Pathophysiologie, Epidemiologie, Diagnose und Behandlung von Heparin-Induzierter Thrombocytopenie (HIT)
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- Rolf Steinmann
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1 Pathophysiologie, Epidemiologie, Diagnose und Behandlung von Heparin-Induzierter Thrombocytopenie (HIT) Susanne M. Picker, Birgit S. Gathof Institut für Transfusionmedizin, Universität zu Köln Abstract: Aufgrund der weiten Verbreitung des Heparins zu Thromboembolieprophylaxe und -therapie gilt die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) als die häufigste medikamentös induzierte Thrombozytopenie überhaupt. In Gang gesetzt durch ein immunologisches Geschehen bewirkt die Aktivierung von Plättchen und Endothelzellen eine überschießende Thrombingeneration, wodurch ein Antikoagulans paradoxerweise zum Prokoagulanz wird. Folge sind lebensbedrohliche Gefäßverschlüsse im venösen und arteriellen Bereich mit Mortalitäts- und Amputationsraten von 20-30%. Der klinische Verlauf hängt vor allem vom rechtzeitigen Beginn geeigneter Gegenmaßnahmen ab. Da dem Thrombin in der Pathophysiologie der HIT Typ II die größte Bedeutung zukommt, muß das therapeutische Augenmerk auf die Unterbrechung der durch Thrombin aufrecht erhaltenen Gerinnungskaskade zielen. Neben dem sofortigen Absetzen des Heparins bedeutet dies eine umgehende und suffiziente Thrombinhemmung mit einem kompatiblen Antikoagulans. Alle Maßnahmen, die ein prokoagulatorisches Risiko in sich bergen, wie der Beginn einer Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten oder die Substitution von Thrombozyten, können deletäre Folgen für einen HIT Typ II Patienten haben. Epidemiologie und Pathophysiologie Zwei Formen der HIT werden unterschieden [1]. Die im Gegensatz zur HIT Typ II nicht immunologisch bedingte HIT Typ I beruht auf einer direkten Wechselwirkung zwischen Heparin und Thrombozyten, wodurch ein Abfall des thrombozytären camp Spiegels mit nachfolgender Absenkung der Aktivierungsschwelle hervorgerufen wird [2]. Die Thrombozyten werden leichter stimulierbar, aggregieren und fallen in ihrer Zahl ab, selten jedoch unter 100x109/L. Erkrankte mit hyperreaktiven Thrombozyten (Sepsis, Gefäßerkrankung, Verbrennungstrauma) können gelegentlich auch stärkere Abfälle aufweisen [2]. Trotz weiterer Heparingabe steigen die Thrombozytenzahlen wieder an und erreichen nach einigen Tagen wieder Normalwerte [3,4]. Die HIT Typ I ist eine klinische Ausschlussdiagnose und im Labor nicht nachweisbar [5,6]. Komplikationen sind nicht zu erwarten [6]. 265
2 Plättchenaktivierung Thrombozytopenie PF4 GAG IgG Makromolekularer Komplex (PF4-GAG-IgG) Plättchen- und EC-Rezeptor EC Aktivierung Mikropartikel Freisetzung Freisetzung von Gewebethromboplastin Thrombose Heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) Heparininduzierte Thrombozytopenie + Thrombose (HITT) Abb.1. Pathomechanismen der HIT Typ II: PF 4, ein lösliches Protein, das aus den Alphagranula aktivierter Thrombozyten freigesetzt wird, bildet mit GAG einen Antigenkomplex. Prädisponierte Patienten immunisieren gegen dieses Antigen und bilden Antikörper, vornehmlich der IgG-Klasse. Mehrere IgG gleicher Spezifität binden an den entweder zirkulierenden oder plättchengebundenen GAG-PF4-Antigenkomplex. Es entstehen makromolekulare Immunkomplexe, die über ihr Fc-Fragment an die entsprechenden Fc-Rezeptoren auf Plättchen und Endothelzellen (FcyRIIa-Rezeptor) binden und so deren Aktivierung