6.4 Koordinatentransformationen Koordinatentransformationen benötigt man vor allem, um sich einigen Rechenaufwand zu ersparen. Wer möchte schon freiwillig eine Kugel in kartesischen Koordinaten beschreiben? In diesem bschnitt soll die Theorie anhand von ebenen Polarkoordinaten veranschaulicht werden. U, R n. Eine Koordinatentransformation ist ein Diffeomorphismus Φ : U (stetig differenzierbare bbildung mit stetig differenzierbarer Umkehrfunktion) ; ihre Umkehrabbildung Ψ : U nennt man Parametrisierung. Die enge {x = Ψ(ξ) U : ξ j = const.} ist die enge der Koordinatenlinien. Wenn man eine Parametrisierung Ψ der Kooordinaten hat, so kann man jeden Punkt auch in einer Basis dieser Parametrisierung darstellen x = Ψ(ξ). Diese erhält man, indem man den ektor x = Ψ(ξ) nach jeder Komponente der Koordinatentransformation ableitet: DΨ(ξ)e j = Ψ ξ j (ξ) j =,...,n Dies ist eine lokale Basis, also eine Basis, die abhängig von den Koordinaten, nicht vom Bezugssystem ist. Satz Jede Parametrisierung Ψ : U von U R n gibt nlass zu n ektorfeldern η j : U R n x DΨ(Φ(x)) e j welche an jedem Punkt x U eine Basis {η j (x)} j=,...,n bilden. Eine Koordinatentransformation Φ : U heißt orthogonal, falls DΨ(ξ) von Ψ = Φ für alle ξ aus orthogonalen Spaltenvektoren besteht. Das zugehörige lokale Orthonormalsystem nennt man (lokales) n-bein von Φ. e j (x) := η j(x) η j (x) = x ξ j x ξ j Beispiel: Polarkoordinaten Bei Polarkoordinaten ist die Koordinatentransformation Φ : R 2 \ { x R 2 : x 0 x 2 = 0 } R ( π,π) (x,x 2 ) arctan x x 2 + x2 2, x 2 ϕ [ π 2, π 2 ] arctan x x 2 + π ϕ [ π 2,π] =: (r,ϕ) arctan x x 2 π ϕ [π, 3π 2 ] und die Parametrisierung Ψ : R 2 ( π,π) R 2 \ { x R 2 : x 0 x 2 = 0 } (r,ϕ) (r cos ϕ,r sin ϕ) Eine (Orthonormal-)Basis in der Parametrisierung erhält man so: ( ) ( ) DΨ(r,ϕ) = r Ψ(r,ϕ) cos ϕ r sinϕ ϕ Ψ(r,ϕ) = = sinϕ r cos ϕ ( x ) r x 2 x 2 r x η (x) = x r e r (x) := ê (x) = x r ( ) x2 η 2 (x) = x e φ (x) := ê 2 (x) = r ( ) x2 x
Besonders wichtig sind auch die Kugelkoordinaten, vor allem für den Physiker: Beispiel: Kugelkoordinaten Bei Kugelkoordinaten ist die Koordinatentransformation Φ : R 3 Ψ : R + (0,π) (0,2π) (x,y,z) (r,θ,ϕ) = arccos x für y 0, x 2 + y 2 + z 2, π 2 arctan z, x 2 +y 2 x 2 +y 2 x 2π arccos für y < 0; x2 +y 2 und die Parametrisierung Ψ : R + (0,π) (0,2π) R 3 (r,θ,ϕ) (r sin θ cos ϕ,r sin θ sinϕ,r cos θ) Eine (Orthonormal-)Basis in der Parametrisierung erhält man so: ( DΨ(r,θ,ϕ) = r Ψ(r,θ,ϕ) θ Ψ(r,θ,ϕ) ) ϕ Ψ(r,θ,ϕ) = sinθ cos ϕ r cos θ cos ϕ r sin θ sinϕ = sin θ sinϕ r cos θ sin ϕ r sin θ cos ϕ cos θ r sin θ 0 Eine Orthogonalbasis erhält man nun genau wie oben, indem man die Spaltenvektoren der atrix normiert und ggf. durch (x,y,z) ausdrückt: sin θ cos ϕ e r = sinθ sin ϕ cos θ cos ϕ e θ = cos θ sinϕ sin ϕ e ϕ = cos ϕ cos θ sin θ 0 2
