Deutscher Bundestag Drucksache 16/7388 16. Wahlperiode 30. 11. 2007 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Drucksache 16/7202 Änderungen der Abgeltungsteuer Vorbemerkung der Fragesteller Zum1.Januar2009wirdeineAbgeltungsteueraufKapitalerträgeeingeführt. SpekulationenüberÄnderungenanderAbgeltungsteuervorderenAnwendung habenfürerheblicheverunsicherungunterdenanlegerngesorgt.nachdem zunächstdieübergangsfristbeiderveräußerungsgewinnbesteuerungfürzertifikateeingeschränktwurde,wurdenuneinevorverlegungdesstichtagsauf den9.novemberfürbestimmtefondsimrahmendesjahressteuergesetzes durch den Bundestag beschlossen. 1.WiewirktsichdieAbgeltungsteuerbeiZinsen,Dividendenunddenverschiedenen anderen Anlageformen jeweils aus? DieAbgeltungsteuerwirdaufallelaufendenErträge (Zinsen,Dividenden usw.)sowiealleveräußerungs-undeinlösungsergebnissemitdemeinheitlichensteuersatzvon25prozenterhoben.durchdiepauschaleberücksichtigungderkirchensteuerbeidererhebungdereinkommensteuerkannder Steuersatzunter25Prozentliegen.DieAbgeltungsteuersollmöglichstweitgehendimWegedesQuellensteuerabzugserhobenwerden.InEinzelfällen (namentlichbeimfehleneinesinländischenschuldnersodereinerinländischenauszahlendenstelle)hatdersteuerpflichtigediekapitalerträgezuerklären und das Finanzamt setzt die Steuer zum Abgeltungssatz fest. 2.SiehtdieBundesregierunghierineineGleichbehandlungderverschiedenen Anlageformen? AngesichtsderAusgestaltungderAbgeltungsteuergehtdieBundesregierung voneinergleichbehandlungderverschiedenenanlageformenaus.jedweder ErtragauseinerKapitalanlagewirdbeiseinemZuflussderBesteuerungmitdem identischen Steuersatz unterworfen. DieAntwortwurdenamensderBundesregierungmitSchreibendesBundesministeriumsderFinanzenvom28.November 2007 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.
Drucksache 16/7388 2 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 3.WelcheAuswirkungenaufdasAnlageverhaltenderBürgererwartetdie Bundesregierung durch die Einführung der Abgeltungsteuer? DieBundesregierunggehtwegenderGleichbehandlungderverschiedenenAnlageformendurchdieAbgeltungsteuerdavonaus,dassdieBürgerihreAnlageentscheidungenzukünftigverstärktnachökonomischenundwenigernach steuerlichenüberlegungentreffenwerden.darüberhinauslässtsichdasverhaltenvonkapitalanlegernundihremöglichenreaktionenaufänderungender steuerlichenrahmenbedingungennichtpräzisevorhersagen.dieentscheidung fürdieanlageineinebestimmteanlageformistvielmehrvoneinervielzahl vonfaktorenabhängig,diediejeweiligeanlageform,aberauchallealternativenbetreffen.dazugehöreninersterliniediepersönlicherisikoneigung,die SparfähigkeitunddieRenditeerwartungdesAnlegers.MaßgeblichwirddasAnlageverhaltenauchbestimmtvondenwirtschaftlichenRahmenbedingungenund denvoraussichtlichenwirtschaftlichenertragsaussichteneinzelneranlageformen,diedieentscheidungz.b.zwischenreinenkapitalanlagenundanlagenin Unternehmenbeeinflussen.SteuerlicheRahmenbedingungen,wiez.B.dieEntlastungderUnternehmendurchdieUnternehmensteuerreform2008,diehöhere RenditenunddamitauchhöhereAusschüttungenerwartenlassen,kommen hinzu. 4.WelchenUmstellungsaufwandverursachtdieEinführungderAbgeltungsteuer nach Kenntnis der Bundesregierung für die Finanzwirtschaft? EineabschließendeBezifferungdesmitderEinführungderAbgeltungsteuer verbundenenumstellungsaufwandsfürdiefinanzwirtschaft,derenorganisatorischeimplementierungimwesentlichenvondenbetroffenenunternehmen vorzunehmenist,istnichtmöglich.indiesemzusammenhangistdaraufhinzuweisen,dassalleinschonmitderbeschlossenenabschaffungderjahresbescheinigungnach 24cdesEinkommensteuergesetzesdieUnternehmenbeiden Bürokratiekosten jährlich um rd. 150 Mio. Euro entlastet werden. 