung gewählt. Abbildung 21 (links) zeigt den schematischen Aufbau der Aufhängung. Das Flügelprofil ist an zwei Gewindestangen durch vier Muttern fixiert. Die Gewindestangen ragen aus dem Windkanal und sind in ein Holzbrett mit eigedreht. Das Brett hängt an einer Federwage, diese trägt das Gewicht des und des Flügels und gibt die Kraft des Auftriebs in Pond an. Die Feder hängt dabei in Gleichgewichtslage. Eine Auftriebskraft am Flügel kann also bequem über die Federwage abgelesen werden. Um den Flügel auf horizontaler Ebene zu fixieren, wird das Holzbrett zwischen Rollen geführt. Abbildung 21 (rechts) zeigt Abbildung 21: Links: Skizze der Aufhängung. Das Brett mit den Gewindestangen ist zwischen 4 Rollen gelagert. Rechts: Flügelaufhängung Front- und Seitenansicht die Aufhängung von Vorne und von der Seite. Wahlweise wurden verschiedene Kraftmesser benutzt. Bei hohen Windgeschwindigkeiten musste das Holzbrett von oben mit zusätzlichen Gewichten belastet werden, da der Kraftmesser sonst zu schnell an seine Grenzen stieß.
18 Flügelprofile im Windkanal Die Flügelprofile Es sollten möglichst unterschiedliche Flügelprofile getestet werden, um Unterschied deutlich zu erkennen. Die Auswahl erfolgte nach Aussehen. So wurden folgende Profiltypen ausgewählt: Halbsymmetrische Profile, Profile mit flacher Unterseite und S-Schlagprofile. Die wichtigsten Profildaten sind in der Abbildung 22: Oben: Halbysmmetrisches Profil Althaus 79100C mit der größten Wölbung. Unten: Halbysmmetrischen Profil NACA 6412 [WoKr] Abbildung 23: Oben: Sehr dickes S-Schlagprofil NACA 1-H-15 mit gerader Unterseite. Unten: S- Schlagprofil NACA 6-H-10 [WoKr] folgenden Tabelle 1 eingetragen. Die gefertigten Flügelprofile sollten vor allem leicht und robust sein. Flügelprofil rel. Wölbung f/l [%] rel. Dicke d/l [%] Althaus 79100C 6,7 9,9 NACA 1-H-15 5,5 14,7 NACA 6-H-10 4,5 10 NACA Tabelle 1: Relative Wölbungshöhe und Profildicke der verwendeten Flügelprofile [WoKr] Die Profilvolagen wurden ausgedruck und mit Teppichmessern aus einem millimeter dicken Balsaholz ausgeschnitten. Anschließend wurden die Schablonen auf Polystyrolschaumstoff aufgeklebt mit einem heißen Draht ausgeschnitten.
19 Flügelprofile im Windkanal 19 4 Versuchsdurchführung Am Drehregler des Windkanals konnte der Rotor in Prozenten der Eingangsspannung eingestellt werden. Daraus ließ sich natürlich nichts über die tatsächliche Windgeschwindigkeit im Kanal aussagen. Deshalb musste zunächst der Zusammenhang zwischen der Windgeschwindigkeit und dem Drehregler gemessen werden. Es wurde ein digitaler Wingeschwindigkeitsmesser angeschafft, der auf zwei stellen genau die Geschwindigkeit in km/h misst. Dieser wurde im durchsichtigen Teil des Windkanals befestigt. Bei der Messung wurde dann der Drehregler in 2, 5%-Schritten eingestellt und die zugehörige Windgeschwindigkeit abgelesen. Ziel der Auftriebsmessung war den Zusammenhang zwischen Anstellwinkel, Auftrieb und Windgeschwindigkeit zu messen. Dabei wurde bei allen Flügelprofilen