Raffinierte Proportionen

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1 16 ATELIER-PORTRÄT jüngere Projekte Raffinierte Proportionen Das Büro k_m Architektur von Daniel Sauter arbeitet zurzeit an rund 20 Projekten. Das erfordert eine gute Koordination der Arbeiten. Zwei Häuser des Büros werden hier kurz vorgestellt. Text: Lore Kelly, Fotos: k_m Architektur, Markus Tretter, DE-Lindau Über dem Bodensee In absoluter Traumlage, hoch über dem Bodensee, baute Daniel Sauter mit dem Haus Snoek eine Villa mit starker architektonischer Ausstrahlung. Ein 45 Meter langer, schmaler Baukörper aus Holz steht allein auf einer abfallenden Wiese, auf 870 Meter über dem Meeresspiegel. Filigrane, schlanke Stahlpfeiler und ein Betonsockel stützen den Holzkörper, der über dem Boden zu schweben scheint. Die grossen Öffnungen mit Blick auf den See und die Alpenkette bietet den Bewohnern zu allen Jahres- und Tageszeiten ein faszinierendes Raumerlebnis bei jedem Wetter und erst recht während der herrlichen Sonnenauf- und -untergänge. Die Weite des Panoramas und die umgebende Natur, die Wiesen, die Felder und der nahe Wald sind das Lebenselixier für die Bewohner. Besonders eindrücklich ist die Aussicht in Frühjahr und Herbst; dann sieht man die Berge und die Siedlungen am Bodensee gestochen scharf. Hanglage Ein steiler und schmaler Weg voller Kurven windet sich durch den kühlenden Mischwald zum eindrücklichen Holzhaus hinauf. Die nächsten Nachbarn sind zwei Bauern mit ihren Gehöften. So einfach die Gebäudeform auf den ersten Blick erscheint, so raffiniert ausgewogen ist sie in ihren Proportionen und in der Staffelung der Volumen. Die Erschliessung des Hauses erfolgt unterhalb des markanten Holzkörpers entlang der stützenden Betonmauer über einen verglasten, separierten Eingangsbereich, wo sich auch eine Nasszelle sowie eine Infrarotsauna mit Farbschieber für Farbtherapie befinden. Dort sind auch die Kellerräume und die Garage angeordnet. Mit den schmalen Stahlstützen wirkt der Eingangsbereich arkadenartig. Über eine einläufige Treppe, entlang einer in den Berg zurückversetzten Betonscheibe, gelangt man in das erste Obergeschoss mit dem offenen Wohn-, Ess- und Kochbereich. Nach

2 17 Das Einfamilienhaus öffnet sich über Eck zur Aussicht auf den Bodensee hin. Der Baukörper steht auf schlanken Stützen und scheint über dem Abhang zu schweben. Westen hin reicht der Panoramablick über den gesamten Bodensee und die Bergwelt der Schweiz und Vorarlbergs. Nach Osten schliessen sich zum Hang hin die Schlaf-, Arbeits- und Badezimmer des Hauses an. Beiden Trakten ist die Loggia vorgelagert, deren Auskragung nach Westen die elegante Form des Baukörpers betont und das Gebäude gleichsam in der Schwebe hält. Ein zweiter, steiler Treppenlauf erschliesst das Dachgeschoss, das über einen weiteren Wohnraum mit Bibliothek und Dachterrasse verfügt und einen unvergleichlichen Rundblick über das gesamte Voralpenland und den Bodensee gewährt. Pflegeleicht und transparent Der Bauherr wurde durch eine Publikation auf Daniel Sauter aufmerksam. Er, der als Globetrotter und Berufsmann schon auf allen Kontinenten unterwegs war, wollte für sich das optimale Grundstück finden und hatte bei seiner Suche Glück. «Ein Wohnhaus ist in erster Linie eine Hülle, die Räume umschliesst, in welchen Menschen ihren Alltag leben. Wir wünschten uns ein Haus, dessen Architektur zeitlos ist. Vor allem aber wollten wir ein pflegeleichtes und transparentes Haus», verrät der Bauherr, der sich bereits zum dritten Mal ein Haus entwerfen liess. Aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen wurde ganz auf synthetische Holzschutzmittel und Lacke verzichtet. Alle verwendeten Materialien sind naturbelassen. Die Einbauschränke, die von beiden Seiten benutzt werden können, sind zugleich auch Trennwände zwischen den Zimmern. Die Küchentheke ist aus wunderschön gemasertem Nussbaumholz. Ein geflammtes und geöltes Cheminée trennt den Ess- und Küchenbereich von der Wohnoase. Die Dachvorsprünge schützen das Haus im Sommer vor allzu grosser Erwärmung der Innenräume, sie garantieren ausserdem im Winter eine optimale Erwärmung und dienen der Gewinnung solarer Energie. Dachgeschoss Wohngeschoss Eingangsgeschoss

