TU Ilmenau Chemisches Praktikum Versuche Binäres Phasendiagramm. Schmelzdiagramm
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- Angelika Maier
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1 TU Ilmenau Chemisches Praktikum Versuche Binäres Phasendiagramm V4 Fachgebiet Chemie Schmelzdiagramm 1. Aufgabenstellungen A. Nehmen Sie die Abkühlungskurven verschiedener Gemische aus den Metallen Zinn und Zink auf. Beginnen Sie zunächst mit den reinen Metallen. Ermitteln Sie die eutektische Zusammensetzung des Systems! B. Bestimmen Sie mit Hilfe der aufgenommenen Abkühlungskurve die Zusammensetzung einer unbekannten Probe! 2. Grundlagen 2.1 Die Gibbssche-Phasenregel Alle gasförmigen, flüssigen und festen Systeme, die aus einer oder mehreren Komponenten bestehen, können mittels Phasendiagrammen beschrieben werden. Zu ihrer Charakterisierung sind neben den Größen Druck und Temperatur auch noch Angaben über die chemische Zusammensetzung notwendig. Das Gibbssche Phasengesetz (1875/76) liefert eine allgemeine Beziehung zwischen den Freiheitsgraden F eines Systems, der Zahl seiner (untereinander im Gleichgewicht (!) stehenden) Phasen P und der Zahl seiner Komponenten C. Eine Phase P ist ein Zustand der Materie, in dem sie bezüglich ihrer chemischen Zusammensetzung und ihres physikalischen Zustandes durch und durch gleichförmig ist. Die Anzahl der Komponenten C gibt an, wieviele unabhängige Substanzen man mindestens braucht, um die Zusammensetzung in allen Phasen des Systems zu beschreiben. Sind die Anteile der Komponenten bekannt, so sind ihre Mengen durch: x1 x 2 x 3... x C 1, sprich C-1 Molenbrüche festgelegt. Die C Komponenten können im System P Phasen bilden. Folglich besitzt das System P(C-1) Variable. Da im System noch Druck und Temperatur eingestellt werden können, erhöhen sich die Variablen auf P(C-1)+2. Weil aber alle Phasen miteinander im Gleichgewicht stehen, verringern sich die Varianzen des Systems. Die Bedingung hierfür ist die Gleichheit der chemischen Potenziale aller Phasen. Für eine Komponente J gilt dann: J( J J J Phase1) (Phase2) (Phase3)... (PhaseP). Für die Komponente J müssen P-1 Gleichungen erfüllt sein. Für C Komponenten gibt es folglich C(P-1) solcher Gleichungen. Jede dieser Gleichung reduziert die Varianz des Systems. Daraus ergibt sich das Gibbssche Phasengesetz: F C P 2 Das Gesetz ist universell und gilt für Ein- und Mehrfachkomponentensysteme! In der Praxis vereinfacht sich die Phasenregel meist in der Form, dass im betrachteten System der Druck (= Umgebungsluftdruck) konstant bleibt. Damit verringert sich die Varianz des Systems um einen Freiheitsgrad. Betrachtet man z.b. ein Zweikomponenten-System (C=2), dann erhält man nach Gibbs folgende Phasenregel: F 4 P Bilden die 2 Komponenten vorgegebener Mengenanteile bei einer Temperatur T und einem Druck p nur 1 Phase, so kann man 3 Variablen verändern (Druck, Temperatur, Molenbruch), ohne dass sich eine andere Phase mit neuen Eigenschaften bildet. Das System ist in diesem Punkt trivariant. 1
2 So sind für dieses Beispiel folgende Fälle möglich: P = 1, F = 3... trivariant P = 2, F = 2... bivariant P = 3, F = 1... univariant P = 4, F = 0... invariant usw.. Im Folgenden werden aus der großen Vielfalt der Systeme einige wichtige Grundtypen vorgestellt. 2.2 Einkomponentensysteme Es gibt Einzelkomponenten, die in Abhängigkeit von Druck und Temperatur einen Phasenwechsel vollziehen können. In Abb. 1 sind die bekanntesten Systeme aufgezeigt, die auch eine praktische Bedeutung besitzen. 1a) Wasser 1b) Kohlenstoff 1c) Kohlendioxid Abb. 1: Beispiele für Einkomponentensysteme/ p-t-darstellungen 2.3 Zweikomponentensysteme (Binäre Phasendiagramme) A. Systeme flüssig-gasförmig ( Siedediagramm ) Im Siedediagramm wird die Siedetemperatur der jeweiligen Zusammensetzung eines Gemisches A-B zweier Komponenten graphisch dargestellt. In Abb. 2a ist das für konstantem Druck gezeigt. In diesem Beispiel sind die Komponenten A und B im flüssigen und gasförmigen Zustand unbegrenzt mischbar, d.h. bei niedrigen oder hohen Temperaturen ist dieses System homogen. Es liegt jeweils eine flüssige bzw. eine gasförmige Phase vor. Die Phasengrenzlinien heißen Siedekurve (l) und Kondensationskurve (g). Erstere stellt den Molenbruch x(b) in der flüssigen Phase als Funktion der Gleichgewichtstemperatur dar, die zweite den Molenbruch x(b) der Komponente B in der Gasphase als Funktion der Gleichgewichtstemperatur. Bei Systemen mit einem Dampfdruckminimum oder -maximum geht die Siedekurve durch ein Maximum oder Minimum, d.h. es treten azeotrope Punkte auf (Abb. 2b- griech.: = nicht; = sieden; = verändert). 2