in der selben Abfolge gemessen: 1. Zunächst wurde ein Anstellwinkel eingestellt, indem zwei Schraubenmuttern auf den Gewindestangen unter dem Flügel geschraubt wurden. Mithilfe der Trigonometrischen Funktionen wurde dafür zuvor die Höhe der Muttern berechnet und mit einer Schublehre eingestellt. Der Anstellwinkel wurde über die Unterseite des Flügels bestimmt. Dies erwies sich als besonders praktisch, da die Unterseite je nach Flügelprofil weniger stark gekrümmt ist als die Oberseite. 2. Nach der Justierung des Flügels auf einen bestimmten Anstellwinkel wurde der Auftrieb in Abhängigkeit der Windgeschwindigkeit gemessen. Eine Person hielt sich oben an der Aufhängung des Windkanals auf um die Kraft möglichst parallaxefrei ablesen zu können. Ein Zweiter erhöhte die Wingeschwindigkeit, bis eine bestimmte Kraft erreicht war. Die zugehörige Windgeschwindigkeit wurde von einem Dritten in Prozenten der Eingangsspannung notiert. Die Messreihe konnte so schneller und genauer aufgenommen werden, weil es genauer war, die Windgeschwindigkeit am Drehregler abzulesen anstatt eine Windgeschwindigkeit einzustellen und die Kraft am Kraftmesser abzulesen. 3. Dies wurde wiederholt, bis die maximale Windgeschwindigkeit ausgeschöpft war. Zunächst wurde in 10 Pond-Schritten gemessen. Später je nach Anstieg der Auftriebskraft auch in größeren Schritten von 15 bis 40 Pond. Bei höheren Anstellwinkeln und größeren Windgeschwindigkeiten wurde der Auftrieb so groß, dass die Kraftmesser nicht mehr ausreichten. Die Feder musste deshalb mit einem Gegengewicht belastet werden, welche oben auf das Holzbrett gestellt wurden.
20 Flügelprofile im Windkanal 20 5 Auswertung 5.1 Kalibriermessung Die Windgeschwindigkeiten können am Windkanal nur in Prozenten der Eingangsspannung eingestellt werden. Um daraus auf die Windgeschwindigkeiten schließen zu können wurde eine Kalibriermessung durchgeführt. Am Regler des Windkanals wurde die Spannung eingestellt und die dazugehörige Windgeschwindigkeit am Windgeschwindigkeitsmesser abgelesen. Die Messwerte sind in Abbildung 24 dargestellt. Dabei ist die Windgeschwindigkeit über die Eingangsspannung aufgetragen. Die Messwerte verlaufen näherungsweise linear, weshalb eine lineare Regression durchgeführt wurde. Als Regressions v[m/s] Regressionsgerade Messwerte Input Voltage[%] Abbildung 24: Regressionsgerade grade erhält man v(x) = ((0, 091 ± 0, 0006) x (0, 32 ± 0, 04)) ms 1 (24) wobei x [0, 100] die prozentuale Eingangsspannung beschreibt. Für die Steigung liegt die Abweichung ca. bei 0, 7%, für die Verschiebung entlang der y-achse bei ca. 12, 5%. Bei genauer Betrachtung der Messwerte um die Regressionsgerade fällt allerdings auf, dass die Messwerte um die Gerade herum mit einer gewissen Regelmäßigkeit oszillieren. Es kann also nicht mit Sicherheit von einem linearen Zusammenhang ausgegangen werden. Die Schwankungen sind allerdings so gering, dass es einfacher ist die nun folgende Auswertung mit der obigen Regressionsgerade 24 zu berechnen.
