Nichtlineare Dynamik Einführung
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- Bella Albrecht
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1 Nichtlineare Dynamik Einführung Tobias Kerscher gekürzte Internetversion (ohne fremde Bilder) Sommerakademie Ftan 2004, 13. August
2 Gliederung 1. Def: Nichtlineare Physik 2. Typische Beispiele 3. Dynamische Systeme 4. Periodenverdopplung und Chaos 2
3 Def: Nichtlineare Physik 1. Def: Nichtlineare Physik 2. Typische Beispiele 3. Dynamische Systeme 4. Periodenverdopplung und Chaos 3
4 Def: Nichtlineare Physik Lineare Physik - lineare algebraische Gleichungen - lineare Differentialgleichungen - lineare Transformationen Sind x 1, x 2 Lösungen der Gleichungen, so auch Ax 1 + Bx 2, A, B K Nichtlineare Physik = Physik - Lineare Physik 4
5 Typische Beispiele 1. Def: Nichtlineare Physik 2. Typische Beispiele 3. Dynamische Systeme 4. Periodenverdopplung und Chaos 5
6 Rotierender Reif keine Drehung: Teilchen schwingt um Ruheposition A bzw. verbleibt dort (Gleichgewichtsposition) B Drehung: A für kleine Frequenzen wie oben. Ab einer kritischen Frequenz erfolgt eine Symmetriebrechung, neue Positionen B links und rechts der ursprünglichen GGW-Position werden stabil (Bifurkation) 6
7 Sphärisches Pendel 7
8 Stabilisierung einer instabilen Lösung ohne Anregung fällt der Stab (wie erwartet) um. Bei genügend großer äußerer Anregung stabilisiert sich die instabile Ausgangslage 8
9 Dynamische Systeme 1. Def: Nichtlineare Physik 2. Typische Beispiele 3. Dynamische Systeme 4. Periodenverdopplung und Chaos 9
10 Dynamische Systeme i. Allgemeines ii. Invariante Mannigfaltigkeiten iii. Dissipative Systeme und Attraktoren 10
11 Allgemeines Dynamische Systeme sind Systeme, die sich zu jedem Zeitpunkt durch eine fixe Menge skalarer Observablen X 1,..., X n charakterisieren lassen, deren zeitliche Entwicklung durch gegeben ist (Trajektorie im X 1 (t),..., X n (t) Phasenraum). Sie heißen deterministisch, falls die Evolution immer vollständig durch den augenblicklichen Zustand und dessen Vergangenheit bestimmt ist. 11
12 Allgemeines Betrachten dazu Systeme von ODEs der Form dx i dt = F i ({X j }, λ), i = 1,..., n bzw. d X dt = F ( X, λ), X : R R n, F : R n U R p R n z.b. Lorenz-Gleichungen Ẋ = σ(x Y ) Ẏ = rx Y XZ Ż = XY bz 12
13 Allgemeines dx dt = F ( X, λ) Die Lösungen solcher Systeme lassen sich im Phasenraum darstellen. Beispiel: harmonischer Oszillator ẍ + 4π 2 x = 0 ẋ = y ẏ = 4π 2 x x(t), y(t) 13
14 Allgemeines d X dt = F ( X, λ) Punkte im Phasenraum mit F = 0 heißen singuläre Punkte. In autonomen Systemen: Fixpunkte. 14
15 Allgemeines d X dt = F ( X, λ), X : R R n, F : R n U R p R n Es gilt nun der wichtige Eindeutigkeits-Satz: X 0 U F ( X0 ) 0 F C 0 ( U) Sei, mit. Sei und genüge lokal einer Lipschitz-Bedingung F ( X) F ( X ) L X X so existiert durch jedes X 0 genau eine Lösung X : ]t 0 ɛ; t 0 + ɛ[ R n mit X(t0 ) = X 0 für obige Differentialgleichung Trajektorien im Phasenraum schneiden sich nicht. 15
