Begründung für Wissensmanagement
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- Insa Böhm
- vor 6 Jahren
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1 Vorlesung Wissensmanagement ao.univ.prof. Dr. Alexander Kaiser WM-VO 1 Begründung für Wissensmanagement Der amerikanische Konzern Dow Chemical wollte ein Patent anmelden -- Das Unternehmen besaß es bereits seit 20 Jahren PricewaterhouseCoopers schätzen den Verlust durch ineffizientes Wissensmanagement auf 80 Mio DM pro Jahr Der Verlust durch mangelndes Wissensmanagement wird die 500 größten Unternehmen jährlich 31,5 Milliarden Dollar kosten Von 1993 bis zur Fusion mit Daimler hat Chrysler nach eigenen Angaben durch Wissensmanagement über 5 Milliarden Dollar gespart. SAP und Microsoft werden an der Börse mit dem zehnfachen ihres Buchwertes taxiert. (Quelle: Holger Nohr, FH Stuttgart) WM-VO 3 1
2 Klassifikation von WM-Ansätzen Persönliches oder individuelles WM Organisationales WM Gesellschaftliches WM (Heinz Mandl 1998) Humanorientierter Ansatz Technologischer Ansatz Integrativer Ansatz (Franz Lehner 2000) Strategisches WM Operatives / Geschäftsprozessorientiertes WM Technolgieorientiertes WM (Holger Nohr 2002) WM-VO 4 Definitionsversuche Knowledge Management umfasst Klassifizierung, Verbreitung und Kategorisierung von Informationen innerhalb einer Organisation, um sie für diejenigen, die sie benötigen, nützlich und zweckmäßig zu machen (InformationWeek 19/2000,S.14) Wissensmanagement beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Wissensbasis der Unternehmen. Unter der Wissensbasis eines Unternehmens werden alle Daten und Informationen, alles Wissen und alle Fähigkeiten verstanden, die diese Organisation zur Lösung ihrer vielfältigen Aufgaben in einer zunehmend komplexeren Wirtschaft benötigt. (H.Nohr, 2000,S.8) WM-VO 5 2
3 Nach Probst bildet Wissensmanagement ein integriertes Interventionskonzept, das der Gestaltung der organisationalen Wissensbasis dient. Nach Schüppel umfaßt Wissensmanagement alle möglichen human- und technikorientierten Interventionen und Maßnahmenpakete, um die Wissensproduktion, -reproduktion, -distribution, -verwertung und -logistik in einem Unternehmen optimieren zu können. Hauptaugenmerk muss auf der Mobilisierung der individuellen und kollektiven Wissensbestände bzw. auf den Lernprozessen zur Veränderung und Verbesserung der Wissenspotentiale liegen. WM-VO 6 Beratergruppe Neuwaldegg: Aufgabe des Wissensmanagement ist das Entwickeln und Nutzen von Know-how und Wissen in Unternehmen, sowie das sichtbar machen von verborgenen Wissenspotentialen im Unternehmen und verknüpfen mit dem Wissen von Kunden, Kooperationspartnern oder Lieferanten. Wissensmanagement, das sich auf das Lernen und die Wissensentwicklung von Individuen konzentriert, greift zu kurz. Es geht um das Verkoppeln von individuellen und organisationalen Wissen. Die Organisation von Prozessen der Wissensentwicklung, des - transfers und der -verknüpfung sowie die Sicherung der Qualität des Wissenskapitals gewinnt für ein Unternehmen an Bedeutung. WM-VO 7 3
4 Nach Willke meint Wissensmanagement die Gesamtheit organisationaler Strategien zur Schaffung einer "intelligenten" Organisation. Mit Blick auf die Personen geht es um das organisationsweite Niveau der Kompetenzen, Ausbildung und Lernfähigkeit der Mitglieder; bezüglich der Organisation um die Schaffung, Nutzung und Entwicklung der kollektiven Intelligenz und Gemeinschaftssinns; hinsichtlich der technologischen Infrastruktur um die Schaffung und effiziente Nutzung der zur Organisation passenden Kommunikationsund Informationsinfrastruktur. WM-VO 8 Unser Ansatz Ganzheitliches (systemisches) Wissensmanagement, bei dem der Mensch mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten und seiner Möglichkeit zur Veränderung im Mittelpunkt steht. Technologie als wichtiges Hilfsmittel, als Unterstützung. WM-VO 9 4