bewirken. Nachfolgend werden aus den Plättchen neben weiterem PF 4 (Circulus vitiosus mit hohem Thrombozytenverbrauch - Thrombozytopenie) hochthrombogene Mikropartikel ( Thrombozytentrümmer ) freigesetzt, die bei gleichzeitiger Endothelzellaktivierung mit Freisetzung von Gewebethromboplastin zur Aktivierung der Gerinnungskaskade führen. Das gebildete Thrombin bewirkt die weitere Plättchenaktivierung und Aufrechterhaltung der Gerinnungskaskade durch Aktivierung von F V und F VIII (positives Feedback). Das Thromboserisiko steigt um mehr als das 20fache. Die exzessive Thrombinbildung wird deshalb als Rationale für den Einsatz von Substanzen mit direkter Thrombinhemmung oder mit Anti-F Xa-Aktivität angesehen. GAG = Glykosaminoglykane (z.b. Heparin im Serum oder Heparansulfat auf Endothelzellen), IgG = Immunglobulin G, PF 4 = Plättchenfaktor 4 266
3 Während die HIT Typ I vor allem zu Beginn einer hochdosierten, systemischen Gabe unfraktionierter Heparine (UFH) [3,4], nach Thrombolyse oder unmittelbar postoperativ [6] zu erwarten ist, tritt die HIT Typ II erst einige Tage nach Beginn der Heparintherapie auf [5,6,7,8], und zwar unabhängig von der Art (UFH oder niedermolekulare Heparine (NMH)), der Dosierung (Low-dose oder High-dose) oder der Applikationsform (intravenös oder subkutan) [2]. Gemäß prospektiver Studien [4,9] besitzen verschiedene Heparine ein unterschiedliches immunologisches Potential. In einer Untersuchung an 665 orthopädischen Patienten nach Hüftoperation trat eine klinische HIT II bei keinem Enoxaparin-Patienten, allerdings bei 9 UFH-Patienten auf, eine HIT-Antikörperbildung bei 8% UFH- und 2% NMH-Patienten [4]. In einer weiteren Studie, die auch internistische Patienten mit einbezog [9], war die Frequenz einer durch NMH (Enoxaparin, Dalteparin, Nadropin) induzierten HIT 10- bis 40-fach geringer als bei einer durch UFH verursachten, bei allerdings gleichen klinischen Folgen. Das Intervall zwischen Thrombozytensturz und Beginn der NMH Gabe kann länger sein als beim UFH, die Thrombozytopenie ausgeprägter und von längerer Dauer (2 Wochen). Die HIT Typ II beginnt immunvermittelt und involviert zunächst nur die Plättchen, geht danach jedoch in ein hauptsächlich thrombingesteuertes Gerinnungsproblem über (Abb.1.). Sie unterscheidet sich von allen anderen medikamentös induzierten Thrombozytopenien dadurch, dass sie in aller Regel keine Blutungen, sondern Gefäßverschlüsse sowohl im venösen als auch im arteriellen Bereich auslöst (White Clots) [2,10]. Als besonders prädisponiert gelten gefäß- bzw. kardiochirurgische Patienten sowie Patienten nach knochenchirurgischen Eingriffen (2% in UFH-Kardiochirurgie, 5% in UFH-Orthopädie, 1% in NMH-Orthopädie) [4,11,12]. Hingegen ist der Anteil unter den konservativen, mit Heparin behandelten Patienten relativ klein (0,5% bei UFH- Innere Medizin). Der Altersgipfel bei Männern liegt zwischen 50 und 70, bei Frauen zwischen 60 und 80 Jahren [13]. Klinik und Diagnose der HIT Typ II Charakteristisch für die Klinik und Diagnose der HIT Typ II sind 5 T [11]: Thrombocytopenie: Der Verlauf der Thrombozytenzahl gilt als entscheidendes Diagnosekriterium einer HIT Typ II, die einzig durch regelmäßige Thrombozytenzahlkontrollen frühzeitig erkannt werden kann. Die Thrombozytenzahl fällt sturzartig [14] um mehr als 50% des (höchsten) Ausgangswertes vor Therapiebeginn [6], selten unter 30-50x109/L [2]. Patienten mit autonomer oder reaktiver Thrombozytose können dabei durchaus noch Werte über 100x109/L aufweisen [7,13,15]. Zeitablauf der Thrombozytopenie: Der HIT Typ II assoziierte Thrombozytensturz tritt mit einer Latenz von 5 bis 10 Tagen nach Beginn der Heparintherapie auf [2,6,16] und kreuzt damit die postoperative thrombozytäre Wiederanstiegsphase 267