3 T T(A*) g l T(B*) p = const. x(b) x(a) 2a) Prinzip: Unbegrenzte Mischbarkeit im flüssigen 2b) Prinzip: Azeotropes System mit und gasförmigen Zustand; Linsendiagramm Siedepunktsminimum (Bsp.: Ethanol/n-Propanol) ( Bsp.: Ethanol/Wasser) Abb. 2: Beispiele für Zweikomponenten-Systeme flüssig-gasförmig/ T-x-Darstellungen Das isotherme p-x-diagramm (Abb. 3) zeigt den Dampfdruck über einem System aus den Komponenten A und B. Die ansteigende Gerade in diesem Diagramm stellt die Abhängigkeit des Gesamtdruckes über der Lösung vom Molenbruch in der Flüssigkeit dar. Die geschwungene Kurve ist die Kondensationskurve. Will man die Zusammensetzung am Punkt x 2 bei dem Druck p 2 bestimmen, so muss man das Hebelgesetz anwenden. Für diesen Fall gilt dann: n n fl g x x 3 2 x x 2 1 DE DC nfl n g = Mengenverhältnis von flüssiger und gasförmiger Phase Abb.3: Zeikomponenten-System flüssig-gasförmig p-x-darstellung (A: Methylpropanol/ B: Propan-2-ol) Siedediagramme besitzen praktische Bedeutung für die Stofftrennung (Destillation). Die thermodynamischen Gesetze für den Übergang Dampf-Flüssigkeit sind natürlich auch für Metalle gültig. Verständlicherweise ist die Untersuchung unter Standardbedingungen, ausgenommen das Quecksilber, für die Praxis uninteressant. B. Systeme flüssig-flüssig Sind zwei Flüssigkeiten (Abb. 4a) nur teilweise miteinander mischbar, so lassen sie sich nicht bei jeder Temperatur und in jedem beliebigen Mengenverhältnis miteinander vermischen. Fügt man bei einer Temperatur T zur einer Probe von Hexan eine kleine Menge Nitrobenzol hinzu, löst es sich vollständig im Lösungsmittel. Das binäre Systeme liegt in einer Phase vor. Wird jetzt mehr Nitrobenzol gelöst, wird der Punkt erreicht, an dem die Löslichkeitsgrenze im Hexan überschritten wird. Die doppelte horizontale Linie kennzeichnet das Auftreten von zwei Phasen. Diese koexistierenden flüssigen Phasen, die auch als konjugierte Lösungen bezeichnet werden, sind gesättigte Lösungen der einen Flüssigkeit in der anderen. Gewöhnlich nimmt die gegenseitige Löslichkeit der flüssigen Komponenten mit steigender Temperatur zu. Bei einer kritischen oberen Lösungstemperatur T ok verschwindet das Zweiphasengebiet. Die 3
4 Flüssigkeiten sind ab dieser Temperatur in jedem beliebigen Verhältnis miteinander mischbar. Neben Systemen mit oberer Entmischungstemperatur sind auch Systeme mit unterer Entmischungstemperatur, z.b. Wasser/Triethylamin (Abb. 4b) bekannt. Es gibt sogar Systeme mit oberer und unterer Entmischungstemperatur (Abb. 4c). Bei diesem Phänomen führt die Wärmebewegung nach dem Zerfall der schwachen Komplexe aus verschiedenartigen Molekülen bei höheren Temperaturen zu einer Homogenisierung der Mischung. Ein Beispiel ist das System aus Nikotin und Wasser. a) Hexan/ Nitrobenzol b) Wasser/ Triethylamin c) Nikotin/ Wasser Abb. 4: Beispiele für Zweikomponentensysteme flüssig-flüssig/ T-x-Darstellung C. Systeme fest-flüssig ( Schmelzdiagramm ) Hier interessieren vor allem die Vorgänge beim Schmelzen und Erstarren. Die am besten untersuchten Systeme sind Legierungen. Legierungen sind meist Mischungen aus zwei oder mehr METALLEN. In der folgenden Tabelle sind die bekanntesten zusammengestellt: Legierung Messing Bronze Kupfer-Nickel-Legierung Lötzinn rostfreier Stahl Zusammensetzung [Masse-%] 40% Zn / 60% Cu (Gelbmessing = 35% Zn) Legierung eines anderen Metalls als Zink oder Nickel mit Kupfer (z.b. Gußbronze: 10% Sn und 5% Pb) 75% Cu / 25% Ni 67% Sn / 33% Pb 12% Chrom-Anteil im Eisen Es gibt verschiedene Grundtypen von binären