21 Flügelprofile im Windkanal Der Auftrieb Die Flügelprofile wurden wie in der Versuchsdurchführung beschriebenen Abfolge durchgemessen. Es wurde ein Anstellwinkel eingestellt und anschließend eine Messreihe über Auftriebskraft und Windgeschwindigkeit aufgenommen. Der genaue Anstellwinkel des Flügels ist allerdings nicht bekannt, da zum einen die Winkeleinstellung des Flügels an den Gewindestangen fehlerbehaftet ist und die Defintion, an welcher Achse des Flügels der Winkel gemessen wird, einen systematischen Fehler in sich trägt. Der Fehler wird auf 3 geschätzt. Zwischen Auftriebskraft und Windgeschwindigkeit besteht der in Gleichung 19 beschriebene Zusammenhang. Der Übersichtlichkeit halber sei sie hier noch mal aufgeführt: F A = p A = C A ϱ 2 u2 A Die Auftriebskraft F A ist also proportional zum Quadrat der Windgeschwindigkeit u. Dabei ist ϱ die Dichte der Luft. Sie wurde bei einer geschätzten Raumtemperatur von 20 C zu ϱ = (1, 2 ± 0, 02)kg/m 3 angenommen [WikLuft]. A steht für die Fläche des Flügels. Die Flügelprofile wurden alle mit einer Fläche A = (0, 0527 ± 0, 0015)m 2 gefertigt. Bei den Messreihen wurden die Windgeschwindigkeiten in Prozenten der Eingangsspannung notiert und anschließend mithilfe obiger Regressionsgerade (siehe Gleichung 24) in ms 1 umgerechnet. Die Auftriebskraft wurde wegen der Kraftmesser in der antiquierten Einheit Pond notiert. Ein Pond steht für die Gewichtskraft eines Gramms auf der Erde. Die Umrechnung in Newton ist demenstprechend 1p = 0, 00981N. Die Ergebnisse der Auftriebsmessung sind in den Abbildungen 25 bis 28 geplottet. In die Messwerte wurde ein Kurvenfit über den Auftriebskoeffizienten C A gelegt, welcher im nächsten Abschnitt behandelt wird. Dabei sind die Kurven nur so weit aufgetragen, wie sie auch gemessen wurden Grad 10 Grad 15 Grad 20 Grad 30 Grad 45 Grad 5 4 F[N] v[m/s] Abbildung 25: Der Auftrieb des Althaus 79100C bei Anstellwinkeln von 0 bis 45
22 Flügelprofile im Windkanal Grad 10 Grad 15 Grad 20 Grad 30 Grad 45 Grad 4 F[N] v[m/s] Abbildung 26: Das Flügelprofil NACA Grad 10 Grad 15 Grad 20 Grad 30 Grad 45 Grad 4 F[N] v[m/s] Abbildung 27: Das Flügelprofil NACA 1-H-15
23 Flügelprofile im Windkanal Grad 10 Grad 15 Grad 20 Grad 30 Grad 45 Grad F[N] v[m/s] Abbildung 28: Das Flügelprofil NACA 6-H-10 An diesen Messkurven ist die quadratische Abhängigkeit zwischen Auftrieb und Windgeschwindigkeit schön zu sehen. Man sieht, dass mit steilerem Anstiegswinkel die Auftriebskraft stärker anwächst. Die Messung bestätigt also, dass jeder Anstellwinkel seinen seinen eigenen Auftriebskoeffizienten C A besitzt, welcher mit größerem Anstiegswinkel zunimmt. Auf die Winkelabhängigkeit des Auftriebskoeffizienten wird allerdings im nächsten Auswertungsabschnitt 5.3 näher eingegangen. Auffällig ist der negative Auftrieb des Naca 6-H-10 Flügelprofils bei dem 0 Anstellwinkel. Dies lässt sich damit erklären, dass der Anstellwinkel nur ungenau