5.WievieleundwelcheFondssindvonderÄnderungimJahressteuergesetz 2008betroffen,durchdiederStichtagfürdieBesteuerungvonVeräußerungsgewinnen bestimmter Fonds vorgezogen wurde? Durch 18Abs.2adesInvestmentsteuergesetzesinderFassungdesArtikels23 desjahressteuergesetzes2008werdennichtinvestmentvermögenselber,sondernnurdieanlegerinbestimmteinvestmentvermögenbetroffen.erfasstwerdendieanteileaninländischenspezial-sondervermögenundspezial-investmentaktiengesellschaftensowieanausländischenspezial-investmentvermögen imprivatvermögennatürlicherpersonensowieanteileanandereninvestmentvermögenals Spezial-Investmentvermögen,beidenenfüreineBeteiligung durchnatürlichepersoneneinebesonderesachkundeodereinmindestanlagebetragvon100000eurovorgegebenist.derbundesregierungliegenkeine Zahlendazuvor,wievielein-undausländischeInvestmentvermögendieseKriterienerfüllenundinsbesondereinwievielenFälleninländischenatürlichePersonenalsPrivatanlegerandiesenInvestmentvermögenbeteiligtsind.Zudem wärederaugenblicklichestandnichtwirklichaussagekräftig,weilauchdiebeteiligungennatürlicherpersonenalsprivatanlegeranerstnochaufzulegenden Investmentvermögen ebenfalls von der Vorschrift erfasst werden.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 3 Drucksache 16/7388 6.WelcheAuswirkungaufdasSteueraufkommenerwartetdieBundesregierung durch diese Änderungen? DieVorschriftzieltaufdieVerhinderungvonSteuerausfällenab.IhreAuswirkungenaufdasSteueraufkommenkönnennichtquantifiziertwerden,denndas AufkommenhängtvomzukünftigenVerhaltenderInvestmentvermögenundder AnlegersowiederzukünftigenWertentwicklungvonWertpapierenab,was nicht sicher vorausgesehen werden kann. 7.SiehtdieBundesregierungweitereMöglichkeiten,dieAbgeltungsteuerzu umgehen? AuchimÜbergangsrechtderAbgeltungsteuerist 42derAbgabenordnunganwendbar,sodassimEinzelfalldieinAussichtgestelltenRechtsfolgeneiner steueroptimierten Anlagenichteintreten.ImÜbrigenbeobachtetdieBundesregierungdieamMarktauftauchendenModelleundbehältsichvor,dengesetzgebendenKörperschaftennotfallsÄnderungendergesetzlichenBestimmungen vorzuschlagen. 8.SiehtdieBundesregierungeineUmgehungsmöglichkeitdurchnachgeschaltete Personengesellschaften? BeiderBeteiligunganeinervermögensverwaltendenPersonengesellschaftmit EinkünftenausKapitalvermögengiltdieBruchteilsbetrachtung.EsdürftendaherdurchdieEinschaltungsolcherPersonengesellschaftenkeineabweichenden Besteuerungsfolgeneintreten.ImAusnahmefalldesInvestmentsteuerrechtshat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2008 bereits reagiert. 9.InwelchenFällenistnachEinführungderAbgeltungsteuernochderKontenabruf für steuerliche Zwecke möglich? 93Abs.7derAbgabenordnunginderFassungvonArtikel6Nr.2Buchstabea desunternehmensteuerreformgesetzes2008 (BGBl.2007IS.1912)enthälteine abschließendeaufzählungderfälle,indenenabdem1.januar2009einkontenabruf für steuerliche Zwecke zulässig ist. 10.InwelchenFällenmussderAnlegertrotzEinführungderAbgeltungsteuer seine Kapitaleinkünfte erklären? Kapitalerträge müssen in der Steuererklärung angeführt werden, soweiteinebestimmtenähebeziehungzwischengläubigerundschuldner bestehtodereinesogenannteback-to-back-finanzierungvorliegt ( 32d Abs.1 Nr.1 EStG), soweitdiekapitalerträgekeineminländischenquellensteuerabzugunterlegenhaben.gemeintsindinsbesondereimauslanderzieltekapitalerträge und Zinsen aus Privatdarlehen. IndiesenFällenerfolgteineSteuerfestsetzungfürdieKapitaleinkünftedurch dasfinanzamt.soweitnichtbereitsbeimeinbehaltderkapitalertragsteuervon denabzugsverpflichtetenkirchensteuereinbehaltenwurde,sinddiekapitalerträgezumzweckederkirchensteuerfestsetzungzuerklären.weiterhinsind sieindersteuererklärunganzuführen,wenndersteuerpflichtigeaußergewöhnlichebelastungengeltendmacht,damitanhanddesgesamtbetragsdereinkünfte die zumutbare Belastung ermittelt werden kann.