3 18 Die Loggia dieses Wohnhauses in der kleinen Gemeinde Hochbuch ob Lindau vermittelt das Gefühl eines «Baumhauses». Man fühlt sich mitten in der Natur, was auch den gewählten Oberflächenmaterialien zuzuschreiben ist. Glasklarer Holzbau An einem anderen steilen Hang, ebenfalls über dem Bodensee, hat Sauter einen weiteren schwebenden Holzquader mit Aussicht auf See und Alpen selbstbewusst in die Landschaft gestellt. Das abfallende Grundstück mit schmalem Erschliessungsweg befindet sich in einer landschaftlichen Nutzzone mit unverbaubarer Aussicht. Der feingliedrige Baukörper steht auf der höchsten Erhebung, am Rande eines kleinen Dörfchens in unmittelbarer Nähe von Lindau. Auch ein schwieriges Grundstück kann seine Reize haben, das beweist dieses Haus. «Das Gebäude habe ich in verschiedene vertikale und horizontale Räume geteilt, die jeweils eine völlig andersartige Idee des Wohnens verkörpern», erklärt der Architekt. Das Holzhaus ist ein Highlight in einer eintönigen Villenlandschaft und zeichnet sich durch das Zusammenspiel von offenen und geschlossenen Bauteilen, von Holz- und Glasflächen, sowie durch die spannungsvolle Fassadengestaltung aus. Sauter hat einen klaren, einfachen Baukörper mit überdecktem Sitzplatz im Erd- und Obergeschoss sowie Autoabstellplätze eingeplant. Das Haus bietet Aussicht nach allen Seiten. Die Holzbox ist von spürbarer konstruktiver Leichtigkeit. Das Erdgeschoss ist ein offener Raum, der nur wenig frei stehende Elemente in sich birgt. Diese Ebene organisiert sich in einem grosszügigen Zugangs- und Eingangsbereich. Sie könnte auch ganz leicht in eine Einliegerwohnung umgewandelt werden.

4 19 Längsschnitt Kochen Essen Wohnen Schlafen Bad Kind Obergeschoss Carport Büro Garderobe Multifunktion WC Eingangsgeschoss Umgeben von Baumkronen Der Besucher gelangt vom Gartengeschoss über eine schwebend anmutende, filigrane Stahltreppe, die auf einer Seite in der Betonwand verankert ist, in den offenen Wohnraum. Gemäss dem Architekten geniessen die Bewohner hier ein «distanziertes Wohnen in den Bäumen», da das obere Geschoss fast wie in die Baumlandschaft integriert wirke. Der Wohnraum wird vom Essraum mit Küche optisch durch den Kamin abgetrennt. Ein über die gesamte Raumlänge angeordnetes Möbel gliedert die Wohnbox in Wohnbereich, Schlafräume und Bad. Die grosszügige, in das Obergeschoss integrierte, überdachte und vor Winden geschützte Terrasse erweitert die Ess-, Wohn- und Küchenzone. Wie eingerahmt erscheint die Landschaft durch die raffiniert gewählten Glasflächen, ohne das sich das Gebäude zu stark nach aussen öffnen würde. Die Einrichtung ist mit vielen Eigenentwürfen bestückt, wie Esstisch, Sideboard und rollendem Küchenblock. Durch die kurze Bauzeit, den konsequent eingehaltenen Raster und die einfache Konstruktion sowie die äusserst einfache, sich aufs Wesentlichste konzentrierende Ausstattung, sind die Baukosten relativ gering geblieben. Dank der grossen vorgefertigten Holzbauelemente sowie dem guten Zusammenspiel unter den Handwerkern dauerte die Bauzeit nur drei Monate. Die Planungszeit betrug allerdings ein Jahr, da der Gang durch die Behördeninstanzen sehr viel Energie erforderte. Der Architekt musste sich mit einem dreissig Jahre alten Bebauungsplan herumschlagen,

5 20 Auch die Einbauten stammen von k_m Architektur und belegen den grossen Einfallsreichtum, mit dem jedem Anliegen und jedem Detail begegnet wird. der viele Lücken und Fehler aufwies. Die Behörde wollte unbedingt ein Satteldach. Es brauchte viel Engagement und einige schlaflose Nächte, um die eigenen Ideen durchzusetzen. Sinnliche Materialien Die Holzbox liegt im Eingangsbereich mit sehr grossen Auskragungen auf einem Betonbügel, während sie auf der anderen Seite auf schlanken Stahlsäulen ruht. Die völlig geschlossene Nordwestfassade dient zur Aussteifung der grossen Auskragungen. Die Wände und Decken des Wohnquaders entstanden im Holzskelettbau. Dadurch waren grosse Spannweiten und breite Auskragungen möglich. Der Grundriss erhielt dank diesen statischen Gegebenheiten eine fast uneingeschränkte Flexibilität. Die tragende Konstruktion, die Fassade, Fenster, Türen, Fussböden sind aus Zedernholz. Bei sämtlichen Hölzern wurde auf synthetische Holzschutzmittel und Lacke verzichtet. Das Haus besitzt Wärmeschutzverglasung. Dank der hochwärmegedämmten Konstruktion der gesamten Fassaden-, Dach- und Fussbodenbauelemente mit einem durchschnittlichen U-Wert von 0,11 kann der Bau als «Minergie»-Haus klassifiziert werden. Geheizt wird mit einer Gaszentralheizung. Zudem gibt es einen Holzofen für die Übergangszeit und Solarkollektoren für die Warmwasserversorgung. Die Fenster, die Bauteile und viele Möbel wurden grösstenteils in einer benachbarten Werkstatt gefertigt.