Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzierung. Klausur "Finanzmanagement" 14. März 2002
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- Kerstin Schenck
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1 1 Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzierung Klausur "Finanzmanagement" 14. März 2002 Bearbeitungshinweise: - Die Gesamtbearbeitungsdauer beträgt 60 Minuten. - Schildern Sie ihren Argumentationsweg zusätzlich zur eigentlichen Berechnung verbal. Beachten Sie dabei, dass die strukturierte Darstellung des Lösungswegs einen wichtigen Teil der Antwort ausmacht. - Definieren Sie alle verwendeten Symbole und beschriften Sie Grafiken vollständig. - Viel Erfolg! Aufgabenstellung: Kreditvergabe unter Nutzung eines Informationssystems Gegeben: - Die Kredit vergebende Instanz entscheidet nach dem Erwartungswert des Deckungsbeitrags - Mögliche Kreditnehmer (k) n := 5 k := 0.. n - A priori Wahrscheinlichkeiten: µ := ( ) T Bekannt als gute Kunden sind die Kundentypen 0 und 1, bekannt als säumige Kunden sind die Kindentypen 2 und 3, unbekannte Kunden sind von den restlichen zwei Typen. Für die Kredit vergebende Instanz ist nur durch Nutzung des Informationssystems zu ermitteln, ob ein Kredit nachfragender Kunden eine guter, ein säumiger oder ein bisher unbekannter Kunde ist. - Weitere Daten: Nominaler Kreditzins: r := 0.15 Refinanzierungssatz: i := 0.1
2 2 Rückzahlungsquoten: y := ( ) Inkassokosten pro GE: c ink := ( ) (variable) Informationskosten: I c := 0.01 Gesucht: a) Bestimmen Sie die optimale Kreditentscheidung ohne Nutzung des Informationssystems! (15 Minuten) b) Bestimmen sie die optimale Kreditpolitik unter Nutzung des Informationssystems (35 Minuten) c) Geben Sie eine Empfehlung ab, ob das Informationssstem genutzt werden sollte oder nicht! (10 Minuten) Lösung: a) Ohne Nutzung des Informationssystems werden die optimale Strategie und ihr Zielfunktionswert wie folgt ermittelt: Der Erwartungswert des Deckungsbeitrags bei Kreditvergabe wird dem bei Ablehung des Kredites gegenübergestellt. Der höhere Deckungsbeitrag stellt den Zielfunktionswert der optimalen Strategie dar. Konkret auf die Aufgabe bezogen, ergeben sich folgende Werte: Der Deckungsbeitrag in jedem Zustand ergibt sich als Differenz aus Zins und Tilgung des Kredites abzüglich Refinanzierungskosten (Tilgung und Zinszahlung!) abzüglich Inkassokosten ( ) := 1 + r e a, ω ( ) ( ) y 0, ω c ink0 ( 1 + i), ω a Die Handlungsvariablen des Entscheiders bestehen in a = 1, d.h. Vergabe des Kredites beziehungsweise a = 0, d.h. Verweigerung des Kredites. a := Den erwarteten Deckungsbeitrag gewinnt man einfach durch Erwartungswert-Bildung bezüglich der a priori Wahrscheinlichkeiten, d.h.
