Kapitel 3.2: Externe Effekte 1
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- Miriam Heidrich
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1 1 Diese Folien dienen der Ergänzung des Vorlesungsstoffes im Rahmen der Vorund Nachbereitung. Sie stellen kein Skript dar; es wird keine Gewähr für Richtigkeit und/oder Vollständigkeit übernommen. Kapitel 3.2: Externe Effekte 1 Dr. Jörg Franke Technische Universität Dortmund Sommersemester 2010
2 Wiederholung und Konkretisierung des Beispiels Zu zeigen: Bei externen Effekten gilt nicht der 1. Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie: Das Marktgleichgewicht ist nicht pareto-effizient! Beispiel: 1 Konsument und 2 Firmen, 2 Outputgüter (davon 1 Zwischenprodukt), Inputgut Arbeit. 1. Herleitung der pareto-effizienten Allokation Pareto-optimale Allokation ist Lösung des folgenden Maximierungsproblems (eines fiktiven sozialen Planers): max u(x, y, l) unter NB: x = f (l 1 ) x,y,l,l 1,l 2 y = g(x, l 2 ) L = l 1 + l 2 + l 1 / 25
3 Es ergeben sich die folgenden Optimalitätsbedingungen für die pareto-effiziente Allokation: 1. GRS xy = GRT xy : u x u y 2. GRS yl = GRT yl : 3. GRS xl = GRT xl : u y u l u x u l = g l 2 f l 1 = 1 g l 2 = 1 f l 1 g x g x g l 2 2. Herleitung des Marktgleichgewichts: siehe Vorlesung. 2 / 25
4 beim Vorliegen externer Effekte 1. Alternative: Fusion 2. Alternative: Limitierung per Dekret 3. Alternative: Steuern und Subventionen 4. Alternative: Verhandlungen 3 / 25
5 1. Alternative: Fusion Externer Effekt im Beispiel: Abhängigkeit der Produktion der Firma 2 vom Zwischenprodukt x wird durch Firma 1 nicht ausreichend berücksichtigt. Was passiert bei einer Fusion der beiden Firmen? Gemeinsame Produktion erlaubt Kontrolle aller Inputfaktoren Externer Effekt wird internalisiert, da Abhängigkeit des Gewinns (der fusionierten Firma) vom Zwischenprodukt besteht. 4 / 25
6 Formale Herleitung am Beispiel: max l1,l 2 p x x + p y y p l l 1 p l l 2 NB: x = f (l 1 ), y = g(l 2, f (l 1 )) max l1,l 2 p x f (l 1 ) + p y g(l 2, f (l 1 )) p l l 1 p l l 2 B.1.O. g p y = p l l 2 f g f p x + p y = p l l 1 x l 1 Dies entspricht genau den Bedingungen für pareto-optimale Allokationen: p x p y = g l 2 f l 1 g x p y p l = 1 g l 2 p x p l = 1 f l 1 g x g l 2 5 / 25
7 Konsequenz: Outputbasierte Perspektive: Private und soziale Grenzkosten des fusionierten Unternehmens stimmen überein Externalität durch Fusion vollständig internalisiert. 1. Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie in diesem Fall gültig. Marktgleichgewicht ist pareto-effizient. p private Grenzkosten von Unternehmen 1 p W p O soziale Grenzkosten=Grenzkosten des fusionierten Unternehmens x W x O p N (x) x 6 / 25
8 Frage: Welche Konsequenzen hat die Fusion für die Profitabilität der Unternehmen? Beobachtung: Gesamtgewinn des fusionierten Unternehmens mindestens so hoch wie Summe der Gewinne der beiden Einzelfirmen. Grund: Fusioniertes Unternehmen kann sich potentiell so verhalten wie die beiden Einzelunternehmen. Abweichung von diesem Verhalten muss daher profitabel sein! Generelles Problem: Fusionen aus wettbewerbspolitischer Perspektive fragwürdig (Monopolbildung): Existenz von Externalitäten als Pseudolegitimation mißbrauchbar. 7 / 25