eingestellt werden konnte. Da der NACA 6H- 10 kein symmetrisches Profil ist, liegt der Nullauftriebswinkel im Negativen. Der Anstellwinkel muss also offensichtlich deutlich weniger als 0 betragen haben. Die weiteren Fehlerquellen am Aufbau waren neben der Anstellwinkelproblematik die Reibungskräfte zwischen Rollen und Brett in der Aufhängung. Außerdem liegen keine Informationen über die Strömung vor, da mit Rauch keine Test auf Turbulenzen durchgeführt wurden. Über mögliche Turbulenzen können also nur Vermutungen angestellt werden. Am offensichtlichsten war der Ablesefehler während der Messungen. Der Kraftmesser schwankte bei steileren Anstellwinkeln und höheren Windgeschwindigkeiten umso stärker. Bei Anstellwinkeln ab 30 waren die Messungen ab einer gewissen Windgeschwindigkeit nicht mehr sinnvoll, da der Flügel stark zitterte und dies als Hinweis auf eine stark turbulente Strömung gedeutet wurde. Der Kraftmesser schwankte dabei bis zu 20Pond= 196, 6mN. Für das Flügelprofil Althaus 79100C sind in Tablle 2 die Geschwindigkeiten eingetragen, ab denen die Messung wegen Turbulenzen abgebrochen wurden. Der relative Fehler nimmt zwar ab. Dennoch ist wäre eine weitere Messung nicht sinnvoll gewesen, weil
24 Flügelprofile im Windkanal 24 α [Grad] u [ms 1 ] F A [mn] δf A [mn] δf A /F A [%] 0 9, ,6 1, , ,6 0, , ,2 1, , ,2 0, , ,1 4, , ,1 2,17 Tabelle 2: Maximale Geschwindigkeiten mit jeweiliger Auftriebskraft am Beispiel des Althaus 79100C die Rahmenbedingungen (laminare Strömung) ja nicht mehr gegeben waren. Die anderen Flügelprofile zeigten das selbe Verhalten ab einem Anstellwinkel von 30. In den Abbildungen 25 bis 26 sind die Kurven nur bis zu den Turbulenzen geplottet worden. 5.3 Auftriebskoffizienten Um die Auftriebskoeffizienten zu berechnen wurde eine Funktionenfit mit Gleichung 19 vorgenommen, welche auch schon in den obigen Diagrammen 25 bis 26 eingetragen wurden. Der Fehler des Auftriebskoeffizienten C A ist zum einen durch die statistisch gestreuten Fehler von F A und u bedingt. Dieser Fehler wurde beim Kurvenfit berechnet. Es muss allerdings beachtet werden, dass in die Fitfunktion 19 die Fehlerbehaftete Größe A, also die Fläche des Flügels, und die fehlerbehaftete Luftdichte ϱ eingehen. Es wurde also ein Funktionenfit vorgenommen, mit einer nur ungenau bekannten Funktion. Für diese Größen muss daher noch die Fehlerfortpflanzung berechnet werden, um die vollständige Unsicherheit zu erreichen. Zunächst muss nach C A umgestellt werden: C A = 2F A ϱu 2 A (25) Da der statistische Fehler δc Astat nicht unabhängig von A ist kann nicht quadratisch addiert werden. Der Gesamtfehler von C A wird also wie folgt mit der allgemeinen Fehlerfortpflanzungsformel berechnet: δc A = δc Astat + C A A δa + C A ϱ δϱ = δc Astat + 2F A ϱu 2 A 2 δa + 2F A ϱ 2 u 2 A δϱ = δc Astat + C A A δa + C A ϱ δϱ Die Ergebnisse der Kurvenfits samt Fehler sind in den folgenden Tabellen eingetragen.