Drucksache 16/7388 4 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode DanebengibteseinigeFälle,indenenderSteuerpflichtigedieKapitalerträgezu seinen Gunsten anführen kann, aber nicht muss. Dies gilt insbesondere fürdiewahlveranlagung,wennalsoeinebesteuerungnachdemallgemeinen Einkommensteuertarifbeantragtwird,weilderSteuerpflichtigedavonausgeht, dass dies zu einer günstigeren Besteuerung führt, oder wenndersteuerpflichtigediekapitalerträgeerklärt,umseinenabzugsfähigen Spendenrahmen zu erhöhen, oder dersteuerpflichtigeeinenerfolgtenkapitalertragsteuerabzugkorrigierthabenmöchte,z.b.weilerverlustebeieinemkreditinstitutmiterträgenbei einemanderenkreditinstitutverrechnenmöchteoderdersparer-pauschbetrag bei einem Kreditinstitut nicht ausgeschöpft wurde. 11.WievielederSteuerpflichtigensindhiervonnachErwartungderBundesregierung betroffen? Dazu liegen keine belastbaren Informationen vor. 12.WievieleSteuerpflichtigeschöpfendenSparerfreibetragderzeitaus,und wievielewerdenihnnacheinführungderbesteuerungderveräußerungsgewinne ausschöpfen? NacheinerSonderauswertungdesBundeszentralamtesfürSteuernsindimJahr 2004rund5,8MillionenSteuerpflichtige (Grund-undSplittingfälle)mitKapitaleinnahmenvonmehrals800Eurobzw.mehrals1600Euroerfasst.SogenannteNichtveranlagungsfällesindhierbeiallerdingsnichtenthalten.Überdie ZahlderSteuerpflichtigen,dienachEinführungderBesteuerungderVeräußerungsgewinnedenSparerfreibetragausschöpfenwerden,liegenkeineInformationen vor. 13.WiebegründetdieBundesregierung,dassKursverlustevonExchange TradedFunds,dieeinenAktienindexnachbilden,mitZinseinkünftenverrechnetwerdendürfen,KursverlustevonAktienoderAktienfondsjedoch nicht? RealisierteKursverlusteausAktiensindnurmitVeräußerungsgewinnenaus Aktienverrechenbar.BeiWertpapier-InvestmentvermögenmitganzüberwiegenderoderausschließlicherInvestitioninAktiengiltdieseEinschränkungfür dieverlustverrechnungnicht.dabeispielteskeinerolle,obdieanteiledes InvestmentvermögensauchodernuranderBörsegehandeltwerdenoder,wiein Deutschlandverbreitet,vondemInvestmentvermögenüberKredit-undFinanzdienstleistungsinstituteausgegebenundwiederzurückgenommenwerden.Die unterschiedlichebehandlungzureinzelaktieistschondadurchgerechtfertigt, dassdasinvestmentvermögennachdemgrundsatzderrisikodiversifizierten KapitalanlagemitseinemVerhaltenaufeinenAusgleichvonpositiverund negativerwertentwicklungbeideneinzelnenanlagegegenständenausgerichtet ist. 14.WelcheAuswirkungenaufdieAktienkulturundwelchenbürokratischen AufwandfürAnlegerundKreditinstituteerwartetdieBundesregierung durch die Verlustverrechnungsbeschränkung? BereitsnachgeltendemRechtkönnenVerlusteausderVeräußerungvonAktien nurmiteinkünftenaussonstigenprivatenveräußerungsgeschäftenundnicht