9 Praktisches Beispiel: 1. Chemieunternehmen: Als Nebenprodukt des Produktionsprozesses entstandene Abwässer werden in Fluss eingeleitet. 2. Wasserwerk: Trinkwasserversorgung basierend auf Flusswasser (unter Berücksichtigung der Trinkwasserqualität). Kosten der Flusswasserreinigung höher als potentielle Vermeidungskosten auf Seiten des Chemieunternehmens (z.b. Gewinnrückgang durch Outputreduzierung): Marktpreis für Chemieprodukte zu niedrig, Ausbringungsmenge für Chemieprodukte zu hoch. Wasserpreis zu hoch, angebotene Wassermenge zu niedrig. 8 / 25
10 Damit gibt es Raum für Paretoverbesserungen: weniger und teuere Chemieprodukte verringern zwar Gewinn des Chemieunternehmens, aber mehr und günstigere Wasserbereitstellung erhöht den Gewinn des Wasserwerks. Zweiter Effekt dominiert den ersten Effekt: Vermeidungskosten des Chemieunternehmens geringer als Reinigungskosten des Wasserwerks Gesamtgewinn ist höher: Anreiz zu Fusion, bzw. Verhandlungslösungen Bemerkung: Schädliches Verhalten wird auch in paretoeffizienter Allokation nicht vollständig ausgeschlossen, sondern in korrekter Weise reduziert. 9 / 25
11 2. Alternative zur Korrektur der Fehlallokation: Per Dekret Im Chemieunternehmen/Wasserwerk-Beispiel: Staat setzt per Dekret Grenzwert für Schadstoffe fest (Trinkwasserverordnung), die das Wasserwerk garantieren muss. Problem: Ineffiziente Produktion des Chemieunternehmens bleibt bestehen. Ineffizient hohe Preise für Trinkwasser wegen hoher Reinigungskosten des Wasserwerks. Grund für Verschmutzung nicht berücksichtigt Reinigungskosten des Wasserwerks deutlich höher als Vermeidungskosten der Chemiefirma Hohe Informationsanforderungen: Kosten der Externalität, Kostenstruktur des Chemieunternehmens, Verlauf der Nachfragefunktion. 10 / 25
12 3. Alternative: Internalisierung durch Steuern (Pigou) Im Marktgleichgewicht führen: Negative Externalitäten zu Überproduktion Einführung verzerrender Steuern induziert Reduzierung der Produktion. Positive Externalitäten zu Unterproduktion Einführung verzerrender Subventionen induziert Ausweitung der Produktion. Beispiel: g x < 0 negativer Effekt von x auf Produktion von y: Produktion von x sollte besteuert werden, um Produzenten von x korrekte Preisanreize zu geben. 11 / 25
13 Frage: Wie lautet der adäquate Mengensteuersatz t, der pro Einheit vom Produzenten von x erhoben werden sollte? p t p O p W soziale Grenzkosten private Grenzkosten + t private Grenzkosten (Angebotsfunktion) x O x W p N (x) x Im Marktgleichgewicht nach Steuern (x O, p O ) sind soziale Grenzkosten und private Grenzkosten + Steuer t gerade identisch. Steuersatz t ist optimal, da durch verzerrende Wirkung der Mengensteuer die Externalität vollständig internalisiert wird. Resultierendes Marktgleichgewicht ist trotz Externalität pareto-effizient. Doppelte Dividende wg. zusätzlich generierter Steuereinnahmen. 12 / 25
14 Formale Herleitung des optimalen Steuersatzes t Mengensteuer t auf die Produktion von x durch Firma 1. Neues Gewinnmaximierungsproblem von Firma 1: max l1 p x x p l l 1 tx NB: x = f (l 1 ) max l1 (p x t)f (l 1 ) p l l 1 B.1.O. (p x t) f = p l l 1 p x = 1 p f l l 1 + t p l Hinweis: Relevante Optimalbedingung lautet: px p l = 1 f l 1 g x g l 2 13 / 25