7. Integration im R n 7. Riemann Integral Für Freitag, 8.9.2009 von Carla Zensen Riemann Integral für Quader Die Idee des Riemann Integrals ist es, einen Teilbereich eines geometrischen Raums unter einer Funktion f in unendliche feine Stückchen zu zerlegen, sodass sich dieser durch diese infinitesimalen (verallgemeinerten) Quader annähern lässt. Ein Quader ist hierbei Q := Π n j= [a j,b j ]. Eine beschränkte Funktion f : Q R, Q Quader, heißt Riemann integrierbar, falls ǫ > 0 Zerlegung Z : D Z (f) < ǫ, wobei D Z (f) die Differenz der verallgemeinerten Ober- und Untersumme von f ist. Diejenige Riemann-Summe, die der Wirklichkeit am nächsten kommt, also für die Ober-und Untersumme übereinstimmen, nennt man Riemann Integral S = f(x)dx R Das Riemann Integral ist eindeutig und jede stetige Funktion ist Riemann integrierbar. Q Riemann Integral für Jordan-Nullmengen llerdings trifft man nicht unbedingt immer auf Quader, es ist also notwendig, das Riemann Integral auch auf mehr oder weniger allgemeinen engen zu definieren, wobei man natürlich Probleme bekommt, wenn die Definitionsmenge besonders sperrig, hässlich oder löchrig ist. Der Physiker kann sich aber an dieser Stelle getrost auf freundliche engen beschänken, eine rt davon ist die Jordan-Nullmenge R n, ǫ > 0 eine endliche enge W von achsenparallelen Würfeln mit W ol(w) < ǫ W W W W Jordan-messbare enge R n ist Jordan-messbar, falls der Rand von eine Jordan-Nullmenge ist. Somit beschäftigen wir uns im Folgenden nur mit engen, die von einer endlichen menge ini-würfel umhüllt werden kann. Beispiel: Die z-chse ist nicht Jordan-messbar, da die enge der Würfel unendlich sein müsste; eine Kugeloberfläche ist allerdings trotzdem Jordan-messbar Das Riemann Integral wird nun folgendermaßen definiert: R n beschränkt und J-messbar. Eine beschränkte Funktion f : R heißt Riemann integrierbar auf, falls die Fortsetzung f : Q R f(x) = { f(x) x 0 x Q\ Q Quader Riemann integrierbar ist. Das Riemann Integral ist dann f(x)dx := f(x)dx und das olumen der enge ist ol() := 3 Q dx
Eigenschaften des Riemann Integrals R beschränkt, J-messbar Jede beschränkte, auf R (J-messbar) stetige Funktion ist Riemann integrierbar über f, g : R beschränkt, Riemann integrierbar f, f g, αf + βg, α,β R Riemann integrierbar und. (αf(x) + βg(x)) dx = α f(x)dx + β g(x)dx (Linearität) 2. f 0 f(x)dx 0 3. f(x)dx f(x) dx (Dreiecksungleichung) B = {} B f(x)dx = f(x)dx + B f(x)dx Nullmenge f(x)dx = 0 ol() = 0 N Nullmenge \N f(x)dx = f(x)dx Daraus folgt, dass J-Nullmengen nie den Wert des Integrals verändern! 7.2 Satz von Fubini Wenn man mit der praktischen ufgabe, ein Integral zu berechnen, konfrontiert wird, stellt sich schnell die Frage, ob es egal ist, welche Integration man zuerst ausführt. Der Satz von Fubini liefert eine ntwort: Fubini für Quader Ist f : Q P Riemann integrierbar und existiere f(x,y)d(x,y) x Q dann ist x f(x,y)dy Riemann integrierbar über Q und es gilt ( ) f(x,y)d(x,y) = f(x,y)dy dx Q P P Q P an darf in beliebiger Reihenfolge integrieren! Beispiel: Q=[,2], P=[,3] Quader Q P Fubini d(x,y) = xy Q P Fubini d(x,y) = xy P Q xy d(y,x) = 3 2 xy dydx Ein Normalbereich ist eine enge n R n der Form n := {(x,y) n R} mit := [a,b ] Fubini für Normalbereiche Sei n R n Normalbereich und f C( n ). dann gilt: n f(x)d n x = b a... bn(x,...,x n ) a n(x,...,x n ) f(x,...,x n )dx n...dx 4