4 (Abb.2.). Wurde Heparin in den letzten 100 Tagen verabreicht und/oder besteht eine Seropositivität für HIT-II-IgG [16], kann es zu sofortigem Thrombozytensturz mit thromboembolischer Symptomatik kommen (rapid onset), oft begleitet von entzündlichen, systemischen Reaktionen wie Fieber oder Hautreaktionen an der Injektionsstelle [11]. Manchmal geht dem Thrombozytensturz eine Heparin-Resistenz voraus. Als Ursache werden Heparin neutralisierenden Faktoren (PF 4) angesehen [2,6]. Thrombose: Selbst bei extrem erniedrigten Thrombozytenzahlen (<5x109/L) ist das Blutungsrisiko geringer [6,16,17] als das Risiko für pulmonale Embolien [7,18] und Phlebothrombosen vornehmlich der unteren Extremität [2,16]. Ein stark thrombozytopener Patient, der nicht blutet, ist hoch verdächtig für eine HIT Typ II [19]. Thromboembolische Komplikationen manifestieren sich oft gleichzeitig mit dem Thrombozytenabfall [2], können jedoch auch später auftreten. Gemäß prospektiver Studien können über 50% aller seropositiven Patienten in den folgenden 30 Tagen eine Thrombose entwickeln [7,20]. Arterielle Gefäßverschlüsse (in den großen Extremitäten- Koronar-, Cerebral- oder Mesenterialarterien) treten zumeist erst bei zu spätem Erkennen der HIT Typ II auf, wenn Heparin trotz Thrombozytenabfalls und/oder venöser Thrombose weiter gegeben wird [2]. Die mit einer HIT Typ II assoziierte Addison-Krise, auftretend bei beidseitiger Beteiligung der Nebennierengefäße [21,22], gilt heute als die häufigste Ursache des Nebennierenversagens hospitalisierter Patienten [6]. 1% 2% 20% 60% Thrombose Thrombozytopenie HIPA positiv ELISA positiv 3% 5% 10% 15% 0,5% 1,0% 3% 8% 0,25% 0,5% 1% 3% Kardiologische UFH Orthopädische UFH Orthopädische LWH Int. Med. UFH Abb. 2. Zusammenhang zwischen HIT Typ II Antikörpernachweis (Eisberggröße) und klinisch manifester HIT (Eisbergspitze) in Abhängigkeit vom Patientengut (Kardiochirurgie-Eisberg dreimal- höher als Orthopädie-Eisberg: 50 vs. 15%) und verwendetem Heparin (UFH-Eisberg größer als NMH-Eisberg, 15 vs. 8%) [11]. Die HIT assoziierte Thrombose ist am häufigsten bei orthopädischen UFH-Patienten, die Antikörperbildung am häufigsten bei kardiochirurgischen UFH-Patienten; UFH führt bei orthopädischen UFH-Patienten häufiger zur Thrombose als bei internistischen NMH- Patienten (0,5 vs. 0,25%). UFH Unfraktioniertes Heparin, NMH Niedermolekulares Heparin. 268
5 nomaler postoperativer Verlauf Verlauf bei HIT II Thrombozytenzahl 10E9/L Tage Abb.3. Postoperativer Verlauf der Thrombozytenzahl nach Beginn der Heparintherapie. Vergleichende Darstellung zwischen einem Normalpatienten und einem HIT Typ II Patientin [11]. Normalerweise zeigt die postoperative Thrombozytenzahl bedingt durch Blutverlust und Hämodilution am zweiten postoperativen Tag einen Nadir [29], steigt danach deutlich und kontinuierlich an, um nach Erreichen eines reaktiven Gipfels langsam wieder auf das Ausgangsniveau abzufallen. Wegen der typischen Latenz von einigen Tagen nach Beginn der Heparintherapie kreuzt der HIT Typ II assoziierte Thrombozytensturz die postoperative Wiederanstiegsphase. Test auf Heparin-induzierte Antikörper: Wenngleich die klinische Verdachtsdiagnose durch den