3 3 EW( a) := n k = 0 µ k e( a, k) Damit ergibt sich als Erwartungswert im Falle der Kreditvergabe EW( 1) = und als der bei Kreditverweigerung EW( 0) = 0 Da der Erwartungswert bei Kreditverweigerung über dem bei Kreditvergabe liegt, besteht die optimale Strategie in der Verweigerung des Kredites; der Zielfunktionsbeitrag der optimalen Strategie beträgt 0. b) Information bedeutet, dass die a priori Wahrscheinlichkeiten in assagekräfigere a posteriori Wahrscheinlichkeiten transformiert werden. Die a priori Wahrscheinlichkeiten können beispielsweise als Zugehörigkeit zu bestimmten Kundengruppen wie Großkunde, Handwerksbetrieb etc. interpretiert werden, die (zumindest in diesem Beispiel) nicht direkt mit dem Bonitätsrisiko verknüpft sind. Um diese Verknüpfung vornehmen zu können, erfolgt eine Umgruppierung der bisherigen Kundeneinteilung, die eine bessere Einschätzung des Bonitätsrisikos erlaubt. Eine derartige Eingruppierung stellt laut Angabe die in bekannte gute, bekannte säumige und unbekannte Kunden dar. Formal geschieht dies mit Hilfe folgender Signal-Funktion: X ω ( ) := 0 if 0 ω 1 1 if 2 ω 3 2 if 4 ω Die Signalausprägungen bedeuten materiell: 0 = "bekannt als guter Kunde", 1 = "bekannt als säumiger Kunde", 2 = "unbekannter Kunde". Darauf basierend kann man die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Signals bestimmen: µ X ( x) := k ( X( k) = x) µ k
4 4 Z.B. gilt für die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Signalausprägung x := 2 (unbekannter Kunde) beobachten: µ X ( x) = 0.1. Als letzte Komponente des Informationssystems sind die bedingten Wahrscheinlicheiten für die Zustände ω, wenn man die Signalausprägung x beobachtet hat, zu ermitteln (a posteriori Wahrscheinlcihkeiten): ( ) ( X( ω) = x) µ B ω, x µ ω :=. µ X ( x) Die Wahrscheinlichkeit, dass der Zustand ω := 4 eintritt, wenn ein unbekannter Kunde nachfragt (Signal x := 2 ), ist z.b. µ B ( ω, x) = 0.5. Den unter dem Signal bedingten erwarteten Deckungsbeitrag gewinnt man einfach durch Erwartungswert-Bildung bezüglich der a posteriori Wahrscheinlichkeiten, d.h. E X ( a, x) := n i = 0 ( ) µ B ( i, x) e( a, i) I c Dabei ist zu beachten, dass das Signal nicht kostenlos ist, sondern Informationskosten Ic pro Einheit anfallen. Damit ergibt sich als Erwartungswert im Falle der Kreditvergabe, bei Beobachtung des Signals 0, 1 oder 2 E X ( 1, 0) = E X ( 1, 1) = E X ( 1, 2) = Erwartungswert im Falle der Kreditverweigerung, bei Beobachtung des Signals 0,1 oder 2 E X ( 0, 0) = 0.01 E X ( 0, 1) = 0.01 E X ( 0, 2) = 0.01 Darauf basierend gewinnt man folgende optimale Strategie unter Einholung von Information: An bekannte gute Kunden werden Kredite vergeben - der Zielfunktionswert bei Kreditvergabe liegt über dem bei Kreditverweigerung -, bekannten säumigen und unbekannten Kunden wird dagegen Kredit verweigert.
5 5 c) In einem letzten Schritt muss noch geklärt werden, ob das Informationssystem überhaupt genutzt werden soll. Dazu muss der Zielfunktionswert der optimalen Strategie ohne Einholung von Information mit dem unter Information (und Informationskosten) verglichen werden. Der Erwartungswert ohne Information lautete EW( 0) = 0 Der Zielfunktionswert unter Einholung von Information muss die nichttriviale Kreditvergabestrategie einbeziehen. Damit setzt sich dieser Erwartungswert zusammen aus der Summe der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines bekannten guten Kunden multipliziert mit dem Zielfunktionswert bei Kreditvergabe, d.h. Zwischen 0 := µ X ( 0) E X ( 1, 0) Zwischen 0 = der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines bekannten säumigen Kunden multipliziert mit dem Zielfunktionswert bei Kreditverweigerung, d.h. Zwischen 1 := µ X ( 1) E X ( 0, 1) Zwischen 1 = der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines unbekannten Kunden multipliziert mit dem Zielfunktionswert bei Kreditverweigerung, d.h. Zwischen 2 := µ X ( 2) E X ( 0, 2) Zwischen 2 = Der gesamte Zielfunktionswert bei Einholung von Information lautet daher Ziel gesamt := Zwischen 0 + Zwischen 1 + Zwischen 2 Ziel gesamt =
6 6 Da Ziel gesamt größer als EW ist, erweist sich das Einholen von Information und Kreditvergabe ausschließlich an gute Kunden als optimale Strategie. Insofern sollte das Informationssystem genutzt werden. Bemerkung: Diese Ausführungen klären lediglich die Nutzung eines bereits bestehenden Informationssystems. Sie können nicht die Frage beantworten, ob ein Informationssystem überhaupt errichtet werden soll.
Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.
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