16 Dynamische Systeme i. Allgemeines ii. Invariante Mannigfaltigkeiten iii. Dissipative Systeme und Attraktoren 16
17 Invariante Mannigfaltigkeiten Beschränkte (echte) Teilmengen des Phasenraumes, die während der Evolution des Systems dx dt = F ( X, λ) auf sich selbst abgebildet werden, nennt man invariante Mannigfaltigkeiten. Bezeichne d Γ die Dimension des Phasenraumes und d M die Dimension der invarianten Mannigfaltigkeit, so gilt offensichtlich: d M < d Γ 17
18 Dynamische Systeme i. Allgemeines ii. Invariante Mannigfaltigkeiten iii. Dissipative Systeme und Attraktoren 18
19 Dissipative Systeme und Attraktoren Für konservative Systeme gilt div F = 0 (Liouville) z.b. Hamiltonsche Systeme: q = H/ p ṗ = H/ q div F = q ( p H) + p ( q H) = 0 19
20 Dissipative Systeme und Attraktoren Dissipative Systeme sind (allgemein) charakterisiert durch div F 0 Von besonderem physikalischen Interesse sind Systeme mit div F < 0 bzw. allgemeiner divf t < 0 20
21 Dissipative Systeme und Attraktoren divf t < 0 Im Zeitmittel schrumpft das Phasenraumvolumen Für t streben die Trajektorien, die ursprünglich von einem Phasenraumvolumen Γ 0 ausgehen, gegen eine Teilmenge des Phasenraumes mit Volumen Null ( ). d < d Γ Diese Teilmenge heißt Attraktor. 21
22 Dissipative Systeme und Attraktoren Beispiel: gedämpfter harmonischer Oszillator ẋ = y ẏ = cx by divf = b < 0 22
23 Dissipative Systeme und Attraktoren Attraktoren sind invariante Mannigfaltigkeiten, d.h. es gibt - Fixpunktattraktoren - eindimensionale periodische Attraktoren, sog. Grenzzyklen - zwei- und höherdimensionale quasiperiodische Attraktoren (invariante Tori) - Fraktale Attraktoren (seltsame Attraktoren) 23
24 Dissipative Systeme und Attraktoren Beispiel: Grenzzyklen des Van der Pol Oszillators ẋ = y x ẏ = x + µy(1 x 2 ) µ 0 t y x t 24
25 Dissipative Systeme und Attraktoren Bekanntes Beispiel: Lorenz-Attraktor Ẋ = σ(x Y ) Ẏ = rx Y XZ Ż = XY bz σ = 10 b = 8/3 r = 28 25
26 Periodenverdopplung und Chaos 1. Def: Nichtlineare Physik 2. Typische Beispiele 3. Dynamische Systeme 4. Periodenverdopplung und Chaos 26
27 Periodenverdopplung und Chaos i. Bifurkationen ii. Poincaré-Schnitt iii. Beispiel: Getriebener Oszillator iv. Chaos 27
28 Bifurkationen Wir entwickeln die nichtlinearen Gleichungen dx dt = F ( X, λ) X s X = X s + x um einen Fixpunkt (und ) mit d x dt = L(λ) x + h( x, λ) L(λ) = ( F / X) Xs und linearisieren: d x dt = L(λ) x 28
29 Bifurkationen Die Lösungen der linearisierten Gleichung sind von der Form d x dt = L(λ) x x(t) = u i exp(ω i t) u i ist Eigenvektor von L zum Eigenwert ω i. R(ω) Stabilität des Fixpunktes hängt von R(ω i ) ab. λ c λ 29
30 Bifurkationen Betrachte nun wieder den vollständige nichtlineare Gleichung: d x dt = L(λ) x + h( x, λ) Satz: Ist x = 0 eine Lösung in einer ganzen Umgebung von, und ist ein einfacher Eigenwert, dann λ c ω c ist λ = λ c ein Bifurkationspunkt, d.h. es existiert mindestens ein neuer Lösungszweig. 30
31 Bifurkationen Beispiel: Transkritische Bifurkation ẋ = µx x 2 ẏ = y µ < 0 µ = 0 µ > 0 31