Antikörpernachweis im Labor umgehend gesichert werden sollte, darf auf keinen Fall mit dem Beginn therapeutischer Maßnahmen auf das Laborergebnis gewartet werden [2,6,19]. HIT Typ II Antikörper bleiben bis zu 4-6 Wochen nach Auftreten der Erkrankung bzw. Absetzen des Heparins nachweisbar [2,6], entweder durch Antigenassays (ELISA) [23] oder funktionelle Tests (HIPA) [24], wobei jedoch kein Verfahren eine 100%ige Diagnosesicherung zulässt. Daher sollten beide Tests verfügbar sein, wenn trotz klinischer Verdachtsdiagnose ein Test negativ ausfällt. Obwohl eine über 90%ige Übereinstimmung zwischen beiden Verfahren besteht [6], liefern einige Serumproben (5%) diskordante Ergebnisse. Der Grund dafür besteht in anderen Antigenen als PF 4-Heparin-Komplexen (z.b. Interleukin-8-Heparin-Komplexe [25]) oder in anderen Antikörpern als IgG [6], die kommerzielle Tests nicht erfassen [2]. Interessanterweise bildet eine Vielzahl von kardio- und gefäßchirurgischen Patienten [26] HIT-II-IgG, ohne jedoch thromboembolische Komplikationen zu entwickeln [11] (Eisbergmodell, Abb.3.). Welche zusätzlichen Faktoren neben der Antikörperbildung, abhängig von der Molekülgrö- 269
6 ße (Länge der Polysaccharidkette), dem Sulfatierungsgrad (UFH>NMH) [27] und der Dauer der Antigenexposition [2], für das Auftreten thromboembolischer Ereignisse nötig sind, ist nicht sicher bekannt. Verschiedene Antikörperuntergruppen und Titer [28], bestimmte Polymorphismen auf dem Fc_RIIa-Rezeptor scheinen ebenso wie die Voraktivierung der Thrombozyten [14,29], die Begleitmedikation, der Zustand des Immunsystems (gleichzeitige Autoimmunerkrankungen) [11] und vaskuläre Faktoren aus verletzten Gefäßen und Geweben eine Rolle zu spielen. So weisen Patienten mit präexistenten Gefäßläsionen, Tumoren, Entzündungen, intravasalen Kathetern, Sepsis oder postoperativer venöser Stase ein besonders hohes Thromboserisiko auf [16,30]. Die heute verfügbaren Labortests sind zwar sehr sensitiv und spezifisch [6,31,32], was den Antikörpernachweis betrifft, jedoch ohne prädiktiven Wert für derartige Risikopatienten [2,6]. Bei unklarem Thrombozytensturz: Die HIT Typ II sollte immer dann in die Differentialdiagnose eingeschlossen werden, wenn andere Thrombozytopenie-Ursachen wie Sepsis, Chemotherapie, Nebenwirkungen anderer Medikamente, Autoimmun- oder hämatologische Erkrankungen ausgeschlossen werden können. Therapie der HIT Typ II Als Therapie der HIT Typ II wird das sofortige Absetzen des Heparins gefordert, da ansonsten mit neuen oder weiteren thromboembolischen Komplikationen zu rechnen ist [2,6,19,33]. Neue Daten sprechen allerdings dafür, dass das alleinige Absetzen des Heparins auch bei bislang komplikationslosen, jedoch serologisch positiven Patienten nicht ausreicht, um neue Komplikationen zu verhindern 2,6,7,34]. Die Ursache hierfür besteht darin, dass die klinische Wirkung des primär immunologischen Geschehens im Auslösen eines hyperkoagulatorischen Ungleichgewichtes besteht, das durch die fortbestehende Thrombingenerierung auch nach Absetzen des Auslösers Heparin weiter voranschreitet [6]. Therapeutische Maßnahmen sollten daher nicht nur durch Antigenkarenz auf die zugrundeliegende Immunantwort zielen, sondern vor allem durch Weiterführung einer kompatiblen Antikoagulation auf die Kontrolle der durch sie hervorgerufenen Gerinnungsentgleisung [2,14]. Keinesfalls gelten niedermolekulare Heparine oder Vitamin-K-Antagonisten als HIT Typ II kompatible Antikoagulantien [6,16,35,36,37,38], da niedermolekulare Heparine zu 100% eine Kreuzreaktion mit HIT-II-IgG zeigen [2,6] und orale Antikoagulantien zu Beginn durch einen relativen Protein-C-Mangel (Halbwertszeit des Protein C kürzer als die der Vitamin-K-abhängigen prokoagulatorischen Gerinnungsfaktoren F II, F VII, F IX, F X) einen paradoxen, prothrombogenen Zustand schaffen. Dadurch wird das durch HIT Antikörper induzierte hämostaseologische Ungleichgewicht weiter verstärkt. Folge sind Verschlüsse vor allem der Venolen mit nachfolgender Extremitätengangrän [35,36,37]. 270
7 Da bei der HIT Typ II auch transfundierte Thrombozyten einer Aktivierung unterliegen und so den prokoagulatorischen Circulus vitiosus im Sinne eines positiven Feedback verstärken können, sollte die Indikation zur Thrombozytensubstitution bei der HIT Typ II äußerst zurückhaltend gestellt werden. Einige Autoren sehen sie sogar als kontraindiziert an [11]. Als kompatible, therapeutische Alternativen zum Heparin sind in klinischen Studien sowohl Danaparoid-Natrium [2,6,19] als auch rekombinantes Hirudin [6,39,40] geprüft und erfolgreich eingesetzt worden. Danaparoid-Natrium besteht aus niedermolekularen sulfatierten Glykosaminoglykanen (84% Heparansulfat, 12% Dermatansulfat, 4% Chondroitinsulfat) mit nur geringer Antihrombin (Anti-IIa) Aktivität, jedoch ausgeprägter AT III vermittelter Anti-FXa-Aktivität. Dadurch ist das Blutungsrisiko gegenüber herkömmlichen Heparinen deutlich reduziert [41]. Weitere Unterschiede sind ein geringerer Sulfatierungsgrad und eine geringere Ladungsdichte, Faktoren, die von entscheidender Bedeutung bei der Wechselwirkung mit Thrombozyten sind. In vitro besteht in 10% aller Fälle eine Kreuzreaktivität mit HIT Typ II Antikörpern [2,6,19], die in vivo allerdings geringer ist [6,19,42]. Im Compassionate-Use-Programm an über 750 Patienten [19] betrug die mittlere Therapiedauer 7 Tage. Bei 93% der Patienten besserte sich die klinische Symptomatik. Neu aufgetretene Thrombosen konnten durch Dosiserhöhung unter Kontrolle gebracht werden. Nachteilig sind die alleinige Möglichkeit des Drugmonitorings durch Anti-FXa-Tests und die Abwesenheit eines Antidots, wodurch bei Überdosierung (>2a FXa Einheiten/mL) erhebliche Blutungskomplikationen auftreten können. Dank seiner kurzen Halbwertzeit erweist sich der direkte Thrombininhibitor, das rekombinante Hirudin (r-hirudin), als gut steuerbar. Eine Therapie lässt sich durch die aptt überwachen. Es besteht keine Kreuzreaktivität mit HIT Typ II Antikörpern [2,6,43]. Ein weiterer Vorteil ist die geringe Molekülgröße, wodurch r-hirudin zwischen die Fibrinfäden eines frischen Thrombus wandern und hier fixiertes Thrombin inaktivieren kann [6,16]. In klinischen Studien (HAT-1 und HAT-2) an über 300 Patienten zeigte sich r-hirudin in seiner Wirksamkeit dem Danaparoid-Natrium vergleichbar [39,40]. Die Plättchenzahlen normalisierten sich innerhalb von 2-3 Tagen. Nachteile sind Blutungskomplikationen (kein Antidot), das nephrotoxische Potential und die Potenz, als Fremdprotein Antikörper zu induzieren, die jedoch keine neutralisierende Wirkung zeigen. Schwere anaphylaktische Reaktionen wurden bislang bei 9 von über Behandlungen beschrieben [16]. Für die Anwendungsdauer bestehen für beide Antikoagulantien keine Beschränkungen. Sie sollten für die gesamte Dauer eines bestehenden Thromboembolierisikos (erkennbar an der Thrombozytopenie) verabreicht werden. 271
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