25 Flügelprofile im Windkanal 25 Winkel [Grad] C A δc Astat δc A δc AGes δc AGes [%] 0 0,618 0,0081 0,028 0,036 5,8 10 1,14 0,017 0,051 0,068 6,0 15 1,29 0,017 0,058 0,075 5,8 20 1,59 0,015 0,045 0,060 3,8 30 1,75 0,0326 0,050 0,082 4,7 45 2,1 0,04 0,060 0,100 4,8 Tabelle 3: Auftriebskoeffizienten des Althaus 79100C mit Fehlerangaben Winkel [Grad] C A δc Astat δc A δc AGes δc AGes [%] Tabelle 4: Auftriebskoeffizienten des NACA 6412 mit Fehlerangaben Winkel [Grad] C A δc Astat δc A δc AGes δc AGes [%] 0 0,0836 0,0027 0,004 0,007 7,8 10 0,674 0,0034 0,030 0,034 5,0 15 0,8834 0,0111 0,040 0,051 5,8 20 1,274 0,0075 0,036 0,044 3,4 30 1,542 0,0176 0,044 0,062 4,0 45 1,8629 0,0158 0,053 0,069 3,7 Tabelle 5: Auftriebskoeffizienten des NACA 1-H-15 mit Fehlerangaben Winkel [Grad] C A δc Astat δc A δc AGes δc AGes [%] 0-0,1177 0,0064 0,005 0,012 9,9 10 0,3965 0,0093 0,018 0,027 6,9 15 0,6601 0,0185 0,030 0,048 7,3 20 0,8999 0,0075 0,026 0,033 3,7 30 1,1776 0,0045 0,034 0,038 3,2 45 1,3714 0,0253 0,039 0,064 4,7 Tabelle 6: Auftriebskoeffizienten des NACA 6-H-10 mit Fehlerangaben
26 Flügelprofile im Windkanal Ca Winkel [Grad] AH-79100C NACA 1-H-15 NACA 6-H-10 NACA 6412 Abbildung 29: Auftriebskoeffizienten in Abhängigkeit des Anstellwinkels Die lineare Abhängigkeit zwischen Auftrieb und Anstellwinkel ist unter Einbeziehung der Fehlerbalken bis 15 erfüllt. Nur das NACA 6412 hat einen Einbruch bei 15. Anschließend müsste es eigentlich zu einem Strömungsabriss kommen. Stattdessen flachen die Kurven nur ein wenig ab. Eine Erklärung dafür ist der Bodeneffekt. Die Flügel wurden für den Winkanal leider zu groß konzipiert. Der Abstand zum Boden betrug also weniger als eine Flügelstreckung l. Dadurch kam es wohl zu einem Druckkissen unter dem Flügel, welches auch bei den Bedingungen eines Strömungsabrisses bestehen blieb. Dies erklärt auch die oben beschrieben (vgl. Abschnitt 5.2) Turbulenzen. Vermutlich kam es zwar zu einem Strömungsabriss, gleichzeitig blieb der Auftrieb aber wegen des Bodeneffekts bestehen. Die Effizienz der Flügels ist durch den Bodeneffekt gesteigert. Wie im Grundlagenteil beschrieben ist der Auftriebskoeffizient bis zu 3 fach größer. Die bestimmten Auftriebswerte sind also zu groß und leider nicht vergleichbar mit Literaturwerten oder berechneten Werten aus Simulationen. Trotz des Bodeneffekts soll hier ein qualitativer Vergleich der Flügelprofile versucht werden: Das Althaus 79100C Profil hat bei allen Winkeln den größten Auftrieb. Der Betrag des Nullauftriebswinkel ist bei abgeschätzten ( extrapolierten ) 10 am größten, was auch der Grund für die großen Auftriebswerte ist. Dieser und die folgenden Nullauftriebswinkel sollten allerdings mit Vorsicht genossen werden, weil der Anstellwinkel selber nur auf ±3 eingestellt werden konnte. Die großen Auftriebswerte sind im Einklang mit der Profilwölbung, welche beim Althaus 79100C am größten ist (aus einer
27 Flügelprofile im Windkanal 27 hohen relativen Wölbung resultieren große Auftriebskoeffizienten). In Abbildung 25 kann der Bereich abgelesen werden in dem der Flügel keine zu großen Anzeichen auf Turbulenzen gab. Dieser geht bis 30 bei der vollen Windgeschwindigkeit von 10ms 1. Der NACA 6412 ist als Normalprofil dem Althaus 79100C am ähnlichsten, wobei die Wölbung geringer ist (genaue Werte können in Tabelle 1 abgelesen werden). Dementsprechend liegen auch die Auftriebskoeffizienten dieses Profils unter denen des Althaus 79100C. Der