5 Roter Faden Grundlagen persönliches Wissensmanagement Zielmanagement, Zeitmanagement der 4.Generation, Lerntheorie, Coachingtechniken, Wissensmanagement in Systemen (Unternehmen, Gruppen) Systemtheorie als Basis, systemisches Coaching und WM, Wissenscoaching, japanisches Modell, Organisational Memory- Ansätze, andere Modelle, WM in der Praxis, Bewertung von Wissen technologisches Wissensmanagement Datenbanken / Information Retrieval / intelligente Ansätze / Modellierung von Wissen, etc. WM-VO 10 Daten - Information - Wissen WM-VO 11 5
6 Informationsbegriff Informationstheorie: Übertragung von Nachrichten zwischen Sender und Empfänger syntaktische Ebene: 123,45 Zahl 12,23,5 keine Zahl semantische Ebene: 123,45 = einhundertdreiundzwanzig Koma fünfundvierzig im Dezimalsystem: inhaltliche Interpretation pragmatische Ebene: 123,45 günstiger Preis eines guten MP3-Players in Euro --> Aktion kaufen WM-VO 12 Daten - Information - Wissen Daten Information Wissen WM-VO 13 6
7 Daten - Informationen - Wissen Syntaktische Ebene: Daten Wie wird bezeichnet? Repräsentationsform der Zeichen (z.b. ASCII-Code) Semantische Ebene: Informationen Was wird bezeichnet? Daten sind der Rohstoff, aus dem das immaterielle, wirtschaftliche Gut Information produziert wird. Als Informationen werden Daten verstanden, die in einem bestimmten Zusammenhang verwendet eine Aussage zu einem Sachverhalt darstellen. Stichwort Kontext! Daten, die von einem Sender an mehrere Empfänger übermittelt werden, haben nicht notwendigerweise für alle Empfänger die gleiche Information. Pragmatische Ebene: Wissen Wissen ist die Schaffung neuer Informationen auf der Grundlage vorhandener Informationen durch Interpretation oder Kombination. Wissen stellt die höchste Ebene in Bezug auf die Aussagekraft dar. WM-VO 14 Aktion Entscheidung Wissen Kontext und Erfahrung Informationen Bedeutung Daten Syntax Zeichen 7
8 Beispiel: Zeichen: l g e i c h e r g n e t s e Daten: Gleich regnet es (Syntax -> Reihenfolge der Buchstaben) Information: Gleich regnet es bedeutet Regentropfen fallen vom Himmel Wissen: Die Information Regentropfen fallen vom Himmel ist verknüpft mit Erfahrungen und Erwartungen wie: Man kann nass werden; es kann in die Wohnung regnen. Aktion: Daraus leiten sich Handlungen ab: Ich nehme einen Regenschirm mit, ich schließe das Fenster, etc. Wissen ist das, was uns zum Handeln befähigt. Darin steckt auch die Kernidee des Wissensmanagement WM-VO 16 Peter Drucker: Wissen ist Information, die eine Sache oder einen Menschen ändert, indem es entweder Handlungsgrundlage wird oder einen einzelnen (oder eine Institution) dazu befähigt, andere und effektivere Handlungen einzuleiten. Wissen ist für Drucker keine abstrakte Kraft, welche die Forschung vorantreibt oder technologischen Wandel herbeiführt, sondern Wissen ist praktisch und wird erst durch Anwendung produktiv WM-VO 17 8
9 Die Wissenstreppe Wettbewerbsfähigkeit Mensch Strategisch Kompetenz + Einzigartigkeit Handeln + richtiges Handeln Können + Wollen Wissen + Anwendungsbezug Information + Vernetzung Daten + Bedeutung Zeichen + Syntax / Signale Informations- und Kommunikationstechnologie in Anlehnung an North WM-VO 18 Unterschiede die Unterschiede machen Information als Unterschied, der einen Unterschied macht (Gregory Bateson 1979) Unterschied wir benötigen immer Bezugspunkte um etwas wahrzunehmen: groß vs. klein --> Bezugspunkt = Durchschnittsgröße (von Menschen) Bedeutung für Handlung: -5 Grad --> kälter als gewöhnlich (Unterschied) --> zusätzliches Kleidungsstück anziehen (Handlungsbedarf) WM-VO 19 9