32 Bifurkationen Beispiel: Superkritische Pitchfork ẋ = µx x 3 ẏ = y µ < 0 µ = 0 µ > 0 32
33 Periodenverdopplung und Chaos i. Bifurkationen ii. Poincaré-Schnitt iii. Beispiel: Getriebener Oszillator iv. Chaos 33
34 Poincaré-Schnitt Sei dx dt = F ( X, λ) ein n dimensionales System und eine S R n 1 Schnittfläche, die nicht parallel zum Phasenfluss steht. Der Poincaré-Schnitt P : S S entsteht durch Verfolgen der Trajektorien von einem Schnitt mit S zum nächsten (gleichartigen). 34
35 Periodenverdopplung und Chaos i. Bifurkationen ii. Poincaré-Schnitt iii. Beispiel: Getriebener Oszillator iv. Chaos 35
36 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) Wir wählen γ = 0.5 Ω = 2/3 und variieren die Anregungsamplitude a. 36
37 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 0.9 Grenzzyklus 37
38 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 1.08 Periodenverdopplung 38
39 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 1.15 Chaos 39
40 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 1.35 Grenzzyklus 40
41 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 1.45 Periodenverdopplung 41
42 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 1.47 Periodenvervierfachung 42
43 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 1.50 Chaos 43
44 Getriebener Oszillator φ = ω ω = γω sin φ a cos(ωt) a = 0.9 a = 1.08 a = 1.15 a = 1.35 a = 1.45 a = 1.47 a = 1.50 Grenzzyklus P-Verdopplung Chaos Grenzzyklus P-Verdopplung P-Vervierfachung Chaos 44
45 Periodenverdopplung und Chaos i. Bifurkationen ii. Poincaré-Schnitt iii. Beispiel: Getriebener Oszillator iv. Chaos 45
46 Chaos Kennzeichen auf dem Weg zum Chaos: - Folge von Periodenverdopplungen bei Änderung des Kontrollparameters mit Häufungspunkt, der den Einsatz von Chaos kennzeichnet. Im chaotischen Bereich findet man oft sog. Fenster, in denen kein chaotisches Verhalten vorliegt. - Stretching and Folding - Starke Abhängigkeit der Bewegung von den Anfangsbedingungen. 46
47 Chaos Die Bewegung auf dem Attraktor ist stark von den Anfangswerten abhängig. Sei x(t) ein Punkt auf dem Attraktor. Betrachte einen nahegelegenen Punkt x(t) + δ(t). Wie entwickelt sich nun die Störung δ(t)? δ(t) δ 0 exp(λt) λ heißt Lyapunov-Exponent 47
48 Chaos Für Systeme mit positivem Lyapunov-Exponenten existiert ein Zeit-Horizont, über den hinaus die Vorhersagen zusammenbrechen. Eine Vorhersage sei akzeptabel, falls sie um weniger als a vom wirklichen Zustand abweicht: δ(t) a t horizon O Logarithmische Abhängigkeit von δ0! ( 1 λ ln a δ 0 ) 48
49 Chaos Beispiel: Vorhersage eines chaotische Systems mit Genauigkeit von a = 10 3 δ 0 = 10 7 δ 0 = t horizon = 4 ln 10 λ t horizon = 10 ln 10 λ 2.5x länger Wetter ist und bleibt unberechenbar... 49
50 Literatur G. Nicolis: Introduction to Nonlinear Science. Cambridge J. M. T. Thompson, H. B. Stewart: Nonlinear Dynamics and Chaos. Wiley S. H. Strogatz: Nonlinear Dynamics and Chaos. Westview 50
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