Nullauftriebswinkel liegt bei geschätzten 3. Die Steigung des Auftrieb ist also zu Beginn größer. In Abbildung 26 sind Instabilitäten bei 10, 30 und vor allem 45 zu erkennen. Wegen des Bodeneffekts soll diesem Ergebniss allerdings nicht zu viel Gewicht gegeben werden. Offensichtlich ist jedoch, dass dieses Flügelprofil mit den fehlerhaften Rahmenbedingugnen des Versuchs seine Probleme hatte. So weist es auch als einziges einen Auftriebseinbruch bei 20 auf, bei welchen eigentlich der Strömungsabriss hätte sein sollen. Das NACA 1-H-15 ist ein dickes S-Schlagprofil mit gerader Unterseite. Die Auftriebswerte liegen über dem deutlich dünneren S-Schlagprofil NACA 6-H-10 und den halbsymmetrischen Profilen Althaus 79100C und NACA Der Nullauftriebswinkel des NACA 1-H-15 liegt bei geschätzten 1 (Der Nullauftriebswinkel des NACA 6-H-10 ist wie schon in 5.2 leider offensichtlich fehlerbehaftet). Der Anstieg der beiden Profile NACA 1-H-15 und NACA 6-H-10 ist zu beginn noch recht ähnlich, weicht dann allerdings ab 15 ab. Das NACA 1-H-15 erweist sich bis auf instabilitäten bei 15 Anstellwinkel als stabiler. Das NACA 6-H-10 hingegen wurde ab einer Windgeschwindigkeit von u = 9ms 1 instabil. 5.4 Fazit Die Messgenauigkeit der Messungen liegt in einem völlig akzeptablen Bereich. So konnten die Auftriebskoeffizienten auf eine Genauigkeit von 5 bis 10% bestimmt werden. Auch die Ablesefehler am Kraftmesser sind bei ca. 1-4% klein ausgefallen. Man kann also sagen dass sich der Windkanal und die Aufhängung zur Messung bewährt haben. Dies wird auch durch die recht genaue Kalibriermessung der Windgeschwindigkeit untermauert. Es wurde nur leider nicht das gemessen, was ursprünglich beabsichtigt war. Wegen der versehentlich viel zu groß gebauten Flügelprofile sind alle Messungen vom Bodeneffekt geprägt. So ist sind die Auftriebswerte zu groß ausgefallen, der Strömungsabriss fehlt und die Stabilität der Flügelprofile ist nur im Rahmen des Bodeneffekts aussagekräftig. Es ist jedoch nicht geklärt ob mit kleineren Flügelprofilen, die den Bodeneffekt vermieden hätten, überhaupt sinnvolle Messungen gemacht werden können. Trotzdem können schöne Resultate qualitativer Natur genannt werden. So ist die quadratische Abhängigkeit zwischen Auftrieb und Windgeschwindigkeit gut erkennbar und bestätigt. Ebenso sieht man dass eine größere Flügelwölbung in diesem niedrigen Geschwindigkeitsbereich bessere Auftriebswerte erzielt. Dabei hat das Althaus 79100C mit der größten Flügelwölbung die besten Auftriebskoeffizienten und ist gleichzeitig am stabilsten.
28 Flügelprofile im Windkanal 28 Literatur [Dem05] W. Demtröder, Experimentalphysik I - Mechanik und Wärme, 4.Auflage, Springerverlag, Berlin Heidelberg 2005 [Mesch06] D. Meschede, Gerthsen Physik, S , 23. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York, 2006 [Kal80] W. Kalide, Technische Strömungslehre, 5. Auflage, Carl Hanser Verlag, München (1980) [Eck78] Bruno Eck, Technische Strömungslehre - Band 1: Grundlagen, 8. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1978 [Gers74] K. Gersten, Einführung in die Strömungsmechanik, Seite 139, 1. Auflage, Bertelsmann Universitätsverlag, Düsseldorf, 1974 [Bohl91] W. Bohl, Technische Strömungslehre, Seite 184/85, 9. Auflage, Vogel Verlag, Würburg, 1991 [WikVortex] edit.jpg/737px-airplane_vortex_edit.jpg, Zugriff am [WikLuft] Version vom [Thuro] Zugriff am [WoKr] Zugriff am
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