15 Der optimale Pigou-Steuersatz ist demnach gegeben durch: Bemerkungen: t = g x g l 2 p l g(l2 O,xO ) präziser: t = x g(l O 2,xO ) l 2 Hinweis: Optimaler Steuersatz basiert nicht auf Unterschieden zwischen privaten und sozialen Grenzkosten im Marktgleichgewicht sondern in der effizienten Allokation. Hohe Informationsanforderungen: Kenntnisse der Nachfragefunktion & sozialen und privaten Grenzkosten. p l 14 / 25
16 4. Alternative: Internalisierung durch Verhandlungen () Frage: Sind zur Internalisierung externer Effekte Staatseingriffe tatsächlich notwendig? Hypothese: Durch Externalität betroffene Marktteilnehmer könnten sich auch durch Verhandlungen auf pareto-effiziente Allokation einigen (R. Coase). Argumentation: Externalitäten würden durch Fusion internalisiert. Gesamtgewinn der fusionierten Firma wäre höher als zuvor. Anreize zu Verhandlungen: Betroffene Firmen verhalten sich wie fusionierte Firma und teilen Gewinn unter sich auf. Koordination der Firmen in Bezug auf Ausbringungsmenge in Kombination mit Kompensationszahlungen. 15 / 25
17 Frage: Wie müssen die Kompensationen spezifiziert sein, um Externalitäten vollständig zu internalisieren? Idee: Kompensation in Höhe der Pigou-Steuer hat denselben Effekt auf die Verursacher-Firma (allerdings keine doppelte Dividende). Fortsetzung Beispiel: Kompensation von Firma 1 an 2 durch Zahlung von k pro produzierter Einheit von x. Firma 1: max l1 p x f (l 1 ) p l l 1 kf (l 1 ) B.1.O.: (p x k) f = p l l 1 Falls k = t x k = x O 16 / 25
18 Firma 2: max l2 p y g(l 2, f (l 1 )) p l l 2 + kf (l 1 ) B.1.O.: g p y = p l l 2 y k = y O Damit wird Firma 2 genau in Höhe der negativen Externalität k = t = g x g p l kompensiert! l 2 Frage: Wie kann man Firma 1 dazu bringen, tatsächlich Kompensationszahlungen zu leisten? Idee: Etablierung eines Rechtssystems, so dass Firma 1 schadensersatzpflichtig gegenüber Firma 2 wird: Etablierung eines Systems von Verfügungs- bzw. Eigentumsrechten. 17 / 25
19 Frage: Was passiert, wenn Firma 1 nicht schadensersatzpflichtig ist, z.b. weil sie das Verfügungsrecht besitzt? Alternative für Firma 2: Zahlung einer Prämie b an Firma 1 für freiwillig vorgenommene Outputreduktion pro Einheit von x. Firma 1: max l1 p x x p l l 1 + b( x x) B.1.O.: (p x b) f = p l l 1 Falls b = t x k = x O Firma 2: max l2 p y g(l 2, x) p l l 2 b x B.1.O.: g p y = p l l 2 y k = y O Intuition: Outputreduktion von Firma 1 führt zu weniger Schädigung von Firma 2, die dadurch Firma 1 prämieren kann! 18 / 25
20 Fazit: Internalisierung durch Kompensation und Prämie führt zur selben pareto-effizienten Allokation, lediglich unterschieden durch Aufteilung der Gewinne! Problem: Wie lässt sich Einigung auf eine Methode erreichen? Lösung: Staat garantiert Ein- und Durchsetzung von Verfügungsrechten; Kompensation bzw. Prämie dann rechtlich durchsetzbar! Definition (Coase Theorem) Sobald Verfügungs- bzw. Eigentumsrechte eindeutig definiert und durchsetzbar sind, werden Marktteilnehmer (unabhängig von der Zuteilung dieser Rechte) auch bei Vorliegen einer Externalität durch Verhandlungen zur pareto-effizienten Allokation gelangen. 19 / 25