nwendungen Wie berechnet man einen Schwerpunkt? Den Schwerpunkt ist intuitiv definiert - man summiert einfach entlang einer Koordinatenrichtung alle Beiträge auf und teilt dann durch die Gesamtfläche oder das Gesamtvolumen. Somit ergibt sich für eine Fläche: x s = xd y s = yd und für ein olumen: x s = xd y s = yd z s = Wie berechnet man ein Trägheitsmoment einer Fläche bezüglich des Ursprungs? Das Trägheitsmoment für einen assenüunkt ist definiert als J = mr 2, wobei r der bstand zu betrachteten chse ist. Deswegen ist das Trägheitsmoment bezüglich des Ursprungs (eigentlich der z-chse...) einer Fläche in der x-y-ebene x 2 + y 2 d(x,y) Beachte: Flächenmassendichte κ = m =, m = κd(x,y) zd us dem Satz von Fubini folgt auch direkt eine schon aus der Schule bekannte nwendung: Prinzip von Cavalieri Q P R p R q R n beschränkt, Jordan-messbar x := {y P : (x,y) } ol() = ol( x )dx P Das klingt kompliziert, heißt aber nur, dass man auch zunächst das durch die Koordinaten x,...,x p aufgespannte olumen berechnen kann und dann über die restlichen Koordinaten integrieren kann. Für den Fall n=3 wäre eine nwendung: Gegeben ist ein Kegel. zur Bestimmung des olumens kann man zunächst die Flächeninhalte sämtlicher grundflächenparalleler Schnittebenen berechnen und erst dann über die Höhe integrieren. 7.3 Transformationsformel ngenommen, wir wollen das olumen einer Kugel berechnen. Natürlich wählen wir Kugelkoordinaten. Doch was wird nun aus dem infinitesinalen olumenelement d=dxdydz, das ja nun naheliegenderweise rund und nicht eckig sein soll? drdφdϑ scheitert allein schon an den Einheiten. In diesem bschnitt versuchen wir, eine Transformationsformel für die Integration nach einer Koordinatentrafo zu finden: f(x)dx = f(ψ(ξ))γ(ξ)dξ Ψ() gesucht ist also Γ. Um nicht lange drum herum zu reden, es folgt die Substitutionsregel im R n : Substitutionsregel im R n f(x)dx = f(ψ(ξ)) DΨ(ξ) dξ Ψ() 5
Hier kann für jede geeignete Teilmenge des R n stehen. Zur besseren erständlichkeit wenden wir die Formel sofort einmal an und berechnen das olumen einer Kugel im R 3 : Beispiel: dxdydz = DΨ(r,θ,ϕ) d(r,θ,ϕ) = 2π π R Ψ( ) 0 0 0 r 2 sin θdrdθdϕ = 2π = πr 2 sinθdθ = πr 2 ( cos π + cos 0) = 4πr 2 0 nmerkung: an kann auch uneigentliche Integrale berechnen! Dann muss man allerdings die enge, über die integriert wird, durch eine erschöpfende Folge annähern... 7.4 Oberflächenintegrale Bis hierhin ging es bei integrationen immer darum, eine Teilmenge der Definitionsmenge über eine Funktion f zu integrieren. Nun ist es interessant, wie man über Bereiche integriert, deren Dimension geringer ist als die der Definitionsmenge. Diese Fragestellung ist keineswegs abstrakt, denn: Beispiel: Wie groß ist die Oberfläche einer Kugel im R 3? Hierfür muss man also das olumen einer zweidimensionalen enge eingebettet in den R 3 bestimmen, also das k-dimensionale olumen im R n mit k=2 und n=3. 