Schmelzdiagrammen. An dieser Stelle soll aber auf das am weitesten verbreitete eutektische System näher eingegangen werden. In Abb. 5 ist ein Beispielsystem gegeben. Bei einer bestimmten Zusammensetzung hat das System aus A und B eine niedrigste Schmelztemperatur, die unterhalb der Schmelztemperaturen der reinen Substanzen liegt. Dieser Punkt C wird als Eutektikum bezeichnet (griech.: = gut, = schmelzen). Um das Erstarrungsverhalten des binären Systems A-B zu untersuchen, geht man z.b. von einer Schmelze der Zusammensetzung ca. 82% A/ 18% B (Punkt 1) aus. Beim Abkühlen wird die Schmelzkurve ( Liquiduslinie ) erreicht. Hier scheiden sich die ersten Kristalle aus. Sie bestehen aus der reinen Komponente A! Durch die Anwesenheit der Komponente B kristallisiert die Komponente A bei einer niedrigeren Temperatur als 100% A (siehe Theorie zum Versuch V6 Gefrierpunktserniedrigung ). Durch die Kristallisation verarmt die Schmelze an A und wird B-reicher. Bei der Temperatur am Punkt C, der eutektischen Temperatur, erstarrt die Restschmelze zu einem eutektischen Kristallitgemisch. Bei weiterer Temperaturabsenkung ändert sich die Zusammensetzung des Gefüges nicht mehr. Die Phasengrenzen im Schmelzdiagramm werden über die Aufnahme von Abkühlungskurven bestimmt. 4
5 Abb. 5: Beispielschema für ein beliebiges eutektisches System/ T-x-Darstellung Das bekannteste Beispiel ist das Eutektikum aus Blei und Zinn (Lötzinn). Bei einer Zusammensetzung von 67% Sn und 33% Pb liegt die eutektische Temperatur bei 183 C. Über die Anteile der Metalle kann der Schmelzpunkt eingestellt werden. In der Elektronik setzt man z.b. niedrigschmelzende Verbindungslote ein, um die Bauteile beim Lötprozess vor thermischer Belasung zu schützen.-im Versuch V6 Gefrierpunktserniedrigung nutzt man die Herabsetzung des Schmelzpunktes von Wasser mittels Eis-Kochsalzlösung zur Kühlung des Reaktionsgefäßes. Die dort benutzte Eis-Kochsalzlösung hat eine eutektischen Zusammensetzung von 23% NaCl und 77% Wasser mit einer Erstarrungstemperatur von C. 2.4 Dreikomponentensysteme (Ternäre Phasendiagramme) In der Praxis kommen oft Mischungen aus 3 und mehr Komponenten vor. Für die Darstellung von Dreikomponentensystemen verwendet man dreidimensionale ternäre Phasendiagramme, die sich jeweils wiederum aus drei binären Systemen zusammensetzen. Die Kenntnis solcher Systeme ist für die Herstellung von GLÄSERN (z.b. Boratgläser: SiO 2 -Al 2 O 3 -B 2 O 3 ) und KERAMIKEN (z.b. Porzellansystem: K 2 O-Al 2 O 3 - SiO 2 ) von enormer Bedeutung. 3. Versuchsdurchführung Im Versuch soll das binäre Phasendiagramm des Systems Zinn-Zink aus der Bestimmung der Abkühlungskurven aufgenommen werden. Hierfür werden 11 Proben (9 homogene Mischungen mit unterschiedlichen molaren Anteilen und die 2 reinen Metalle) aus Pellets der beiden Metallen in Korundtiegeln bereitgestellt. Berechnen Sie die Einwaagen für die Proben und ergänzen Sie die unten stehende Tabelle! Anschließend werden die Proben nacheinander im Muffelofen bei ca. 600 C aufgeschmolzen. Die Proben werden auf den Heiztisch ( C geregelt) gestellt und der Temperaturfühler wird in die Metallschmelze eingetaucht. Die Temperaturmessung mit dem PC wird sofort gestartet. Wichtige Hinweise: A. Beim Aufschmelzen des Thermoelements aus der erstarrten Legierung über den Bunsenbrenner keine Gewalt anwenden! B. Achten Sie darauf, dass die Messleitung nicht in die Nähe der Heizplatte gelangt! 5
6 4. Versuchsauswertung A. Ermitteln Sie aus den bestimmten Abkühlkurven die eutektische und die Schmelztemperatur der Legierungen! B. Tragen Sie die ermittelten Temperaturen gegen die Molenbrüche gegeneinander auf! C. Bestimmen Sie anhand der graphischen Darstellung und der Messung der eutektischen Temperatur die genaue Zusammensetzung einer unbekannten Probe! (Angabe von m Sn und m Zn ) Geben Sie die Nummer der unbekannten Probe an! Zn in 30g Probe [Molenbruch] 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 Einwaage Sn [g] Einwaage Zn [g] Schmelztemperatur [ C] eutekt. Temperatur [ C] Probe-Nr. 6
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