10 Modell Sender - Empfänger WM-VO 20 Informationsbedarf, -nachfrage, -angebot, -stand Informationsstand Externes und internes Informationspotential (Informationsangebot) Informationsnachfrage Objektive Informationsmenge (Informationsbedarf) Subjektive Informationsmenge (Informationsbedürfnis) Quelle: Gluchowski, et al., 1997 WM-VO 21 10
11 Grundlagen über Wissen WM-VO 26 Wissensarten Wissen Individuelles Wissen Organisationales Wissen tacit implizit explizit implizit Körperwissen explizit implizit Self-transcending knowledge tacit implizit Phronesis Wisdom WM-VO 27 11
12 Start Has ist been articulated? No Can it be articulated? Yes Implizit Yes No Explizit Tacit WM-VO 29 Wissensformen explicit implicit (tacit) we know more than we can tell Polanyi, 1966 WM-VO 30 12
13 Explizites Wissen Explizites vs. Implizites Wissen Kodifiziertes Wissen Informationen, die in Plänen, Datenbanken, Handbüchern etc. niedergelegt sind Übertragen durch Unterweisung, Lesen und so weiter. Erworben durch Studieren Explizites Wissen beinhaltet wenig Macht Implizites Wissen Stillschweigendes Wissen Erfahrungen, Fertigkeiten und Einstellungen Geteilt durch Demonstration Erworben durch Kopieren und Imitation im Sozialisierungsprozeß Implizites Wissen erzeugt Macht Quelle H.Nohr, FH Stuttgart WM-VO 31 2 Wege für die Praxis Ziel: möglichst viel implizites Wissen explizit machen Ziel: möglichst viel implizites Wissen fließen lassen, damit es geteilt und entwickelt werden kann WM-VO 32 13
14 Merkmale und Besonderheitenvon Wissen 1 Teilen ohne Eigentumsaufgabe Vermehrung durch Weitergabe, durch Teilen. Wissen, das nicht geteilt wird, kann sich nicht in kollektivem Handeln entfalten, bleibt also für einen selbst von geringem Nutzen WM-VO 33 Merkmale und Besonderheitenvon Wissen 2 Wissen ist teuer in der (erstmaligen) Entstehung aber billig in der Weitergabe teuer in seiner Entstehung in Lern- Forschungsund Entwicklungsprozesse. Einmal entwickelt, kann es sehr billig auf materielle Träger (Papier, Chips) aufgebracht, in Produkte (Medikamente, Computer,...) eingebracht und verkauft werden WM-VO 34 14
15 Merkmale und Besonderheitenvon Wissen 3 Wissen ist flüchtig, schwer fassbar. Problem: wir können die zukunftsschaffende Ressource Wissen nicht genau fassen und vor allem nur schwer messen, was aber eine wichtige Voraussetzung der (Unternehmens)- Steuerung ist. WM-VO 35 Merkmale und Besonderheitenvon Wissen 4 Wissen ist in Organisationsprozesse eingebettet Organisationen speichern in ihren Strukturen, Standard-Prozessen, gelebten Normen und Werten ein Wissenspotential, das mehr ist als das in den einzelnen Köpfen gespeicherte Wissen, auch wenn es erst auf dem Umweg über diese Köpfe und ihr Handeln aktiviert und damit zu Wissen i.e.s. wird. --> Problem der Übertragbarkeit von Wissen WM-VO 36 15
16 Merkmale der Ressource Wissen Merkmale implizites explizites öffentliches proprie- Wissen Wissen Wissen täres W. Kontext gebunden an gebunden an gemeinsame organisabindung sensorische intellektuelle Praxis tionsge- Erfahrung Erfahrung schützte P. Übertragung gemeinsame Kommuni- Wertsteiger- Wertmin- Anwendung kation von ung durch derung d. von Wissen Wissen Verbreitung Verbreitg. Aneignung durch gemein- durch gemein- durch geteil- durch gesame Praxis sames Lernen te Öffentlich- teilte Gekeit heimhaltung oder Eigentumsrechte WM-VO 37 H.Wilke,1998,S.63 Konsequenzen des Eingebettetseins von Wissen Einbettung in Organisation und Implizitheit schützt vor Diebstahl Versuch, Wissen sichtbar zu machen erleichtert seine Steuerung gleichzeitig aber auch seine (nicht immer beabsichtigte) Diffusion. Das meiste Wissen ist nicht patentfähig. Wenn eingebettete Prozesse explizit gemacht werden um sie selbst besser zu verstehen und zu steuern ist Gefahr gegeben, dass sie kopiert werden. WM-VO 38 16