21 Fortsetzung Chemieunternehmen/Wasserwerk-Beispiel: Vereinfachende Modifikation: Chemieunternehmen kann zwischen keiner und positiver Produktion wählen: x = {0, 1} mit π 1 (0) = 0 und π 1 (1) = 3. Wasserwerk produziert immer ȳ > 0. Aufgrund der negativen Externalität gilt: π2 (ȳ, 0) = 31 π2 (ȳ, 1) = 24 Wie lautet die pareto-effiziente Allokation? 2 Alternativen: 1. x = 0 π 1 (0) = 0, π 2 (ȳ, 0) = 31 π 1 (0) + π 2 (ȳ, 0) = x = 1 π 1 (1) = 3, π 2 (ȳ, 0) = 24 π 1 (0) + π 2 (ȳ, 0) = 27 Basierend auf Fusionsargument ist offensichtlich Einstellung der Produktion des Chemieunternehmens effizient, d.h. x = 0! 20 / 25
22 Verifizierung des s: Effiziente Allokation durch Verhandlungen erreichbar solange Verfügungsrechte bzgl. des Flusses eindeutig zugeteilt: 1. Fall: Wasserwerk hat Verfügungsrecht Chemieunternehmen wäre zu Schadensersatz rechtlich verpflichtet. Schaden des Wasserwerks durch Einleitung der Abwässer: π 2 (ȳ, 0) π 2 (ȳ, 1) = = 7. Für Chemieunternehmen ist potentieller Schadenersatz i.h.v 7 größer als π 1 (1) = 3 Chemieunternehmen verzichtet auf Produktion: x = 0! Pareto-effiziente Allokation erreicht durch Verhandlungen, d.h. ohne Steuern, Verbote etc. 21 / 25
23 2. Fall: Chemieunternehmen hat Verfügungsrecht Chemieunternehmen hat das Recht Abwässer in den Fluss einzuleiten. Schaden des Wasserwerks durch Einleitung der Abwässer: π 2 (ȳ, 0) π 2 (ȳ, 1) = = 7. Schaden des Wasserwerks i.h.v. 7 größer als Gewinn des Chemieunternehmens π 1 (1) = 3 Wasserwerk schlägt dem Chemieunternehmen Einstellung der Produktion gegen Zahlung von z. B. 4 vor. Chemieunternehmen verzichtet auf Produktion: x = 0, da Kompensation höher als entgangener Gewinn. Pareto-effiziente Allokation erreicht durch Verhandlungen, d.h. ohne Steuern, Verbote etc. 22 / 25
24 Frage: Was ergibt sich, wenn Produktion statt Einstellung des Chemieunternehmens effizient wäre? Antwort: Dasselbe Resultat, d.h. effiziente Allokation wird durch freiwillige Vereinbarungen erreicht. Fazit: Pareto-effiziente Allokation wird unabhängig von der spezifischen Verteilung der Verfügungsrechte realisiert. Lediglich Verteilung der Gewinne variiert in beiden Fällen! 23 / 25
25 Zusammenfassung : Staat sollte sich auf Implementierung und Durchsetzung von Eigentums- und Verfügungsrechten konzentrieren. Marktteilnehmer erreichen auch bei Vorliegen externer Effekte durch freiwillige Verhandlungen pareto-effiziente Allokation solange Verfügungsrechte eindeutig zugewiesen. Empirische Relevanz: Obstgarten und Honigproduktion Implizite Verträge zwischen Imker und Obstbauer, siehe S. Cheung (1973): The Fable of the Bees: An Economic Investigation, Journal of Law and Economics / 25
26 Problematische Aspekte des s Notwendige Voraussetzungen für Gültigkeit: Keine Transaktions- und Verhandlungskosten Unrealistisch insbesondere bei grossen Gruppen: Freifahrerproblem (Staatseingriff evtl. mit geringeren Transaktionskosten verbunden) Vollständige Information (auch über die Externalität) Vorliegen unvollständiger Information kann zu ineffizienten Allokationen führen, obwohl Pareto-Verbesserungen möglich wären. Abschluss vollständiger und bindender Verträge möglich. Einsetzung von Eigentums- und Verfügungsrechten in gewissen Fällen problematisch. 25 / 25
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