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 5 Drucksache 16/7388 mitdenandereneinkunftsarten,insbesondereauchnichtmitdenkapitaleinkünften,verrechnetwerden.einebeeinträchtigungderaktienkultursiehtdie Bundesregierungdahernichtalsgegebenan.DieKreditinstitutehabenimRahmenderAbgeltungsteuereinenVerlustverrechnungstopfzuführen,umgenerell ErträgemitVerlustenlaufendverrechnenzukönnenunddamitmöglichstVeranlagungsfällezuvermeiden.DabeiistauchdieVerlustverrechnungsbeschränkungfürAktienzuberücksichtigen.EinMehraufwandfürdieBeschränkung lässt sich im Rahmen dieses Verfahrens nicht beziffern. DieRegelungenzurVerlustverrechnungbeiderAbgeltungsteuerkönnenin ihrenauswirkungenaufdie Aktienkultur nichtisoliertbetrachtetwerden.wie bereitsinderantwortzufrage3ausgeführt,werdenentscheidungenüber KapitalanlagenvordemHintergrundeinerVielzahlvonErwägungengetroffen. HinzukommenunbestrittenstaatlicheEinflüsse,diezueinerstärkerenNachfragenachAktienführenkönnen,wiez.B.diestaatlichgeförderteprivate Altersvorsorge.AussteuerlicherSichtistzubetonen,dassdieUnternehmen indeutschlanddurchdieunternehmensteuerreform2008deutlichentlastet werden. DiebereitsbestehendenBeschränkungenbeiminnerperiodischenVerlustausgleichdürftenvondenMärkteninternalisiertseinundkeineAuswirkungenauf die Anlage in Aktien haben. 15.WiebeurteiltdieBundesregierungdievonSeitenderKreditwirtschaft vorgetragenesorge,dassdieständigwachsendezahlvonkapitalmaßnahmen (Fusionen,Spaltungen,Kapitalerhöhungenetc.)aufnationalerund internationalerebeneimrahmenderabgeltungsteuernichtmehrpraktikabelundrechtssicherbesteuertwerdenkönnen,wennnichteinauf cashflow -Grundsätzen basierendes Konzept vorgesehen werde? BeiKapitalmaßnahmenimSinnedesUmwandlungssteuergesetzes (insbes.verschmelzungen,spaltungenoderanteilstausch)istkeinequellensteuererhebung durchdaskreditinstitutvorgesehen ( 43Abs.1Satz7EStGinderab2009anzuwendendenFassungdesUnternehmensteuerreformgesetzes2008).Essind daherderzeitkeineadministrationsproblemederkreditinstituteersichtlich. KonkretaufgezeigtenMöglichkeitenzurVereinfachungundVerschlankungdes AbgeltungsteuerverfahrensstehtdieBundesregierungnachwievoroffengegenüber. 16.WelcheRechtfertigungsiehtdieBundesregierungnachEinführungder AbgeltungsteuerfürdieZwischengewinnbesteuerungunddenSteuerabzug auf akkumulierte Erträge? DieallgemeineBesteuerungvonVeräußerungsgewinnengilterstfürnachdem 31.Dezember2008angeschaffteInvestmentanteile.Zumindestübergangsweise istdahereinebesteuerungdeszwischengewinnsnochgerechtfertigt.gleiches giltfürdensteuerabzugaufdieakkumuliertenerträgeausländischerthesaurierenderinvestmentvermögenbeirückgabeoderveräußerungübereineauszahlende inländische Stelle. 17.WiebeurteiltdieBundesregierungVorschläge,dasAbzugsverfahrenbei der Erhebung der Kirchensteuer zu vereinfachen? DieBundesregierunghatdenfürdieKirchensteuerzuständigenVertreternder oberstenfinanzbehördenderländerdiesevorschlägezurprüfungvorgelegt. DieErörterungenlaufenderzeit.HinzuweisenistindiesemZusammenhang
Drucksache 16/7388 6 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode darauf,dassdieausschließlichegesetzgebungskompetenzfürdiekirchensteuer bei den Ländern liegt. 18.PlantdieBundesregierungweitereÄnderungenanderAbgeltungsteuer, und wenn ja, wann, und welche? DieBundesregierungbehältsichvor,ergänzendeoderkorrigierendeRegelungen,derenErforderlichkeitimRahmenderUmsetzungsarbeitenzuTagetritt, dem Gesetzgeber vorzuschlagen.
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