17 Lösungen? Immer die Nase vorne haben, schneller innovieren als alle anderen, das eigene Wissen rascher weiterentwickeln als alle anderen. Gute Lösung für gesunde, junge, dynamische Menschen und Org. mit guter Startposition, weniger gut für andere If you can t beat them, cooperate. Wissenseinkauf durch Fusionen, Zukäufe, etc. WM-VO 39 Lösungen? Differenzierung über Kernkompetenzen. Konsequente Investition in einzigartige Fähigkeiten. USP, Berufung eines Systems. --> Frage: was macht mich einzigartig? Fördern der Einbettung; Identifikation der Mitarbeiter mit Unternehmen und Unternehmenszweck. Kultur der Loyalität, der langen Zugehörigkeit und der Gegenseitigkeit. --> japanische Unternehmen WM-VO 40 17
18 Bedeutung unterschiedlicher Wissensinhalte Methodenwissen 78% Produktwissen 51% Kundenwissen 41% Marktwissen 29% Wissen über Mitbewerber 27% Quelle: H.Nohr (Fraunhofer Studie) WM-VO 41 Lernen Anpassungslernen bzw. single-loop learning Ziele Handlungen Ergebnisse Korrekturen Single-loop Learning ist die effektive Adaption an vorgegebene Ziele und Normen durch die Bewältigung der Umwelt Quelle: Argyris/Schön 1978 nach H.Nohr WM-VO 42 18
19 Lernen Veränderungslernen bzw. double-loop learning Ziele Handlungen Ergebnisse Korrekturen Korrekturen Double-loop Learning ist die Hinterfragung von organisationalen Normen und Werten, sowie die Restrukturierung dieser in einem neuen Bezugsrahmen WM-VO 43 Quelle: Argyris/Schön 1978 nach H.Nohr Prozeßlernen Lernen Reflexion, Analyse, Herstellung eines Sinnbezugs Korrekturen Ziele Handlungen Ergebnisse Korrekturen Korrekturen Prozeßlernen ist die Einsicht über den Ablauf der Lernprozesse, in dem Lernen zu lernen der zentrale Bezugspunkt wird. WM-VO 44 Quelle: Argyris/Schön 1978 nach H.Nohr 19
20 Paradoxien im Umgang mit Wissen Wir bilden unsere Mitarbeiter gründlich aus, aber lassen sie ihr Wissen nicht anwenden. Wir lernen am meisten in Projekten, aber geben die gemachten Erfahrungen nicht weiter Wir haben für jede Frage einen Experten, aber die wenigsten wissen, wie man ihn findet. Wir dokumentieren alles gründlich, aber können nicht auf unsere Wissensspeicher zugreifen Wir engagieren nur die hellsten Köpfe, aber verlieren sie nach drei Jahren an die Konkurrenz Wir fordern jeden zur Wissensteilung auf, aber behalten Geheimnisse für uns. Wir kooperieren, um von anderen zu lernen, aber kennen unsere Lernziele nicht. Vgl. (Probst, 1998) Bausteine des Wissensmanagements Wissensziele Feedback Wissensbewertung Wissensentwicklung Wissenstransparenz Wissensbewahrung Wissenserwerb Wissensnutzung Wissens- (ver)teilung Quelle: G.Probst et al. nach H.Nohr 20
21 Unternehmensziele -strategie Wissen im Unternehmen Wissensziele Feedback Wissensentwicklung Organisationales Lernen i.e.s. Wissensbewertung Wissenstransparenz Wissensbewahrung Wissenserwerb Wissensnutzung Wissens- (ver)teilung Quelle: G.Probst et al. nach H.Nohr Kernaktivitäten des Wissensmanagement die Erzeugung von Wissen, das Speichern die Verteilung und die Anwendung Quelle H.Nohr, FH Stuttgart, Fraunhofer Studie WM-VO 48 21
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