7.4. olumen niederdimensionaler Parallelotope Problem: an hat einen Satz k-dimensionaler ektoren, die in einem beliebigen Raum R n, n k ein olumen aufspannen (Parallelogramm, Spat, Würfel...). Wie groß ist dieses olumen und wie berechnet man ein k-dimensionales olumen im R n? Für v,...,v n R n definiert man das k-dimensionale olumen des Parallelotops P(v,...,v k ) mit = (v...v k ) ol k P(v,...,v n ) = det T Beispiel: Das olumen eines Spats, der aus drei ektoren aufgespannt wird, ist also wie schon aus der Schule bekannt. Spat = P(v,v 2,v 3 ) = v v 2 v 3 7.4.2 Integrale über parametrisierbare annigfaltigkeiten Der nächste Schritt ist es nun, nicht nur über das olumen (f(x)=) zu integrieren, sondern über beliebige Funktionen und beliebige Bereiche. Das größte Problem ist hier, den Bereich, über den integriert werden soll, mathematisch zu beschreiben - zu parametrisieren. hat man eine Parameterdarstellung des Integrationsbereich gefunden und erreicht diese alle Punkte, so nennt man sie eine reguläre Parameterdarstellung (,Ψ) von Ψ( ) = R n. Um auch die Integrationsvariablen richtig zu transformieren, braucht man auch hier eine Determinante ähnlich wie im Tranformationssatz 6
Definition: Gramsche Determinante Die bbildung heißt Gramsche Determinante. ξ G Ψ : [0, ) detdψ(ξ) T DΨ(ξ) Sei R n das Bild einer regulären Parameterdarstellung (,Ψ) und R k J-messbar. Dann definiert man für jeweils Riemann integrierbare rgumente f(x)ds(x) := f(ψ(ξ))g Ψ (ξ)d k ξ als das Oberflächenintegral von f über und ol k () := ds(x) als das k-dimensionale olumen von. Hierbei sind alle Parameterdarstellungen gleichwertig! 7.4.3 Beispiele und nwendungen Beispiel: Kurvenintegral Die einfachste nwendung ist das Kurvenintegral, bei dem entlang eines parametrisierten Weges integriert wird: C f(x)ds(x) γ(t) ist ein parametrisierter Weg und entspricht hier eben der Parametrisierung DΨ. Da γ(t) eindimensional ist, wird die Gramsche Determinante zur Zeitableitung: G Ψ (t) = γ(t). Somit folgt hier die schon bekannte Formel aus dem Oberflächenintegral: I = f(x)ds(x) := f(γ(t)) γ(t)dt Beispiel: Rotationsflächen im R 3 : Rotationsfläche werden Flächen genannt, die durch Rotation um die z-chse einer in der x,-z-ebene liegenden und mit der Gleichung z = f(x) definierten Kurve erzeugt wird. So können auch die Oberflächen von Rotationskörpern wie z. B. Zylinder, Kugel und Tonnenkörper erzeugt werden. = { (x,y,z) R 3 : z I x 2 + y 2 = f(z) 2} \ {z = 0 y 0} Eine solche Rotationsfläche kann man (immer!) folgendermaßen parametrisieren: ds(x) = Oberfläche der Einheitskugel I = (,) f(t) = t 2 f (t) = t f(t) Ψ : I ( π,π) t (t,ϕ) Ψ(t,ϕ) = f(t)cos ϕ f(t)sin ϕ I C G Ψ (t,ϕ) = f(t) + f (t) 2 π G Ψ (t,ϕ)d(t,ϕ) = 2π f(t) + f (t) 2 dt π S 2 ds(x) = 2π_ f(t) + f (t) 2 = 2π 7 I f(t)2 + t 2 dt = 2π dt = 4π